Erschienen in:
01.03.2016 | Schwerpunkt
Sind wir zu schnell mit der Einführung neuer Methoden in die kardiovaskuläre Diagnostik und Therapie?
verfasst von:
R. Erbel
Erschienen in:
Herz
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Ausgabe 2/2016
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Zusammenfassung
Die moderne Kardiologie hat sicher ihren Ursprung in den bahnbrechenden Pionierarbeiten von Andreas Grüntzig, der nach mehrjährigen Vorarbeiten, aber auch aufbauend auf den Arbeiten von Charles Dotter, Portland, Oregon 1977 die erste PTCA („percutane transluminal coronary angioplatsty“) als 38-jähriger junger Wissenschaftler bei einem gleichaltrigen Patienten, unterstützt durch die Herzchirurgen in Zürich, A. Senning und M. Turina, durchführte. Trotz hochrangiger Publikationen und früher Bereitschaft, seine Erfahrungen weiterzugeben, blieb die Entwicklung fast in den Anfangserfolgen stecken – das Verfahren war neu, technisch schwierig und gegen die auch erst 10-jährige Geschichte der aortokoronaren Bypass-Operation gerichtet, die erst 1968 in Cleveland begonnen hatte. Selbst nach mehreren Jahren wurden nur zwei Patienten pro Woche zur Behandlung in Zürich zugelassen. In ähnlicher Weise war auch der junge Herzchirurg H.R. Andersen in Dänemark ein Pionier. Auch seine Ideen und eigenen Experimente zu einer ballonkathetergestützten Aortenklappenimplantation wurden von namhaften Firmen nicht wertgeschätzt und die Publikation der Daten lange verzögert. Es dauerte 10 Jahre, bevor ein anderer Kollege, Prof. A. Cribier, ebenfalls in einer Pionierarbeit die Arbeiten fortsetzte und die erste Klappenimplantation 2002 in Rouen durchführte. Erneut vergingen viele Jahre, bevor die neue Behandlungsmethode allgemein akzeptiert wurde und den Durchbruch erst erlebte, als auch die Herzchirurgie deren Bedeutung zur Behandlung insbesondere der alten und Hochrisikopatienten erkannte und Hybrid-Herzkatheter-Operationssäle eingerichtet wurden. Die Beseitigung des erheblichen europäischen Ungleichgewichts in Bezug auf die zeitgerechte Einführung innovativer und validierter Verfahren, auch unter Berücksichtigung der Kostenerstattung, ist eine wichtige neue Aufgabe der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) geworden.