Zusammenfassung
Die autonome Steuerung lebenswichtiger Funktionen, insbesondere von Kreislauf und Atmung, weist charakteristische Rhythmen auf: Atemrhythmus, Tagesrhythmus, Rhythmen des Schlaf- und Wachablaufs. Eine längerfristige Entwicklung der Funktionen spielt sich nach der Geburt ab. Die Geburt bedingt durch Beginn der Atmung einen plötzlichen Anstieg der arteriellen Sauerstoffspannung. Danach erfolgt ein Abbau des Bluthämoglobins und damit auch der Fähigkeit, Sauerstoff zu speichern. Die anfangs noch hohe Konzentration an fötalem Hämoglobin (HbF) bewirkt eine höhere Hypoxietoleranz. Über die Bedeutung anaerober Stoffwechselvorgänge, die bei tauchfähigen Säugetieren (z. B. Seehunden) eine größere Rolle bei langem Atemanhalten spielen, ist in diesem Zusammenhang beim Menschen weniger bekannt. Die Gefährdung von Säuglingen durch Hypoxie (Sauerstoffmangel) hängt ferner mit der nach einer kurzen Stimulation (Arousal) eher zunehmend stark hemmenden Wirkung auf das Atemzentrum zusammen. Eine Hypoxie kann demnach unter solchen Bedingungen zu einem Circulus vitiosus führen. Dabei ist anzunehmen, dass die Atmung nach der Geburt zunächst hauptsächlich über thermische, später mechanische und erst in einer dritten Phase chemische Faktoren, einschl. Blutgasen, erfolgt. Diese und weitere Umstellungen, die im 2.–4. Lebensmonat eine besondere Intensität erreichen, führen offenbar vorübergehend zu einer Instabilität aller autonomen Regelmechanismen, die zudem im Schlaf noch weiter gesteigert wird. In dieser Zeit findet man die höchste Inzidenz des plötzlichen Säuglingstods (SID). Was das Ereignis des SID betrifft, muss man berücksichtigen, dass nicht nur die Liste der Risikofaktoren, sondern auch die zeitliche Aufeinanderfolge risikobedingter Ereignisse entscheidend dafür ist, wann und wie ein extrem pathologischer Effekt, wie etwa ALTE („apparent life threatening event“, eine lebensbedrohliche Atem- und Kreislaufstörung) oder SID, der plötzliche Tod des Säuglings, auftritt.