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2020 | Buch

Operative und interventionelle Gefäßmedizin

herausgegeben von: Univ.-Prof. Dr. Eike Sebastian Debus, Prof. Dr. Walter Gross-Fengels

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Das klinische Wissen zu den Erkrankungen der Gefäße und zur invasiven Gefäßtherapie ist umfassend und detailliert in diesem Buch zusammengefasst - eine unerschöpfliche Informationsquelle für jeden operativ, interventionell oder konservativ tätigen Gefäßspezialisten!

Der aktuelle Kenntnisstand zu den physiologischen und pathophysiologischen Grundlagen ist ebenso dargestellt wie die modernen diagnostischen und therapeutischen Verfahren. Den Schwerpunkt bilden die Kapitel, in denen alle systemischen und regionalen Erkrankungen der Gefäße ausführlich beschrieben werden. Auch seltene Erkrankungen und Konstellationen sind berücksichtigt. Für jede Indikation werden die Therapieoptionen sorgfältig abgewogen und konkrete Empfehlungen zum praktischen operativen und interventionellen Vorgehen gegeben.

In der 2. Auflage wurden die Kapitel durchweg aktualisiert und zum Teil komplett neu verfasst:

· neben Experten aus dem deutschen Sprachraum wurden für einzelne Themen auch internationale Spezialisten als Autoren gewonnen.

· zusätzliche Kapitel zu diagnostischen Verfahren (wie PET/CT), therapeutischen Methoden (wie allogene und xenogene Materialien) und klinischen Fragestellungen (wie Portanlage und PICC, Damage Control Surgery bei Gefäßverletzungen und intestinale Aneurysmen) wurden ergänzt.

Parallel zur gedruckten Ausgabe erscheint erstmals eine online-Version, die als Live Reference-Ausgabe kontinuierlich aktualisiert wird.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Geschichte der Gefäßmedizin

Frontmatter
1. Geschichtliche Entwicklung der Venenchirurgie
Zusammenfassung
Einige Krankheiten der Venen – ähnlich wie Verletzungen – dürften schon den Heilkundigen der Prähistorie bekannt gewesen sein. Krampfadern gaben sich durch ihre typischen Befunde und Komplikationen wie Varikophlebitis oder Varizenblutung zu erkennen. Das konnte man mit den Mitteln der Zeit auch therapieren. Im klassischen Altertum passte die tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose gut in die Philosophie der Säftelehre als „kalter Schleim“ hinein (Tab. 1). Und der dritte phlebologische Krankheitskomplex, die chronische venöse Insuffizienz mit dem Ulcus cruris venosum, gehörte schon immer zum Behandlungsspektrum der Wundärzte (Hach 2000).
Wolfgang Hach
2. Geschichtliche Entwicklung der arteriellen Gefäßchirurgie
Zusammenfassung
Die Gefäßchirurgie ist in Deutschland eine junge Disziplin, doch ihre Geschichte beginnt mit den ersten Versuchen, Blutungen chirurgisch zu stillen. Mit dem medizinischen Fortschritt entstand vor allem in den vergangenen 120 Jahren eine Vielzahl von Techniken; entwickelt und perfektioniert von einer Vielzahl wichtiger Protagonisten. Ihnen allen in einem Buchkapitel gerecht zu werden, ist unmöglich. Wir versuchen jedoch einen Überblick über die wichtigsten Meilensteine zu geben.
Axel Larena-Avellaneda, Jutta von Campenhausen

Physiologie und Hämostaseologie

Frontmatter
3. Physiologie des Gefäßsystems
Zusammenfassung
Die Belastung, der unsere Blutgefäße mit jedem Herzschlag ausgesetzt sind, wird durch den im Gefäßsystem vorherrschenden Blutdruck bestimmt. Dieser unterliegt ständigen Schwankungen, die durch den Herzzyklus-bedingten Wechsel von Kontraktion (Systole) und Relaxation (Diastole) verursacht werden.
Klara Brixius, Wilhelm Bloch
4. Physiologie und Pathophysiologie der Hämostase
Zusammenfassung
Die Hämostase erfordert Mechanismen, die einerseits eine Blutung durch die Bildung des Fibringerinnsels stoppen und andererseits dessen Ausmaß begrenzen, um damit einer überschießenden Thrombusbildung mit Gefäßverschluss entgegenzuwirken. In diesen Prozess sind die Elemente der Virchow-Trias Blutströmung, Blutzusammensetzung und Gefäßendothel eng eingebunden.
Viola Hach-Wunderle, Johannes N. Hoffmann
5. Thromboseneigung
Zusammenfassung
Thrombosen und Embolien können im arteriellen oder im venösen Gefäßsystem auftreten und zu schweren akuten und chronischen Funktionseinschränkungen der betroffenen Organe und Extremitäten führen. Die klinische Symptomatik hängt im Wesentlichen von der Lokalisation und Ausdehnung einer Stenose oder eines Verschlusses, von deren Kollateralisation sowie von individuellen anatomischen Gegebenheiten ab. Von besonderer Bedeutung können darüber hinaus bestimmte Begleitkrankheiten und -faktoren sein.
Viola Hach-Wunderle, Johannes N. Hoffmann
6. Spezielle postoperative und postinterventionelle hämostaseologische Medikation
Zusammenfassung
Patienten nach gefäßchirurgischen Operationen/ Interventionen sind nicht nur dem Risiko eines Verschlusses der Rekonstruktion ausgesetzt, sondern auch einem erhöhten Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt oder vaskulären Tod.
Die gerinnungsaktiven Substanzen müssen deshalb angepasst an das individuelle Blutungsrisiko und das Risiko des Verschlusses der Rekonstruktion eingesetzt werden.
Die Absicherung durch Evidenz Studien der Klasse I ist in der Regel nicht gegeben, so dass ein individuelles Konzept mit den Patienten besprochen werden muss, der insbesondere auch über Nebenwirkungen informiert werden muss.
Für das Blutungsrisiko können der HAS Bled Score oder der Atria Score verwendet werden. Die Behandlung mit Vitamin K Antagonisten (therapeutische Antikoagulation) bleibt Sondersituationen vorbehalten (RE-Verschluss, pedale Rekonstruktionen). Auch venöse kniegelenksübergreifende Rekonstruktionen können mit TAH behandelt werden, insbesondere bei Aneurysma Patienten oder Patienten mit guten Abstromgefäßen.
Johannes N. Hoffmann
7. Blutungsneigung
Zusammenfassung
Blutungen können prinzipiell auf angeborene oder erworbene Ursachen zurückgeführt werden. Manchmal bleiben sie in ihrer Herkunft unklar. Eine Blutungsneigung kann auf einer körpereigenen Funktionsstörung oder – und das ist viel häufiger – auf der Einnahme bestimmter gerinnungsaktiver Medikamente beruhen. Das Ausmaß und die Lokalisation von Blutungen geben oftmals einen ersten Hinweis auf die zugrunde liegende Hämostasestörung. So ist für thrombozytäre Defekte der petechiale und für plasmatische Defekte der flächenhafte Blutungstyp charakteristisch (Abb. 1). Schleimhautblutungen sind typisch für das von-Willebrand-Syndrom und Gelenkblutungen für die schwere Hämophilie A und B. Für die Abschätzung der Blutungsneigung bei einer vorgesehenen Operation oder Intervention ist die sorgfältige Erhebung der Eigen- und der Familienanamnese von größter Bedeutung. Wenn sich hierbei Hinweise auf ein erhöhtes Blutungsrisiko ergeben, sollte präoperativ und präinterventionell die eingehende Gerinnungsdiagnostik erfolgen. In diesem Zusammenhang ist auch die Verfahrensweise bezüglich der Beibehaltung oder des Absetzens von gerinnungsaktiven Medikamenten wichtig.
Viola Hach-Wunderle, Johannes N. Hoffmann

Pathogenese und klinische Grundlagen von Gefäßerkrankungen

Frontmatter
8. Arteriosklerose: Ätiologie und Pathogenese
Zusammenfassung
Eine Schlüsselrolle in der Arteriosklerose-Entwicklung nimmt die arterielle Endothelzelle ein. In den letzten Jahren hat unser Wissen über die Endothelzellen beachtlich zugenommen, und insbesondere hat sich über die Endothelzellen eine kausale Verbindung zur Entzündung und zum metabolischen Syndrom ergeben. Die Arteriosklerose wird deswegen häufig als entzündliche Erkrankung der Endothelzellen verstanden. Dieses Verständnis hat die alte Zweiteilung in „Schädigungstheorie“ und „Fett-Theorie“ der Arteriosklerose durch ein umfassenderes Verständnis abgelöst. Endothelzellen, Entzündung und Blutgerinnung sind, wie wir heute wissen, verschiedene Bestandteile eines Systems. Am besten wird die große klinische Bedeutung dieses Systems durch die großen Erfolge derjenigen Bereiche der Pharmakotherapie der Arteriosklerose dokumentiert, die eine Hemmung der proinflammatorischen Reaktionen des Endothels und eine Hemmung der Blutgerinnung zum Ziel haben.
Justus G. Müller, Peter Kuhlencordt
9. Akuter arterieller Verschluss
Zusammenfassung
Der „akute arterielle Verschluss“ beschreibt ein Zustandsbild, weniger eine Gefäßpathologie. Er ist Anlass zu einer umgehenden Diagnostik und Behandlung, denn die abhängige Körperprovinz ist durch die akute Mangeldurchblutung beim arteriellen Verschluss vital gefährdet. Diese vitale Gefährdung äußert sich in einem Zustandsbild, welches plakativ mit den „6 P“ (nach Pratt) beschrieben wird:
Heiner Wenk, Thomas Jahnke, Eike Sebastian Debus
10. Akute Verschlussprozesse im Extremitätenbereich: Perkutane Thrombektomie und lokale Thrombolyse
Zusammenfassung
Die akute Extremitätenischämie ist eine Notfallsituation mit einer hohen Morbidität und Mortalität. Die Therapie stellt für die beteiligten Fachdisziplinen eine interdisziplinäre Herausforderung dar. Entscheidend ist, nachdem die Diagnose verifiziert und konservative Maßnahmen eingeleitet wurden, eine rasche Revaskularisation, wobei die Wahl des Therapieverfahrens von der Verfügbarkeit einer der Optionen sowie vom Schweregrad der Ischämie abhängt. Patienten mit einer inkompletten Ischämie (Kategorie I–IIa) profitieren gleichermaßen von einer chirurgischen wie von einer perkutanen Revaskularisationsmaßnahme, wobei minimal-invasive Methoden Vorteile in Hinblick auf Morbidität und Mortalität aufweisen. Neben der lokoregionalen Lysetherapie gehören weitere perkutane Optionen wie die Aspirationsthrombektomie sowie die perkutane mechanische Thrombektomie zum Arsenal eines endovaskulären Interventionalisten.
Michael Burbelko, H.-J. Wagner
11. Aneurysmatische Gefäßerkrankungen: Terminologie, Ätiologie und Lokalisation
Zusammenfassung
Bei einem Aneurysma handelt es sich um eine umschriebene Erweiterung eines Gefäßes. In diesem Kapitel werden die Ursachen der verschieden Formen und Lokalisationen von Aneurysmen dargestellt. Da die genetischen und molekularen Grundlagen vor allem am abdominellen Aortenaneurysma (AAA) untersucht worden sind, diesen diese Aneurysmen hier im Fokus. Drei Prozesse stehen hierbei im Vordergrund bei der Ausbildung solcher Aneurysmen: Die Degradation der extrazellulären Matrix, ein chronischer Entzündungsprozess sowie eine Reduktion der mesenchymalen Muskelzellen.
Axel Larena-Avellaneda, Eike Sebastian Debus
12. Funktionelle Durchblutungsstörungen
Zusammenfassung
Den Begriff funktionelle Durchblutungsstörungen verwendet man für Krankheitsbilder, bei denen es zu einer Engstellung oder Erweiterung der Gefäße kommt, ohne dass organische Gefäßveränderungen vorhanden sind.
Beatrice Amann-Vesti
13. Vaskuläre Wundheilung
Zusammenfassung
Wunden sind umschriebene Gewebsverletzungen. Ist das Integument verletzt, spricht man von offenen oder äußeren Wunden. Die Heilung und Behandlung von Wunden ist abhängig von der Wundentstehung und der Wundart.
Matthias Augustin, Katharina Herberger, Holger Diener, Eike Sebastian Debus

Epidemiologie und Versorgung von Gefäßpatienten in Deutschland

Frontmatter
14. Epidemiologie von Gefäßerkrankungen und Versorgung von Gefäßpatienten
Zusammenfassung
Die Global Burden of Disease Study 2010 (Krishnamurthi et al. 2013) schätzte, dass im Jahr 2010 weltweit 11.569.538 ischämische Schlaganfälle beobachtet wurden, davon 63 % in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen. An hämorrhagischen Schlaganfällen wurden weltweit 5.324.997 Ereignisse gesehen, davon 80 % in Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen. Ischämische Schlaganfälle, die unter anderem durch arteriosklerotische Läsionen der extrakraniellen Gefäße (wie die Karotisstenose) bedingt sind, machten demnach 68,5 % aller Schlaganfälle aus. Am ischämischen Schlaganfall starben 2.835.419 Personen (57 % in Ländern niedrigen und mittleren Einkommens), am hämorrhagischen Schlaganfall 3.038.763 Personen (84 % in Ländern niedrigen und mittleren Einkommens). Im Jahr 2010 reichte die altersstandardisierte Inzidenz des ischämischen Schlaganfalls pro 100.000 Personenjahre von 51,88 in Qatar bis 433,97 in Litauen, die Inzidenz des hämorrhagischen Schlaganfalls von 14,55 in Qatar bis 159,81 in China. Die altersstandardisierten Sterblichkeitsraten pro 100.000 Personenjahre bewegten sich beim ischämischen Schlaganfall von 9,17 (Qatar) bis 137,70 (Russland), beim hämorrhagischen Schlaganfall von 9,64 (USA) bis 210,56 (Mongolei). Für Deutschland nannten die Autoren eine altersstandardisierte Inzidenz des ischämischen Schlaganfalls pro 100.000 Personenjahre von 141,66 und eine Sterblichkeit von 21,11, die Vergleichszahlen für den hämorrhagischen Schlaganfall waren 49,55 und 11,53. In den letzten zwei Jahrzehnten ist in Ländern mit hohem Einkommen wie bei uns die Inzidenz des ischämischen Schlaganfalls signifikant um 13 % zurückgegangen, die Sterblichkeit sogar um 37 %. Der Rückgang bei der Inzidenz hämorrhagischer Schlaganfälle machte 19 % und der ihrer Sterblichkeit 38 % aus. Der Rückgang der Schlaganfallinzidenz ist auf eine Modifikation der Risikofaktoren zurückzuführen, von denen die drei wichtigsten sind: Hoher Blutdruck, Tabakkonsum (einschließlich Passivrauchen) und Alkoholgenuss. Weitere beeinflussbare Risikofaktoren stellen hoher Kochsalzverbrauch, geringer Früchtekonsum und körperliche Inaktivität dar (Feigin et al. 2015).
Reinhart T. Grundmann, Eike Sebastian Debus

Vaskuläre Untersuchungsmethoden

Frontmatter
15. Nicht-apparative Diagnostik von Gefäßerkrankungen
Zusammenfassung
Eine gezielte Anamneseerhebung ist zur Klärung der vaskulären Genese einer Beschwerdesymptomatik und Erarbeitung einer Arbeitshypothese des zugrunde liegenden Gefäßproblems von großer Bedeutung.
Peter Kuhlencordt
16. Nicht-bildgebende apparative Diagnostik von Gefäßerkrankungen
Zusammenfassung
Die nicht bildgebende apparative Diagnostik von Gefäßerkrankungen spielt in zunehmendem Maße bei der Indikationsstellung für Gefäßoperationen und Katheter Interventionen eine besondere Rolle. Die vergleichbar einfache hämodynamische Abklärung erlaubt eine Aussage über die Kompensation einer Gefäßerkrankung. Insbesondere werden hierüber Aussagen über die Kollateralisierung von Gefäßverschlüssen möglich. Trotz der oft brillianten dreidimensionalen Darstellung der Gefäßanatomie in der CT- oder MR-Angiographie ist eine Aussage über die Kompensation einer Gefäßerkrankung mit diesen Methoden nicht automatisch möglich. Besonders attraktiv erscheinen die nicht bildgebenden apparativen diagnostischen Verfahren durch den Verzicht auf Röntgenstrahlen und Kontrastmittel.
Peter Kuhlencordt
17. Farbkodierte Duplexsonographie (FKDS) in der Diagnostik von Gefäßerkrankungen
Zusammenfassung
Die FKDS erlaubt die Beurteilung der Anatomie, der Morphologie und der Hämodynamik von Gefäßen. Die funktionelle Untersuchung kann durch die genaue Bestimmung der Untersuchungstiefe und der optimalen Platzierung der Probenentnahmestelle („sample volume“) bestimmten Gefäßabschnitten zugeordnet werden. Durch die Kenntnis und optimale Einstellung des Beschallungswinkels können die Dopplerfrequenzen in Flussgeschwindigkeiten umgerechnet werden. Das folgende Kapitel soll nun die Anwendung der Methode durch die Beschreibung der Untersuchung einzelner Gefäßprovinzen erläutern. Für eine genauere Darstellung der physikalischen Grundlagen und der Anwendung verweisen wir auf die Vielzahl der Standardwerke zu diesem Thema.
Thorsten Bley, Peter Kuhlencordt, Reinhard Kubale
18. Digitale Subtraktionsangiographie und CT-Angiographie in der Gefäßmedizin
Zusammenfassung
Hinsichtlich der Genauigkeit und Übersichtlichkeit der Darstellung gilt die intraarterielle digitale Subtraktionsangiographie (i.a. DSA) weiterhin als Goldstandard. Nach lokaler Betäubung wird unter sterilen Kautelen in der Regel die A. femoralis communis punktiert. Über die Punktionsnadel wird dann ein Führdraht in die Arterie eingeführt, über den nun in Seldinger-Technik eine intraarterielle Schleuse eingebracht werden kann. Über diesen Zugang kann das entsprechende Gefäßterritorium mit den benötigten Führdrähten und Kathetern aufgesucht und angiographiert werden. Für die Angiographie der aorto-iliakalen Strombahn bzw. deren Äste wird in der Regel die A. femoralis communis retrograd punktiert. Dagegen kann bei geplanter perkutaner transarterieller Angioplastie (PTA) der Beinstrombahn initial eine antegrade Punktion der A. femoralis communis durchgeführt werden. Dieses Vorgehen bedingt in der Regel eine gute Führbarkeit der Drähte und Katheter. Die Punktionsstelle der A. femoralis communis muss sorgfältig ausgewählt werden, um nicht versehentlich zu weit kaudal die A. femoralis profunda zu punktieren, von der aus ein weiteres Vorgehen in die Beinstrombahn unmöglich ist. Dagegen kann ein Cross-over-Vorgehen nach retrograder Punktion der kontralateralen A. femoralis communis und Passage über die Aortenbifurkation auf die Gegenseite die Führbarkeit der Katheter insbesondere bei ausgeprägtem Kinking der Iliakalarterien erheblich erschweren.
Thorsten Bley, Peter Kuhlencordt
19. MR-Angiographie in der Gefäßmedizin
Zusammenfassung
Die Magnetresonanzangiographie (MRA) nimmt einen zunehmend größeren Stellenwert in der Beurteilung der arteriellen und venösen Gefäßstrombahn von Kopf bis Fuß ein. Stetige Verbesserungen in der Scanner- und Sequenztechnologie wie auch der Nachverarbeitungsverfahren konnten die Bildqualität der MRA derart verbessern, dass in einer Vielzahl von Fällen die diagnostische Katheterangiographie durch die MRA ersetzt werden kann (Abb. 1). Unter Verwendung von Geräten der neuesten Bauart, Oberflächenspulen und Gradientenechosequenzen können hoch qualitative dreidimensionale Gefäßrekonstruktionen mit hoher Sensitivität und Spezifität generiert werden (Collins et al. 2007). Bei der Untersuchung von verkalkten Läsionen kann es zu einer Überschätzung des Stenosegrades v. a. im Bereich von kleinkalibrigen Gefäßen kommen. Prinzipiell wird die native MRA, bei der keine gadoliniumhaltigen Kontrastmittel eingesetzt werden, von der kontrastmittelunterstützten MRA unterschieden.
Thorsten Bley, Peter Kuhlencordt
20. PET/CT-Diagnostik in der Gefäßmedizin
Zusammenfassung
Die PET (Positronen-Emissions-Tomographie) ist ein bildgebendes Verfahren, welches die räumliche Verteilung eines mit einem Positronenstrahler markierten Radiopharmakons im Organismus darstellt. Die im Vergleich zur konventionellen Gammakameratechnik höhere räumliche Auflösung beruht auf der Messung der beim Zerfall eines Positrons emittierten beiden Gammaquanten in einem engen Zeitfenster. Die derzeit erreichbare Auflösung liegt bei 4–6 mm. Moderne PET Scanner werden als kombinierte PET/CT-Geräte betrieben. Durch die sequenzielle Akquisition von CT und PET kann die räumliche Verteilung biochemischer Prozesse bzw. physiologischer und pathologischer Stoffwechselvorgänge im Organismus in ihrem anatomischen Bezug sichtbar gemacht werden. Die CT-Komponente ist außerdem zur Berechnung der Absorptionskorrektur und damit zur Quantifizierung der PET (Berechnung der Aktivitätskonzentration des Radiopharmakons im Gewebe) erforderlich. Die CT kann als hochauflösendes CT mit Kontrastmittel erfolgen und damit auch zusätzlich zum PET die Möglichkeiten einer umfassenden CT-Diagnostik ausschöpfen.
Walter Gross-Fengels, Isabel Lauer

Indikationsstellung und perioperatives Management

Frontmatter
21. Indikationsstellung in der operativen und interventionellen Gefäßmedizin
Zusammenfassung
Es ist zunächst Aufgabe der sorgfältigen Anamneseerhebung und der klinischen Untersuchung, die Diagnose zu stellen und Nebenerkrankungen zu registrieren. Bereits im Stadium der Diagnosefindung muss das Risiko der zu therapierenden Erkrankung und der Begleiterkrankungen gegen das Risiko einer (invasiven) Behandlung und die individuelle Prognose abgewogen werden.
Eike Sebastian Debus, Klaus Balzer
22. Perioperatives Management in der operativen und interventionellen Gefäßmedizin
Zusammenfassung
Patienten mit Gefäßerkrankungen stellen eine Hochrisikopopulation für operative Eingriffe dar. Auch komplexe interventionelle Prozeduren können Belastungen, etwa Beeinträchtigungen der Nierenfunktion mit sich bringen. So sollte möglichst in der Planungsphase der Eingriffe auf eine optimale Abstimmung der Medikation und Kontrolle der Risikofaktoren geachtet werden. Eine Optimierung funktioneller Einschränkungen (etwa Atemtraining bei chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen) ist ebenfalls in der präoperativen Phase empfohlen.
Barbara Rantner, Eike Sebastian Debus
23. Kardiale Umfelddiagnostik bei Gefäßoperationen und Gefäßinterventionen
Zusammenfassung
Dieses Kapitel stellt die perioperative kardiale Risikostratifizierung vor gefäßmedizinischen operativen und interventionellen Eingriffen basierend auf den Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie vom August 2014 dar (Kristensen et al. 2014).
Julia Münch, Stefan Blankenberg
24. Perioperative Antibiotikaprophylaxe und systemische Therapie von Wundinfektionen
Zusammenfassung
Ein Viertel aller nosokomialen Infektionen sind Wundinfektionen, die in Deutschland die häufigste, in Europa die zweithäufigste nosokomiale Infektionsart darstellt. In der Gefäßchirurgie dominieren grampositive Keime. Die weitaus meisten Komplikationen (bis zu 80 %) werden durch Staphylococcus aureus verursacht. Jedoch finden sich zunehmend Enterokokken, Pseudomonas aeruginosa, E. coli, Proteus und Klebsiellen. Die Verbreitung von MRSA und 3 bzw. 4 MRGN stellt den Gefäßchirurgen vor weitere Herausforderungen. Ziel ist es, bereits durch die perioperative Antibiotikagabe als eine von mehreren Maßnahmen postoperative Wundinfektionen zu reduzieren bzw. zu verhindern. Dabei kann eine Antibiotikagabe hygienische und aseptische evidenzbasierte Richtlinien nicht ersetzen. Obligat ist das Erreichen eines suffizienten Blut- und Gewebespiegels mit Beginn des Hautschnitts für die gesamte Dauer der Operation. Daraus leitet sich ein Zeitintervall von 2 h bis spätestens 30 min vor dem Eingriff ab. Als Substanzklassen werden in der Gefäßchirurgie international Cephalosporine der ersten und zweiten Generation empfohlen. Als Alternative können Aminopenicilline und β-Lactam-Inhibitoren eingesetzt werden (Evidenzgrad A). Zur First-line-Therapie von MRSA sind in Deutschland primär Daptomycin oder Glykopeptide angezeigt.
Holger Diener, Eike Sebastian Debus

Chirurgische und interventionelle Techniken und Materialien

Frontmatter
25. Gefäßchirurgische Nahttechniken
Zusammenfassung
Das Ziel jeder Gefäßnaht besteht darin, durch eine exakte Adaptation der Gefäßränder eine vollständige Blutstillung zu erreichen. Gleichzeitig muss die Integrität der Gefäßwand so weit wie möglich wiederhergestellt werden. Dies wird durch eine leicht evertierende Nahttechnik erreicht, bei der die Intima der zu vereinigenden Gefäßabschnitte exakt aufeinander zu liegen kommen.
Eike Sebastian Debus, Walter Gross-Fengels
26. Offene gefäßchirurgische Rekonstruktionsverfahren
Zusammenfassung
Im Folgenden werden die konventionellen gefäßchirurgischen Rekonstruktionsverfahren im Einzelnen vorgestellt. Modifikationen und Kombinationen der verschiedenen Techniken sind dabei in der Praxis keine Seltenheit und werden nach Bedarf vorgenommen. Die Wahl des operativen, endovaskulären Verfahrens oder auch der Kombination aus beiden Techniken richtet sich nach dem morphologischen Veschlussmuster. Lokalisierte Läsionen werden in der Regel primär endovaskulär, diffuse und ausgedehnte Prozesse meist primär offen-chirurgisch angegangen (Tab. 1).
Eike Sebastian Debus, Walter Gross-Fengels
27. Endoluminale Therapie in der Gefäßmedizin
Zusammenfassung
Für Interventionen im Becken- und Beinbereich stehen verschiedene Zugänge zur Verfügung. Punktiert wird die Arterie in Seldinger-Technik oder mit einer einteiligen, scharf geschliffenen, offenen Kanüle. Letztere bietet sich bei schwierigen Punktionsverhältnissen an, beinhaltet allerdings die Gefahr, dass ein Führungsdraht beim Zurückziehen abgeschert wird. Schleusen sollten obligat verwendet werden, wobei in der Regel Größen von F4 bis F6 ausreichen.
Eike Sebastian Debus, Walter Gross-Fengels
28. Nahtmaterial und Nahthilfsmaterial in der Gefäßchirurgie
Zusammenfassung
Die Wahl des chirurgischen Nahtmaterials ist von einer Vielzahl verschiedener Faktoren abhängig, die von dem Gefäßchirurgen differenziert gegeneinander abzuwägen sind. Auf der einen Seite ist die Wahl des Materials von objektiven Kriterien abhängig, die sich aus physikalischen Materialeigenschaften sowie aus biochemischen Eigenschaften im Körpergewebe definieren. Auf der anderen Seite müssen subjektive Kriterien abgewogen werden, die sich aus den Handhabungseigenschaften und Anwendungsgewohnheiten des Chirurgen ergeben. In Abhängigkeit vom Implantationsort (Gefäß, Faszie, Fettgewebe) und der Umgebungssituation (steril, infiziert) sind Nahtmaterialien unterschiedlichen Anforderungen unterworfen. Die Kenntnis der Materialeigenschaften stellt daher für den anwendungsgerechten Einsatz eine wichtige Voraussetzung dar.
Eike Sebastian Debus, Ulrich A. Dietz
29. Alloplastisches Material und Stents in der Gefäßmedizin
Zusammenfassung
Die Anwendung von synthetischen Materialien in der Gefäßchirurgie reicht bis in die späten 1940er-Jahre zurück. Polyethylenterephthalat (PET) ist eines der ältesten Materialien, wurde erfolgreich als eine prothetische Gefäßprothese angewendet und wurde in den 1970er Jahren durch die Einführung von expandiertem Polytetrafluorethylen (ePTFE) abgelöst. Seit der Veröffentlichung von dessen Anwendung beim Menschen durch Crawford und DeBakey 1958 (Crawford et al. 1958) wurden synthetische Prothesen in der Gefäßchirurgie ubiquitär angewendet. Das Stenting von Arterien gewann in den 1980er Jahren und 1990er Jahren an Popularität, und die Entwicklung von endovaskulären Behandlungen von okklusiven und aneurysmatischen Gefäßerkrankungen bedeutete eine enorme Veränderung auf diesem Gebiet. In den letzten 20 Jahren gab es beträchtliche Fortschritte auf dem Gebiet vaskulärer Grafts, einschließlich der Entwicklung von aortalen und peripheren Endografts, welche die Technologien von Grafts und Stents kombinieren. Neben den großen Vorteilen der bei vaskulären Prothesen angewendeten Materialien ist andererseits das Versagen dieser Materialien nicht selten, und ein beträchtlicher Forschungsanteil fokussiert sich auf die Untersuchungen der Versagensmechanismen verschiedener vaskulärer prothetischer Materialien. Während der autologe Venengraft der Goldstandard für den Gefäßersatz bleibt, sind synthetische und non-autogene biologische Grafts ein essenzieller Teil des Armamentariums des modernen Gefäßchirurgen. In diesem Kapitel werden sowohl die in der vaskulären als auch in der endovaskulären Chirurgie angewendeten Materialien, einschließlich Grafts, Stents und Stentgrafts, mit dem Fokus auf ihre Herstellung, Struktur und häufige Versagensmechanismen dargestellt.
Nabil Chakfé, Eike Sebastian Debus
30. Xenogene Materialien
Zusammenfassung
Schon bald nach der Etablierung der autologen Vena saphena magna als autologes Gefäßtransplantat mit sehr guten funktionalen Eigenschaften offenbarten sich auch ihre Limitationen in Form von Kleinkalibrigkeit, variköser Degeneration und entzündlichen Veränderungen, die ihre Verwendung einschränken. Aus den gleichen Gründen ist der Einsatz von autologer Vene als Patchmaterial nicht immer möglich. Dieser Mangel stimuliert die bis heute fortgesetzte Suche nach dem idealen, nicht autologen Gefäßersatz, vor allem im kleinkalibrigen Bereich. Er soll kaliberadäquat sein, gut verfügbar, verlässliche mechanische Eigenschaften besitzen und eine anhaltend gute Funktion des rekonstruierten Gefäßabschnittes garantieren. Zu den historischen oder derzeit benutzten xenogenen Materialien Tab. 1.
Achim Neufang
31. Sympathektomie in der Gefäßmedizin
Zusammenfassung
Die erste offene operative thorakale Sympathektomie wurde 1899 von Jaboulay beschrieben (Jaboulay 1899). 1924 publizierte Diez die erste größere Serie von 150 Patienten mit einer Thrombangiitis obliterans die konventionell sympathektomiert wurden (Diez 1924). Die Erstbeschreibung einer chemischen Sympathikolyse folgte im selben Jahr (1924) durch Swetlow (1924). Die erste thorakoskopische Endoskopie wird Hughes 1942 zugeschrieben (Cooper 1966). Mit Verbesserung der technischen Möglichkeiten mit Beginn der 1990er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts nahm der Stellenwert der videoendoskopischen Behandlungsoptionen deutlich zu.
Thomas Bürger
32. Prinzipien der Amputation in der Gefäßchirurgie
Zusammenfassung
Jede Amputation mit der Folge eines irreversiblen Verlustes einer Extremität bildet eine schwere Komplikation an sich, sowohl für die direkt Betroffenen als auch für die behandelnden Ärzte. Nach der ersten Frage, ob sich die Amputation nicht hätte vermeiden lassen, stellt sich sofort die zweite nach der Wahl der Amputationshöhe. Die Rehabilitationsaussichten der Amputierten, ihre Lebensqualität, auch Lebenserwartung und nicht zuletzt die Kosten für Prothesen und Pflegeaufwand sinken beträchtlich, wenn die Absetzung unterhalb des Knies erfolgt ist. Gefäßpatienten haben nach dem Verlust beider Kniegelenke praktisch keine Aussichten mehr, mit Prothesen wieder zum Gehen zu kommen. Zudem müssen die Patienten auch mit weiteren Folgen der Grundkrankheit rechnen, wie kardiale und zerebrale Durchblutungsstörungen, Diabetes mellitus, Nephropathie, Retinopathie und mit psychischen Veränderungen.
Gernold Wozniak, René Baumgartner

Anästhesie und Intensivmedizin bei Gefäßeingriffen

Frontmatter
33. Anästhesie bei Gefäßeingriffen
Zusammenfassung
Die Versorgung von Patienten in der Gefäßchirurgie stellt hohe Ansprüche an den Anästhesisten und Intensivmediziner, da durch das typische Risikoprofil gefäßchirurgischer Patienten mit arterieller Hypertonie, koronarer Herzkrankheit und Diabetes mellitus die Rate an perioperativen Komplikationen erhöht ist. Eine operative oder interventionelle Versorgung – seien sie elektiv oder akut – setzt deshalb ein differenziertes und auf das jeweilige Risikoprofil des Patienten adaptiertes anästhesiologisches und intensivmedizinisches Vorgehen voraus, um Komplikationen in der perioperativen Phase zu verhindern bzw. optimal zu beherrschen.
Nikolaus Golecki, Franz Kehl
34. Intensivmedizin bei Gefäßeingriffen
Zusammenfassung
Die Intensivmedizin ist ein hochgradig interdisziplinärer Querschnittbereich der Medizin, dessen Aufgabe die Erkennung und Behebung von bedrohlichen Störungen der Vitalfunktion ist. Hierzu stehen auf einer interdisziplinären operativen Intensivstation apparative und medikamentöse Möglichkeiten zur Verfügung, um geschädigte Organsysteme des Patienten zu unterstützen oder sogar ganz zu ersetzen.
Nikolaus Golecki, Franz Kehl
35. „Fast Track“-Therapie in der Gefäßmedizin
Zusammenfassung
Eine sorgfältige präoperative Risikoevaluation der Patienten, die sich einem gefäßmedizinischen Eingriff unterziehen müssen, ist aufgrund der hohen Prävalenz perioperativer, kardiovaskulärer Risikofaktoren entscheidend (Stadlbauer et al. 2013). Im periprozeduralen Management der Patienten ist es daher wichtig, die präoperative Therapie zu optimieren, das Allgemeinbefinden zu erhalten, die Mobilität so früh wie möglich wiederherzustellen und Komplikationen zu vermeiden. Neben der Implementierung minimal-invasiver Operationstechniken und endovaskulärer Verfahren (Greiner et al. 2013) kann durch ein interdisziplinäres und interprofessionelles Zusammenspiel von Chirurg, Anästhesiologe, Internist, Radiologe, Physiotherapeut und Pflegepersonal eine Reduktion des perioperativen Risikos erreicht werden. In der Gefäßchirurgie scheint das Fast-Track-Konzept trotz wissenschaftlich belegter Vorteile für den perioperativen Verlauf noch nicht flächendeckend etabliert zu sein. Dabei ergeben sich jedoch gerade für die häufig multimorbiden Patienten in der Gefäßmedizin wesentliche Vorteile.
Sascha Tank, Eike Sebastian Debus, Mathias Goepfert, Thoralf Kerner

Komplikationen in der operativen und interventionellen Gefäßmedizin

Frontmatter
36. Komplikationen in der operativen Gefäßmedizin – Diagnostik und Therapie
Zusammenfassung
Die perioperative Komplikationsrate bei Patienten nach gefäßchirurgischen Rekonstruktionen wird in erster Linie durch das Ausmaß des operativen Eingriffes und die Begleiterkrankungen bestimmt. Meist handelt es sich hier um Patienten im 7. oder 8. Lebensjahrzehnt mit den für diese Alters- und Patientengruppe typischen Risikofaktoren, wie arterieller Hypertonus, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Adipositas, Nikotinabusus, etc. (Garcia 2006). Aus gefäßchirurgischer Sicht bedeutet dies, den pathophysiologischen Folgezuständen vor, während und nach der Therapie gefäßchirurgischer Krankheitszustände Rechnung zu tragen.
Hubert Schelzig
37. Komplikationen in der interventionellen Gefäßmedizin – Diagnostik und Therapie
Zusammenfassung
Bei invasiven Katheter-basierten Eingriffen am Gefäßsystem muss grundsätzlich mit Komplikationen gerechnet werden (Aburhama et al. 1993; Axisa et al. 2002; Fraedrich et al. 1987; Frühwirt et al. 1996; Heintzen und Strauer 1998; Labropoulos et al. 1994; Tiroch et al. 2008; Zeitler 1978). Aufgrund der geringeren Invasivität sind Häufigkeit und Schwere der Komplikationen im Vergleich zu operativen Verfahren geringer einzuschätzen. Die technische Durchführung vaskulärer Interventionen konnte in den letzten Jahrzehnten methodisch wesentlich verbessert werden. Ferner stehen uns heute kleinlumige, besser steuerbare Kathetersysteme sowie optimierte Stent- und Embolisationsmaterialien und perkutane Verschlusssysteme zur Verfügung (Biancari et al. 2010; Applegate et al. 2008; Corriere et al. 2007; Jahnke und Müller-Hülsbeck 2013; Gross-Fengels et al. 1998; Rosen et al. 2003). Darüber hinaus erlauben moderne Röntgenanlagen eine noch genauere Visualisierung des Gefäßsystems und dadurch eine noch exaktere Platzierung der Materialien. Die hohe Akzeptanz der interventionellen Verfahren bei den Patienten und die vereinfachte technische Durchführung haben zu einem starken Anstieg der Interventionszahlen geführt (Bücker et al. 2012; Heuser et al. 2012). Die im DeGIR-Register (Deutsche Gesellschaft für interventionelle Radiologie) erfassten Interventionen stiegen von 2010 bis 2016 um mehr als 30 % auf über 200.000 pro Jahr an. Durch neue Verfahren können heute auch ältere und polymorbide Patienten interventionell behandelt werden, die sich für eine operative Maßnahme nicht eignen. Dies bedeutet, dass trotz der geringeren Invasivität für jeden Patienten ein individuelles Eingriffsrisiko besteht, das durch die Art des Eingriffes, die Begleiterkrankungen, die spezifischen anatomischen Gegebenheiten sowie durch die eingesetzten Materialien bedingt ist.
Walter Gross-Fengels, Stefan Müller-Hülsbeck
38. Akutes Kompartmentsyndrom der Extremitäten
Zusammenfassung
Das Kompartmentsyndrom kann nach der Ursache, dem zeitlichen Verlauf, dem klinischen Schweregrad und nach der betroffenen Körperregion klassifiziert werden.
Ralph-Ingo Rückert, Axel Larena-Avellaneda
39. Abdominelles Kompartmentsyndrom
Zusammenfassung
Zahlreiche Erkrankungen können eine intra-abdominellen Hypertension oder manifestes abdominellen Kompartmentsyndrom (ACS) verursachen. Dem Gefäßchirurgen begegnet das ACS meist im Rahmen des rupturierten Bauchaortenaneurysmas. Die Prävalenz liegt hier bei 6,8–8 %. Die Auswirkungen des erhöhten intra-abdominellen Drucks sind vielfältig und betreffen zahlreiche Organsysteme. Die Diagnose beruht auf der klinischen Einschätzung und der Messung des intra-abdominellen Drucks über einen Blasenkatheter. Liegt dieser dauerhaft über 20 mmHg und geht mit einer neu aufgetretenen Organdysfunktion einher, liegt definitionsgemäß ein abdominelles Kompartmentsyndrom vor. Da die Letalität des manifesten ACS mit 39–62 % auch bei zeitgerechter, aggressiver Therapie (operative Dekompression) sehr hoch ist, kommt der konservativen Behandlung mit Senkung der intra-abdominellen Hypertension eine überragende Bedeutung zu.
Axel Larena-Avellaneda

Qualitätssicherung, Dokumentation und Begutachtung in der Gefäßmedizin

Frontmatter
40. Qualitätssicherung und Dokumentation in der operativen Gefäßmedizin
Zusammenfassung
Medizinisches Qualitätsmanagement (ob in der Arztpraxis oder im Krankenhaus) hat die Aufgabe, gute bzw. hervorragende Medizin planbar, vorhersehbar und nachweisbar zu machen. Der zentrale Ansatz medizinischen Qualitätsmanagements ist mithin nicht die „totale dauerhafte Verbesserung“, sondern vielmehr das Bestreben, das eigene medizinische Handeln frei von Zufälligkeiten für alle Beteiligten und die Güte des eigenen medizinischen Handelns transparent zu machen. Nukleus medizinischer Qualitätssicherung ist damit das der eigenen Krankenhausabteilung angepasste, selbst entwickelte Qualitätsmanagement. Was sich um dieses herum gruppiert, sind Hilfswissenschaften.
Martin Hansis, Martin Storck
41. Qualitätssicherung und Dokumentation in der interventionellen+B52 Gefäßmedizin
Zusammenfassung
Interventionelle Radiologie bedeutet minimalinvasive operative Therapie, wobei die bildgebenden radiologischen Verfahren als Zielmethode dienen. Wie bei allen medizinischen Behandlungen unterliegen auch die minimal invasiven interventionellen Methoden nach §135a des deutschen Sozialgesetzbuches V der Qualitätssicherung. Das Qualitätsmanagement der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie (DeGIR) orientiert sich dabei an dem der industriellen Fertigung. Dieses besteht aus den Ebenen Struktur, Prozess und Ergebnis. Struktur bedeutet hier qualifizierende Weiterbildung, curricular strukturierte Fortbildung sowie Zertifizierung von Personal und Zentren. Prozess bedeutet Optimierung der Behandlungsabläufe anhand von Standards wie Patientenselektion, prozedurale und postprozedurale Standards. Ergebnis bedeutet Registrierung und Analyse der Eingriffsdaten und Vergleich mit den Qualitätsvorgaben.
Lothar Heuser
42. Vaskuläre Begutachtung
Zusammenfassung
Die ärztliche Tätigkeit unterliegt einer rechtlichen Kontrolle, die vom Patienten oder vom Staat ausgehen kann. Die moderne Medizin ist mit ihren Untersuchungs- und Behandlungsverfahren erfolgreicher, zugleich komplizierter und auch gefährlicher geworden.
Eike Sebastian Debus, Klaus Balzer, Knut Kroeger, Bernd Luther

Gefäßmedizin bei Kindern und Heranwachsenden

Frontmatter
43. Gefäßmedizin bei Kindern und Heranwachsenden
Zusammenfassung
Gefäßerkrankungen können Frühgeborene, Säuglinge, Neugeborene, Kinder und Jugendliche betreffen. Mit der sehr seltenen Ausnahme der juvenilen Arteriosklerose, u. a. bei familiärer Hyperlipidämie und Progerie, sind die Ursachen von Gefäßerkrankungen im Kindesalter kongenital oder entwicklungsbedingt, direkt oder iatrogen traumatisch, entzündlich und infektiös oder aber mit vaskulären Malformationen oder Tumoren assoziiert. Diese Erkrankungen sind auch bei Kindern vergleichsweise selten. Sie stellen immer eine Herausforderung dar, da der Umgang mit den schmalen Gefäßkalibern besondere Sorgfalt und Expertise für den Gefäßspezialisten erfordert. Gefäßerkrankungen bei Kindern und deren Therapie werden in diesem Kapitel beschrieben.
George Hamilton, Eike Sebastian Debus

Erkrankungen der supraaortalen Arterien

Frontmatter
44. Anatomie der Gefäße: Kopf und Hals
Zusammenfassung
Die Organe und Strukturen von Kopf und Hals werden durch Äste der Aa. subclaviae dextra und sinistra sowie durch Arterien, die aus den Aa. carotides communes dextra und sinistra hervorgehen, mit Blut versorgt (Abb. 1).
Bernhard N. Tillmann
45. Arteriosklerotische Stenosen der extrakraniellen A. carotis: Klinik und Diagnostik
Zusammenfassung
Die Prävalenz der Carotis Stenosen liegt je nach Alter und Geschlecht bei 0.9%-3,1%. Neben Anamnese und klinischer Untersuchung sind bildgebende Verfahren die wichtigsten diagnostischen Werkzeuge. Der Gold-Standard der Diagnostik ist hierbei die farbkodierte Duplexsonographie. Weitere Untersuchungsmöglichkeiten bei speziellen Fragestellungen bieten die Magnetresonanz-Angiographie (MRA), Computertomographie-Angiographie (CTA) und als invasives Verfahren die digitale Subtraktionsangiographie (DSA).
Andreas Frech, Barbara Rantner, Gustav Fraedrich
46. Arteriosklerotische Stenosen der extrakraniellen A. carotis: Operative Therapie
Zusammenfassung
Vor nunmehr 100 Jahren wurde zum ersten Mal kontinuitätserhaltend an einer Arteria carotis operiert. Die in den 1950er Jahren entwickelten Operationstechniken (Endarterektomie und Patchplastik sowie Eversionsendarterektomie) stellen auch heute noch die Standardoperationsverfahren bei Stenosebildung im Bereich der Arteria carotis interna dar. Sowohl die intraoperative Qualitätskontrolle (mittels Angiographie oder Sonographie) als auch das intraopeartive Neuromonitoring sollten zum fixen Bestandteil einer Karotis-Operation gehören. Der Eingriff wird mittlerweile häufig in lokoregionärer Anästhesie durchgeführt. Ende der 1990er konnte in internationalen multizentrischen randomisierten Studien gezeigt werden, dass die Operation in der Schlaganfallprophylaxe bei Patientinnen und Patienten mit symptomatischer Stenose hoch effektiv ist. Weiterführende Auswertungen belegten, dass Frauen weniger von der invasiven Behandlungstechnik profitieren als Männer und dass die Operation innerhalb von 2 Wochen nach Beginn der neurologischen Symptomatik durchgeführt werden sollte. Auch bei Patientinnen und Patienten mit asymptomatischer Karotis-Stenose bringt die Operation einen Benefit in der Schlaganfallprävention. Neben lokalen Komplikationen im Operationsfeld (Hirnnervenläsionen, Nachblutung, Infektionen) kann es auch zu neurologischen (ischämischer Schlaganfall oder Einblutungen) und systemischen Zwischenfällen (Myokardinfarkt, respiratorische Komplikationen) im Rahmen einer Karotis-Operation kommen.
Barbara Rantner, Gustav Fraedrich
47. Arteriosklerotische Stenosen der extrakraniellen A. carotis: Endovaskuläre Therapie und Studienlage zur Therapiewahl
Zusammenfassung
Zur Planung einer endovaskulären Prozedur im Karotisstromgebiet ist die CT-Angiographie des Aortenbogens und der supraaortalen Äste mit Darstellung des zerebralen Parenchyms unbedingter Standard. Damit kann einerseits die anatomische Form des Aortenbogens beurteilt werden, zusätzlich stellt sich der Kalkgehalt der Plaques im Aortenbogen und auch im Karotisstromgebiet selbst dar. All diese Informationen sind für die Katheterbehandlung essenziell und müssen schon bei Indikationsstellung bekannt sein. Ein zu steiler Aortenbogen oder eine zirkuläre Verkalkung am ACI-Abgang (Arteria carotis interna) etwa, stellen Kontraindikationen für eine CAS dar. Als Zugangsweg für die Behandlung der A. carotis dient üblicherweise die Arteria femoralis.
Barbara Rantner, Gustav Fraedrich
48. Seltene Erkrankungen der extrakraniellen A. carotis
Zusammenfassung
Ionisierende Strahlung löst eine akute Entzündungsreaktion im Gefäßsystem aus und kann so die Plaquebildung initiieren. Abhängig vom Zeitabstand der auslösenden Strahlung können die Läsionen in akute und chronische Stenosen unterteilt werden. Bereits innerhalb weniger Monate nach der Bestrahlung kann es zu Gefäßveränderungen kommen. Ursächlich für diese akute Form ist meist eine periarterielle Entzündungsreaktion mit intravasaler Plaqueruptur bei schon vorbestehender Gefäßschädigung. Andererseits können stenosierende Gefäßveränderungen im Sinne einer Gefäßfibrose auch Jahre nach der Radiatio beobachtet werden. Die Prävalenz radiogener Karotisstenosen beträgt etwa 25 %. Typischerweise sind radiogene Stenosen der Karotisstrombahn langstreckig und aufgrund des hohen Fibrosegehalts klinisch häufig asymptomatisch. Lange Zeit wurde die Karotis-Stentbehandlung (carotid artery stenting CAS) in der Therapie symptomatischer radiogener Karotisläsionen favorisiert. Mittlerweile gibt es auch Evidenz, dass eine operative Versorgung mit guten Kurz- und wohl besseren Langzeitergebnissen als nach CAS angewendet werden kann (Rantner 2013; Abb. 1).
Barbara Rantner, Gustav Fraedrich
49. Erkrankungen und Behandlung der A. subclavia
Zusammenfassung
Unter den insgesamt seltenen Erkrankungen der A. subclavia (AS) zählen atherosklerotische Einengungen und Verschlussprozesse des proximalen Abschnitts zu den häufigsten Ursachen für eine gefäßmedizinische Therapie. Deutlich seltener sind dagegen traumatische Verletzungen des Schultergürtels oder maligne Erkrankungen mit Gefäßbeteiligung, iatrogene Verletzungen der A. subclavia (ZVK- oder ECMO-Anlage), strahlenbedingte Gefäßläsionen, Kompressionssyndrome der oberen Thoraxapertur (arterielles Thoracic-Outlet-Syndrom, TOS), Halsrippensyndrom, entzündliche Gefäßerkrankungen (z. B. Takayasu Arteriitis, Riesenzellarteriitis), fibromuskuläre Dysplasie, Dissektionen, aneurysmatische Erkrankungen oder Eingriffe im Rahmen von endovaskulären Behandlungen der thorakalen Aorta (TEVAR). Zur letztgenannten Gruppe gehören sogenannte Debranching-Operationen: Transpositionen der AS auf die A. carotis (ST) und Karotis-Subclavia-Bypässe (CSB). Die klinische Symptomatik von hämodynamisch relevanten Läsionen der AS ist, sofern vorhanden, äußerst heterogen und reicht von belastungsabhängigen Ischämieschmerzen der oberen Extremitäten und dem sogenannten Subclavian-Steal-Syndrom mit passageren vertebro-basilären Defiziten (z. B. Schwindel, Sehstörungen) bis hin zu manifesten Hirninfarkten. Nach koronaren Bypassoperationen mit der A. thoracica interna als Spendergefäß oder nach Anlage von Dialyseshunts können Verschlussprozesse an der AS auch durch ein Coronary-Steal-Syndrom oder eine verschlechterte Dialyseshuntfunktion symptomatisch werden.
Christian-Alexander Behrendt, Axel Larena-Avellaneda, Tilo Kölbel, Eike Sebastian Debus

Erkrankungen der Arterien der oberen Extremität

Frontmatter
50. Anatomie der Gefäße: Obere Extremität
Zusammenfassung
Die Leitungsbahnen der oberen Extremität gelangen aus der Halsregion durch den kostoklavikulären Raum über die Achselhöhle zum Schultergürtel und zur freien oberen Extremität.
Bernhard N. Tillmann
51. Akuter Gefäßverschluss an der oberen Extremität
Zusammenfassung
Erkrankungen oder Veränderungen der Arterien der oberen Extremität betreffen die A. subclavia, A. axillaris, A. brachialis, A. radialis und A. ulnaris, A. interossea, die Hohlhandbögen und die Fingerarterien, sowie spezielle Situationen nach Eingriffen zur Schaffung eines Hämodialysezugangs oder kardialen Revaskularisationen. Klinisch wichtig sind akute und chronische Ischämiezustände durch Arteriosklerose, Embolie oder Verletzungen (traumatisch oder iatrogen), sowie Aneurysmen, funktionelle Syndrome und Steal-Situationen.
Tina Cohnert, Stephan Koter
52. Chronische Ischämiesyndrome an der oberen Extremität
Zusammenfassung
Erkrankungen oder Veränderungen der Arterien der oberen Extremität betreffen die A. subclavia, A. axillaris, A. brachialis, A. radialis und A. ulnaris, A. interossea, die Hohlhandbögen und die Fingerarterien, sowie spezielle Situationen nach Eingriffen zur Schaffung eines Hämodialysezugangs oder kardialen Revaskularisationen. Klinisch wichtig sind akute und chronische Ischämiezustände durch Arteriosklerose, Embolie oder Verletzungen (traumatisch oder iatrogen), sowie Aneurysmen, funktionelle Syndrome und Steal-Situationen.
Tina Cohnert, Stephan Koter
53. Thoracic-outlet-Syndrom
Zusammenfassung
Die Bezeichnung Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) wird undifferenziert für alle Beschwerdebilder verwendet, bei denen im Bereich der oberen Thoraxapertur nervale oder vaskuläre Strukturen durch Druck geschädigt bzw. beeinträchtigt werden. Es subsumiert das Halsrippen-, Scalenus-anterior-, Pectoralis-minor-, kostoklavikuläre und Hyperabduktionssyndrom. Falls eine isolierte venöse Kompression im Vordergrund steht, ist als eigenständiger Begriff das Thoracic-inlet-Syndrom (TIS) etabliert.
Thomas Bürger, Eike Sebastian Debus

Erkrankungen der Aorta und des aortoiliakalen Abschnitts

Frontmatter
54. Anatomie der Gefäße: Rumpf
Zusammenfassung
An der Aorta unterscheidet man nach Form, Verlauf und Lage folgende Abschnitte (Abb. 1):
Bernhard N. Tillmann
55. Akutes Aortensyndrom mit Beteiligung der Aorta ascendens (Typ A)
Zusammenfassung
Unter dem Begriff akutes thorakales Aortensyndrom werden verschiedene, akute Erkrankungen der thorakalen Aorta mit ähnlicher klinischer Charakteristik zusammengefasst. Entsprechend handelt es sich um ein heterogenes Spektrum von akuten Krankheitsprozessen, die die Aorta in ihren verschiedenen Segmenten oder im gesamten Verlauf betreffen können. Dies umfasst neben der Aortendissektion u. a. das intramurale Hämatom (IMH) und das symptomatische penetrierende Aortenulkus (PAU).
Christian Detter, Hermann Reichenspurner, Yskert von Kodolitsch
56. Aneurysmen der Aorta ascendens
Zusammenfassung
Unter dem Begriff Aortenaneurysma versteht man eine permanente, umschriebene Erweiterung der Aorta auf einen mindestens 50 %igen Zuwachs des Durchmessers im Vergleich zum erwarteten normalen Durchmesser der Aorta. Die Häufigkeit von thorakalen Aortenaneurysmen beträgt zirka 5–10 pro 100.000 Patienten pro Jahr mit einem Häufigkeitsgipfel in der 6. und 7. Lebensdekade. Als Ursache liegt meist eine Wandschwäche durch Degeneration der Arterienwand auf dem Boden einer Arteriosklerose vor. Treten Aortenaneurysmen bereits im 2.–5. Lebensjahrzehnt auf, ist häufig eine genetische Grunderkrankung verantwortlich. Thorakale Aortenaneurysmen sind zunächst völlig asymptomatisch und werden oft als Zufallsbefund entdeckt. Die am meisten gefürchtete Komplikation ist eine Aortenruptur oder eine akute Aortendissektion. Das primäre Ziel ist es, eine elektive Operation anzustreben, um das Risiko einer Aortendissektion oder Ruptur durch Wiederherstellung eines normalen Aortendurchmessers zu vermeiden. Dabei wird das Aortenaneurysma komplett resezieren und durch die Implantation einer Gefäßprothese ersetzen.
Christian Detter, Yskert von Kodolitsch, Hermann Reichenspurner
57. Aneurysmen des Aortenbogens: Klinik und konventionelle Therapie
Zusammenfassung
Die chirurgische Therapie von Aneurysmen und Dissektionen des Aortenbogens stellt auch heute noch aufgrund der Topographie eine große Herausforderung an den Chirurgen dar. Erst durch die Nutzung des tiefen hypothermen Kreislaufstillstands in den 1960er-Jahren ist der operative Ersatz eines Aortenbogenaneurysmas durch eine Gefäßprothese möglich geworden.
Christian Detter
58. Aneurysmen des Aortenbogens: Interventionelle Therapie
Zusammenfassung
Die interventionelle Therapie von Erkrankungen des Aortenbogens zählt zu den aktuellen großen Herausforderungen der interventionellen Gefäßmedizin. Die Schwierigkeiten des endovaskulären Zugangs für die oft großkalibrigen Stentprothesen, die Krümmung des Aortenbogens mit den daraus resultierenden Appositionsschwierigkeiten der rigiden Implantate, die stark variable Anatomie abgehender supraaortaler Arterien und die häufig komplexe Morphologie der Erkrankungen mit Einbeziehung abgehender Aortenbogengefäße stellen nur einige der operativen Schwierigkeiten dar. Therapeutische Manipulationen im Aortenbogen sind mit dem Risiko der Embolisierung von soliden Bestandteilen, Thrombus und Luft und dem Risiko der Verlegung von hirnversorgenden Arterien verbunden. Im Falle des Auftretens intraoperativer Komplikationen ist im Gegensatz zu weiter distal gelegenen Aorteninterventionen die Konversion zum offen-chirurgischem Vorgehen mit größeren instrumentell-technischen Anforderungen (z. B. extrakorporale Zirkulation) und anderen Schwierigkeiten verbunden. Interventionen am Aortenbogen sollten daher nur in Zentren erfolgen, die alle technischen und fachlichen Voraussetzungen für endovaskuläre und offene Eingriffe an der herznahen Aorta vorhalten.
Tilo Kölbel, Eike Sebastian Debus
59. Akute Aortensyndrome
Zusammenfassung
Im Jahre 1760 beschrieb Dr. Nicholls, der Leibarzt von König Georg II, im Rahmen einer Autopsie erstmalig eine Aortendissektion. In den letzten 250 Jahren hat sich das Wissen und Verständnis akuter Aortenerkrankungen erweitert. Das führende Symptom stellt das akute thorakale Schmerzereignis dar. Man spricht deshalb auch übergeordnet vom akuten Aortensyndrom (AAS).
Dittmar Böckler
60. Aneurysmen der Aorta descendens und der thorakoabdominellen Aorta: Klinik und Diagnostik
Zusammenfassung
Präzise Angaben zur Inzidenz von Aneurysmen der Aorta thoracica und der thorakoabdominellen Aorta sind nicht möglich, sodass nur eine Schätzung erfolgen kann. Allerdings bieten hierfür relativ zuverlässige Daten aus dem schwedischen Nationalregister (Hospital Discharge- oder Cause of Death-Register) eine Grundlage (Olsson et al. 2006). In einer bevölkerungsbasierten Studie wurden alle Patienten (Auswertungszeitraum 1987–2002) erfasst, bei denen die Diagnose eines thorakalen Aortenaneurysmas oder einer Aortendissektion gestellt wurde. Bei der Mehrheit der Patienten lag ein Aneurysma vor (60 %). Gemessen an der Gesamtpopulation von Schweden betrug die Inzidenz für das Auftreten von thorakalen Aneurysmen etwa 15 pro 100.000 Einwohner. Die detaillierte Auswertung der Daten ergab, dass Männer häufiger betroffen waren (62 %) und eine starke Korrelation mit dem Lebensalter bestand. Seit 1987 konnte eine stetige Zunahme von thorakalen Aneurysmen beobachtet werden. Parallel zum Anstieg der diagnostizierten Fälle stieg auch die Zahl der durchgeführten Behandlungen. Nach den Auswertungen des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2013 wurden in Deutschland 1587 Patienten mit einem TAAA stationär behandelt (1351 elektiv und 236 rupturiert). Eine operative Behandlung erfolgte bei 936 Patienten (178 offen chirurgisch, 476 endovaskulär). Eine Differenzierung zwischen Aneurysmen der deszendierenden thorakalen Aorta (DTAA) und thorakoabdominellen Aortenaneurysmen (TAAA) wurde in dieser Studie nicht vorgenommen. Daten einer weiteren demografischen Untersuchung deuten jedoch darauf hin, dass DTAA (9 %) und TAAA (13 %) nur einen kleineren Anteil aller thorakalen Aneurysmen ausmachen (Davies et al. 2002).
Houman Jalaie, Jochen Grommes, Drosos Kotelis, Thomas A. Koeppel, Michael Jacobs
61. Aneurysmen der Aorta descendens und der thorakoabdominellen Aorta: Operative Therapie
Zusammenfassung
Es ist allgemein anerkannt, dass die Indikation zur Ausschaltung eines DTAA oder eines TAAA ab einem Durchmesser von 6 cm bei degenerativen Aneurysmen und ab 5 cm für Patienten mit Bindegewebsstörung wie z. B. Marfan-Syndrom besteht. Eine rasche Größenzunahme kann eine Operation auch dann rechtfertigen, wenn die oben genannten Durchmesser noch nicht erreicht wurden (Jacobs et al. 2007).
Houman Jalaie, Jochen Grommes, Johannes Kalder, Thomas A. Koeppel, Michael Jacobs
62. Aneurysmen der Aorta descendens und der thorakoabdominellen Aorta: Endovaskuläre Therapie und Hybridverfahren
Zusammenfassung
Die endovaskuläre Versorgung der thorakalen und thorakoabdominellen Aorta (TEVAR; „thoracic endovascular aortic repair“) hat seit der ersten Anwendung Anfang der 1990er-Jahre Einzug in die Aortenchirurgie genommen und ist heutzutage eine wichtige Therapieoption für die Behandlung von Pathologien dieser Aortenabschnitte. Durch die geringere Invasivität mit reduzierter perioperativer Morbidität und Mortalität im Vergleich zum konventionellen offen-chirurgischen Aortenersatz stellt die endovaskuläre Behandlung für ein breites Spektrum an Aortenpathologien die Therapie der ersten Wahl dar. Neben den rein endovaskulären Verfahren wird in diesem Kapitel auch auf die Hybridverfahren (viszerales und zervikales Debranching) eingegangen.
Franziska Heidemann, Eike Sebastian Debus, Tilo Kölbel
63. Juxtarenale, suprarenale und Abschnitt IV-Aneurysmen der Aorta: Klinik, Diagnostik und konventionelle Therapie
Zusammenfassung
Juxta-, suprarenale und Abschnitt-IV-Aneurysmen sind im Vergleich zu abdominalen Aneurysmen selten. In einer großen autoptischen Serie von Patienten mit aortoiliakalen Aneurysmen zeigte sich die folgende relative Häufigkeit nach Lokalisation: abdominale Aorta allein 65 %; thorakale Aorta allein 19 %; abdominale Aorta plus Iliakalarterien 13 %; thorakoabdominale Aorta 2 %; und isolierte Iliakalarterien 1 % (Brunkwall et al. 1989). In einer vergleichenden Studie von 429 Patienten mit abdominalen und juxtarenalen Aortenaneurysmen präsentierten sich 86 % als infrarenal, und 14 % erstreckten sich bis an oder über die Nierenarterien (Ayari et al. 2001). Abschnitt-IV-Aneurysmen werden in 10–26 % der thorakoabdominalen Aortenaneurysmen beschrieben (Cambria 2000). Juxtarenale Aneurysmen sind etwa 3- bis 4-mal häufiger als suprarenale Aneurysmen (Nypaver et al. 1993). Populationsbasierte Studien schätzen die Inzidenz von klinisch offenkundigen abdominalen Aortenaneurysmen auf 21 pro 100.000 Personenjahre und von thorakalen Aortenaneurysmen auf 6 pro 100.000 Personenjahre (Bickerstaff et al. 1982). Epidemiologisch verhalten sich abdominale (inklusive juxta- und suprarenale) Aneurysmen und Abschnitt-IV-Aneurysmen unterschiedlich. Erstere kommen in einem Verhältnis Mann zu Frau von 2:1 bis 6:1, letztere in einem Verhältnis 1:1 bis 4:1 vor. Die Inzidenz von rupturierten abdominalen Aortenaneurysmen in der allgemeinen Bevölkerung wird mit 6,3 pro 100.000, diejenigen bei über 65-Jährigen mit 35,5 pro 100.000 angegeben (Heikkinen et al. 2002). Obwohl man annehmen müsste, dass die Zunahme der elektiven Versorgung die Anzahl der Rupturen senken sollte, konnte dieser Effekt bisher nicht eindeutig nachgewiesen werden (Heller et al. 2000). Auch konnte nicht klar aufgezeigt werden, dass juxta- und suprarenale Aneurysmen häufiger rupturieren würden, wie von einigen Autoren vermutet.
Dieter Mayer, Thomas Pfammatter, Mario Lachat
64. Juxtarenale, suprarenale und Abschnitt IV-Aneurysmen der Aorta: Endovaskuläre Therapie
Zusammenfassung
Im letzten Jahrzehnt hat sich die Technik der endovaskulären Aortenaneurysmareparation (EVAR) als Alternative zu der bisherigen offenen chirurgischen Therapie herauskristallisiert. Randomisierte Studien wie DREAM und EVAR1 konnten im Vergleich zur offenen chirurgischen Therapie deutliche Vorteile aufseiten der endovaskulären Methode aufzeigen (Greenhalgh et al. 2004; Prinssen et al. 2004). Auch wenn die mittelfristigen Ergebnisse der beiden Studien aufgrund einer erhöhten Anzahl von Spätkomplikationen und dadurch notwendigen Reinterventionen zunächst eher enttäuschend für die endovaskuläre Gruppe ausfielen, haben sich die endovaskuläre Methode und die Prothesen dennoch kontinuierlich weiterentwickelt und zeigen einen klaren Trend zu einer deutlich verbesserten Haltbarkeit mit weniger Reinterventionsmaßnahmen (Blankensteijn et al. 2005).
Eric Verhoeven, Athanasios Katsargyris
65. Aneurysmen der infrarenalen Aorta: Klinik, Diagnostik einschließlich Screening und Therapieindikationen
Zusammenfassung
Die Erweiterung des Gefäßdurchmessers um mindestens 50 % zum vor- oder nachgeschalteten gesunden Gefäßabschnitt wird definitionsgemäß als „Aneurysma“ (altgriechisch: ανεύρυσμα = Erweiterung) bezeichnet. Der durchschnittliche Durchmesser der abdominalen Aorta beträgt geschlechts- und altersabhängig etwa 1,7–2,0 cm. Im abdominellen Aortensegment wird daher im internationalen Konsens ab einem Querdurchmesser von 3,0 cm von einem „Aortenaneurysma“ gesprochen; Erweiterungen zwischen 2,5 und 3,0 cm werden dagegen als „Aortenektasie“ bezeichnet (Hirsch et al. 2006). Beim AAA besteht in der Regel eine Erweiterung aller 3 Wandschichten (Aneurysma verum). Es handelt sich daher im Gegensatz zu dissezierenden Aneurysmen um echte Aneurysmen ohne Intimaflaps und falsche Lumina (falsche Aneurysmen Kap. Aneurysmatische Gefäßerkrankunge​n:​ Terminologie, Ätiologie und Lokalisation) (Abb. 1).
Eike Sebastian Debus, Christian-Alexander Behrendt, Walter Gross-Fengels, Tilo Kölbel
66. Aneurysmen der infrarenalen Aorta: Endovaskuläre Therapie
Zusammenfassung
Die Problematik der Versorgung großer abdomineller Aortenaneurysmen (AAA) bei älteren oder für eine konventionelle Operation ungeeigneten Patienten ist der eigentliche Motor für die Entwicklung eines endoluminalen (= endovaskulären) und damit weniger belastenden Verfahrens für die Versorgung von AAA gewesen.
Eike Sebastian Debus, Christian-Alexander Behrendt, Walter Gross-Fengels, Tilo Kölbel
67. Verschlusserkrankungen des aortoiliakalen Gefäßabschnitts
Zusammenfassung
Im aortoiliakalen arteriellen Gefäßabschnitt sind einerseits Stenose- und Verschlussprozesse und andererseits Aneurysmen die häufigsten Krankheitsbilder und daher in diesem Segment am meisten klinisch relevant. Neben der Arteriosklerose als Hauptursache einer Wanddegeneration, in deren Folge sowohl Verengungen als auch Erweiterungen der aortoiliakalen Strombahn auftreten können, müssen weitere, jedoch im Vergleich dazu seltene Erkrankungen mit einer möglichen Manifestation im aortoiliakalen Segment genannt werden. Hierzu zählen die meist iatrogen entstandene Dissektion, entzündliche Arterienenerkrankungen wie die Takayasu-Arteriitis mit aortoiliakaler Manifestation, traumatische Läsionen, die Fibrose der Beckenarterien und als Rarität die zystische Adventitiadegeneration. Die Aneurysmen und Stenosen der Aorta abdominalis sind Gegenstand anderer Kapitel. Im Folgenden sollen daher vorrangig die arterielle Verschlusskrankheit und Aneurysmen der Beckenarterien mit oder ohne Beteiligung der Aorta hinsichtlich Klinik, Diagnostik und konventioneller gefäßchirurgischer Therapiemethoden behandelt werden.
Ralph-Ingo Rückert, Thomas Umscheid, Jörg Teßarek
68. Aneurysmatische Erkrankungen des aortoiliakalen Gefäßabschnitts
Zusammenfassung
Iliakalaneurysmen werden häufig bei Patienten mit Bauchaortenaneurysmen beobachtet, können oder aber auch vollkommen isoliert im Bereich sämtlicher Iliakalgefäße auftreten. Aufgrund der Rupturgefahr stellen Iliakalaneurysmen ein potenziell tödliches Krankheitsbild dar. Somit ist auch bei dieser Krankheitsentität eine sorgfältige Risiko-/Nutzenabwägung zur Festlegung der Behandlungsindikation erforderlich, da eine Aneurysmaausschaltung mit signifikanten Komplikationen für den Patienten verbunden sein kann.
Thomas A. Koeppel, Hans-Christian Voigt
69. Genetisch bedingte Aortenerkrankungen
Zusammenfassung
Thorakale Aortenaneurysmen und Aortendissektionen entstehen in etwa 80 % durch arterielle Hypertonie und Atherosklerose, und in etwa 20 % durch genetische Erkrankungen wie das Marfan-Syndrom oder eine bikuspidal angelegte Aortenklappe. Genetische Ursachen von Aortenerkrankungen beschränken sich allerdings nicht auf diese 2 Entitäten. Durch aktuelle Forschung werden im Jahrestakt neue Gene und Syndrome entdeckt, die für die Entstehung thorakaler Aortenerkrankungen verantwortlich sind. Interessanterweise scheint bei vielen Patienten mit einer Manifestation einer Aortenerkrankung nach dem 35. Lebensjahr eine genetische Komponente häufiger zu sein als bislang angenommen. Wichtig ist, dass die Prognose und die Therapie der Aortenerkrankungen in Abhängigkeit ihrer genetischen Grunderkrankung unterschiedlich sind. Daher gewinnt die diagnostische Aufarbeitung dieses Hintergrundes zunehmend an therapeutischer Bedeutung. Ausgehend vom Marfan-Syndrom als Modellerkrankung präsentieren wir das Spektrum genetisch bedingter Aortenerkrankungen und erläutern Gemeinsamkeiten und Unterschiede des diagnostischen und therapeutischen Managements.
Yskert von Kodolitsch, Helke Schüler, Tilo Kölbel, Christian Detter, Eike Sebastian Debus, Peter Bannas

Erkrankungen der Viszeral- und Nierenarterien

Frontmatter
70. Klinische Anatomie und Physiologie des viszeralen Arteriensystems
Zusammenfassung
Die Blutzufuhr zum Intestinum besteht aus einem reichhaltigen Kollateralnetzwerk und einem sehr heterogenen Verlauf der großen Viszeralarterien und ihren Abgängen. Die physiologische Anatomie kann mit ihren Varianten Einfluss auf Pathologie, Behandlungsoptionen und Interventionsplanung haben. Es ist daher die Aufgabe dieses Kapitels, die Bedeutung der Anatomie des intestinalen Gefäßbaumes und seines Kollateralsystems für die Physiologie und Pathophysiologie des Mesenterialsystems darzustellen.
Gustavo S. Oderich, Young Erben, Eike Sebastian Debus
71. Akute mesenteriale Ischämie
Zusammenfassung
Die arterielle Perfusion des Gastrointestinaltraktes erfolgt durch den Truncus coeliacus sowie die Arteria mesenterica superior und inferior. Der Truncus coeliacus (TC) versorgt neben Magen und Duodenum die Milz und das hepatobiliäre System. Die Arteria mesenterica superior (AMS) speist das Jejunum, Ileum sowie Colon ascendens und transversum. Die Arteria mesenterica inferior versorgt den Bereich vom Colon transversum bis zum Rektum. Robuste Kollateralen zwischen den 3 Hauptgefäßen (Arteria pancreaticoduodenalis superior und inferior, Riolan-Arkade), können dazu führen, dass langsam sich entwickelnde Stenosen oder Verschlüsse eines oder zwei der Hauptarterien asymptomatisch bleiben (Abb. 1). Die plötzliche Okklusion eines der 3 mesenterialen Hauptäste ohne vorherige Ausbildung eines kollateralen Netzwerkes verursacht hingegen schwere Darmischämien. Die akute mesenteriale Ischämie (AMI) ist ein chirurgischer Notfall mit einer gut dokumentierten hohen Mortalitätsrate innerhalb des Krankenhauses zwischen 59 % und 94 % (Kassahun et al. 2008). Pathophysiologisch liegen der AMI eine arterielle Embolie, eine arterielle Thrombose, eine nicht-okkludierende mesenteriale Ischämie (NOMI) oder eine mesenteriale Venenthrombose zugrunde. Der Fokus dieses Kapitels liegt auf der Behandlung der AMI.
Young Erben, Gustavo S. Oderich, Eike Sebastian Debus
72. Chronische intestinale Ischämie
Zusammenfassung
Der häufigste Grund für eine chronische mesenteriale Ischämie (CMI) ist die Arteriosklerose, welche für mehr als 90 % der Fälle verantwortlich ist. Die arteriosklerotischen Läsionen betreffen meist den Ursprung oder die proximalen 2–3 cm der Mesenterialarterien, häufig in Verbindung mit einem Plaque in der Aorta und der Nierenarterien. Die Häufigkeit der mesenterialen Arteriosklerose reicht in Autopsiestudien von 6–10 %; bei Patienten, die einer Koronarangiografie oder aortalen Angiografie unterzogen wurden, steigt die Prävalenz auf 14–24 % an. Bildgebende Untersuchungen zeigen typischerweise in mehreren Gefäßterritorien Stigmata der Atherosklerose. Nicht-arteriosklerotische Läsionen können ebenfalls die Mesenterialarterien betreffen. Diese Patienten sind meist jünger. Die Vielfalt der diagnostischen Möglichkeiten bedarf einer intensiven Untersuchung, auch nach Vaskulitiden systemischem Lupus erythematodes, Morbus Winiwarter-Buerger, spontanen Dissektionen, fibromuskulärer Dysplasie, Neurofibromatose, Strahlungsarteriitis, Stenosen oder Okklusionen der Mesenterialvenen und medikamenteninduzierter Arteriopathien durch Kokain oder Mutterkornkonsum. Isthmusstenosen der Aorta abdominalis oder das „Mid Aortic Syndrom“ (Kap. „Gefäßmedizin bei Kindern und Heranwachsenden“) können ebenfalls Symptome einer mesenterialen Ischämie verursachen.
Young Erben, Gustavo S. Oderich, Eike Sebastian Debus
73. Viszerale Aneurysmen
Zusammenfassung
Viszeralarterienaneurysmen (VAA) sind selten, ihre Prävalenz wird mit 0,1–2 % angegeben, wobei diese Zahlen meist auf historischen Autopsiebefunden beruhen (Meyer et al. 2010). Die häufigste Gruppe stellen Milzarterienaneurysmen dar, sie sollen 60 % aller VAA ausmachen, gefolgt von Aneurysmen der A. hepatica (20 %) (Abb. 1, 2 und 3), des Tr. coeliacus (5,5 %), der A. mesenterica superior (4 %), der A. gastrica und der gastroepiploischen Arterien (4 %), sowie von Aneurysmen der Intestinalarterien (3 %), A. pancreaticoduodenalis (2 %), A. gastroduodenalis (1,5 %) und A. mesenterica inferior (<1 %) (Pulli et al. 2008). Pitton et al. (2015) nannten für 209 VAA als häufigste Lokalisationen die A. lienalis (39,7 %), den Tr. coeliacus (22,5 %), die A. hepatica (19,1 %) und die A. mesenterica superior (8,1 %).
Reinhart T. Grundmann, Eike Sebastian Debus
74. Nierenarterienstenosen
Zusammenfassung
1978 veröffentlichte Andreas Grüntzig einen Artikel über die Ballondilatation der Nierenarterienstenose bei renovaskulärer Hypertonie (Grüntzig et al. 1978). Seitdem hat sich über alle interdisziplinären Diskussionen hinweg die interventionelle Therapie von Erkrankungen der Nierenarterien flächendeckend etabliert. Durch die kürzlich publizierten Studien, wie ASTRAL oder CORAL sind aufgrund der systematischen Schwächen kontrovers diskutiert worden. Eindeutige, interdisziplinär konsentierte Behandlungsindikationen bestehen weiterhin. Die verbesserte bildgebende Diagnostik durch Ultraschall. MRA oder Angio-CT ermöglicht eine zielführende nicht-invasive Diagnostik bei Verdacht auf Erkrankungen der Nierenarterien, seien es nun die stenotischen oder aneurysmatischen Veränderungen.
Jörg Teßarek, Thomas Umscheid, Giovanni Torsello
75. Nierenarterienaneurysmen
Zusammenfassung
Echte Nierenarterienaneurysmen (NAA) werden gemeinhin definiert als eine Ausweitung aller 3 Schichten der arteriellen Gefäßwand in einem Durchmesser von > 1 cm (Orion und Abularrage 2013). Ungefähr 75 % aller NAA haben eine sakkuläre Form, fusiforme NAA machen 25 % aus. Die wahre Inzidenz von NAA ist unbekannt, eine häufig zitierte ältere angiographische Untersuchung nennt eine Prävalenz von 0,09 % in der Allgemeinbevölkerung (Stanley et al. 1975). Andere vermuten, dass NAA aufgrund der modernen Bildgebung häufiger zu finden seien, in bis zu 0,3–1 % der Untersuchungen (Orion und Abularrage 2013); Henriksson et al. (1984) sahen bei ca. 9.500 Angiographien 56 NAA (0,6 %). Die große Mehrzahl der Aneurysmen ist weit distal nahe der ersten oder zweiten Bifurkation der Nierenarterie positioniert. In Autopsiestudien werden NAA übersehen, falls die distalen Nierenarterien nicht genau untersucht werden. Ätiologisch werden für die Ausbildung von NAA präexistierende Defekte in der Lamina elastica interna der Gefäßwand und Defizite an glatten Muskelzellen in den Aufzweigungen der Arterie verantwortlich gemacht, arteriosklerotische Veränderungen sollen hingegen ein Sekundärphänomen sein. Eine mediale arterielle Fibrodysplasie spielt ätiologisch die wichtigste Rolle und erklärt, warum NAA bei Frauen häufiger als bei Männern beobachtet werden (Henke et al. 2001). NAA sollen in ca. 10 % der Fälle bilateral auftreten (Orion und Abularrage 2013). In der großen Serie von Henke et al. (2001) hatten 115 von 168 Patienten ein solitäres NAA, 53 Patienten (31,5 %) multiple NAA. Beidseitige NAA wurden in 19 % der Fälle gesehen.
Reinhart T. Grundmann, Eike Sebastian Debus

Erkrankungen der Arterien der unteren Extremität

Frontmatter
76. Anatomie der Gefäße: Untere Extremität
Zusammenfassung
Die Leitungsbahnen der unteren Extremität gelangen auf der Vorderseite durch die Lacuna vasorum und durch die Lacuna musculorum sowie auf der medialen Seite durch den Canalis obtoratorius aus dem Becken zur freien unteren Extremität. In die Gesäßregion treten die Leitungsbahnen durch das Foramen suprapiriforme und durch das Foramen infrapiriforme.
Bernhard N. Tillmann
77. Verschlusserkrankungen im femoropoplitealen Gefäßabschnitt
Zusammenfassung
Verschlussprozesse der Arteria femoralis superficialis (AFS) und der Arteria poplitea (AP) werden häufig zusammengefasst, obwohl bei der AP indikatorische und therapeutische Besonderheiten bestehen. Die AFS ist ein 4–6 mm durchmessendes, im Wesentlichen gerade verlaufendes reines Leitungsgefäß mit einer Länge zwischen 25 und 35 cm. Das Gefäß entspringt im Bereich der Profundagabel und führt ohne Abgabe wesentlicher Äste bis zum femoropoplitealen Übergang distal des Adduktorenkanals. Das Anschlussgefäß, die AP, geht weiter distal in den als Trifurkation angelegten Truncus tibiofibularis und die nachfolgenden drei Unterschenkelgefäße A. tibialis anterior, A. tibialis posterior und A. fibularis über. Somit ist die AFS sowohl proximal als auch distal von Gefäßgabelungen begrenzt – eine Konstellation, die wegen der vermehrt auftretenden Flussturbulenzen mit einem erhöhten Atheroskleroserisiko einhergeht. Die proximale Bifurkation stellt zudem eine konkurrierende Flusssituation dar, in der der Blutfluss in der AFS wegen des Abflusses in die A. profunda femoris (APF) reduziert und somit das Atheroskleroserisiko weiter erhöht wird. Wie bei allen die Muskulatur versorgenden Gefäßen ist der periphere Widerstand in der AFS, zusätzlich durch die Verzweigung in die drei Unterschenkelgefäße, hoch (Krankenberg et al. 2006). Abb. 1 zeigt den Verschluss der AFS im 128-Zeilen-CT-Angiogramm.
Martin Storck, Hans Krankenberg
78. Infrainguinale Aneurysmen
Zusammenfassung
Echte Aneurysmen (Aneurysma verum) der A. femoralis communis (AFC) sind von Pseudoaneurysmen zu unterscheiden, die in dieser Lokalisation sehr viel häufiger vorkommen. Anastomosen-Aneurysmen nach früherer aortobifemoraler Rekonstruktion sind häufig, gelegentlich mit einem Low-grade-Infekt vergesellschaftet.
Peter Stierli
79. Kompressionssyndrom der A. poplitea
Zusammenfassung
Zusammenfassend stellt das popliteale Kompressionssyndrom eine heterogene Entität dar. Die diagnostische Abklärung kann diffizil sein und muss subtil erfolgen. Eine langfristige Beschwerdefreiheit kann bei gezielter chirurgischer Ausschaltung der zugrunde liegenden Pathologie jedoch erwartet werden. Rezidive nach korrekt durchgeführtem Ersteingriff sind selten. Ein Gefäßersatz ist nicht immer erforderlich. Popliteale Kompressionssyndrome sind selten Ursache von Gefäßpathologien und sind differenzialdiagnostisch vor allem bei jungen athletischen Männern mit Claudicatio‐Symptomatik zu bedenken. Zugrunde liegt eine Kompression durch hypertrophierte Muskulatur (funktionelles Entrapement) oder aberrierende Verläufe der Gefäße, umgebende Muskel‐ oder Sehnenstrukturen. Im Median vergehen 12 Monate vom Symptombeginn bis zur Diagnosestellung. Dauerhafte Schäden der Arterienwand mit Stenosen oder Okklusionen bis zur poststenotischen Aneurysmabildung mit thrombembolischen Verschlüssen können die Folge sein. Funktionelle Tests ‐ unterstützt durch apparative Diagnostik ‐ sind wegweisend. Eine operative Sanierung ist in der Regel erforderlich. Differenzialdiagnostisch ist eine zystische Adventiadegeneration der Arterienwand der A. poplitea zu berücksichtigen.
Holger Diener, Walter Gross-Fengels, Eike Sebastian Debus
80. Verschlusserkrankungen der kruropedalen Arterien: Klinik und offene Revaskularisation
Zusammenfassung
Operative Eingriffe an den infrapoplitealen Arterien sind auch in geübten Händen mit einer relevanten Komplikationsrate verbunden, die höher ist als nach Rekonstruktionen proximal gelegener Gefäßabschnitte (Becken- und Oberschenkeletage). Sie werden daher – mit wenigen Ausnahmen (akute Ischämie durch Thrombembolie, Aneurysmen poplitealer und kruropedaler Arterien, Infekt, Trauma) – ausschließlich im Stadium der chronisch kritischen durchgeführt. Dieses Stadium der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit stellt den Endpunkt der Erkrankung dar und ist durch eine drohende Amputation der betroffenen Extremität gekennzeichnet. Diesem Stadium wird klinisch die Situation eines Ruheschmerzes (Fontaine-Stadium III) und der bereits eingetretene Gewebsverlust mit Nekrose und/oder Gangrän (Fontaine-Stadium IV) zugeordnet. Die chronische, meist mehrere Jahre bestehende Ischämie führt neben dem Gewebsuntergang im Endstadium auch zu weiteren, ischämietypischen Symptomen (Abb. 1).
Holger Diener, Eike Sebastian Debus
81. Verschlusserkrankungen der kruropedalen Arterien: Perkutane Angioplastie
Zusammenfassung
Die PTA der Unterschenkelarterien gehört heute zum festen Repertoire des Behandlungsspektrums und stellt bei vielen Patienten in Abhängigkeit von der Gefäßmorphologie die zu bevorzugende invasive Behandlungsoption dar. Die Indikation ergibt sich ganz überwiegend bei Patienten mit chronischer bzw. kritischer Ischämie. Die Angioplastie sollte so durchgeführt werden, dass es zu keiner Beeinträchtigung von Gefäßsegmenten kommt, die ggf. noch für einen Bypass-Anschluss genutzt werden können. Zur exakten Planung des Eingriffs ist eine selektive DSA unverzichtbar. Zur Anwendung kommen heute überwiegend 4-F-Systeme sowie dünnkalibrige Führungsdrähte (0,014–0,018 Inch). Durch die Verbesserung der Materialien konnte die technische Erfolgsquote gesteigert werden. Lange Ballonkatheter, Drug-Eluting-Balloons sowie Drug-Eluting-Stents vervollständigen das zur Verfügung stehende Material.
Peter Huppert, Walter Gross-Fengels, Eike Sebastian Debus

Erkrankungen der Venen

Frontmatter
82. Physiologie und Pathophysiologie der Venen
Zusammenfassung
Der herzgerichtete venöse Blutfluss resultiert aus dem komplexen Zusammenspiel von arteriovenöser Druckdifferenz, abdomino-diaphragmaler Sogwirkung und der Muskelfaszienpumpe. Funktionierende Venenklappen und eine normale Muskelfunktion in den Beinen sind die Voraussetzung für einen orthograden, gegen die Schwerkaft gerichteten venösen Fluss beim stehenden Menschen. Störungen in diesem System resultieren in einer venösen Hypertension – der pathophysiologischen Grundlage der venösen Insuffizienz.
Federico Tatò
83. Armvenenthrombosen
Zusammenfassung
Bis zu 10 % der Thrombosen betreffen die Schulter-und Armvnenen. Etwa ein Drittel sind primär und Häufig folge einer kostoklavikulären Enge( „Thoracic-Inlet-Syndrom“). Zwei Drittel sind sekundär, meistens verursacht durch endovenöse Ports, Katheter und Schrittmachersonden. Die Therapie ist in der Regel konservativ und besteht aus einer zeitlich begrenzten Antikoagulation und Kompression. Ein schwerwiegendes postthrombotisches Syndrom ist an der oberen Extremität selten. In ausgewählten Fällen kann eine invasive Therapie sinnvoll sein.Die Thrombusbeseitigung erfolgt hierbei meistens durch endovenöse mechanisch-chemische Verfahren. Bei Thoracic-Inlet-Syndrom folgt dann die chirurgischen Dekompression der oberen Thoraxapertur durch transaxilläre Resektion der ersten Rippe.
Federico Tatò
84. Cava-Thrombosen
Zusammenfassung
Obstruktionen der V. cava superior können durch Kompression von außen, Thrombose oder fibrotische Stenosierung verursacht werden. In etwas 75% liegt eine maligne Erkrankung zugrunde. Immer häufiger sind auch zentralvenöse Katheter,Schrittmacher- und Defibrillator-Sonden verantwortlich. Therapeutisch kommen heute meistens endovenöse Verfahren zum Einsatz (Lyse, mechanische Thrombusentfernung, PTA und Stenting). Thrombosen der V. cava inferior können aus aufsteigenden Bein- und Beckenthrombosen oder lokal entstehen. Letztere sind meistens Folge eine Kompression oder Verletzung der V. cava von außen. Nicht selten können auch kongenitale Anomalien der V. cava inferior zugrundeliegen . Thrombosen der V. cava inferior werden meistens so behandelt wie die anderen Becken- und Beinvenenthrombosen. Bei chronischen Verschlussprozessen und Versagen einer konservativen oder endovenösen Therapie kommt die chirurgische Rekonstruktion zum Einsatz.
Federico Tatò
85. Venenthrombose und venöse Embolie der Bein- und Beckenvenen: Klinik und konventionelle Therapie
Zusammenfassung
Moderne diagnostische Algorythmen ermöglichen heute eine sehe zuverlässige nicht-invasive Diagnostik der venösen Thromboembolie. Die Therapie ist meistens konservativ durch Antikoagulation und Kompression. Heparine, Vitamin K-Antagonisten and direkte orale Antikoagulazien kommen je nach Indikation und klinischer Situation zum Einsatz. Bei ausgedehnten iliofemoralen Thrombosen kann die Indikation für invasive, thrombusbeseitigende Maßnahmen bestehen. Endovaskuläre Verfahren stützen sich auf die Kombination von kathetergesteuerter Fibrinolyse und mechanischer Thrombusentfernung. Alternativ steht die chirurgische Thrombektomie zur Verfügung.
Federico Tató
86. Venenthrombose der Bein- und Beckenvenen: endovaskuläre Therapie
Zusammenfassung
Die tiefe Venenthrombose (TVT) ist ein häufiger Befund. Behandlungsstrategien mit niedermolekularen Heparinen, Faktor-Xa-Antagonisten und Vitamin-K-Antagonisten sind nur effektiv in Bezug auf die Prävention der Entstehung und die Progression eines bestehenden Thrombus. Lokale Folgeerkrankungen auf dem Boden venöser Obstruktionen haben in der klinischen Praxis und Forschung oft einen geringen Stellenwert, obwohl sie mit einer signifikant eingeschränkten Lebensqualität und sozio-ökonomischen Stellung der Patienten einhergehen.
Julian Hague, Krasnodar Ivancev, Eike Sebastian Debus
87. Mesenterialvenenthrombose
Zusammenfassung
Das mesenteriale Venensystem bildet in seiner Gesamtheit das Splanchnikusgebiet, welches das größte Blutreservoir (1,5–2 l) des menschlichen Körpers ist und damit die entscheidende Steuergröße der Hämodynamik bildet. Darüber hinaus ist das mesenteriale Blut sehr nährstoffreich und bildet die Grundlage der Syntheseleistung der Leber (Tab. 1).
Bernd Luther, Eike Sebastian Debus
88. Varikose der unteren Extremität
Zusammenfassung
Die Varikose ist eine der häufigsten Erkrankungen des Menschen. Ältere epidemiologische Studien (Weiß 2002) zeigten, dass bei 56 % der Untersuchten Varizen nachweisbar waren, bei 12 % wurde die Varikose als medizinisch bedeutsam angesehen.
Thomas Noppeney, Helmut Nüllen
89. Postthrombotisches Syndrom
Zusammenfassung
Grundsätzlich beschreibt die Begrifflichkeit „postthrombotisches Syndrom“ (PTS) jede zeitliche Folge nach einer Thrombose der tiefen Venen der unteren oder auch der oberen Extremitäten. Gemeint sind aber ausschließlich die Patienten, bei denen die Thrombose der tiefen Venen zu einer Störung des venösen Abflusses geführt hat. Folgenlos stattgefundene Thrombosen werden üblicherweise nicht mit diesem Begriff beschrieben.
Gernold Wozniak

Erkrankungen der Lymphgefäße

Frontmatter
90. Erkrankungen der Lymphgefäße: Klinik und konservative Therapie
Zusammenfassung
Das Lymphsystem stellt neben dem arteriellen und dem venösen Gefäßsystem die dritte Dimension dar und dient ähnlich wie das venöse System der Entsorgung des Körpers von u. a. großmolekularen Stoffen, Bakterien und Viren. Bisher existieren allerdings über Funktion und Physiologie des Lymphsystems noch relativ wenige wissenschaftliche Erkenntnisse. Besteht ein Missverhältnis zwischen Angebot und Abtransport lymphpflichtiger Substanzen, so kommt es zum Lymphödem.
Im Folgenden soll Stellung zur Einteilung der Lymphödeme, Entstehung und Manifestation genommen werden, die konservative Therapie beschrieben und Versorgungsprobleme aufgezeigt werden.
Gerd Rudolf Lulay
91. Erkrankungen der Lymphgefäße: Operative Therapie
Zusammenfassung
Lokal unterbrochene Lymphabflusswege finden sich insbesondere nach medizinischen Maßnahmen an Engstellen wie der Achsel, der Leisten oder Beckenregion oder auch an der Innenseite des Knies. Selten findet sich eine lokale Unterbrechung auch bei primären Lymphödemen.
Bei derartigen regional begrenzten Ursachen von Lymphödemen besteht die Möglichkeit durch körpereigene Lymphgefäße, die von der Innenseite des Oberschenkels entnommen werden, in Form eines Bypasses eine Rekonstruktion innerhalb des Lymphgefäß-Systems durchzuführen.
Präoperative Abklärungen beinhalten eine Lymphszintigraphie an der betroffenen Extremität sowie am Spenderbein und gegebenenfalls eine MRI Lymphographie bei primären Lymphödemen. Intraoperativ kommt eine Darstellung von Lymphbahnen durch Patente blau V® zum Einsatz.
Die Indikation zur Rekonstruktion ergibt sich nach einer leitliniengerechten konservativen Therapie entsprechend den Bedürfnissen der Patienten.
Rüdiger G. H. Baumeister

Gefäßmalformationen

Frontmatter
92. Gefäßmalformationen
Zusammenfassung
Gefäßmalformationen sind seltene und komplexe Läsionen. Ihre variable Klinik reicht von asymptomatischen Geburtsmalen bis zu lebensbedrohlichen Herzinsuffizienzen und starken Blutungen. Patienten, die unter einer Malformation leiden, erleben häufig eine Odyssee an Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen mit Verschlechterung der Beschwerden, Rezidiven und Behinderung.
Wayne Yakes, Krasnodar Ivancev, Fiona Rohlffs, Robert L. Vogelzang, Alexis M. Yakes, Eike Sebastian Debus

Zugänge zum Gefäßsystem

Frontmatter
93. Arteriovenöse Shunts als Gefäßzugang
Zusammenfassung
Die Durchführung der chronischen Hämodialysetherapie erfordert bei den betroffenen Patienten idealerweise einen sogenannten permanenten Gefäßzugang. Einen solchen hat die Evolution nicht entwickelt. Der chronische Dialysepatient braucht daher als neue Körperstruktur ein „Gefäßzugangs Organ“. Ein solches kann der Körper als autologe Variante (arterialisierte maturierte Shuntvene) induktiv selbst entwickeln. Bei der alloplastischen Variante wird dem Körper eine technisch fertige Lösung (e-PTFE Graft) mit arteriovenösem Anschluss implantiert. Beide Verfahren werden dargestellt und sind in der Anwendung alltäglich. Wie die Darstellung und die allgemeine Erfahrung belegen, liegt das größere und attraktivere Funktions-und Entwicklungspotenzial eindeutig bei den autologen Varianten.
Gerhard Krönung
94. Port und PICC (peripherally inserted central catheter)
Zusammenfassung
Peripher inserierte zentralvenöse Katheter (PICC) und Portkatheter stellen zwei Formen langfristiger zentralvenöser Zugänge dar, die immer dann infrage kommen, wenn ein solcher Katheter länger als 7 Tage benötigt wird. Ein sicherer langfristiger zentralvenöser Katheter ist nicht nur ein wichtiger Baustein einer komplexen Therapie maligner und nicht-maligner Erkrankungen, sondern bedeutet einen hohen Komfort für den Träger im Vergleich zu multiplen rekurrierenden Punktionen und Katheterisierungen peripherer Venen. Die Anlage langfristiger zentralvenöser Kathetersysteme nimmt deshalb stetig zu und stellt so einen immer größeren Teil vaskulärer Interventionen dar. Im folgenden Kapitel beschreiben wir Indikationen, Differenzialindikationen, verwendete Materialien, die Technik der Insertion bzw. Implantation, potenzielle Komplikationen, deren Management und Ergebnisse von Port- und PICC-Systemen.
Thomas Hüppe, Michael Burbelko, H.-J. Wagner

Gefäßverletzungen

Frontmatter
95. Gefäßverletzungen: Klassifikation und Diagnostik
Zusammenfassung
Aufgrund der Verletzungsart unterscheiden wir perforierende und stumpfe Gefäßverletzungen. Perforierende Traumen verletzen die Arterienwand von außen nach innen. Sie führen zum Blutverlust in das umliegende Gewebe, in eine Körperhöhle oder nach außen. Beim stumpfen Trauma beginnt die Schädigung an der Intima und kann fortschreitend die gesamte Gefäßwand erfassen. Gefäßverletzungen mit Blutverlust sind hier eher selten. Das Leitsymptom bei diesem Verletzungsmechanismus ist die Organ- oder Extremitätenischämie. Gefäßverletzungen werden durch direkte oder indirekte Traumen verursacht. Die häufigsten Arterienverletzungen entstehen durch direkte Gewalteinwirkung. Häufig auftretend im Rahmen von Verkehrs- oder Arbeitsunfällen, seltener durch Stich- oder Schussverletzungen. Bei steigender Anzahl an interventionellen Maßnahmen und invasiver Diagnostik haben iatrogene Verletzungen eine zunehmende Bedeutung. Abb. 1 gibt einen Überblick über direkte und indirekte Gefäßverletzungen.
Karl-Heinz Orend
96. Traumatische Aortenruptur
Zusammenfassung
Die traumatische Aortenruptur im Isthmusabschnitt als Folge eines Dezelerationstraumas oder durch direkte stumpfe Gewalteinwirkung mit sagittaler Kompression ist am Unfallort mit einer Sterblichkeit von 80–90 % gekennzeichnet (Abb. 1) (Orend et al. 1996). Eine Metaanalyse von 1742 Patienten (von Oppell et al. 1994) zeigte, dass die Gesamtletalität der Patienten, die lebend zur Klinikaufnahme kamen, 32 % betrug. Ein Drittel dieser Patienten verstarb vor einer definitiven chirurgischen Versorgung; bei 2,6 % war bereits präoperativ eine Paraplegie vorhanden. Nach chirurgischer Versorgung entwickelten 9,9 % von 1492 Patienten postoperativ eine Paraplegie.
Karl-Heinz Orend
97. Verletzung der großen intrathorakalen Venen
Zusammenfassung
Bei den Verletzungen der großen intrathorakalen Venen lassen sich ursächlich die traumatischen und die iatrogenen Venenverletzungen unterscheiden. Traumatische Venenverletzungen resultieren nach stumpfem oder penetrierendem Thoraxtrauma. Im Klinikalltag handelt es sich dabei nur sehr selten um isolierte Venenverletzungen, in der Regel liegen diese Venenläsionen als typische Begleitverletzungen anderer Organsysteme vor. Bei den iatrogenen Venenverletzungen müssen die operativen Begleitverletzungen von den Katheterverletzungen getrennt werden. Die häufigsten operativen Begleitverletzungen im Thorax sind Läsionen der V. brachiocephalica sinistra bei der Sternotomie oder die Verletzung der V. cava superior bei erweiterten Lungenresektionen bzw. der mediastinalen Lymphknotendissektion. Verletzung durch zentral venöse Verweilkatheter werden zwar sehr häufig beobachtet, sind aber nur in Ausnahmefällen chirurgisch zu versorgen. Ähnliches gilt bei Verletzungen durch intraluminale Cava-Filter oder bei Perforationen großlumiger Teflonkatheter, wie sie zur Hämodialyse über die V. subclavia gelegentlich Anwendung finden.
Karl-Heinz Orend
98. Verletzung der Gefäße in Abdomen und Becken
Zusammenfassung
Traumatische Verletzungen der abdominellen und iliakalen Gefäße sind mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziiert und stellen den Operateur nicht selten vor eine große Herausforderung. Schwere Begleitverletzungen dieser oftmals polytraumatisierten Patienten verschlechtern die Prognose zusätzlich. Im Gegensatz zum nordamerikanischen Raum überwiegen in Deutschland mit über 90 % die stumpfe Bauchverletzungen (Aufmkolk und Nast-Kolb 2001).
Michael Engelhardt, Daniel Chr. Hinck
99. Verletzung der Gefäße an Hals und Extremitäten
Zusammenfassung
Der Verblutungstod des Verletzten ist nicht nur ein militärisches Problem. Sind es fast 50 % der verstorbenen Soldaten, die an einer ungestillten Blutung versterben, so findet sich auch auf der zivilen Seite ebenfalls ein hoher Prozentsatz an Patienten (33–56 %), die verbluten (Acosta et al. 1998; Champion et al. 2003; Sauaia et al. 1995). Erschreckend ist, dass fast ein Viertel der verstorbenen amerikanischen Soldaten in den Konflikten Operation Iraqi Freedom (OIF) und Operation Enduring Freedom (OEF) Verwundungen erlegen sind, die bei zeitgerechter Versorgung potenziell zu überleben gewesen wären. In 85 % der Fälle handelte es sich um eine unkontrollierte Blutung. Von diesen waren in bis zu einem Drittel die Extremitäten betroffen, in 20 % waren es axilläre, zervikale oder inguinale Blutungen (Holcomb et al. 2007; Kelly et al. 2008).
Daniel Chr. Hinck, Michael Engelhardt
100. Damage Control bei Gefäßverletzungen
Zusammenfassung
Die unkontrollierte Blutung ist nach dem Schädel-Hirn-Trauma die zweithäufigste traumatische Todesursache und verantwortlich für 30–40 % aller verletzungsbedingten Todesfälle (Kauvar et al. 2006). Infolge des Gewebetraumas und des Blutverlustes entwickelt sich die sog. lethal triad bestehend aus Koagulopathie, Acidose und Hypothermie. Es wird geschätzt, dass etwa 25–30 % aller Schwerverletzten das Krankenhaus bereits mit einer manifesten Koagulopathie erreichen (Brohi et al. 2008; Spahn et al. 2013). Im Bemühen, die Überlebenschancen dieser kritischen Patienten zu verbessern, entwickelte sich das Prinzip des Damage Control (DC) in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts.
Michael Engelhardt, Daniel Chr. Hinck

Funktionelle Gefäßerkrankungen

Frontmatter
101. Raynaud-Phänomen
Zusammenfassung
Als Raynaud-Phänomen bezeichnet man anfallsartig auftretende Attacken von Ischämien, bedingt durch vasospastische Verschlüsse der kleinsten Arterien und Arteriolen meist der Finger, seltener der Zehen. Die betroffenen Akren, manchmal auch die Hände und Füße zeigen klassischerweise eine ausgeprägte Blässe (Weißwerden der Finger), gefolgt von einer Zyanose oder Rötung bei Erwärmung. In der Regel hält eine Attacke 30–60 min, bei anderen Patienten kann die Kälte- induzierte Attacke anhalten, bis sie sich wieder in einer warmen Umgebung aufhalten. Nicht bei allen Patienten zeigt sich das typische (weiß – blau – rot). Es sollte nicht von einem Raynaud-Syndrom gesprochen werden, da es sich nicht um eine Kombination zusammengehöriger Symptome handelt sondern der Begriff lediglich ein klinisches Phänomen beschreibt.
Beatrice Amann-Vesti
102. Systemische Sklerose
Zusammenfassung
Bei Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) kann ein Raynaud-Phänomen der eigentlichen Krankheitsmanifestation oft Jahre vorausgehen und ist häufig auch die Ursache, dass diese Patienten einen Arzt aufsuchen. Mehr als 90 % der Patienten mit SSc weisen ein Raynaud-Phänomen auf. Schließt man abortive Raynaud-Phänomene und Episoden mit temporärem Raynaud-Phänomen mit ein, liegt dieser Prozentsatz noch höher. Anders als beim primären Raynaud-Phänomen ist bei der SSc eine Vaskulopathie der kleinen Arterien und Kapillaren assoziiert. Die dadurch verminderte Perfusion kann im weiteren Verlauf zu Ulzerationen an den Fingerspitzen (Abb. 1), über den Fingergelenken und seltener auch an den Ellbogen und Zehen führen. Insgesamt sind 50 % der SSc-Patienten während des Krankheitsverlaufes von digitalen Ulzerationen betroffen. Oft sind diese Ulzerationen chronisch mit langsamer Abheilung und rezidiveren häufig. In schweren Fällen kann es zur n und zur Amputation von Fingerendgliedern kommen.
Beatrice Amann-Vesti, Oliver Distler
103. Weitere funktionelle Gefäßerkrankungen
Zusammenfassung
Bei der idiopathischen oder primären Akrozyanose, die meist junge Frauen betrifft, besteht eine livide Verfärbung der kühlen Akren, häufig der Finger und Hände, weniger häufig, aber auch betroffen sind die Füße (Abb. 1). Im Gegensatz zum anfallsartig auftretenden Raynaud-Phänomen handelt es sich um eine länger dauernde Episode, bei der die initiale arterielle Vasokonstriktion sekundär zur Dilatation der Kapillaren und Venolen mit zyanotischer Verfärbung der betroffenen Areale führt. Die Symptome verstärken sich in der kalten Jahreszeit, können jedoch auch bereits durch Herabhängenlassen der Hände verstärkt werden. Trophische Hautläsionen treten in der Regel nicht auf, jedoch kann häufig eine Hyperhydrose bei diesen Patienten beobachtet werden. Differenzialdiagnostisch muss die harmlose primäre Akrozyanose von der zentralen Zyanose, bei der die Schleimhäute ebenfalls livide verfärbt sind, unterschieden werden. Die Diagnose wird in der Regel aufgrund der typischen Klinik gestellt. Die Kapillarmikroskopie zeigt dilatierte arterioläre und venoläre Kapillarschenkel. Eine Therapie ist in der Regel nicht notwendig bzw. besteht im Tragen warmer Kleidung und Handschuhen. Medikamente wie Kalzium-Kanal-Blocker sind bei der Akrozyanose nicht untersucht worden.
Beatrice Amann-Vesti

Infektionen der Gefäße und entzündliche Gefäßerkrankungen

Frontmatter
104. Gefäßprotheseninfektionen
Zusammenfassung
Die Infektionen, insbesondere aber der Protheseninfekt, stellen in der rekonstruktiven Gefäßchirurgie eine der am meisten gefürchteten Komplikationen dar. Am häufigsten ist die Leistenregion von einer solchen Infektion betroffen. Da alloplastische Implantate normalerweise keine Infektresistenz aufweisen, sind Infektionen in diesem Fall als weitaus bedenklicher einzustufen als bei Verwendung von autologen Venentransplantaten. Die Diagnostik erfolgt primär klinisch unterstützt durch bildmorphologische Korrelate und mikrobiologische Untersuchungen. Der Erregernachweis ist dabei erschwert, häufig finden sich nur unzureichende Ergebnisse. Therapeutisch sollte eine Komplettentfernung der infizierten Gefäßprothesen stets angetrebt werden. In Situ Rekonstruktionen mit autologen und allogenen Transplantaten sind zu bevorzugen. Silberbeschichtete und antibiotikagetränkte Kunststoffprothesen bieten Alternativen mit eingeschränktem Outcome. Die Rekonstruktion mit extraantomischen Bypässen ist ausgewählten Indikationen vorgehalten. Eine Antibiotikatherapie ist für mindestens 4 Wochen bis 6 Monate nach erfolgreicher Operation fortzuführen.
Holger Diener, Ojan Assadian, Max Zegelman, Markus Steinbauer, Eike Sebastian Debus, Axel Larena-Avellaneda
105. Infiziertes arterielles Aneurysma
Zusammenfassung
Gefäßchirurgen verwenden meist den Ausdruck „mykotisch“ für ein Aneurysmen infektiöser Genese. Dies ist auf die Erstbeschreibung solcher Aneurysmen durch Osler im Rahmen einer „malignen (mykotischen)“ Endokarditis zurückzuführen. Die Verwendung des Begriffs „infiziertes arterielles Aneurysma“ erscheint daher sinnvoll. Eine solche Infektion kann auf verschiedene endogene und exogene Ursachen haben. Weiterhin können sich sowohl gesunde, als auch veränderte Gefäße infizieren. Die klinische Symptomatik kann unspezifisch sein, die Diagnostik gelingt allerdings mit den bildgebenden Verfahren sicher. Therapeutisch kommen sowohl endovaskuläre als auch offene Operationen in Frage, wobei sich insbesondere die Frage des Gefäßersatzmaterials stellt. Eine langfristige Antibiotikagabe ist meist indiziert.
Axel Larena-Avellaneda, Eike Sebastian Debus
106. Vaskuläre Transplantationschirurgie
Zusammenfassung
Fasst man den Begriff weit, gehört die Transplantation von Gefäßen heute zu den fundamentalen Methoden der Chirurgie bzw. Transplantationsmedizin. Sowohl der einfache Ersatz von Gefäßen (Arterien und Venen) als auch der Gefäßersatz bzw. die Gefäßtransplantation im Rahmen von Gewebe- und Organtransplantationen haben sich als Basismethodik mit der Chirurgie entwickelt. Die Hauptindikation für eine isolierte allogene Verpflanzung von Blutgefäßen ist heute – wie bei den Herzklappen – der Ersatz infizierter Kunststoffprothesen im Bereich der Aorta und der großen Körperarterien. Der Artikel gibt eine Übersicht über Nutzen, Risiken und Einschränkungen autologer, allogener und xenogener Transplantate. Im letzten Teil werden auf Besonderheiten bei der Gefäßtransplantation mit Geweben sowie im Rahmen der Transplantationen im Rahmen von Viszeralorganen eingegangen.
Utz Settmacher, Holger Diener, Eike Sebastian Debus
107. Vaskulitiden: Terminologie, Klassifikation und Diagnostik
Zusammenfassung
Unter dem Begriff Vaskulitis versteht man eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, deren gemeinsamer Nenner in einer Entzündung und Zerstörung der Gefäßwand besteht. Die klinische Symptomatik ist dabei oft nur zum Teil Folge der Vaskulitis selber (Fieber, CRP-Anstieg, Leukozytose, BSG-Erhöhung etc.). Vielmehr ist ein wesentlicher Teil der klinischen Symptomatik durch die sekundären Organschäden bedingt. Bei der Diagnostik von Vaskulitiden muss also meist differenzialdiagnostisch zwischen einer organspezifischen Erkrankungen und einer Organmitbeteiligung bei den meist systemischen Vaskulitiden unterschieden werden. Je nach Grunderkrankung sind Gefäße unterschiedlicher Größe und Lokalisation betroffen, was zu den verschiedenen Symptomkomplexen führt.
Beatrice Amann-Vesti, Adriano Fontana, Peter Kuhlencordt, Justus G. Müller
108. Vaskulitiden: Spezielle Krankheitsbilder
Zusammenfassung
Die Panarteriitis nodosa wurde von Kussmaul und Maier 1866 beschrieben und damals Periarteriitis nodosa genannt aufgrund der vielen kleinen Knötchen, die entlang einer muskulären Arterie zu finden sind. Als man die wahre Natur der Knötchen erkannte, wurde die Krankheit in Pan- oder Polyarteriitis nodosa (PAN) umbenannt. Es handelt sich um eine nekrotisierende Arteriitis, die kleine und mittelgroße Arterien der meisten Organe befallen kann. Typischerweise sind die Nieren und Viszeralarterien betroffen. Bei der klassischen PAN sind die Pulmonalarterien nicht mitbetroffen, Bronchialgefäße können aber beteiligt sein.
Beatrice Amann-Vesti, Adriano Fontana, Peter Kuhlencordt, Justus G. Müller

Diabetischer Fuß

Frontmatter
109. Diabetischer Fuß
Zusammenfassung
Das Krankheitsbild des diabetischen Fußes ist definiert als eine Infektion, Ulzeration und/oder Zerstörung des tiefen Weichteilgewebes mit neuropathologischen Befunden und einer unterschiedlich ausgeprägten peripheren Gefäßerkrankung der unteren Extremitäten (Schaper et al. 2003; International Working Group on the Diabetic Foot 2007). Wundheilungsstörungen der unteren Extremitäten bei einer diabetischen Stoffwechsellage stellen eine besondere Herausforderung dar. Statistisch gesehen wird weltweit alle 30 Sekunden eine dem Diabetes mellitus anzulastende Amputation an einer unteren Extremität durchgeführt. Weiterhin zeigt sich, dass ca. 20–40 % der Gesamtkosten einer Diabeteserkrankung auf die Therapie des diabetischen Fußsyndroms entfallen (Boulton et al. 2005). Studien belegen, dass 50–70 % aller Amputationen der unteren Extremitäten einer diabetischen Stoffwechsellage zuzuschreiben sind. Bei 85 % aller Amputationen, die an Diabetes mellitus erkrankten Patienten durchgeführt wurden, ging ein Fußulkus voraus, das im weiteren Verlauf eine schwere Infektion oder Gangrän ausbildete (International Working Group on the Diabetic Foot 2007; Boulton et al. 2005; Apelqvist und Larsson 2006).
Jan Apelqvist, Holger Lawall, Eike Sebastian Debus

Tumoren des Gefäßsystems

Frontmatter
110. Tumorerkrankungen des Gefäßsystems: Diagnostik, Therapie und Nachsorge
Zusammenfassung
Anatomisch bestehen Gefäße aus den drei Schichten des Endothels, der Media und der Adventitia. In den Klassifikationen der vaskulären Tumorerkrankungen (z. B. Enzinger und Weiss (Enzinger und Weiss 2001), bzw. Fletcher et al. 2013) werden unter den „Gefäßtumoren“ aber nur die Erkrankungen des Endothels abgehandelt. Unter therapeutischen Gesichtspunkten sind oft auch Tumoren der Media und der Adventitia, speziell wenn sie von größeren Gefäßen ausgehen, als „Gefäßtumor im weiteren Sinne“ zu behandeln und werden deshalb in diesem Kapitel mit angesprochen.
Eike Sebastian Debus, Walter Gross-Fengels, Justus G. Müller
111. Tumoren und tumorähnliche Proliferationen des Gefäßendothels
Zusammenfassung
Vaskuläre Tumoren werden in Proliferationen von Endothelzellen (Angiome im engeren Sinne) und in Fehlbildungen (Hamartome) eingeteilt. Weder Angiome noch Hamartome entarten (mit der Ausnahme von Einzelfällen nach Bestrahlung).
Eike Sebastian Debus, Walter Gross-Fengels, Justus G. Müller
112. Tumoren und tumorähnliche Proliferationen der Gefäßwand und des perivaskulären Gewebes
Zusammenfassung
Angeborene Gefäßfehlbildungen, die von ausdifferenzierten arteriellen und venösen Gefäßen ausgehen, werden im Kap. Angiodysplasien behandelt.
Eike Sebastian Debus, Walter Gross-Fengels, Justus G. Müller
113. Sekundäre Gefäßbeteiligung bei primär nicht-vaskulären Tumoren
Zusammenfassung
Die Beteiligung von Gefäßen bei nicht-vaskulären Tumoren ist immer ein Hinweis auf ein fortgeschrittenes lokales Tumorwachstum. Nur bei gleichzeitigem Nachweis von Fernmetastasen liegt in dieser Situation jedoch prinzipiell eine funktionelle Irresektabilität vor. Bei Einbruch des Tumors in das Gefäßumen muss in einem hohen Prozentsatz mit der Ausbildung auch von hämatogenen Mikrometastasen gerechnet werden. Sind keine Fernmetastasen nachweisbar, sollte eine radikale en-block Resektion ohne Rücksicht auf anatomische Grenzen mit dem Ziel einer R0-Situation angestrebt werden. Eine nachfolgende Rekonstruktion der Gefäße ist meist erforderlich. Da das Operationsgebiet möglicherweise adjuvant bestrahlt oder chemotherapiert werden muss, sollte auf die Verwendung von autologem Material Wert gelegt werden und eine extraanatomischer Rekonstruktion in Betracht gezogen werden. Besteht im Rahmen der präoperativen Abklärung der Verdacht auf einen extravasalen Primärtumor, so ist das frühzeitige Einbeziehen der betroffenen Disziplinen bei Planung und Durchführung des Eingriffes erforderlich.
Eike Sebastian Debus, Walter Gross-Fengels, Justus G. Müller
Backmatter
Metadaten
Titel
Operative und interventionelle Gefäßmedizin
herausgegeben von
Univ.-Prof. Dr. Eike Sebastian Debus
Prof. Dr. Walter Gross-Fengels
Copyright-Jahr
2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-53380-2
Print ISBN
978-3-662-53378-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-53380-2

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Update Chirurgie

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Das Karpaltunnelsyndrom ist die häufigste Kompressionsneuropathie peripherer Nerven. Obwohl die Anamnese mit dem nächtlichen Einschlafen der Hand (Brachialgia parästhetica nocturna) sehr typisch ist, ist eine klinisch-neurologische Untersuchung und Elektroneurografie in manchen Fällen auch eine Neurosonografie erforderlich. Im Anfangsstadium sind konservative Maßnahmen (Handgelenksschiene, Ergotherapie) empfehlenswert. Bei nicht Ansprechen der konservativen Therapie oder Auftreten von neurologischen Ausfällen ist eine Dekompression des N. medianus am Karpaltunnel indiziert.

Prof. Dr. med. Gregor Antoniadis
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.

S2e-Leitlinie „Distale Radiusfraktur“

Radiusfraktur BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Das Webinar beschäftigt sich mit Fragen und Antworten zu Diagnostik und Klassifikation sowie Möglichkeiten des Ausschlusses von Zusatzverletzungen. Die Referenten erläutern, welche Frakturen konservativ behandelt werden können und wie. Das Webinar beantwortet die Frage nach aktuellen operativen Therapiekonzepten: Welcher Zugang, welches Osteosynthesematerial? Auf was muss bei der Nachbehandlung der distalen Radiusfraktur geachtet werden?

PD Dr. med. Oliver Pieske
Dr. med. Benjamin Meyknecht
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.

S1-Leitlinie „Empfehlungen zur Therapie der akuten Appendizitis bei Erwachsenen“

Appendizitis BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Inhalte des Webinars zur S1-Leitlinie „Empfehlungen zur Therapie der akuten Appendizitis bei Erwachsenen“ sind die Darstellung des Projektes und des Erstellungswegs zur S1-Leitlinie, die Erläuterung der klinischen Relevanz der Klassifikation EAES 2015, die wissenschaftliche Begründung der wichtigsten Empfehlungen und die Darstellung stadiengerechter Therapieoptionen.

Dr. med. Mihailo Andric
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.