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Klinische Kardiologie
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Publiziert am: 03.01.2023

Chronische Herzinsuffizienz

Verfasst von: Katharina Schütt
Bei der Herzinsuffizienz handelt es sich um ein häufiges Krankheitsbild in der Kardiologie, welches maßgeblichen Einfluss auf die Prognose der Patienten hat. Die Herzinsuffizienz wird nach heutigem Verständnis in 3 Entitäten unterteilt: Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion („heart failure with reduced ejection fraction“; HFrEF); Herzinsuffizienz mit mäßiggradig reduzierter Ejektionsfraktion („heart failure with mildly reduced ejection fraction“; HFmrEF); Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion („heart failure with preserved ejection fraction“; HFpEF). Das vorliegende Kapitel erläutert die Diagnostik der Herzinsuffizienz und die Therapie der unterschiedlichen Formen der Herzinsuffizienz entsprechend der aktuellen Leitlinien.

Einteilung der Herzinsuffizienz

Bei der Herzinsuffizienz handelt es sich um ein klinisches Syndrom mit kardialen Symptomen und klinischen Zeichen auf dem Boden struktureller oder funktioneller Abnormalitäten des Herzens, die zu einem erhöhten intrakardialen Druck und/oder inadäquater Herzleistung in Ruhe und/oder bei Belastung führen. Ursprünglich wurde zwischen einer Herzinsuffizienz mit reduzierter und einer Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Funktion unterschieden, doch mittlerweile belegen klinische Daten, dass diese Dichotomisierung das Patientenspektrum und deren Prognose nur unzureichend kategorisiert, sodass die Herzinsuffizienz gegenwärtig in 3 Gruppen unterteilt wird (McDonagh et al. 2021):
  • Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion („heart failure with reduced ejection fraction“; HFrEF): definiert als linksventrikuläre Ejektionsfraktion ≤40 %.
  • Herzinsuffizienz mit mäßiggradig reduzierter Ejektionsfraktion („heart failure with mildly reduced ejection fraction“; HFmrEF): Ejektionsfraktion zwischen 41 und 49 %.
  • Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion („heart failure with preserved ejection fraction“; HFpEF): hierunter fallen Patienten mit Symptomen und Zeichen der Herzinsuffizienz und objektiven Zeichen struktureller oder funktioneller kardialer Abnormalitäten und/oder erhöhten natriuretische Peptiden und einer linksventrikulären Ejektionsfraktion ≥50 % (s. Tab. 1).
Tab. 1
Definition der Herzinsuffizienz mit reduzierter (HFrEF), mäßiggradig eingeschränkter (HFmrEF) und erhaltener (HFpEF) Ejektionsfraktion
HF-Typ
HFrEF
HFmrEF
HFpEF
Kriterien
1
Symptome ±Untersuchungsbefunda
Symptome ±Untersuchungsbefunda
Symptome ±Untersuchungsbefunda
 
2
a. LVEF ≤40 %
b. LVEF 41–49 %b
c. LVEF ≥50 %
 
3
-
Objektive Hinweise auf strukturelle und/oder funktionelle Herzanomalien, die auf eine diastolische LV-Dysfunktion/erhöhte LV-Füllungsdrücke hindeuten, einschließlich erhöhter natriuretischer Peptidec
a In Frühstadien der HF (insbesondere bei HFpEF) und bei optimal behandelten Patienten können die Untersuchungsbefunde fehlen.
b Das Vorliegen anderer Untersuchungsbefunde einer strukturellen Herzerkrankung (z. B. Vergrößerung des linken Vorhofs, LV-Hypertrophie oder echokardiografischer Nachweis einer gestörten LV-Füllung) macht die Diagnose einer HFmrEF wahrscheinlicher.
c Für die Diagnose von HFpEF gilt: Je mehr Anomalien vorhanden sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von HFpEF.
LVEF linksventrikuläre Ejektionsfraktion
Herzinsuffizienz wird in 3 Formen unterteilt: Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (Heart Failure with reduced Ejection Fraction; HFrEF); Herzinsuffizienz mit mäßiggradig reduzierter Ejektionsfraktion (Heart Failure with mildly reduced Ejection Fraction; HFmrEF); Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (Heart Failure with preserved Ejection Fraction; HFpEF).
In der Beschreibung des klinischen Ausprägungsgrades der symptomatischen Herzinsuffizienz wird die New York Heart Association(NYHA)-Klassifikation verwendet (s. Tab. 2).
Tab. 2
NYHA Klassifikation
NYHA I
Keine Limitation der Belastbarkeit. Normale physische Aktivität führt nicht zu Dyspnoe, Müdigkeit oder Palpitationen
NYHA II
Leichte Limitation der Belastbarkeit. In Ruhe beschwerdefrei. Gewöhnliche körperliche Belastung führt zu Dyspnoe, Müdigkeit oder Palpitationen
NYHA III
Eingeschränkte Belastbarkeit. In Ruhe beschwerdefrei. Geringe körperliche Belastung führt zu Dyspnoe, Müdigkeit oder Palpiationen
NYHA IV
Keine körperliche Aktivität ohne Beschwerden möglich. Symptome in Ruhe sind möglich
NYHA New York Heart Association

Epidemiologie und natürlicher Verlauf der Herzinsuffizienz

Gegenwärtig beträgt die Inzidenz der Herzinsuffizienz in Europa 3/1000 Personenjahre über alle Altersgruppen oder 5/1000 Personenjahre bei Erwachsenen (Brouwers et al. 2013; Meyer et al. 2015). Insgesamt scheint die altersadjustierte Inzidenz der Herzinsuffizienz abzunehmen, am ehesten auf dem Boden der verbesserten kardiovaskulären Therapie, doch im Rahmen der veränderten Altersstruktur ist die Gesamtinzidenz steigend. Die Prävalenz der Herzinsuffizienz liegt bei 1–2 % der Erwachsenen, doch diese Daten kommen aus Studien mit diagnostizierter Herzinsuffizienz. Insgesamt wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Die Prävalenz steigt mit dem Alter; so liegt sie bei Menschen unter 50 Jahren bei ca. 1 % und bei >10 % in Individuen >80 Jahre. Auf dem Boden der Daten von hospitalisierten Patienten wird gegenwärtig angenommen, dass die Hälfte der Herzinsuffizienzpatienten eine HFrEF haben und die Hälfte eine HFpEF/HFmrEF. Ungefähr die Hälfte aller Herzinsuffizienzpatienten sind weiblichen Geschlechts (Conrad et al. 2018).
Ätiologie der Herzinsuffizienz
Die Ätiologie der Herzinsuffizienz ist vielfältig und beinhaltet die koronare Herzerkrankung, die hypertensive Herzerkrankung, Klappenerkrankungen, Arrhythmien, Kardiomyopathien und andere. Eine Übersicht hierzu ist gegeben in Tab. 3. In Deutschland und Europa sind die koronare Herzerkrankung und die arterielle Hypertonie die am häufigsten vorliegenden Ursachen der Herzinsuffizienz.
Tab. 3
Ätiologie der Herzinsuffizienz. (Nach (McDonagh et al. 2021))
Ätiologie
Beispiele
Spezifische Diagnostik
Koronare Herzerkrankung
Angina pectoris oder Anginaäquivalent
Arrhythmien
Koronarangiografie
Koronar-CT
Stresstest (Echo, Szintgrafie, Kardio-MRT)
HFpEF
Maligne Hypertonie/akutes Lungenödem
24-h-Blutdruckmessung, Plasmametanephrin, Bildgebung der Nierenarterien
Klappenerkrankungen
Primäre Klappenerkrankungen z. B. Aortenklappenstenose
Sekundäre Klappenerkrankungen z. B. funktionelle Insuffizienzen
Angeborene Klappenerkrankungen
Echokardiografie (TTE, TEE, Stressechokardiografie)
Arrhythmien
Supraventrikuläre Arrhythmien
Ventrikuläre Arrhythmien
Langzeit-EKG
ggf. Elektrophysiologie
Kardiomyopathien
Alle Formen:
• Dilatative
• Hypertrophe
• Restriktive
• Arhythmogene
• Peripartum
• Takosubo
• Toxische
Kardio-MRT,
Genetik
Rechts-/Linksherzkatheter
Toxikologie
Angeborene Herzerkrankungen
Transposition der großen Gefäße
Shunt
Kardio-MRT
Infektiöse Erkrankungen
Chagas-Erkrankung
Kardio-MRT, Myokardbiopsie
Serologie
Medikamenten induzierte Erkrankungen
Antrazykline
Trastuzumab
VEGF-Inibitor
Immune-checkpoint-Inhibitor
Proteasome Inhibtoren
RAF+MEK-Inhibitoren
 
Infiltrative Erkrankungen
Neoplastisch
Serumelektrophorese und freie Leichtketten, Jones-Protein, Knochenszintgrafie, Kardio-MRT, PET-CT, Myokardbiospie
Serum-ACE, Kardio-MRT, FDG-PET-CT, Thorax-CT, Myokardbiopsie
Kardio-MRT, Myokardbiopsie
Speichererkrankungen
Glykogenspeichererkrankung
Eisenstatus, Genetik, Kardio-MRT, Myokardbiopsie
α-Galactosidase A, Genetik, Kardio-MRT
Erkrankung des Endomyokads
Radiotherapie
Endomyokardiale Fibrose/Esoinophilie
Kardio-MRT
Myokardbiopsie
24–h-Sammelurin 5-HIAA
Erkrankung des Perikards
Kalzifikation
Infiltrative Erkrankung
Thorax CT, Kardio-MRT, Rechts-/Linksherzkatheter
Metabolische Erkrankungen
Endokrine Erkrankung
Mangelernährung (Thiamin-, Vitamin-B12-, Selendefizienz)
Autoimmune Erkrankung
Schilddrüsenfunktionstest, Plamametanephrin, Renin und Aldosteron, Kortisol
Spezifische Plasmaspiegel
ANA, ANCA, Rheumalabor
Neuromuskuläre Erkrankung
Muskuläre Dystrophie
Nervenleitungsgeschwindigkeit,
Genetik, CK
5-HIAA 5-Hydroxyindoleessigsäure; ACE Angiotensin-converting-Enzym; ANA antinukleärer Antikörper; ANCA antinukleärer zytoplasmatischer Antiköroer; CK Kreatininkinase; CT Computertomografie; FDG Fluordesoxyglukose; HFpEF Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion; HIV „human immunodeficiency virus“; MEK mitogenaktivierte Proteinkinase; PET Positronenemissionstomografie; RAF; TEE transösophageale Echokardiographie; TTE transthorakale Echokardiografie; VEGF „vascular endothelial growth factor“
Die 3 Formen der Herzinsuffizienz weisen bestimmte Charakteristika auf, wobei die Übergänge oft fließend sind (Abb. 1):
Natürlicher Verlauf und Prognose
Über die letzten Jahrzehnte hat sich die Prognose der Herzinsuffizienz durch neue therapeutische Möglichkeiten und Strategien deutlich verbessert; insgesamt ist sie jedoch weiter eingeschränkt und die Lebensqualität der Patienten in der Regel deutlich reduziert. Die Prognoseverbesserung bezieht sich vor allem auf Patienten mit HFrEF. Daten aus der Olmsted County Kohorte zeigen für alle Typen der Herzinsuffizienz eine 1-Jahres-Mortalität von 20 % und eine 5-Jahres-Mortalität von 53 % in den Jahren 2000–2010 (Gerber et al. 2015). Eine Studie, die kombiniert aus der FRAMINGHAM Heart Study und der Cardiovascular Health Study die Prognose analysiert hat, berichtet sogar über eine 67 %ige Mortalität 5 Jahre nach Diagnosestellung (Tsao et al. 2018). Hier ist jedoch zu betonen, dass ein Teil der neueren Therapiestrategien, z. B. mit ARNI (Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor) oder SGLT-2 (sodium glucose transporter 2)-Inhibitoren noch nicht in diesem Zeitraum zur Verfügung standen. Insgesamt scheinen Frauen eine bessere Überlebensprognose als Männer zu haben.
Der Verlauf einer Herzinsuffizienz ist häufig gekennzeichnet durch wiederkehrende Hospitalisation, wobei Daten zur HFrEF nahelegen, dass die kardiale Funktion sich mit jeder Hospitalisierung über die Zeit verschlechtert (Abb. 2).
Vergleicht man die Prognose von Patienten mit HFmrEF und HFrEF, so scheint die Prognose von Patienten mit HFmrEF besser zu sein, wobei solche Patienten, die von einer HFmrEF in eine HFrEF übergehen, eine schlechtere Prognose haben als diejenigen, die in der HFmrEF-Kategorie verweilen (Dunlay et al. 2012). In Bezug auf die HFpEF scheint das Überleben besser zu sein als bei einer HFrEF. Entscheidend neben der reinen Mortalität ist die Hospitalisierung für Herzinsuffizienz. Daten aus der Olmsted County Kohorte legen eine mittlere Rate der Hospitalisierung von 1,3/Personenjahr nahe (Tsao et al. 2018). Insgesamt wird aufgrund der sich verändernden Altersstruktur und der steigenden Prävalenz der Komorbiditäten davon ausgegangen, dass die Zahl der Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz in den nächsten Jahren deutlich steigen wird.

Diagnose der chronischen Herzinsuffizienz

Gemäß der aktuellen Leitlinie der Europäischen Kardiologengesellschaft wird die Diagnose der Herzinsuffizienz auf dem Boden von Symptomen oder Zeichen der Herzinsuffizienz und objektivierbarer, kardialer Dysfunktion gestellt (McDonagh et al. 2021). Typische Symptome der Herzinsuffizienz beinhalten Dyspnoe, Abgeschlagenheit, Ödeme oder Müdigkeit. Darüber hinaus bestehen atypische Symptome (s. Tab. 4). Für die Diagnostik der Herzinsuffizienz schlägt die Europäische Kardiologengesellschaft einen Algorithmus vor, in dem zunächst die klinischen Risikofaktoren, die Zeichen und Symptome der Herzinsuffizienz und in einem ersten Schritt ein EKG gefordert werden (Abb. 3). Im nächsten Schritt sollen natriuretische Peptide gemessen werden. Bei einer NT-proBNP (N-terminales pro brain natriuretic peptide)-Konzentration <125 pg/ml oder einem BNP <35 pg/ml ist die Diagnose der Herzinsuffizienz unwahrscheinlich und andere Ursachen der klinischen Symptome sollten abgeklärt werden. Bei erhöhten NT-proBNP-Werten oder wenn in Abwesenheit von natriuretischen Peptiden der hochgradige Verdacht auf eine Herzinsuffizienz besteht, liefert die Echokardiografie als nächster Schritt die entscheidende Information zur Kategorisierung der Herzinsuffizienz. Zusätzlich zur Bestimmung der linksventrikulären Funktion liefert die Echokardiografie entscheidende Informationen zur Größe der Herzkammern, zur kardialen Hypertrophie, regionalen Wandbewegungsstörungen, Klappenveränderungen, rechtsventrikulären Funktion, pulmonalarteriellen Drücken oder Markern der diastolischen Dysfunktion. Weitere Laboruntersuchungen beinhalten Parameter, die in der Diagnostik der Komorbidität von entscheidender Bedeutung sind. Hierzu zählen ein komplettes Blutbild, Nierenwerte, Leberwerte, Schilddrüsenfunktion, Nüchternglukose, HbA1c, Lipide und der Eisenstatus. Zusätzlich empfehlen die Leitlinien die Durchführung einer Röntgen-Thorax-Untersuchung, um einerseits das Ausmaß z. B. der kardialen Stauung zu quantifizieren und darüber hinaus eventuell andere Ursachen der Luftnot zu identifizieren. Tab. 5 fasst häufige kardiale aber auch nichtkardiale Ursachen für eine Erhöhung natriuretischer Peptide zusammen (Zois et al. 2014).
Tab. 4
Symptome und Zeichen einer Herzinsuffizienz entsprechend der ESC-Herzinsuffizienzleitlinie 2021; McDonagh et al. 2021
Symptome
Zeichen
Typisch
Spezifisch
Dyspnoe
Orthopnoe
Paroxysmale nächtliche Dyspnoe
Reduzierte Belastungstoleranz
Müdigkeit
Verlängerte Erholungszeit nach Belastung
Knöchelödeme
Erhöhter jugular venöser Druck
Hepatojugulärer Reflux
3. Herzton (Galopprhythmus)
Lateralisierter Herzspitzenstoß
Weniger typisch
Weniger spezifisch
Nächtliches Husten
Keuchen
Schwellneigung
Verminderter Appetit
Depression
Palpitationen
Bendopnoe
Gewichtszunahme (>2 kg/Woche)
Gewichtsverlust (fortgeschrittene Herzinsuffizienz)
Kachexie
Herzgeräusch
Periphere Ödeme
Rasselgeräusche
Tachykardie
Unregelmäßiger Puls
Tachypnoe
Hepatomegalie
Kalte Extremitäten
Tab. 5
Gründe für erhöhte natriuretische Peptide (Nach (McDonagh et al. 2021))
Kardiale Gründe
• Herzinsuffizienz
• Linksventrikuläre Hypertrophie
• Hypertrophe oder restriktive Kardiomyopatie
• Klappenerkrankungen
• Angeborene Herzfehler
• Supraventrikuläre oder ventrikuläre Tachykardien
• Herzkontusion
• Kardioversion/ICD-Schock
• Herzchirurgie
Nicht-kardiale Gründe
• Höheres Lebensalter
• Ischämischer Schlaganfall
• Subarachnoidale Blutung
• Renale Dysfunktion
• Leberdysfunktion
• Paraneoplastische Syndrome
COPD
• Schwere Infektionen (inklusive Pneumonie und Sepsis)
• Schwere Verbrennungen
• Schwere hormonelle und metabolische Veränderungen (z. B. thyreotoxische Krise, diabetische Ketoazidose)
COPD „chronic obstructive pulmonary disease“; ICD „implantable cardioverter-defibrillator“
Die Diagnose der Herzinsuffizienz wird auf dem Boden von Symptomen oder Zeichen der Herzinsuffizienz und objektivierbarer, kardialer Dysfunktion gestellt.
Verschiedene andere Ursachen erhöhter natriuretischer Peptide sind in Tab. 5 aufgeführt. Umgekehrt können die Konzentrationen der natriuretischen Peptide bei adipösen Patienten unverhältnismäßig niedrig sein.
Im Rahmen der Ursachenabklärung der Herzinsuffizienz werden, neben der Echokardiografie, eine Ischämiediagnostik, eine Kardio-Magnetsesonanz(MRT)-Untersuchung, eine Computertomografie oder eine SPECT (Single-Photon-Emissionscomputertomographie)-Untersuchung je nach klinischem Verdacht empfohlen. Eine invasive Koronarangiografie sollte durchgeführt werden bei Patienten mit Angina pectoris und symptomatischen, ventrikulären Tachykardien sowie bei Patienten mit HFrEF und einem intermediärem bis hohen Risiko für eine koronare Herzerkrankung und/oder dem Vorliegen einer Ischämie im Rahmen der nichtinvasiven Stressuntersuchung. Insbesondere bedeutsam ist dies bei Verdacht auf eine Hauptstammstenose und/oder koronare 3-Gefäß-Erkrankung, bei welcher durch eine adäquate Revaskularisierungsmaßnahme eine Erholung der linksventrikulären Funktion und der myokardialen Hibernation erreicht werden könnte.
Eine Rechtsherzkathetheruntersuchung wird empfohlen bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz, die für eine Herztransplantation oder ein linksventrikuläres Unterstützungssystem (LVAD) vorgesehen sind. Darüber hinaus kann die Rechtsherzkatheteruntersuchung erwogen werden bei Patienten mit dem Verdacht auf konstriktive Perikarditis, restriktive Kardiomyopathie, kongenitale Herzerkrankung oder hyperdyname Kreislaufsituation. Ferner wird die Rechtsherzkatetheruntersuchung bei Patienten mit Verdacht auf eine pulmonale Hypertonie durchgeführt.
Diagnose der Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion
Der diagnostische Algorithmus zur Sicherstellung der HFpEF stellt auch heute noch eine Herausforderung dar. 2 Scores waren entwickelt worden, um in der Diagnosestellung der HFpEF angewendet zu werden (H2FPEF und HFA-PEFF) (Pieske et al. 2019; Reddy et al. 2018). Beiden Scores ist gemeinsam, dass ein Großteil der Patienten mit einer intermediären Wahrscheinlichkeit für eine HFpEF diagnostiziert wird. In einem solchen Fall sind weitere diagnostische Schritte notwendig, die mitunter die breite klinische Anwendbarkeit limitieren (s. Abb. 4: HFA-PEFF-Algorithmus). Die aktuelle Leitlinie der Europäischen Kardiologengesellschaft empfiehlt einen pragmatischen Ansatz, der die entscheidenden Elemente früherer diagnostischer Kriterien verwendet. Dieser vereinfachte diagnostische Ansatz betrachtet zunächst die Vortestwahrscheinlichkeit unter Beachtung der Symptome und Zeichen der Herzinsuffizienz, der Ejektionsfraktion ≥50 % sowie der objektive Nachweis struktureller und funktioneller Abnormalitäten mit dem Vorliegen einer diastolischen Dysfunktion/erhöhten Füllungsdrücken sowie erhöhtem NT-proBNP (s. Tab. 6). Die Europäische Herzinsuffizienzgesellschaft legt einen differenzierten Algorithmus vor.
Tab. 6
Objektiver Nachweis von Veränderungen der kardialen Struktur, Funktion und serologischen Veränderungena (Nach (McDonagh et al. 2021))
Parameter
Grenzwert
Kommentar
LV-Masse-Index
Relative Wanddicke
Frauen ≥95 g/m2; Männer ≥115 g/m2
>0,42
Obwohl das Vorliegen eines konzentrischen LV-Remodellings oder einer Hypertrophie die Diagnose unterstützt, schließt das Fehlen einer LV-Hypertrophie eine HFpEF nicht aus
LA-Volumen-Index
>34 ml/m2 (SR)
>40 ml/m2 (AF)
Wenn kein Vorhofflimmern oder eine Klappenerkrankung vorliegt. Die Vergrößerung des LA spiegelt chronisch erhöhte LV-Füllungsdrücke wieder
E/é-Ratio in Ruhe
>9
Sensitivität 78 %, Spezifität 59 %. Ein höher Cut-off von 13 hat eine niedrigere Sensitivität (46 %), aber eine höhere Spezifität (86 %)
NT-proBNP
BNP
>125 pg/mL (SR) oder >365 pg/mL (AF)
>35 pg/mL (SR) oder >105 pg/mL (AF)
Bis zu 20 % aller Patienten mit invasiv nachgewiesener HFpEF haben natriuretische Peptide unterhalb des Schwellenwertes, v. a. bei adipösen Patienten
PA: Systolischer Druck
TR: Velocity in Ruhe
>35 mmHg
>2,8 m/s
Sensitivität 54 %, Spezifität 85 %
AF Vorhofflimmern; BNP B-type natriuretic peptide; E/e’ratio early filling velocity on transmitral Doppler/early relaxation velocity on tissue Doppler; HFpEF Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktionheart; LA linker Vorhof; LV linker Ventrikel ; NP natriuretische Peptiden; NT-proBNP N-terminal pro-B-type natriuretic peptide; PA Arteria pulmonalis; SR Sinusrhythmus; TR Trikuspidalklappeninsuffizienz
aBeachte: Je höher die Anzahl der Abnormalitäten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine HFpEF vorliegt.
Patienten mit einer initial reduzierten Ejektionsfraktion ≤40, die später eine Ejektionsfraktion ≥50 haben, sollten als HFimpEF („heart failure with improved leftventricular ejection fraction“) kategorisiert werden. Bei diesen Patienten sollte die Herzinsuffizienzmedikation der HFrEF-Therapie zwingend fortgesetzt werden, da ein Absetzen der Therapie zu einer erhöhten Rehospitalisationsrate und zu einer Verschlechterung der linksventrikulären Funktion führen kann. Bei Patienten, bei welchen die Ruheechokardiografie und die Labormarker nicht eindeutig sind, wird eine diastolische Stresstestuntersuchung empfohlen. Insbesondere wird hier eine invasive Hämodynamik unter Belastung angestrebt.

Medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion

Die Therapieziele im Rahmen der Pharmakotherapie bei Patienten mit HFrEF umfassen 1. die Reduktion der Mortalität, 2. die Prävention der rekurrenten Hospitalisierung auf dem Boden der Verschlechterung der Herzinsuffizienz und 3. die Verbesserung der Symptome des funktionellen Status und der Lebensqualität. Entgegen früherer Algorithmen, in welchen ein sequenzielles Vorgehen im Beginn der Herzinsuffizienzmedikation auf dem Boden der klinischen Evidenz vorgesehen wurde, legen verschiedene Leitlinien wie die europäische, die kanadische oder die amerikanische Leitlinie mittlerweile einen Ansatz nahe, in dem solche Substanzen, die zu einer signifikanten Reduktion der Mortalität in klinischen Studien geführt haben, als First-Line-Therapie binnen kurzer Zeit eingeführt werden sollten. Hierzu gehören ACE (Angiotensin Converting Enzyme) -Hemmer/ARNI, β-Blocker, Mineralokortikoidrezeptorantagonisten (MRA) sowie SGTL-2-Inhibitoren (Abb. 5). Im weiteren Verlauf richtet sich sowohl die medikamentöse als auch die Device-Therapie nach individuellen Patientenkriterien wie z. B. dem Vorliegen eines verbreiterten QS-Komplexes, eines Klappenvitiums oder von Vorhofflimmern. Generell ist es das Ziel, die 4 entscheidenden Substanzen binnen 30 Tagen zu beginnen und die Dosierung im Verlauf weiter zu steigern. Die genaue Sequenz des Therapiebeginns richtet sich nach den individuellen Patientenprofilen – z. B. bei bradykarden Patienten mit normalen Blutdruckwerten würde der β-Blocker eher zurückhaltend eingesetzt, im Vergleich zu Patienten mit höheren Herzfrequenzen.
ACE-Hemmer/ARNI; β-Blocker, MRA, SGLT-2-Inhibitoren sollten frühzeitig und simultan binnen weniger Wochen gestartet werden, um einen frühen Therapieerfolg und eine Prognoseverbesserung zu erreichen.
ACE-Hemmer
Verschieden große klinische Studie konnten vor Jahrzehnten bereits zeigen, dass ACE-Hemmer zu einer signifikanten Reduktion der Morbidität und Mortalität bei Patienten mit HFrEF führen und darüber hinaus mit einer Symptomlinderung einhergehen. Substanzen sollten niedrig dosiert begonnen und dann im Verlauf auf die Zieldosis auftitriert werden.
Angiotensinrezeptor-Neprilysininhibitoren (ARNI)
Bei ARNI handelt es sich um eine Kombination von einem AT1-Rezeptorblocker mit einem Neprilysininhibitor. Der Neprilysininhibitor führt zu einer Hemmung des Enzyms Neprilysin, welches zur Degradierung natriuretischer Peptide führt, sodass eine Inhibition von Neprilysin die Halbwertszeit natriuretischer Peptide wie ANP (atriale natriuretische Peptid), BNP etc. deutlich verlängert und hämodynamisch zur Entlastung des Herzens führt. In der PARADIGM-HF-Studie führt Sacubitril/Valsartan im Vergleich zu Enalapril zu einer signifikanten Reduktion des kombinierten Endpunktes der Herzinsuffizienzhospitalisierung und der kardiovaskulären Mortalität und zeigte darüber hinaus eine Reduktion der Gesamtmortalität für Patienten mit einer Ejektionsfraktion ≤40 %. In der mit ARNI behandelten Population zeigte sich im Vergleich zu Enalapril darüber hinaus eine Verbesserung der Symptome und der Lebensqualität sowie eine Reduktion der Inzidenz des Diabetes mit Notwendigkeit der Insulintherapie und ein nephroprotektiver Effekt mit einem verminderten Abfall der eGFR (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate). Darüber hinaus zeigte sich im Vergleich zum ACE-Hemmer eine reduzierte Hyperkaliämierate. Als Nebenwirkung für die Substanzen muss mit einem stärkeren Effekt auf den Blutdruck und damit unter Umständen einhergehenden Hypotonien gerechnet werden. ARNI waren bislang in den Leitlinien als Therapie für solche Patienten vorgesehen, die einen ACE-Hemmer bzw. ein Sartan gut vertragen haben. Sollte die Umstellung von einem ACE-Hemmer auf ein ARNI erfolgen, muss eine 36-stündige Therapiepause des ACE-Hemmers eingehalten werden, um das Auftreten von Angioödemen zu verhindern. Bei vorbestehender Therapie mit einem Sartan ist dies nicht notwendig. Mittlerweile existieren jedoch Daten, die nahelegen, dass auch eine direkte ARNI-Therapie gute Effekte hat, sodass bei neudiagnostizierter Herzinsuffizienz die vorherige Therapie mit ACE-Hemmer mit konsekutiver Umstellung auf ein ARNI nicht mehr nötig ist und ARNI anstelle von ACE-Hemmern als First-Line-Therapie gegeben werden können.
AT1-Rezeptorblocker spielen in der Primärtherapie eine untergeordnete Rolle und können bei Patienten gegeben werden, die eine Unverträglichkeit auf ACE-Hemmer und ARNI haben.
β-Blocker
Nachdem β-Blocker vor Jahrzehnten aufgrund ihrer negativen inotropen Wirkung als kontraindizierte Substanzen bei HFrEF angesehen wurden, konnten klinische Studien im Verlauf für Bisoprolol, Carvedilol, Metoprolol und Nebivolol zeigen, dass diese Substanzen auf dem Boden einer ACE-Hemmer- und Diuretikatherapie Mortalität und Morbidität bei HFrEF-Patienten reduzieren. β-Blocker sollten bei klinisch stabilen Patienten niedrigdosiert begonnen und dann im Intervall gesteigert werden. Bei akut dekompensierten, hospitalisierten Patienten sollte der β-Blocker erst wieder nach hämodynamischer Stabilisation begonnen werden.
Mineralokortikoidrezeptorantagonisten
Mineralokortikoidrezeptorantagonisten (Spironolacton oder Eplerenon) werden empfohlen zur Reduktion der Mortalität und Herzinsuffizienzhospitalisierung. Diese Empfehlung beruht auf Daten der RALES- und EPHESUS-Studie. Bezüglich des Nebenwirkungsprofils ist gerade in Kombination mit ACE-Hemmern an die Hyperkaliämie zu denken. Darüber hinaus kann vor allem Spironolacton bei Männern eine Gynäkomastie verursachen.
SGLT-2-Inhibitoren
SGLT-2-Inhibitoren blockieren den SGLT-2-Glukosetransporter im proximalen Tubulus und führen so zu einer vermehrten Glukosurie sowie einer vermehrten Natriumausscheidung im Urin. Die Substanzen waren initial als glukosesenkende Substanzen für Patienten mit Diabetes mellitus entwickelt worden. In großen klinischen Studien mit Patienten mit Typ-2-Diabetes und erhöhtem kardiovaskulären Risiko konnte für alle untersuchten Substanzen (Empagliflozin, Canagliflozin, Dapagliflozin und Ertugliflozin) gezeigt werden, dass sie konsistent zu einer Reduktion der Hospitalisierung für Herzinsuffizienz führen. Auf dem Boden dieser Daten wurden dedizierte Herzinsuffizienzstudien bei Patienten mit HFrEF und HFpEF/HFmrEF (linksventrikuläre Ejektionsfraktion [LVEF] >40 %) initiiert. Die aktuell vorliegenden Daten der Studien mit HFrEF-Patienten mit Dapagliflozin und Empagliflozin zeigen unabhängig vom Vorliegen eines Diabetes mellitus eine deutliche Reduktion des primären Outcomes, bestehend aus einer Kombination aus Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz und kardiovaskulärem Tod. Eine Metaanalyse der DAPA-HF- und EMPEROR-Reduced-Studie zeigte einen konsistenten Effekt der beiden Substanzen auf die Reduktion der Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz oder kardiovaskulärem Tod und der Gesamtmortalität (Zannad et al. 2020). Darüber hinaus zeigte sich in einer Studie mit Sotagliflozin, einem kombinierten SGLT-1- und SGLT-2-Inhibitor bei Patienten mit Diabetes mellitus und Hospitalisierung für Herzinsuffizienz ein deutlicher Benefit in Bezug auf den kombinierten Endpunkt des kardiovaskulären Todes und der Herzinsuffizienzhospitalisierung. Auf dem Boden des geringen Nebenwirkungsprofils und fehlender Effekte auf den Blutdruck sind diese Substanzen neu als First-Line-Therapie in die Therapie der HFrEF aufgenommen worden. Bezüglich der Nebenwirkungen müssen Patienten über das erhöhte Risiko von Genitalinfekten aufgeklärt werden.
Nach aktuellen Empfehlungen sollten die 4 Substanzklassen, für die ein Mortalitätsbenefit gezeigt werden konnte (ACE-Hemmer/ARNI; β-Blocker, MRA, SGLT-2-Inhibitoren) frühzeitig und simultan binnen weniger Wochen gestartet werden, um einen frühen Therapieerfolg und eine Prognoseverbesserung zu erreichen (McDonagh et al. 2021). Im Verlauf sollen die Substanzen dann weiter hochtitriert werden (s. Abb. 6).
Weitere Medikamente zur Therapie der HFrEF
1.
 
Schleifendiuretika werden empfohlen bei Patienten mit HFrEF zur Reduktion von Zeichen und Symptomen der Stauung. Gegenwärtig liegen keine Daten vor, die einen klaren prognostischen Benefit in Bezug auf Morbidität und Mortalität darlegen. Einzig konnte gezeigt werden, dass Schleifendiuretika das Risiko der Redekompensation vermindern. Unter den Schleifendiuretika konnten Vergleichsstudien zwischen Furosemid und Torasemid zeigen, dass Torasemid die Redekompensationsrate im Vergleich zu Furosemid deutlicher signifikant reduziert, wobei dies am ehesten auf dem Boden der verlängerten Halbwertszeit und des verminderten Rebound-Effektes im Vergleich zu Furosemid erklärt werden kann. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder solchen mit einer Diuretikaresistenz wird eine sequenzielle Nephronblockade im Sinne einer Kombination eines Schleifendiuretikums mit einem Thiazid empfohlen. Für einen Teil der Patienten mag eine milde Thiazidtherapie zur Symptomlinderung ausreichend sein. Zur Verhinderung der Redekompensation bei Patienten mit HFrEF wird die tägliche Gewichtskontrolle und die Selbstanpassung der Diuretikadosis empfohlen, um übermäßige Gewichtszunahme mit konsekutiver Dekompensation zu vermeiden.
2.
Ivabradin
 
Ivabradin führt durch Hemmung des IF-Kanals im Sinusknoten zu einer Reduktion der Sinusknotenfrequenz. In der SHIFT-Studie konnte gezeigt werden, dass Ivabradin den kombinierten Endpunkt von kardiovaskulärer Mortalität und Herzinsuffizienz, Hospitalisierung bei symptomatischen HFrEF-Patienten mit EF ≤35 % reduziert, wenn diese im Sinusrhythmus waren und eine Herzfrequenz ≥70 auf dem Boden einer β-Blockertherapie hatten. Die aktuellen ESC-Leitlinien empfehlen die Ivabradintherapie bei symptomatischen Patienten mit einer EF ≤35 %, einem Sinusrhythmus und einer Ruheherzfrequenz von mehr als 70 Schlägen pro Minute trotz maximaler β-Blockertherapie zu erwägen. Entscheidend ist hier, dass zunächst alle Anstrengungen unternommen werden sollten, die β-Blockertherapie maximal aufzutitrieren.
3.
Kombinationstherapie von Hydralazin und Isosorbiddinitrat
 
Die Evidenz für diese Substanzen in der HFrEF sind eingeschränkt und berufen sich auf eine kleine randomisierte Studie bei Patienten, die sich selbst als schwarz identifiziert haben. Hier führte die Therapie zu einer Reduktion der Mortalität und Herzinsuffizienzhospitalisierung. Diese Substanzen werden in Deutschland nur sehr eingeschränkt eingesetzt.
4.
Digitalispräparate
 
Die früher in der Herzinsuffizienztherapie häufiger eingesetzten Digitalispräparate spielen heute in der Therapie eine nachgeordnete Rolle, und Digitalispräparate können erwogen werden bei Patienten mit symptomatischer HFrEF im Sinusrhythmus trotz den oben genannten Therapien, um das Risiko der Hospitalisierung zu reduzieren. Aktuell existiert keine Evidenz für eine Reduktion einer Mortalität. Darüber hinaus können Digitalispräparate gegeben werden, um bei Patienten mit Vorhofflimmern eine Frequenzkontrolle zu bewirken. Zu beachten ist, dass Digoxin ein enges therapeutisches Fenster hat und die Serumspiegel unter 1,2 ng/ml liegen sollten. Gerade bei progredienter Einschränkung der Nierenfunktion sollte dies kontrolliert werden. Alternativ kann Digitoxin eingesetzt werden, welches vorzugsweise hepatisch metabolisiert wird.
5.
Lösliche Guanylatzyklaserezeptorstimulatoren (Vericiguat)
 
Die unlängst veröffentlichte VICTORIA-Studie untersuchte die Effizienz und Sicherheit des oralen, löslichen Guanylatzyklaserezeptorstimulators Vericuguat bei Patienten mit HFrEF und kürzlicher kardialer Dekompensation. Vericiguat führte zu einer signifikanten 10 %igen Reduktion des kombinierten Endpunktes von kardiovaskulärem Tod oder Hospitalisierung für Herzinsuffizienz, wobei dies einzig durch eine Reduktion der Hospitalisierung für Herzinsuffizienz getrieben wurde. Somit kann Vericiguat erwogen werden bei einem Patientenkollektiv mit kürzlicher Dekompensation trotz optimal medikamentöser Herzinsuffizienztherapie.
Weitere Aspekte der nichtmedikamentösen Therapie der HFrEF (Device-Therapie, Transplantation) werden in anderen Kapiteln behandelt.

Therapie der Herzinsuffizienz mit mäßiggradig eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (HFmrEF)

Bisher wurden keine spezifischen randomisierten Studien explizit für den linksventrikulären Ejektionsfraktionsbereich von 41–49 % durchgeführt. Alle Empfehlungen für diese Patientengruppe basieren daher auf Subgruppenanalysen von HFpEF-Studien mit einer EF >40 %. Keine der Studien für ACE-Hemmer, ARNI, MRA und β-Blocker erreichte hierbei den primären Endpunkt. Subgruppenanalysen legen jedoch nahe, dass Patienten mit einer EF <50 % von diesen Therapien profitieren, weshalb die Leitlinie der Europäischen Kardiologengesellschaft empfiehlt diese bei diesem Patientenkollektiv zu erwägen (McDonagh et al. 2021). Zum ersten Mal konnte die EMPEROR-Preserved-Studie mit Empagliflozin bei Patienten mit Herzinsuffizienz und einer EF >40 % eine signifikante Reduktion von kardiovaskulärem Tod und Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz zeigen (Anker et al. 2021). Auf dem Boden dieser Daten ist Empagliflozin zur Behandlung der symptomatischen Herzinsuffizienz unabhängig von der LVEF zugelassen.
Wie bei allen anderen Formen der Herzinsuffizienz sollten Diuretika zur Kontrolle des Flüssigkeitshaushaltes eingesetzt werden.

Therapie der Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Funktion (HFpEF)

Jahrelang konnte keine medikamentöse Therapie eine eindeutige Reduktion der Mortalität und Morbidität bei Patienten mit HFpEF zeigen. Die Therapie mit Diuretika war deshalb bisher die einzige Option zur Symptomreduzierung. Die EMPEROR-Preserved Studie mit Empagliflozin ist die erste Studie bei Patienten mit HFpEF, die eine signifikante Reduktion des primären Endpunktes (kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung für Herzinsuffizienz) um 21 % zeigen konnte. Dieses Ergebnis war getrieben durch eine um 29 % reduzierte Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz (Anker et al. 2021). Zusätzlich sollten bei allen Patienten mit HFpEF die Komorbiditäten suffizient therapiert werden. Neben der Behandlung der Komorbiditäten legen kleinere Studien nahe, dass strukturiertes Ausdauer-/Widerstandstraining zu einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit sowie zu einer günstigen Beeinflussung echokardiografischer Parameter der diastolischen Dysfunktion (E/é) und des linksatrialen Volumenindex (ml/m2) führt (Omar et al. 2018; Edelmann et al. 2011). Auf dem Boden dieser Daten sollte Patienten mit HFpEF regelmäßige körperliche Aktivität und gegebenenfalls Sport empfohlen werden.
Literatur
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