Skip to main content
Erschienen in: Der Nervenarzt 9/2023

01.09.2023 | Einführung zum Thema

Psychische Erkrankungen in der Zeit um die Geburt: eine interdisziplinäre und sektorenübergreifende Herausforderung

verfasst von: Prof. Dr. Sarah Kittel-Schneider

Erschienen in: Der Nervenarzt | Ausgabe 9/2023

Einloggen, um Zugang zu erhalten

Auszug

Psychische Erkrankungen in der Zeit um die Geburt eines Kindes, auch Peripartalzeit genannt, sind häufig, peripartale Depressionen betreffen z. B. ca. 10–15 % der Frauen [2]. Schon lange ist bekannt, dass insbesondere unbehandelte psychische Erkrankungen in Schwangerschaft und Stillzeit negative Auswirkungen auf die Entwicklung der betroffenen Kinder haben können [3, 6]. Umso wichtiger ist eine rasche Diagnosestellung und adäquate Therapie der betroffenen Mütter. Wichtig ist dabei das Wissen um psychopharmakologische Behandlungsoptionen, auch in der Schwangerschaft und Stillzeit. Alleine eine gute medikamentöse Therapie ist aber insbesondere in dieser besonderen Lebensphase meistens nicht ausreichend. Um eine optimale Versorgung der betroffenen Familien zu erreichen und den Kindern einen möglichst guten Start ins Leben zu ermöglichen, müssen die unterschiedlichen Hilfssysteme Hand in Hand arbeiten. Dies beginnt bei vorerkrankten Frauen bereits mit einer guten Beratung und Auseinandersetzung mit dem Kinderwunsch bei dem*r behandelnden Psychiater*in. Bei initial psychisch gesunden Frauen gibt es Hinweise aus internationalen Studien, dass ein Screening auf Depressions- und Angstsymptome, psychosoziale Belastungen und ggf. sogar vorbestehende Traumaerfahrungen sinnvoll sein kann, um Folgeschäden und -kosten nicht erkannter peripartaler psychischer Erkrankungen zu reduzieren und möglicherweise sogar präventiv tätig zu werden [8]. Die Datenlage für eine generelle klinische Implementierung ist allerdings noch nicht ausreichend, zudem muss vor einem Screening auch für rasch verfügbare Behandlungsmöglichkeiten gesorgt werden. Gynäkolog*innen und Hebammen sind ebenso gefragt wie Pädiater*innen, den Verdacht auf eine peripartale psychische Belastung zu stellen. Bei bereits bekannten psychischen Erkrankungen sollten schon in der Schwangerschaft psychosoziale Unterstützungsbedarfe abgefragt werden und, wenn nötig, der Kontakt zu den Schwangeren- und Erziehungsberatungsstellen sowie Frühen Hilfen hergestellt werden. Wichtig ist auch, die psychiatrisch-psychotherapeutischen Informationen an die Geburtsklinik weiterzugeben, damit in der besonders vulnerablen postpartalen Phase eine bessere Sicherheit für Betroffene und auch Behandler*innen besteht [4]. …
Literatur
1.
Zurück zum Zitat Ansari NS, Shah J, Dennis CL, Shah PS (2021) Risk factors for postpartum depressive symptoms among fathers: A systematic review and meta-analysis. Acta Obstet Gynecol Scand 100(7):1186–1199CrossRefPubMed Ansari NS, Shah J, Dennis CL, Shah PS (2021) Risk factors for postpartum depressive symptoms among fathers: A systematic review and meta-analysis. Acta Obstet Gynecol Scand 100(7):1186–1199CrossRefPubMed
2.
Zurück zum Zitat Gavin NI, Gaynes BN, Lohr KN, Meltzer-Brody S, Gartlehner G, Swinson T (2005) Perinatal depression: a systematic review of prevalence and incidence. Obstet Gynecol 106(5 Pt 1):1071–1083CrossRefPubMed Gavin NI, Gaynes BN, Lohr KN, Meltzer-Brody S, Gartlehner G, Swinson T (2005) Perinatal depression: a systematic review of prevalence and incidence. Obstet Gynecol 106(5 Pt 1):1071–1083CrossRefPubMed
3.
Zurück zum Zitat Jarde A, Morais M, Kingston D, Giallo R, MacQueen GM, Giglia L, Beyene J, Wang Y, McDonald SD (2016) Neonatal outcomes in women with untreated antenatal depression compared with women without depression: a systematic review and meta-analysis. JAMA Psychiatry 73(8):826–837CrossRefPubMed Jarde A, Morais M, Kingston D, Giallo R, MacQueen GM, Giglia L, Beyene J, Wang Y, McDonald SD (2016) Neonatal outcomes in women with untreated antenatal depression compared with women without depression: a systematic review and meta-analysis. JAMA Psychiatry 73(8):826–837CrossRefPubMed
4.
Zurück zum Zitat Rohde A, Hocke A, Meurers A, Dorsch V (2016) Peripartum management plan for patients with mental illnesses: Strategies to reduce the risk of postpartum relapse. Nervenarzt 87(9):980–988CrossRefPubMed Rohde A, Hocke A, Meurers A, Dorsch V (2016) Peripartum management plan for patients with mental illnesses: Strategies to reduce the risk of postpartum relapse. Nervenarzt 87(9):980–988CrossRefPubMed
5.
Zurück zum Zitat Schmid B, Blomeyer D, Buchmann AF, Trautmann-Villalba P, Zimmermann US, Schmidt MH, Esser G, Banaschewski T, Laucht M (2011) Quality of early mother-child interaction associated with depressive psychopathology in the offspring: a prospective study from infancy to adulthood. J Psychiatr Res 45(10):1387–1394CrossRefPubMed Schmid B, Blomeyer D, Buchmann AF, Trautmann-Villalba P, Zimmermann US, Schmidt MH, Esser G, Banaschewski T, Laucht M (2011) Quality of early mother-child interaction associated with depressive psychopathology in the offspring: a prospective study from infancy to adulthood. J Psychiatr Res 45(10):1387–1394CrossRefPubMed
6.
Zurück zum Zitat Suri R, Lin AS, Cohen LS, Altshuler LL (2014) Acute and long-term behavioral outcome of infants and children exposed in utero to either maternal depression or antidepressants: a review of the literature. J Clin Psychiatry 75(10):e1142–e1152CrossRefPubMed Suri R, Lin AS, Cohen LS, Altshuler LL (2014) Acute and long-term behavioral outcome of infants and children exposed in utero to either maternal depression or antidepressants: a review of the literature. J Clin Psychiatry 75(10):e1142–e1152CrossRefPubMed
7.
Zurück zum Zitat Yildiz PD, Ayers S, Phillips L (2017) The prevalence of posttraumatic stress disorder in pregnancy and after birth: A systematic review and meta-analysis. J Affect Disord 208:634–645CrossRefPubMed Yildiz PD, Ayers S, Phillips L (2017) The prevalence of posttraumatic stress disorder in pregnancy and after birth: A systematic review and meta-analysis. J Affect Disord 208:634–645CrossRefPubMed
8.
Zurück zum Zitat Yoon J, Harvey SM, Luck J (2022) Improved depression screening and treatment among low-income pregnant and postpartum women following medicaid expansion in the U.S. Front Health Serv 2:942476CrossRefPubMedPubMedCentral Yoon J, Harvey SM, Luck J (2022) Improved depression screening and treatment among low-income pregnant and postpartum women following medicaid expansion in the U.S. Front Health Serv 2:942476CrossRefPubMedPubMedCentral
Metadaten
Titel
Psychische Erkrankungen in der Zeit um die Geburt: eine interdisziplinäre und sektorenübergreifende Herausforderung
verfasst von
Prof. Dr. Sarah Kittel-Schneider
Publikationsdatum
01.09.2023
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Der Nervenarzt / Ausgabe 9/2023
Print ISSN: 0028-2804
Elektronische ISSN: 1433-0407
DOI
https://doi.org/10.1007/s00115-023-01509-0

Weitere Artikel der Ausgabe 9/2023

Der Nervenarzt 9/2023 Zur Ausgabe

Mitteilungen der DGPPN

Mitteilungen der DGPPN 9/2023

Neu in den Fachgebieten Neurologie und Psychiatrie

Hirnblutung unter DOAK und VKA ähnlich bedrohlich

17.05.2024 Direkte orale Antikoagulanzien Nachrichten

Kommt es zu einer nichttraumatischen Hirnblutung, spielt es keine große Rolle, ob die Betroffenen zuvor direkt wirksame orale Antikoagulanzien oder Marcumar bekommen haben: Die Prognose ist ähnlich schlecht.

ADHS-Medikation erhöht das kardiovaskuläre Risiko

16.05.2024 Herzinsuffizienz Nachrichten

Erwachsene, die Medikamente gegen das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom einnehmen, laufen offenbar erhöhte Gefahr, an Herzschwäche zu erkranken oder einen Schlaganfall zu erleiden. Es scheint eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zu bestehen.

Delir bei kritisch Kranken – Antipsychotika versus Placebo

16.05.2024 Delir Nachrichten

Um die Langzeitfolgen eines Delirs bei kritisch Kranken zu mildern, wird vielerorts auf eine Akuttherapie mit Antipsychotika gesetzt. Eine US-amerikanische Forschungsgruppe äußert jetzt erhebliche Vorbehalte gegen dieses Vorgehen. Denn es gibt neue Daten zum Langzeiteffekt von Haloperidol bzw. Ziprasidon versus Placebo.

Schwindelursache: Massagepistole lässt Otholiten tanzen

14.05.2024 Benigner Lagerungsschwindel Nachrichten

Wenn jüngere Menschen über ständig rezidivierenden Lagerungsschwindel klagen, könnte eine Massagepistole der Auslöser sein. In JAMA Otolaryngology warnt ein Team vor der Anwendung hochpotenter Geräte im Bereich des Nackens.