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17.05.2023 | Transkathetermitralklappenersatz | Kongressbericht | Nachrichten

EuroPCR-Kongress

Perkutaner Mitralklappenersatz schneidet im Vergleich mit Medikamenten gut ab

verfasst von: Peter Overbeck

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Bei Patienten mit schwerer sekundärer Mitralklappeninsuffizienz scheint ein Transkatheter-Mitralklappenersatz klinische Vorteile im Vergleich zur medikamentösen Standardtherapie bieten zu können, legt ein Vergleich „gematchter“ Patientengruppen nahe.

Als zusätzliche Therapieoption für Patienten mit Mitralklappeninsuffizienz befindet sich der Transkatheter-Mitralklappenersatz (TMVR) derzeit in der klinischen Entwicklung. TMVR-Systeme könnten bei inoperablen Patienten oder Patienten mit hohem Operationsrisiko, die nicht für eine interventionelle Transkatheter-„Edge to Edge“-Reparatur (TEER) geeignet sind, neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnen. Die klinischen Erfahrungen bezüglich TMVR sind derzeit aber noch sehr limitiert.  

Erste Informationen darüber, welchen Nutzen ein kathetergeführter Mitralklappenersatz im Vergleich zu einer medikamentösen Standardtherapie bei schwerer sekundärer Mitralklappeninsuffizienz bieten könnte, liefert nun eine Analyse einer unternationalen Arbeitsgruppe, deren Ergebnisse Dr. Sebastian Ludwig, Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg, beim Kongress EuroPCR 2023 in Paris vorgestellt.

Für die Analyse wurden zum einen Daten von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz (NYHA III/IV) und schwerer Mitralklappeninsuffizienz (Grad 3+ oder 4+) aus dem internationalen multizentrischen CHOICE-MI-Register, die alle einer TMVR-Prozedur unterzogen worden waren, herangezogen. Sie wurden mit entsprechenden Patientinnen und Patienten aus der Kontrollgruppe der COAPT-Studie, die alle eine den Leitlinien entsprechende medikamentöse Standardtherapie erhalten hatten, verglichen. COAPT hat bekanntlich den klinischen Nutzen einer TEER mit dem MitraClip-Device im Vergleich zur konservativen medikamentösen Therapie dokumentiert.

Mitralinsuffizienz durch TMVR in den meisten Fälle komplett eliminiert

Um für Unterschiede in den Ausgangsvariablen zwischen beiden Gruppen zu adjustieren, wurde das Verfahren des Propensity Score-Matching genutzt. Damit wurden zwei weitgehend merkmalsgleiche Gruppen von jeweils 97 Patienten generiert, die entweder eine TMVR-Behandlung (mittleres Alter 72,9 Jahre, 60,8% Männer) oder nur eine leitliniengerechtere medikamentöse Therapie (73,1 Jahre, 59,8% Männer) erhalten hatten. In der TMVR-Gruppe war die Transkatheter-Mitralklappe in den meisten Fällen via transapikalem Zugang (91,8%), also über die Herzspitze, implantiert worden. Als TMVR-Klappensystem wurde dabei am häufigsten das Tendyne-Device (Abbott Vascular) genutzt.

Während bei den meisten Patienten mit TMVR die Mitralinsuffizienz in der Echokardiografie komplett eliminiert wurde (93.7% bei Klinikentlassung, 89,1% nach einem Jahr und 64,3% nach zwei Jahren), hatte die Mehrzahl der medikamentös behandelten Patienten zu diesen Zeitpunkten weiterhin eine Mitralinsuffizienz ≥2+ (93,7%, 93,1% respektive 92,2%). Die TMVR-Behandlung war zudem im Vergleich mit einem signifikant niedrigeren pulmonalarteriellen systolischen Druck nach zwei Jahren assoziiert (–16,9 vs. 2,1 mmHg, p=0,004).

Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz signifikant reduziert

Die Rate für Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz war mit 32,8% vs. 54,4% nach zwei Jahren in der TMVR-Gruppe relativ um 41% niedriger als in der rein medikamentös behandelten Gruppe (Hazard Ratio: 0,59, 95%-KI: 0,35–0,99; p=0,04). Der kathetergestützte Mitralklappenersatz ging zudem mit einem deutlich höheren Rate an Patienten einher, die sich nach einem Jahr sowie nach zwei Jahren in einem funktionellen NYHA-Stadium I oder II befanden (78,2% vs. 59,7% nach einem Jahr, p=0,03; 77,8% vs. 53,2% nach zwei Jahren, p=0,09). Die Raten für die Gesamtmortalität waren nach zwei Jahren in der TMVR- und Kontrollgruppe mit 36,8% vs. 40,8%, nicht signifikant unterschiedlich (HR: 1,01, 95% KI: 0,62-1,64; p=0,98).

In einer Phase, in der randomisierte kontrollierte Studien noch fehlten, wertet die Studiengruppe  um Ludwig ihre aktuellen Ergebnisse als „wichtige vorläufige Evidenz“ für den Nutzen der TMVR-Behandlung bei Patienten mit Herzinsuffizienz und schwerer sekundärer Mitralinsuffizienz. Als Limitierung geben sie unter anderem an, dass die Ergebnisse repräsentativ nur für Patienten seien, bei denen der kathetergeführte Mitralklappenersatz über den transapikalen Weg erfolgt.

basierend auf: Ludwig S: Outcomes of TMVR vs. medical therapy for secondary mitral regurgitation; Late-breaking clinical data: Mitral and tricuspid valves disease. EuroPCR-Kongress 2023, 16. – 19. Mai 2023, Paris

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Literatur

Sebastian Ludwig et al.: Transcatheter Mitral Valve Replacement versus Medical Therapy for Secondary Mitral Regurgitation: A Propensity Score -Matched Comparison. Circulation: Cardiovascular Interventions 2023. 10.1161/CIRCINTERVENTIONS.123.013045

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