Statine
Durch Hemmung der Cholesterinbiosynthese bewirken Statine, die sich in ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit (Tab.
2) unterscheiden, eine kompensatorisch erhöhte Expression von LDL-Rezeptoren und eine verbesserte Clearance von LDL‑C. Da die Mehrzahl der Patienten mit T2DM in die Kategorie mit hohem oder sehr hohem Risiko fällt und hier grundsätzlich eine 50 %ige Reduktion des LDL‑C empfohlen wird, sollte für eine Statinmonotherapie ein hochpotentes Statin (Atorvastatin ≥ 40 mg oder Rosuvastatin ≥ 20 mg) gewählt werden.
Tab. 2
Statinintensitäten
LDL‑Ca-Senkung | ≥ 50 % | 30–49 % | < 30 % |
Atorvastatin (40 mg) 80 mg Rosuvastatin 20 mg (40 mg) | Atorvastatin 10 mg (20 mg) Rosuvastatin (5 mg) 10 mg Simvastatin 20–40 mg | Simvastatin 10 mg |
– | Pravastatin 40 mg (80 mg) Lovastatin 40 mg (80 mg) Fluvastatin XL 80 mg Fluvastatin 40 mg 2‑mal täglich Pitavastatin 1–4 mg | Pravastatin 10–20 mg Lovastatin 20 mg Fluvastatin 20–40 mg |
Obwohl Statine im Allgemeinen gut verträglich und sicher sind, können sie bei einigen Personen muskelbezogene Beschwerden verursachen. Eine Metaanalyse von 19 randomisierten, placebokontrollierten Studien ergab einen leichten Anstieg des Risikos für Muskelschmerzen und -schwäche um 7 % im ersten Behandlungsjahr mit Statinen [
8]. Es wird jedoch angenommen, dass nur 1 von 15 Berichten über Muskelbeschwerden tatsächlich auf Statine zurückzuführen ist. Statinunverträglichkeit führt häufig dazu, dass entweder die Dosierung reduziert oder das Medikament abgesetzt wird, was zu einer unzureichenden Senkung der LDL- und RC-Werte führen kann. In solchen Fällen sollte eine alternative Kombinationstherapie in Erwägung gezogen werden.
Ezetimib
Sollten die LDL-C- und/oder Nicht-HDL-C-Zielwerte durch eine Statinmonotherapie nicht oder bei hohen Ausgangswerten nicht absehbar erreicht werden (Tab.
3), ist die Kombination mit Ezetimib empfohlen. Ezetimib, ein Hemmstoff der intestinalen Cholesterinabsorption, bindet an den NPC1L1-Cholesterin-Komplex (NPC1L1: „Niemann-Pick C1 like 1“) und verhindert dessen Endozytose durch den Enterozyten. Dadurch werden die intestinale Cholesterinaufnahme und folglich der zirkulierende LDL-C-Spiegel um 18–20 % gesenkt [
9].
Tab. 3
Durchschnittliche placebokontrollierte prozentuale Veränderung der Lipidparameter durch zusätzliche lipidsenkende Medikamente
Ezetimib | −21–−27 | −13 | −8 |
Bempedoinsäure | −18–−21 | −13–−18 | −0,4–−4,9 |
Alirocumab | −61 | −54 | −15 |
Evolocumab | −59 | −51 | −16 |
Inclisiran | −52 | −45 | −10 |
Fibrate | ≥ −20 | −14 | −50 |
Icosapentethyl | 7 | −13 | −20 |
EPA + DHA | 0,1 | −5 | −18 |
In der Studie IMPROVE-IT (Improved Reduction of Outcomes: Vytorin Efficacy International Trial) reduzierte die Kombination aus Simvastatin und Ezetimib kardiovaskuläre Ereignisse um 6 %, im Vergleich zur Simvastatinmonotherapie und proportional zur erzielten LDL-C-Senkung um 0,43 mmol/l [
10]. Damit stimmen diese Ergebnisse mit den CTT-Schätzungen (CTT: Cholesterol Treatment Trialists) für die relative Risikoreduktion pro mmol/l LDL-C-Senkung überein.
Bempedoinsäure
Bempedoinsäure ist eine täglich einzunehmende Pro-Drug, die spezifisch in der Leber in ihre aktive Form umgewandelt wird und dort die Adenosintriphosphatzitratlyase (ACL), ein Enzym der Cholesterinbiosynthese, hemmt. Zusätzlich zur Statintherapie kann so der LDL-C-Spiegel um 18,1 % bzw. um 24,5 % ohne Statinhintergrundtherapie gesenkt werden [
11,
12].
Bempedoinsäure erhöht außerdem die AMPK-Aktivität (AMPK: adenosinmonophosphataktivierte Proteinkinase), was die Glukoneogenese, die Fettsäure- und Cholesterinsynthese hemmt [
13]. Eine verminderte AMPK-Aktivität steht zudem im Zusammenhang mit Insulinresistenz. Laut in-vivo-Studien jedoch ist der primäre Weg, der zur Reduktion von LDL‑C und Atherosklerose beiträgt, die Hemmung der ACL [
14]. Dennoch könnten weitere Untersuchungen zur potenziell schützenden Wirkung von Bempedoinsäure und ihrer Fähigkeit, AMPK bei Personen mit T2DM und Prädiabetes zu aktivieren, sinnvoll sein.
In der CLEAR-Outcomes-Studie wurde durch die Behandlung mit Bempedoinsäure im Vergleich zu Placebo eine 13 %ige Reduktion des primären Endpunkts, bestehend aus kardiovaskulärem Tod, nichttödlichem Herzinfarkt, nichttödlichem Schlaganfall oder koronarer Revaskularisation, erzielt [
15]. Es wurden keine Anzeichen für eine Verschlechterung oder ein erhöhtes Risiko für T2DM festgestellt. Tatsächlich waren die Raten des Fortschreitens von Prädiabetes zu T2DM in der mit Bempedoinsäure behandelten Gruppe mit 4,5 % im Vergleich zu den Patienten, die Placebo erhalten hatten, mit 5,9 % numerisch geringer [
15].
Bislang hat sich Bempedoinsäure als sicher und gut verträglich erwiesen [
11,
15]. Ein leichter Anstieg der Harnsäure und ein häufigeres Auftreten von Gicht (1,2 % gegenüber 0,3 %) wurden in der mit Bempedoinsäure behandelten Gruppe im Vergleich zur Placebogruppe festgestellt.
Auf Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) ausgerichtete Therapien
Monoklonale Antikörper gegen Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 – Alirocumab und Evolocumab
Monoklonale Antikörper gegen PCSK9, wie Alirocumab und Evolocumab, binden an das zirkulierende PCSK9 und verhindern seine Interaktion mit LDL-Rezeptoren und -Partikeln. Dadurch wird der PCSK9-induzierte Abbau der LDL-Rezeptoren gehemmt, und deren Anzahl auf der Zelloberfläche erhöht sich. In Studien wurde nachgewiesen, dass diese gegen PCSK9 gerichteten Antikörper den LDL-C-Spiegel signifikant senken können. Die Behandlung erfolgt durch subkutane Injektion alle 2–4 Wochen. Alirocumab senkt den LDL-C-Spiegel um etwa 59,6–69,1 %, während mit Evolocumab eine Senkung von 63–75 % erreicht wird.
Gegen PCSK9 gerichteten Antikörper können den LDL-C-Spiegel signifikant senken
Studien wie ODYSSEY OUTCOMES und FOURIER (28,8 % bzw. 40 % Teilnehmer mit Diabetes mellitus) ergaben, dass die Reduktion des LDL-C-Spiegels mit diesen Antikörpern kardiovaskuläre Ereignisse reduzieren kann [
16,
17].In beiden Studien waren die erreichten prozentualen LDL-C- und Nicht-HDL-C-Senkungen und die relative Risikoreduktion bei Patienten mit und ohne Diabetes ähnlich. Allerdings war die absolute Risikoreduktion für kardiovaskuläre Ereignisse mit Alirocumab bei Patienten mit vs. ohne Diabetes etwa 2‑mal höher. Auf der Grundlage der Ergebnisse der FOURIER-Studie müssten demnach 37 Patienten mit Diabetes 3 Jahre lang mit Evolocumab behandelt werden, gegenüber 62 Patienten ohne Diabetes, um ein schwerwiegendes kardiovaskuläres Ereignis zu verhindern.
Beide verfügbaren monoklonalen Antikörper erwiesen sich als sicher und gut verträglich, Alirocumab auch bei simultaner Insulinbehandlung [
18]. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren Hautausschläge an der Injektionsstelle, und es war kein Anstieg des Auftretens von Diabetes festzustellen [
19,
20].
„Small-interfering“ Ribonukleinsäure (siRNA) gegen Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 – Inclisiran
Inclisiran ist eine subkutan zu verabreichende siRNA, die gegen PCSK9 gerichtet ist. Durch RNA-Interferenz wird die Produktion von PCSK9 in der Leber langanhaltend auf Ebene der Proteintranslation gehemmt. Im Gegensatz zu monoklonalen Antikörpern reduziert Inclisiran daher sowohl intra- als auch extrazelluläre PCSK9-Spiegel und erfordert weniger häufige Verabreichungen. Durch halbjährliche Injektionen kann so eine kontinuierliche 50 %ige Reduktion des LDL‑C erzielt werden [
21].
Im Vergleich zu oral einzunehmenden Medikamenten mit täglicher Einnahme führt Inclisiran zu einer geringeren intraindividuellen LDL-C-Variabilität. Dadurch könnte es im Vergleich zu anderen Therapien mit ähnlicher prozentualer LDL-C-Senkung, aber höherer inhärenter Variabilität (wie hochdosierten Statinen) eine noch stärkere Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse erreichen [
22,
23].
Die laufende ORION-4-Studie mit etwa 15.000 Teilnehmern wird Aufschluss über den kardiovaskulären Nutzen von Inclisiran liefern. Die ersten Ergebnisse werden für 2026–2027 erwartet. Zudem wird in der VICTORION-2 PREVENT-Studie, welche voraussichtlich im Jahr 2027 abgeschlossen sein wird, der kardiovaskuläre Nutzen von Inclisiran bei Teilnehmern mit etablierter kardiovaskulärer Erkrankung untersucht.
Fibrate
Sie werden seit den 1960er-Jahren eingesetzt und waren in der Prästatinära das wichtigste Mittel zur Lipidkontrolle. In der modernen Lipidtherapie spielen sie aktuell eine untergeordnete Rolle.
Fibrate sind aktivierende Liganden für den peroxisomenproliferatoraktivierten Rezeptor‑α (PPAR-α). Sie erhöhen die Lipoproteinlipolyse, die Aufnahme und Umwandlung von Fettsäuren in Acyl-CoA (CoA: Koenzym A) und verbessern die Entfernung von LDL- sowie die Anzahl der HDL-Partikel. Zudem verringern sie den Austausch von Cholesterinestern und Triglyzeriden zwischen VLDL und HDL. Insgesamt führt dies je nach gewähltem Fibrat zu einer Senkung von TG und LDL‑C um bis zu 50 % bzw. 20 % und zu einem Anstieg des HDL‑C um < 20 % [
24]. Bei Patienten mit T2DM war der Effekt auf die TG-Senkung und den HDL-C-Anstieg mit 20 % bzw. 5 % allerdings weniger ausgeprägt [
25,
26].
Der potenzielle Nutzen von Fibraten zur kardiovaskulären Risikoreduktion muss insgesamt weiter erforscht und bestätigt werden
In 2 Studien (The Veterans Affairs High-Density Lipoprotein Cholesterin Intervention Trial und Helsinki Heart Study) wurde eine signifikante Verringerung des kardiovaskulären Risikos durch Gemfibrozil nachgewiesen, unabhängig von der Senkung der TG-Konzentration [
27]. In FIELD (Fenofibrate Intervention and Event Lowering in Diabetes) und ACCORD (Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes) wurden jedoch keine Auswirkungen auf das kardiovaskuläre Risiko bei Patienten mit Diabetes festgestellt, außer bei Teilnehmern mit hohen Triglyzerid- und niedrigen HDL-C-Werten [
25,
26]. Die jüngste Studie, PROMINENT mit Pemafibrat, wurde aufgrund mangelnder Wirksamkeit vorzeitig abgebrochen, jedoch ohne nennenswerte Sicherheitsbedenken [
28].
Der potenzielle Nutzen von Fibraten zur kardiovaskulären Risikoreduktion muss insgesamt weiter erforscht und bestätigt werden.
Omega-3-Fettsäuren
Omega-3-Fettsäuren wie Eicosapentaen- (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) werden in Dosen von 2–4 g/Tag zur Senkung der TG verwendet, haben aber nur minimale Auswirkungen auf die HDL-C- und LDL-C-Konzentration. Ihre genaue Wirkungsweise ist noch unbekannt, könnte jedoch teilweise auf die Aktivierung von PPAR und die verringerte Sekretion von ApoB zurückzuführen sein.
In REDUCE-IT (Reduction of Cardiovascular Events with EPA-Intervention Trial), an der Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes und erhöhten TG-Spiegeln teilnahmen, verringerten 4 g EPA das Risiko schwerer kardiovaskulärer Ereignisse um 25 % [
29]. Interessanterweise waren die TG-Senkungen moderat, und der Nutzen stand in keinem Verhältnis zu diesen. Es bestehen jedoch weiterhin Bedenken hinsichtlich des Ausmaßes der Wirkung, da das gewählte Placebo, ein Mineralöl, im Verdacht steht, mit Atherosklerose assoziierte entzündliche Biomarker zu erhöhen und die Aufnahme von Statinen zu verschlechtern, was möglicherweise einen Anstieg des LDL‑C in der Placebogruppe bewirkte [
30]. Insgesamt würde dies die Ergebnisse zugunsten von EPA verfälschen. Ein signifikanter Vorteil für EPA bleibt jedoch auch nach statistischer Bereinigung um diese potenziellen Probleme in der Placebogruppe bestehen. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse der EVAPORATE-Studie mittels koronarer computertomographischer Angiographie ebenfalls darauf hin, dass Icosapentethyl das Fortschreiten der Atherosklerose in den Koronararterien verlangsamt und möglicherweise eine Plaqueregression bewirkt [
31].
Die aktuellen Daten deuten auf mögliche positive Auswirkungen von gereinigtem EPA in hohen Dosen hin
In einer weiteren randomisierten, placebokontrollierten Studie, STRENGTH (Outcomes Study to Assess STatin Residual Risk Reduction with EpaNova in HiGh CV Risk PatienTs with Hypertriglyceridemia), wurde eine Mischung aus
n-3-Fettsäuren (EPA und DHA) im Vergleich zu Maisöl untersucht [
32]. Im Gegensatz zu REDUCE-IT konnte in dieser Studie kein positiver Effekt auf die Reduktion des CVD-Risikos (CVD: kardiovaskuläre Erkrankung [„cardiovascular disease“]) durch Omega-3-Fettsäuren festgestellt werden. Diese uneinheitlichen Ergebnisse lassen sich teilweise durch die Unterschiede in der Molekularstruktur und den Wirkungen von EPA und DHA erklären. Letztere könnte sich nachteilig auf kardiovaskuläre Ereignisse auswirken und die positive Wirkung von EPA in STRENGTH aufheben. Außerdem könnten die in STRENGTH erreichten EPA-Serumspiegel unzureichend sein, da in einer Metaregression eine dosisabhängige Risikoreduktion für EPA festgestellt wurde [
33]. Interessanterweise ergab eine bivariate Metaregression, die sowohl EPA als auch DHA einschloss, dass EPA, nicht aber DHA, das Risiko für einen nichttödlichen Myokardinfarkt verringerte.
Daher deuten die aktuellen Daten auf mögliche positive Auswirkungen von gereinigtem EPA in hohen Dosen hin, die über die Verringerung von Lipidparametern hinausgehen, aber nicht für Omega-3-Fettsäure-Mischungen gelten. In Deutschland wurde Icosapentethyl (Vazkepa®) aus Kostengründen vom Zulassungsinhaber Amarin im September 2022 vom Markt genommen.