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2021 | Buch

Neuroinfektiologie

herausgegeben von: Prof. Dr. Uta Meyding-Lamadé, Prof. Dr. med. Martin Stangel, Univ.-Prof. Jörg Weber

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Dieses praxisorientierte Buch behandelt ein stetig wachsendes Teilgebiet der Neurologie grundlegend. Es stellt sich den bekannten und den neuen Infektionserkrankungen des zentralen Nervensystems und unterstützt behandelnde Ärzte bei der Diagnosefindung und dem Management. Praxisnah mit übersichtlichen Tabellen, Abbildungen und Kernaussagen, kann dieser kompakte Leitfaden eine wertvolle Hilfe im ärztlichen Alltag sein.Das Werk schult den diagnostischen Blick, der neben der interdisziplinären Zusammenarbeit mit einem Tropeninstitut und neben Ausdauer und Besonnenheit in der Patientenbetreuung von entscheidender Bedeutung ist.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Allgemeine Einleitung Neuroinfektiologie

Frontmatter
Kapitel 1. Epidemiologie
Zusammenfassung
Infektionskrankheiten gewinnen zunehmend an Bedeutung, sie umfassen ein breites Spektrum an Pilzen, bakteriellen, parasitären und viralen Erregern. Sie stellen die behandelnden Ärzte immer wieder vor besondere Herausforderungen in Diagnostik und Therapie. Akut verlaufende Neuroinfektionen sind lebensbedrohliche Erkrankungen, viele Patienten versterben trotz Therapie und intensivmedizinischer Behandlung oder erleiden Spätfolgen. Subakut bis chronisch verlaufende neuroinfektiologische Krankheiten bedürfen eines geschulten diagnostischen Blicks der Behandler.
Die Epidemiologie blickt auf eine über 2000 Jahre alte Geschichte zurück. Schon Hippokrates (um 460 bis etwa 370 v. Chr.) verwendete den Begriff der Epidemie und hat bemerkenswerte Überlegungen zur Beziehung zwischen Krankheiten und Umweltfaktoren niedergeschrieben. Die heutige Epidemiologie hat ihren Ursprung in der Infektionsepidemiologie des 19. Jahrhunderts, noch bevor Robert Koch (1834–1910), Emil von Behring (1854–1917), Paul Ehrlich (1854–1915) und andere Wissenschaftler Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze als Krankheitsauslöser identifiziert hatten. Bereits 1891 wurde das Königlich Preußische Institut für Infektionskrankheiten gegründet, das heutige Robert Koch-Institut.
Uta Meyding-Lamadé, Eva Maria Craemer
Kapitel 2. Übertragungswege
Zusammenfassung
Eine Vielzahl von humanpathogenen Erregern können in das zentrale und periphere Nervensystem eindringen. Viele Krankheitserreger haben ausgefeilte Mechanismen entwickelt, um die privilegierte Immunstellung des Nervensystems auszuhebeln. Das zentrale Nervensystem (ZNS) verfügt über anatomische und immunologische Schutzmechanismen, die es vor dem Eindringen von Pathogenen schützt.
Bakterien sind in der Lage, die BHS und die BLS zu kreuzen um durch transzelluläre Penetration oder parazellulären Eintritt oder über infizierte Leukozyten aus dem peripheren Kreislauf („Trojan-Horse-Mechanism“) in das ZNS zu gelangen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Viren in das ZNS gelangen können, über einen hämatogenen Weg oder durch direkte Infektion von Endothelzellen. Durch eine parazelluläre Passage zwischen gestörten endothelialen engen Verbindungen und die Invasion in periphere Leukozyten können die Viren in das ZNS wandern. Viren können auch über Strukturen in das ZNS gelangen, die weniger verstärkte Barrieren wie die kribriforme Platte (CP) und zirkumventrikulären Organe (CVO) enthalten. Schließlich können Viren durch Infektion peripherer Nerven Zugang zum ZNS erhalten. Wichtig ist, dass die meisten erfolgreichen neurotropen Viren nicht unbedingt auf ein ZNS-Eintrittsportal beschränkt sind. Zur Verhinderung, Eindämmung oder Prävention von ZNS-Infektionen ist die Kenntnis dieser biologischen Strategien von entscheidender Bedeutung.
Eva Maria Craemer, Uta Meyding-Lamadé
Kapitel 3. Taxonomie
Zusammenfassung
Als Teilgebiet der Biologie umfasst die Taxonomie die Systematik von Lebewesen und Viren mit hierarchischer Rangordnung innerhalb der Systematik. Jede taxonomische Ordnung weist eine monohierarchische Struktur auf, jede Klasse hat nur eine übergeordnete Klasse. Beschrieben werden die verschiedenen Spezies, genetische Vielfalt sowie die phylogenetische Verwandtschaft zueinander. Die Gliederung erfolgt nach internationalen Nomenklaturen. Die binäre Nomenklatur geht auf Carl von Linné (1707–1778) zurück, dessen „Systema Naturae“ 1735 erschien. In diesem Werk klassifizierte er erstmals die „Naturreiche“ der Tiere, Pflanzen und Mineralien durch fünf aufbauende Rangstufen (Klasse, Ordnung, Gattung, Art und Varietät).
Paul Schnitzler, Joerg R. Weber
Kapitel 4. Diagnostische Methoden
Zusammenfassung
Infektionen des zentralen Nervensystems sind häufig lebensbedrohliche Erkrankungen und die Labordiagnostik kann die klinische Verdachtsdiagnose sichern oder stützen. Infektionen des zentralen Nervensystems können durch eine Vielzahl von Bakterien, Pilzen und Parasiten hervorgerufen werden. Für ein sicheres und effizientes Management von Infektionserkrankungen ist ein fundiertes Wissen über neue (bspw. Zika-Virus, Variegated Squirrel Bornavirus 1 [VSBV-1]) sowie zunehmend in Vergessenheit geratene (bspw. Masern) Erreger, Risikofaktoren für Infektionen, Entwicklung von Antibiotikaresistenzen und veränderte Epidemiologien von Mikroorganismen (bspw. M. tuberculosis) erforderlich, insbesondere aber auch ein gutes Wissen über labordiagnostische Methoden. Durch die Weiterentwicklung labordiagnostischer Methoden ist es häufig möglich, eine spezifischere und schnellere Diagnostik zu gewährleisten, dennoch erfordern einige Untersuchungstechniken selbst bei optimaler Durchführung weiterhin einigen Zeitaufwand, der sich z. T. über mehrere Tage, manchmal sogar Wochen (bspw. die Isolation des Zytomegalie-Virus oder die Anzucht von Mykobakterien) erstrecken kann.
Eva Maria Craemer, Christian Jacobi, Klaus-Peter Hunfeld, Martin Stangel, Thomas Skripuletz, Mike Wattjes, Burc Bassa
Kapitel 5. Rechtliche Fragen (Eilbetreuung, Isolation, Meldepflicht, Umgebungsprophylaxe)
Zusammenfassung
Das Medizinrecht umfasst die rechtliche Beziehung zwischen Arzt und Patienten sowie Ärzten untereinander, die öffentlich-rechtlichen Regelungen zur Ausübung der ärztlichen und zahnärztlichen Tätigkeit und das Vorgehen bei meldepflichtigen Erkrankungen. Im ärztlichen Alltag nehmen rechtliche Fragen immer mehr an Bedeutung zu, aufgrund dessen ist die Kenntnis grundlegender rechtlicher Aspekte unabdingbar. Zur effektiveren Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten in Deutschland, trat am 1. Januar 2001 das Gesetz zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG) in Kraft, welches durch umfassende und bundesweite Meldepflichten ein Informationssystem schaffen sollte, dass der Prävention der Ausbreitung von Krankheiten in Deutschland dient. Infolge dessen muss der Arzt über Kenntnisse des Infektionsschutzgesetzes sowie über Isolationsmaßnahmen und zur Umgebungsprophylaxe verfügen. Auch die individuelle Aufklärung vor invasiven diagnostischen, insbesondere operativen Eingriffen stellt eine ärztliche Aufgabe dar. Gerade im Hinblick auf Therapieentscheidungen und die damit einhergehende Compliance nimmt die ärztliche Aufklärung einen zentralen Bestandteil des ärztlichen Alltags ein.
Annegret Lamadé, Eva Maria Craemer, Uta Meyding-Lamadé

Klinische Krankheitsbilder

Frontmatter
Kapitel 6. Meningitis
Zusammenfassung
Die akute Meningitis ist eine Entzündung der weichen Hirnhäute, die durch die Ausbreitung der Erreger im Liquor, in den Ventrikeln und im Spinalkanal charakterisiert ist. Häufig ist das Hirnparenchym mitbetroffen, dann spricht man von einer Meningoenzephalitis. Bakterien und Viren aber auch andere Mirkrorganismen können eine Meningitis verursachen. Die akute Meningitis insbesondere die durch Pneumokokknen und Meningokokken verursacht wird, ist ein absoluter neuroinfektiologischer Notfall und muss in kürzester Zeit diagnostisch geklärt und entsprechend behandelt werden. Die virale Meningitis ist die häufigste Entzündung des zentralen Nervensystems. Eine virale Meningitis kann durch eine Vielzahl von Viren verursacht sein. Charakteristisch sind Kopfschmerzen, Fieber, Nackenschmerzen, Meningismus, Abgeschlagenheit, Myalgien, Licht- und Lärmscheu und fokale neurologische Zeichen sowie eine Bewusstseinsstörung. Bei Abwehrgeschwächten, bei sehr Alten und Säuglingen, Kleinkindern können Meningismuszeichen fehlen oder nur schwach ausgeprägt sein.
Jörg R. Weber, Uta Meyding-Lamadé, Eva Maria Craemer
Kapitel 7. Enzephalitis
Zusammenfassung
Virale Infektionen des Nervensystems sind häufig ein neurologischer Notfall und differenzialdiagnostisch anspruchsvoll und können durch eine Vielzahl von Erregern ausgelöst werden. Die rasche Diagnose und anschließende Therapie sind entscheidend für die Prognose des Patienten. Bakterielle Entzündungen des Nervensystems sind oft akut und lebensbedrohlich und erfordern unmittelbare Diagnose und Behandlung. Pilzinfektionen des zentralen Nervensystem (ZNS-Mykosen) finden sich oft bei Menschen mit angeborener oder erworbener Immunschwäche (z. B. HIV-Infektion, Diabetes mellitus oder Niereninsuffizienz) oder unter Behandlung mit immunsuppressiven Therapeutika (z. B. Chemotherapie oder nach Organtransplantation). Prionerkrankungen kommen beim Menschen als sporadische, erworbene und genetische Formen vor. Parasitäre Infektionserkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) sind mannigfaltig und sowohl vom Erregerspektrum als auch von den unterschiedlichen Symptomen hochkomplex. Parasitäre Erkrankungen können sowohl als Meningitis, als Meningoenzephalitis, als reine Enzephalitis oder als Myelitis auftreten. In diesem Kapitel werden übersichtlich die wichtigsten bakteriellen, viralen, parasitären, Prion- und Pilzinfektionen beschrieben.
Uta Meyding-Lamadé, Eva Maria Craemer, Martin Stangel, Thorsten Lenhard, Burc Bassa, Christian Jacobi, Thomas Weber, Gabriele Arendt, Philipp Schwenkenbecher, Thomas Skripuletz, Inga Zerr, Stefan Schmiedel
Kapitel 8. Hirnabszesse
Zusammenfassung
Hirnabszesse sind fokale eitrige Infektionen im Hirnparenchym, die solitär (ca. 70 %) oder multipel (ca. 30 %) auftreten und meist bakterieller Genese sind. Hirnabszesse müssen rasch durch cMRT und wenn möglich durch den Erregernachweis aus dem Aspriart diagnostisch und ätiologisch geklärt werden. be jedem Hirnabzess muss nach einem infektiösen Fokus gesucht werden. Die Grundlage der Behandlung ist die operative Abszessentpfernung bei größeren Abzessen sowe eine antibiotische Kombintionstherapie.
Jörg R. Weber
Chapter 9. Myelitis
Zusammenfassung
Erreger können entweder direkt oder indirekt über das Auslösen einer Autoimmunreaktion das Rückenmark schädigen. Der Begriff Myelopathie beschreibt eine Schädigung des Rückenmarkes, während die Myelitis eine Entzündung des Rückenmarks im engeren Sinn darstellt. Dabei werden unterschiedliche Begriffe entsprechend der Lokalisation der Schädigung im Rückenmark verwendet, die auch mit unterschiedlichen klinischen Präsentationen einhergehen: Eine transverse Myelitis ist in der Regel auf ein oder wenige spinale Segmente beschränkt, während eine longitudinale extensive transverse Myelitis (LETM) sich über drei oder mehr Segmente ausdehnt. Auch spinale Kompressionen können z. B. durch Abszesse auftreten. Der schwerpunktmäßige Befall der Vorderhornzellen wird als akute schlaffe Paralyse (acute flaccid paralysis, AFP) bezeichnet. Sind die spinalen Wurzeln mit betroffen, wird von einer Myeloradikulitis gesprochen. Sind die spinalen Wurzeln mit betroffen, wird von einer Myeloradikulitis gesprochen.
Martin Stangel, Corinna Trebst, Uta Meyding-Lamadé, Eva Maria Craemer
Kapitel 10. Kraniale Neuritiden und Polyneuritiden
Zusammenfassung
Das periphere Nervensystem kann auf ganz unterschiedliche Art und Weise durch Infektionen geschädigt werden. Eine direkte Invasion der peripheren Nerven kann auftreten. Einige Erreger bilden Toxine, die die nervale Funktion und die neuromuskuläre Übertragung blockieren. Hierzu gehört auch Clostridium tetani, welches das Toxin Tetanospasmin bildet. Auch wenn dieses primär zentrale inhibitorische Interneurone beeinträchtigt, und somit eine zentrale klinische Symptomatik hervorruft, wird es in diesem Kapitel behandelt, da es zu den Toxin bildenden Erregern gehört.
Martin Stangel, Helmar C. Lehmann, Kurt-Wolfram Sühs, Annette Spreer, Burc Bassa
Kapitel 11. Myositis
Zusammenfassung
Unter Myositiden versteht man eine heterogene Krankheitsgruppe entzündlicher Muskelerkrankungen mit subakutem bis chronischem Auftreten einer Muskelschwäche bei entzündlichen Veränderungen im Muskel.
Die Klassifikation erfolgt nach klinischen, laborchemischen, neuroradiologischen, immunpathologischen und histologischen Kriterien. Anhand dieser Kriterien werden Myositiden in Autoimmunmyopathien/idiopathische Myositiden, erregerbedingte Myositiden und in eosinophile Myositis, granulomatöse Myositis eingeteilt, wobei die eosinophile und granulomatöse Myositis Sonderformen der Myositis darstellen. Bakterien sind global betrachtet die häufigste Ursache von Myositiden. Abszedierungen der Muskulatur können bei schweren Septikopyämien vorkommen. Im Rahmen von Legionellen-, Tuberkulose, Whipple-, Lepra-, Leptospirose-, Lyme- und Lues-Infektionen treten selten Myositiden auf. Bei viralen Infektionen sind häufig auch die Muskeln mit flüchtigen Myalgien beteiligt, allerdings erfordern diese, wenn überhaupt, eine symptomatische Therapie. Normalerweise folgen akute virale Myositiden mit Beteiligung des Muskelparenchyms im Anschluss an eine fieberhafte virale Infektion. Adeno-, Arbo-,Coxsackie-Viren, CMV, EBV, ECHO-, HIV, HSV, HTLV-1, Parainfluenza- und Resporatory-Synctial-Viren gehören zu den häufigsten Vertretern, die eine virale Myositis auslösen können. Eine Vielzahl Parasiten können in die Muskulatur eindringen, die häufigsten parasitär verursachenden Myositiden sind Trichinella spp., Taenia solium und Toxoplasma gondii. Weitere Parasiten wie Trypanosoma cruzi (Chagas-Krankheit), Sarcocystis spp., Microsporadia spp., Toxocaracanis, Schistosoma spp., Echinococcus spp., Entamoeba histologica, Spirometra mansonoides, Plasmodium falciparum (Malaria), und Onchocera volvulus können Myositiden oder auch Myalgien verursachen.
Uta Meyding-Lamadé, Eva Maria Craemer
Kapitel 12. Sepsis, septische Enzephalopathie und septische Herdenzephalitis
Zusammenfassung
Die septische Enzephalopathie ist bei Neugeborenen, Säuglingen, Kleinkindern und alten Menschen häufig, während septische Herdenzephalitiden seltene Erkrankungen sind. Die Klinik der septischen Enzephalopathie besteht aus einer Bewusstseinstrübung über den akuten Verwirrtheitszustand bis hin zum Koma. Ausgeprägte neurologische Herdsymptome sprechen für eine septische Herdenzephalitis. Für die sichere Stellung der Diagnose sind eine zerebrale Bildgebung (Kernspintomogramm sensitiver als Computertomogramm), ein Elektroenzephalogramm und eine Liquorentnahme nötig. Für den Erregernachweis sind Blutkulturen und/oder Kulturen von Material aus dem septischen Streuherd erforderlich. Die Standardtherapie besteht in der adäquaten Antibiose und Stabilisierung der Vitalfunktionen, insbesondere des Kreislaufs durch ausreichende Flüssigkeitssubstitution beim septischen Schock. Überlebende erreichen in einem hohen Prozentsatz nicht ihr prämorbides Leistungsniveau.
Roland Nau, Marija Djukic

Spezielle klinische Situationen

Frontmatter
Kapitel 13. Intensivmedizinische Aspekte
Zusammenfassung
Die zentrale Aufgabe der neurologischen Intensivmedizin bei entzündlichen Erkrankungen des Nervensystems ist das frühzeitige und rasche Erkennen und Vermeiden zerebraler sowie systemischer Komplikationen. Aktuelle Daten aus Deutschland zeigen, dass 2–3 % der stationären Patienten neuroinfektiologische Erkrankungen haben und 35 % dieser Patienten auf einer neurologischen Intensivstation behandelt wurden. Neuroinfektiologische Erkrankungen wurden im Vergleich zu anderen Patienten öfter mit intensivmedizinischer Betreuung behandelt. Neuroinfektiologische Erkrankungen haben in den letzten Jahren im Intensivbereich abgenommen, hingegen immunologische Erkrankungen zugenommen und sie sind wichtige neurointensivmedizinische Differenzialdiagnosen.
Elmar Höfner, Jörg R. Weber
Kapitel 14. Komplikationen
Zusammenfassung
Vaskulitis, Critical-illness-Polyneuropathie (CIP) und -Myopathie (CIM), stellen Komplikationen intensivmedizinisch behandelter Infektionen des Nervensystems dar.
Jörg R. Weber, Christian Jacobi, Elmar Höfner, Ernst Hund
Kapitel 15. Der immunsupprimierte Patient
Zusammenfassung
Die Anzahl von immunsupprimierten Patienten hat in den letzten Dekaden deutlich zugenommen. Die Ursachen hierfür sind vielgestaltig: Ein wesentlicher Faktor ist die rasante Zunahme von verschiedensten Immuntherapien bei Autoimmunerkrankungen oder auch nach Transplantationen. Aber auch Umweltfaktoren spielen eine Rolle. So sind wir z. B. Feinstaub und toxischen oder hormonartig wirkende Substanzen in unserer Nahrung ausgesetzt. Diese werden mit einer gestörten Immunregulation und verminderter Immunkompetenz in Verbindung gebracht. Grunderkrankungen, die zu einer verminderten Immunkompetenz führen, wie z. B. HIV-Infektionen oder Malignome können heutzutage zwar behandelt werden, führen aber dennoch zu einer nicht geringen Anzahl von immunkompromittierten Patienten. Schließlich spielt auch das zunehmende Lebensalter der Bevölkerung eine Rolle. Einerseits steigt dadurch auch die Prävalenz von metabolischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, die auch das Immunsystem beeinflussen. Andererseits ist das Phänomen der Immunseneszenz, also der Alterung des Immunsystems, gut dokumentiert und scheint für Infektionserkrankungen wie den Herpes Zoster mitverantwortlich zu sein. Immunkompromittierte Patienten haben ein erhöhtes Risiko für opportunistische Infektionen, die am Nervensystem meist das Gehirn betreffen.
Martin Stangel, Matthias Stoll
Kapitel 16. Der reisende Patient – Tropenmedizin
Zusammenfassung
Mit dem Klimawandel, verändertem Reise- und Migrationsverhalten sowie dem Warenimport nehmen auch in Europa tropische bzw. subtropische Erkrankungen zu. Die Population der Tropenreisenden hat in den letzten Jahren stark zugenommen, das statistische Bundesamt gibt für das Jahr 2019 ein Wachstum von 17,2 % im Vergleich zu 12 % im Jahr 2018 an privaten Fernreisen insgesamt an. Mit 4,7 % sind Asien- und Fernostreisen sowie Nordamerika mit 3,4 % die Spitzenreiter, gefolgt von Nordafrika (2,8 %), Mittelamerika/Karibik (2 %) sowie der Nahe bzw. Mittlere Osten (1 %.) Die Reiserückkehrer präsentieren sich mit einem breiten Spektrum an neurologischen Symptomen. Neben erhöhter Thromboseneigung und Thromboembolie-Gefahren nach Langstreckenflügen sind akute oder perakute Infektionen des ZNS, wie zerebrale Malaria, virale Meningoenzephalitis, Helmintheninfestationen, bakterielle Meningitiden oder Hirnabszess die häufigeren Diagnosen von Reiserückkehrern. Die Anzahl an importierten Infektionen ist stark abhängig von den Schwankungen unterliegenden epidemiologischen Situationen in den Infektionsländern sowie von Veränderungen in den Reiseströmen. Derzeit zählen tropische Urlaubsreisen (z. B. Südostasien, Brasilien, Südamerika) zu den beliebtesten Fernreisezielen der Deutschen. Tropenerkrankungen können nicht nur infektiöse sondern auch ernährungs-, umwelt- und genetisch bedingte Ursachen unter den besonderen klimatischen, kulturellen, sozialen und sozioökonomische Besonderheiten eines tropischen Landes umfassen. Endemiegebiete und Epidemien viraler und bakterieller Erreger müssen mit in Betracht gezogen werden. Im Meningitisgürtel, in 21 afrikanischen Nationen zwischen Äquator und Sahara, tritt die Meningokokkenmeningitis immer noch endemisch, mit einer Inzidenz von bis zu 800/100.000 Einwohner jährlich auf. Der Reisende kann ein wichtiger Faktor bei Pandemien sein, wie z. B. bei SARS-CoV (2002/2003), aviärer Influenza (Vogelgrippe, H5N1, 2004), Schweinegrippe (H1N1, 2009/2010) und SARS-Cov-2 (11/2019). Bei diesen Zoonosen kam es zu einer Übertragung von Tieren auf Menschen.
Uta Meyding-Lamadé, Eva Maria Craemer
Kapitel 17. Neurologische Infektionen in der Schwangerschaft
Zusammenfassung
Die Schwangerschaft ist eine immunologische herausfordernde Situation für die Mutter. Ihr Immunsystem muss in der Lage sein, sich selbst und ihr heranwachsendes Kind vor Infektionen zu schützen, den Embryo/Feten aber gleichzeitig zu tolerieren und, da er zur Hälfte mit paternalen Merkmalen ausgestattet ist, nicht abzustoßen. Hierfür sind komplexe immunologische Regulationsmechanismen verantwortlich. Bei vielen Autoimmunerkrankungen wie z. B. der multiplen Sklerose, aber auch bei der rheumatoiden Arthritis kommt es in der Schwangerschaft zu einer erheblichen Reduktion der natürlichen Krankheitsaktivität, manchmal gefolgt von einem Anstieg postpartum oder zumindest Wiederkehr auf das Niveau vor der Schwangerschaft. Gleichzeitig erhöht sich jedoch aufgrund dieser Veränderungen das Risiko für Infektionen, die bei den Müttern selbst durch die natürliche immunsuppressive Wirkung der Schwangerschaft schwer verlaufen können, aber auch – zumindest bei einigen Infektionen – Schäden beim Embryo oder Feten verursachen können. In diesem Kapitel möchten wir einen Überblick über die häufigsten viralen und bakteriellen Infekte des Nervensystems und deren Behandlung geben. Sowohl endemische Erreger als auch durch Reisen und Migration verursachte Infektionen werden in diesem Kapitel besprochen. Außerdem werden wir auf die häufigsten Infektionen von neurologisch chronisch kranken Patienten (querschnittsgelähmte Patienten, MS-Patienten) eingehen.
Kerstin Hellwig, Saskia Meves
Kapitel 18. Der geriatrische Patient
Zusammenfassung
Bedingt durch die Alterung des Immunsystems liegt die Inzidenz zahlreicher Infektionserkrankungen im Alter höher als beim jungen Erwachsenen. Dies gilt auch für die Inzidenz der Infektionen des Nervensystems insgesamt, während die altersabhängigen Inzidenzen der einzelnen Infektionen sehr unterschiedlich verlaufen. Da auch die Letalität von Infektionserkrankungen des Nervensystems im Alter höher ist als beim jungen Erwachsenen, liegt die Mortalität an Infektionen des Nervensystems im Alter erheblich höher als im jungen Erwachsenenalter. Infektionserkrankungen im Alter nehmen oft einen atypischen Verlauf. So ist z. B. der Meningismus im Alter weniger sensitiv und weniger spezifisch für eine Meningitis als bei jungen Menschen jenseits des Säuglingsalters. Atypische Verläufe können zu einer Verzögerung der Diagnosestellung und des Beginns der antibiotischen Therapie führen und damit zu einem erhöhten Risiko von langfristigen Schäden. Zum definitiven Nachweis bzw. Ausschluss einer Infektion des Nervensystems im Alter ist deshalb die Liquorentnahme nötig, deren Nebenwirkungen beim alten Menschen sehr gering sind. Zur Vorbeugung von Infektion des Nervensystems im Alter sind zwei Impfungen öffentlich empfohlen: die Impfungen gegen Pneumokokken (1x jenseits des 60. Lebensjahres) sowie gegen das Varizella-zoster-Virus (2x mit dem adjuvantierten Herpes-zoster-Totimpfstoff im Abstand von mindestens 2 bis maximal 6 Monaten jenseits des 60. Lebensjahres). Darüber hinaus sollen sich Menschen jenseits des 60. Lebensjahres jährlich gegen Grippe impfen lassen. Die letztgenannte Empfehlung dient weniger dazu, die seltenen Grippe-Enzephalitiden zu verhindern, sondern soll v. a. die Inzidenz der Grippe-Pneumonie vermindern.
Roland Nau, Marija Djukic, Helmut Eiffert

Erreger-Vignetten

Frontmatter
Kapitel 19. Erregervignette Bakterien
Zusammenfassung
Hier werden tabellarische Kurzzusammenfassungen verschiedener Bakterien mit klinischer Relevanz alphabetisch geordnet als Nachschlagewerk angeboten.
Eva Kathrin Lamadé, Jörg R. Weber, Eva Maria Craemer
Kapitel 20. Erregervignette ZNS-Parasitosen
Zusammenfassung
Hier werden tabellarische Kurzzusammenfassungen verschiedener Parasiten mit klinischer Relevanz alphabetisch geordnet als Nachschlagewerk angeboten.
Eva Maria Craemer
Kapitel 21. Erregervignetten Pilze
Zusammenfassung
Hier werden tabellarische Kurzzusammenfassungen verschiedener Pilz mit klinischer Relevanz als Nachschlagewerk angeboten.
Martin Stangel
Kapitel 22. Erregervignette Viren
Zusammenfassung
Hier werden tabellarische Kurzzusammenfassungen verschiedener Viren mit klinischer Relevanz alphabetisch geordnet als Nachschlagewerk angeboten.
Eva Maria Craemer, Eva Kathrin Lamadé, Arpi Davtyan, Uta Meyding-Lamadé

Impfungen und Prävention

Frontmatter
Kapitel 23. Impfungen
Zusammenfassung
Die Prävention in Form von Impfungen ist die beste Möglichkeit, vor einer Infektion zu schützen. Es werden zunächst die aktive und passive Immunisierung beschrieben. Anschließend werden verschiedene Impfstoffe vorgestellt. Daraufhin werden die aktuellen Impfempfehlungen relevanter Erkrankungen in Deutschland (Stand Januar 2020) dargestellt.
Christian Jacobi
Backmatter
Metadaten
Titel
Neuroinfektiologie
herausgegeben von
Prof. Dr. Uta Meyding-Lamadé
Prof. Dr. med. Martin Stangel
Univ.-Prof. Jörg Weber
Copyright-Jahr
2021
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-61669-7
Print ISBN
978-3-662-61668-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-61669-7

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