Bei vermeintlich asymptomatischen Aortenklappenstenosen (AS) sollte man eine ausführliche Synkopen-Anamnese durchführen. Diese Patienten haben eine deutlich schlechtere Prognose nach chirurgischen Aortenklappenersatz (AKE) als Patienten mit anderen Kardinalsymptomen der AS.
Wissenschaftler um PD. Dr. Georg Goliasch und Prof. Julia Mascherbauer von der Medizinischen Universität Wien haben 625 Patienten mit isolierter AS, bei denen ein elektiver chirurgischer Aortenklappenersatz anstand, in einer prospektiven Kohortenstudie begleitet. Ziel war es, zu untersuchen, welche prognostische Bedeutung präoperative Synkopen haben.
Synkopen sind neben Angina pectoris und Luftnot bzw. anderen auf Herzinsuffizienz zurückgehenden Beschwerden eines der Kardinalsymptome der AS. In echokardiografischen Untersuchungen konnten die Österreicher zeigen, dass Patienten mit einer Synkopen-Anamnese im Mittel kleinere linke Ventrikel und linke Vorhöfe aufwiesen. Sie wiesen auch ein kleineres Schlagvolumen und mit 0,55 cm² vs. 0,60 cm² (p=0,048) eine kleinere Klappenöffnungsfläche (Aortic Valve Area, AVA) auf. Klinisch hatten sie über die Synkopen hinaus eher weniger Beschwerden, insbesondere weniger lastabhängige Angina.
Höheres Sterberisiko
Die Follow-up-Daten der 625 Patienten zeigen, dass die Synkopen-Anamnese sowohl mit einem schlechteren Kurzzeit-Outcome als auch mit einem schlechteren Langzeit-Outcome assoziiert ist. Keinen Zusammenhang fanden die Wissenschaftler dagegen für andere Symptome, namentlich präoperative Dyspnoe und Angina pectoris. Auch eine reduzierte LV-Funktion hatte hinsichtlich der Mortalität keine prognostische Bedeutung.
Konkret war die 1-Jahres-Sterblichkeit der AS-Patienten mit Synkope nach AKE in etwa doppelt so hoch wie jene der Patienten ohne Synkope (HR 2,27, p=0,04). Gleiches galt für die 10-Jahres-Sterblichkeit (HR 2,11, p<0,001). Patienten mit und ohne Synkope unterschieden sich hinsichtlich Alter, Bluthochdruck, Diabetes, EuroSCORE, KHK und LV-Funktion nicht signifikant voneinander. Trotzdem wurde in einem mehrstufigen Verfahren unter anderem für EuroSCORE, Diabetes, Bypass-Operationen und mittlerer Druckgradienten adjustiert. Die genannten relativen Risiken sind die Risiken nach Adjustierung.
Patienten rechtzeitig behandeln
Bei den Todesursachen gab es zwischen Patienten mit und ohne Synkopen keine signifikanten Unterschiede. Mit anderen Worten: Die Patienten starben an denselben Ereignissen, nur starben Patienten mit Synkopen-Anamnese häufiger. Über die Ursachen ihrer Beobachtung können die Wissenschaftler nur spekulieren, zumal der genaue Pathomechanismus der Synkopen bei AS nicht geklärt ist.
Vermutet wird, dass eine lastabhängige, plötzliche Verringerung des peripheren Gesamtwiderstands dem Ereignis zugrunde liegt, die wegen der Klappenstenose nicht kompensiert werden kann. Dazu würde passen, dass die Patienten mit Synkope eine kleinere AVA aufwiesen. Dies in Verbindung mit kleineren Ventrikeln und Vorhöfen könnte möglicherweise die Synkopenneigung erklären, so die Autoren.
Klinisch empfehlen die Experten insbesondere niedergelassenen Ärzten, scheinbar asymptomatische Patienten mit Aortenstenose hinsichtlich des Auftretens von Synkopen genau zu evaluieren. Auch „verwandte“ Symptome wie Müdigkeit, Benommenheit und eine Verringerung der körperlichen Aktivität sollten genau registriert werden, um Patienten auch dann rechtzeitig behandeln zu können, wenn sie sich nicht „klassisch“ mit AP und Luftnot präsentieren.