Erschienen in:
16.06.2023 | Prädiabetes | Schwerpunkt: Fettstoffwechsel und Metabolisches Syndrom
Prädiabetes als therapeutische Herausforderung in der Inneren Medizin
verfasst von:
PD Dr. med. Konstantinos Kantartzis, Andreas Fritsche, Andreas L. Birkenfeld
Erschienen in:
Die Innere Medizin
|
Ausgabe 7/2023
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Der Begriff Prädiabetes beschreibt einen erhöhten, jedoch noch nicht im diabetischen Bereich liegenden Nüchternblutzuckerspiegel, einen erhöhten Blutzuckerspiegel nach 120 min in einem standardmäßig mit 75 g Glukose durchgeführten oralen Glukosetoleranztest oder beides. In die Definition der American Diabetes Association fließt zusätzlich das glykierte Hämoglobin A (HbA1c) ein. Die Häufigkeit des Prädiabetes nimmt stark zu. Die Progression von einer normalen Glukosetoleranz zu einem Diabetes ist ein kontinuierlicher Vorgang. Insulinresistenz und Insulinsekretionsstörung, deren gleichzeitiges Vorliegen den manifesten Diabetes charakterisiert, sind schon im prädiabetischen Stadium vorhanden. Der Prädiabetes geht mit einem erhöhten Diabetesrisiko einher; allerdings entwickeln bei Weitem nicht alle Menschen mit Prädiabetes einen Diabetes. Dennoch bleibt allein die Feststellung eines erhöhten Diabetesrisikos insofern relevant, als sie die Ergreifung von Maßnahmen zur Diabetesprävention erfordert. Als effektivste Strategie zur Behandlung des Prädiabetes hat sich eine strukturierte Lebensstilintervention erwiesen. Um deren Effizienz zu erhöhen, sollte sie möglichst ausschließlich denjenigen Menschen zur Verfügung gestellt werden, welche die größten Chancen haben, davon zu profitieren. Dazu müssten Menschen mit Prädiabetes nach ihrem Risikoprofil stratifiziert werden. In einer Population von Menschen mit erhöhtem Diabetesrisiko (Tübinger Diabetes-Familien-Studie) wurde eine Clusteranalyse vorgenommen, die 6 Cluster/Untergruppen ergab. Darunter wurden 3 Hochrisikountergruppen identifiziert. Zwei davon zeigen eine überwiegende Insulinsekretionsstörung bzw. überwiegende Insulinresistenz und ein hohes Diabetes- und kardiovaskuläres Risiko. Die dritte Gruppe weist ein hohes Nephropathierisiko und eine hohe Mortalität, aber ein relativ betrachtet niedrigeres Diabetesrisiko auf. Einen Prädiabetes kann man insgesamt noch nicht gezielt pathophysiologisch orientiert behandeln. Die neue – auf der Pathophysiologie basierende – Einteilung des Prädiabetes eröffnet nun neue Wege für die Diabetesprävention. Aktuell laufende und zukünftige Studien sollen die Annahme bestätigen, dass die Wirksamkeit etablierter bzw. noch nicht etablierter Präventionsmaßnahmen abhängig von der jeweiligen Untergruppe ist.