Skip to main content
Erschienen in: Zeitschrift für Herz-,Thorax- und Gefäßchirurgie 4/2022

01.08.2022 | Herzchirurgie | Kommentar

„Ross-Operation pro“

verfasst von: Prof. Dr. med. Rainer G. Leyh

Erschienen in: Zeitschrift für Herz-,Thorax- und Gefäßchirurgie | Ausgabe 4/2022

Einloggen, um Zugang zu erhalten

Auszug

Donald Ross beschrieb vor 55 Jahren erstmals die Ross-Operation [1]; seit dieser Zeit haben die kontroversen Diskussionen über den Stellenwert dieser Operationstechnik in der Behandlung von Aortenklappenpathologien nicht aufgehört. Selbst Langzeitdaten der Ross-Operation haben nicht dazu geführt, dass diese Diskussionen ein Ende finden. Die im letzten Jahr veröffentlichten Daten des Ross-Registers zeigten eine Einjahresüberlebenswahrscheinlichkeit von 95,4 %, eine 10-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von 79,4 % sowie eine 20-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von 75,8 %. Entscheidend bei diesen Daten ist jedoch, dass es keinen Unterschied in der Lebenserwartung in einer alters- und geschlechtsabgeglichenen Normalbevölkerungsgruppe gibt. Die Freiheit von Ross-spezifischen Reoperationen ist mit 95,4 % nach 5 Jahren, 84,7 % nach 15 Jahren und 77,6 % nach 20 Jahren extrem gering [2]. In der Logik bedeutet dies, dass die Ross-Operation eine der wenigen kurativen Verfahren in der Herzchirurgie darstellt. Die Alternativen zur Ross-Operation, der biologische bzw. der mechanische Herzklappenersatz, sind im Vergleich zur Ross-Operation mit einer erhöhten Sterblichkeit und erhöhten Komplikationsraten im Langzeitverlauf verbunden [36]. Trotz dieser Tatsache wird die Ross-Operation von einem Großteil der kardiochirurgischen und kardiologischen Gemeinschaft weiterhin kritisch gesehen; in den neuesten Leitlinien des „American College of Cardiology“ und der „American Heart Association“ erhielt die Ross-Operation zur Behandlung einer Aortenklappenpathologie im jungen Erwachsenenalter nur einen Empfehlungsgrad IIb. Das drückt aus, dass eine Therapie möglicherweise wirksam ist. In den europäischen Leitlinien wird die Ross-Operation erst gar nicht erwähnt [7, 8]. Leider gibt es keine prospektive randomisierte Multizenterstudie, die die Überlegenheit der Ross-Operation gegenüber einem biologischen bzw. mechanischen Herzklappenersatz beweist, doch die Evidenz von publizierten Registerdaten und einzelnen Patientenkohorten ist überwältigend und ist ausreichend, die Ross-Operation zumindest für erwachsene Patienten bis 60 Jahre zu empfehlen. Es gibt nur einen Punkt, der gegen die Ross-Operation spricht: die mangelnde Ausbildung der/des Chirurgin/en. Die Ross-Operation ist eine komplexe Operation, sie benötigt eine spezielle Attitüde, ein dreidimensionales Vorstellungsvermögen, eine gewisse chirurgische Begabung und eine chirurgische Bescheidenheit; Punkte, die im Ausbildungscurriculum „Herzchirurgie“ nicht nachgefragt sind. Der einzige Weg, die Ross-Operation in der Breite und damit als Standardverfahren definieren zu können, ist eine strukturierte Ausbildung von jungen Kolleginnen und Kollegen durch erfahrene „Ross-Chirurgen“. …
Literatur
1.
Zurück zum Zitat Ross DN (1967) Replacement of aortic and mitral valves with a pulmonary autograft. Lancet 2:956–958CrossRef Ross DN (1967) Replacement of aortic and mitral valves with a pulmonary autograft. Lancet 2:956–958CrossRef
2.
Zurück zum Zitat Aboud A, Charitos EI, Fujita B et al (2021) Long-term outcomes of patients undergoing the Ross procedure. J Am Coll Cardiol 77:1412–1422CrossRef Aboud A, Charitos EI, Fujita B et al (2021) Long-term outcomes of patients undergoing the Ross procedure. J Am Coll Cardiol 77:1412–1422CrossRef
3.
Zurück zum Zitat Bourhout I, Stevens LM, Mazine A et al (2014) Long-term outcomes after elective isolated mechanical aortic valve replacement in young adults. J Thorac Cardiovasc Surg 148:1341–1346CrossRef Bourhout I, Stevens LM, Mazine A et al (2014) Long-term outcomes after elective isolated mechanical aortic valve replacement in young adults. J Thorac Cardiovasc Surg 148:1341–1346CrossRef
4.
Zurück zum Zitat Kvidal P, Bergström R, Hörte LG, Stähle E (2000) Observed and relative survival after aortic valve replacement. J Am Coll Cardiol 35:747–756CrossRef Kvidal P, Bergström R, Hörte LG, Stähle E (2000) Observed and relative survival after aortic valve replacement. J Am Coll Cardiol 35:747–756CrossRef
5.
Zurück zum Zitat Mazine A, David TE, Stoklosa K, Chung J, Lafreniere-Roula M, Ouzounian M (2022) Improved outcomes of the Ross procedure compared with bio-prosthetic aortic valve replacement. J Am Coll Cardiol 79:993–1005CrossRef Mazine A, David TE, Stoklosa K, Chung J, Lafreniere-Roula M, Ouzounian M (2022) Improved outcomes of the Ross procedure compared with bio-prosthetic aortic valve replacement. J Am Coll Cardiol 79:993–1005CrossRef
6.
Zurück zum Zitat Mazine A, Rocha RV, El-Hamamsy I et al (2018) Ross procedure vs mechanical aortic valve replacement in adults: a systematic review and meta-analysis. JAMA Cardiol 3:978–987CrossRef Mazine A, Rocha RV, El-Hamamsy I et al (2018) Ross procedure vs mechanical aortic valve replacement in adults: a systematic review and meta-analysis. JAMA Cardiol 3:978–987CrossRef
7.
Zurück zum Zitat Otto CM, Nishimura RA, Bonow RO et al (2021) 2020 ACC/AHA guideline for the management of patients with valvular heart disease: a report of the American College of Cardiology / American Heart Association joint committee on clinical practice guidelines. Circulation 143:e72–e227PubMed Otto CM, Nishimura RA, Bonow RO et al (2021) 2020 ACC/AHA guideline for the management of patients with valvular heart disease: a report of the American College of Cardiology / American Heart Association joint committee on clinical practice guidelines. Circulation 143:e72–e227PubMed
8.
Zurück zum Zitat Vahanian A, Beyersdorf F, Praz F et al (2022) 2021 ESC/EACTS guidelines for the management of valvular heart disease. Eur Heart J 43:561–632CrossRef Vahanian A, Beyersdorf F, Praz F et al (2022) 2021 ESC/EACTS guidelines for the management of valvular heart disease. Eur Heart J 43:561–632CrossRef
Metadaten
Titel
„Ross-Operation pro“
verfasst von
Prof. Dr. med. Rainer G. Leyh
Publikationsdatum
01.08.2022
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Zeitschrift für Herz-,Thorax- und Gefäßchirurgie / Ausgabe 4/2022
Print ISSN: 0930-9225
Elektronische ISSN: 1435-1277
DOI
https://doi.org/10.1007/s00398-022-00520-y

Weitere Artikel der Ausgabe 4/2022

Zeitschrift für Herz-,Thorax- und Gefäßchirurgie 4/2022 Zur Ausgabe

Vorsicht, erhöhte Blutungsgefahr nach PCI!

10.05.2024 Koronare Herzerkrankung Nachrichten

Nach PCI besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko, wenn die Behandelten eine verminderte linksventrikuläre Ejektionsfraktion aufweisen. Das Risiko ist umso höher, je stärker die Pumpfunktion eingeschränkt ist.

Darf man die Behandlung eines Neonazis ablehnen?

08.05.2024 Gesellschaft Nachrichten

In einer Leseranfrage in der Zeitschrift Journal of the American Academy of Dermatology möchte ein anonymer Dermatologe bzw. eine anonyme Dermatologin wissen, ob er oder sie einen Patienten behandeln muss, der eine rassistische Tätowierung trägt.

Deutlich weniger Infektionen: Wundprotektoren schützen!

08.05.2024 Postoperative Wundinfektion Nachrichten

Der Einsatz von Wundprotektoren bei offenen Eingriffen am unteren Gastrointestinaltrakt schützt vor Infektionen im Op.-Gebiet – und dient darüber hinaus der besseren Sicht. Das bestätigt mit großer Robustheit eine randomisierte Studie im Fachblatt JAMA Surgery.

Chirurginnen und Chirurgen sind stark suizidgefährdet

07.05.2024 Suizid Nachrichten

Der belastende Arbeitsalltag wirkt sich negativ auf die psychische Gesundheit der Angehörigen ärztlicher Berufsgruppen aus. Chirurginnen und Chirurgen bilden da keine Ausnahme, im Gegenteil.

Update Chirurgie

Bestellen Sie unseren Fach-Newsletter und bleiben Sie gut informiert.

S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Karpaltunnelsyndroms“

Karpaltunnelsyndrom BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Das Karpaltunnelsyndrom ist die häufigste Kompressionsneuropathie peripherer Nerven. Obwohl die Anamnese mit dem nächtlichen Einschlafen der Hand (Brachialgia parästhetica nocturna) sehr typisch ist, ist eine klinisch-neurologische Untersuchung und Elektroneurografie in manchen Fällen auch eine Neurosonografie erforderlich. Im Anfangsstadium sind konservative Maßnahmen (Handgelenksschiene, Ergotherapie) empfehlenswert. Bei nicht Ansprechen der konservativen Therapie oder Auftreten von neurologischen Ausfällen ist eine Dekompression des N. medianus am Karpaltunnel indiziert.

Prof. Dr. med. Gregor Antoniadis
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.

S2e-Leitlinie „Distale Radiusfraktur“

Radiusfraktur BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Das Webinar beschäftigt sich mit Fragen und Antworten zu Diagnostik und Klassifikation sowie Möglichkeiten des Ausschlusses von Zusatzverletzungen. Die Referenten erläutern, welche Frakturen konservativ behandelt werden können und wie. Das Webinar beantwortet die Frage nach aktuellen operativen Therapiekonzepten: Welcher Zugang, welches Osteosynthesematerial? Auf was muss bei der Nachbehandlung der distalen Radiusfraktur geachtet werden?

PD Dr. med. Oliver Pieske
Dr. med. Benjamin Meyknecht
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.

S1-Leitlinie „Empfehlungen zur Therapie der akuten Appendizitis bei Erwachsenen“

Appendizitis BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Inhalte des Webinars zur S1-Leitlinie „Empfehlungen zur Therapie der akuten Appendizitis bei Erwachsenen“ sind die Darstellung des Projektes und des Erstellungswegs zur S1-Leitlinie, die Erläuterung der klinischen Relevanz der Klassifikation EAES 2015, die wissenschaftliche Begründung der wichtigsten Empfehlungen und die Darstellung stadiengerechter Therapieoptionen.

Dr. med. Mihailo Andric
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.