Ist die 24-Stunden-Blutdruckmessung prognostisch aussagekräftiger als der Praxisblutdruck? Eine 2018 im „New England Journal of Medicine“ publizierte Studie hat diese Frage klar mit einem „Ja“ beantwortet. Nun kommen Zweifel an der Korrektheit der Daten auf.
Wissenschaftler um Dr. Jose R. Banegas haben in einem Brief an den Editor ihre im „New England Journal of Medicine“ (NEJM) erschienene Studie zurückgezogen: weil sie Ungenauigkeiten in der Datenbasis und Datenanalyse der Studie identifiziert hätten, begründen die Forscher von der Universidad Autonoma de Madrid ihre Entscheidung.
Ambulante Blutdruckmessung scheinbar aussagekräftiger als Praxisblutdruck…
Die Studie, auf die sich Banegas und Kollegen beziehen, ist 2018 im NEJM erschienen. Kardiologie.org hat darüber berichtet. Die Hauptaussage der spanischen Registerstudie war: In der 24-Stunden-Blutdruckmessung ermittelte Blutdruckwerte korrelieren deutlich stärker mit der Gesamt- und kardiovaskulären Mortalität eines Patienten als dessen Praxisblutdruckwerte.
„Als Take-Home-Message lässt sich sagen, dass die ambulante Blutdruckmessung ein wertvolles Instrument zur Diagnose des wichtigsten behandelbaren Risikofaktors für vorzeitigen Tod und Behinderung darstellt, nämlich des Bluthochdrucks“, stellte Prof. Raymond Townsend, University of Pennsylvania, damals die Bedeutung der Ergebnisse in einem ebenfalls im NEJM erschienenen Editorial heraus.
…aber Methodik der Studie stieß auf Kritik
Doch schon kurz nach der Studienpublikation gingen in der Fachzeitschrift Kommentare von anderen Wissenschaftlern ein, die sich teils über die Ergebnisse verwundert äußerten. So kritisierten Wissenschaftler der Universität in Leuven die methodische Herangehensweise der Studie: Banegas et al. hätten die Daten von behandelten und unbehandelten Personen in einem Modell gepoolt und dabei auf die Anzahl der eingenommenen Antihypertensiva adjustiert. Dadurch sei das per se höhere Risiko von behandelten Personen, die aufgrund der antihypertensiven Medikation denselben Blutdruck aufweisen wie normotensive Personen, maskiert worden, bemängeln sie. Ihrer Ansicht nach könnten diese methodischen Mängel die teils überraschenden Ergebnisse der Studie erklären, etwa dass das kardiovaskuläre Risiko von normotensiven unbehandelten Personen genauso hoch ausgefallen war wie für Patienten mit einem medikamentös kontrollierten Hypertonus.
Welche Aspekte konkret Banegas und Kollegen zu dem Rückruf ihrer Studie bewegt haben, lässt sich aus dem Brief allerdings nicht herauslesen.