Zur Indikationsstellung chirurgischer Therapiemöglichkeiten der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) werden neben der klinischen Untersuchung zumeist eine medikamenteninduzierte Schlafendoskopie (MISE) und eine Polysomnographie (PSG) herangezogen. Dabei wird die MISE häufig am Tag der PSG durchgeführt. Die applizierten Medikamente und der Ablauf der MISE könnten die Ausprägung der OSA in der nachfolgenden PSG und somit die Therapieempfehlung beeinflussen.
Fragestellung
Unterscheidet sich die Ausprägung der OSA in der PSG, wenn die MISE am gleichen Tag wie die PSG oder unabhängig davon durchgeführt wird?
Material und Methode
Retrospektive Kohortenstudie von 101 Patienten aus einem Patientenpool von 813 Patienten zur MISE und PSG zwischen 2017 bis 2020 mit zuvor polygraphisch oder polysomnographisch gesicherter OSA (Nacht 1), davon bei 24 Patienten extern, bei 77 in domo erhoben. In der Studiengruppe (SG, n = 53) wurde die MISE am selben Tag wie die PSG (Nacht 2) durchgeführt, während sie in der Kontrollgruppe (KG, n = 58) an einem anderen Tag durchgeführt wurde. Primärer Zielparameter war die Veränderung des Apnoe-Hypopnoe-Indexes (AHI) zwischen Nacht 1 und Nacht 2.
Ergebnisse
Der AHI verringerte sich zwischen den beiden Nächten in der SG bzw. KG im Mittel um −4,77 ± 18,92/h bzw. −1,70 ± 13,77/h, im Median um −3,80/h bzw. −0,25/h. Statistische Signifikanz wurde jedoch nur bei der Betrachtung der ausschließlich in domo erhobenen Daten erreicht (n = 77; p = 0,0189). Dort blieben der mittlere und mediane AHI in der KG unverändert, während er in der SG deutlich abnahm (Mittelwert SG −7,62 ± 20,47, KG 0,38 ± 11,53; Median: SG −6,65, KG 0,20).
Schlussfolgerungen
Die Durchführung der MISE am Tag der PSG könnte zu einem niedrigeren AHI führen und so die Therapieempfehlung beeinflussen, insbesondere wenn AHI-Grenzwerte beachtet werden müssen. Dies spräche dafür, PSG und MISE an unterschiedlichen Tagen durchzuführen.
Hinweise
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Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Die obstruktive Schlafapnoe (OSA) führt zu einer Einschränkung der Lebensqualität und zu einer erhöhten kardiovaskulären Morbidität und Mortalität, die mit einer Positivdrucktherapie (PAP-Therapie) erfolgreich behandelt werden können. Scheitert die PAP-Therapie, wird neben einer aktuellen klinischen und schlafmedizinischen Untersuchung in vielen Fällen eine medikamenteninduzierte Schlafendoskopie (MISE) eingesetzt. Hierbei ist eine fehlerfreie Diagnosestellung für die Therapieempfehlung von Bedeutung, da je nach Schweregrad der OSA unterschiedliche Therapien infrage kommen.
Einleitung
Die obstruktive Schlafapnoe
Die OSA hat eine hohe Prävalenz in der Bevölkerung. So sind nach neuen Studien fast eine Milliarde Menschen weltweit davon betroffen [3].
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Leitsymptome sind das unregelmäßige Schnarchen und die Tagesschläfrigkeit, die die Lebensqualität der Patienten einschränken [23, 32].
Zur Diagnostik werden Polygraphie (PG) und Polysomnographie (PSG) eingesetzt [22, 42]. Die Erkrankung ist definiert durch den wiederkehrenden teilweisen oder vollständigen Kollaps der oberen Atemwege während des Schlafes, welcher sowohl zu Apnoen als auch Hypopnoen und atmungsanstrengungsbedingten Weckreaktionen (respiratory effort related arousal – RERA) führt, woraus sich der Respiratory Disturbance Index (RDI) errechnet [15]. Da RERA in der PG nicht erfasst werden können, wird zur Schweregradbestimmung auch der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) herangezogen.
Als Risikofaktoren gelten das männliche Geschlecht, Alter, erhöhter Body-Mass-Index, bestimmte Medikamente, anatomische Begebenheiten, Alkohol und Rauchen [14, 24, 45].
Die Atemwegsüberdrucktherapie, kurz PAP(„positive airway pressure“)-Therapie gilt als Standardtherapie [19, 37]. Darüber hinaus können Unterkieferprotusionsschienen, Rückenlagevermeidung und Körpergewichtsreduktion Therapieoptionen darstellen [11]. Daneben stehen operative Verfahren wie z. B. die Uvulopalatopharyngoplastik, bimaxilläres Advancement oder die Stimulation des N. hypoglossus zur Verfügung [34‐36, 43].
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Die medikamenteninduzierte Schlafvideoendoskopie
Bei der MISE wird der Patient mittels eines Sedativums in einen schlafähnlichen Zustand versetzt. Dabei können Lokalisation, Muster und Ausprägung von Schnarchen und obstruktiven Apnoen beschrieben werden.
Der Behandlungserfolg mit einer Unterkieferprotusionsschiene und bestimmten chirurgischen Verfahren kann durch die MISE besser als ohne MISE vorhergesagt werden [9, 13, 41].
Aufgrund der Notwendigkeit einer aktuellen PSG ohne jegliche Therapie zur Schweregradbestimmung der OSA findet die MISE häufig am Tag der geplanten Übernachtung im Schlaflabor statt. In diesem Zusammenhang gewannen wir im klinischen Alltag den Eindruck, dass während der PSG in der Nacht nach einer MISE in vielen Fällen weniger respiratorische Ereignisse auftraten, als es anhand der vorhandenen Voruntersuchungen zu erwarten gewesen wäre. Falls dies sich bestätigen würde, müsste dies bei der Planung berücksichtigt werden.
Fragestellung
Unterscheidet sich die Ausprägung der OSA in der PSG, wenn die MISE am Tag vor oder unabhängig von der PSG durchgeführt wird?
Material und Methode
Das Studienprotokoll wurde der medizinischen Ethikkommission II der Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät Mannheim vorgelegt (Antragsnummer 2019-856R) und am 28.08.2019 genehmigt.
Es wurde eine retrospektive Kohortenstudie durchgeführt, bei der eine vorliegende PG oder PSG ohne Therapie (Nacht 1; bei uns oder extern) mit einer bei uns durchgeführten PSG ohne Therapie (Nacht 2) verglichen und als primärer Zielparameter die Veränderung des AHI zwischen Nacht 1 und Nacht 2 untersucht wurde.
In der Studiengruppe (SG) erhielten die Patienten am Tag von Nacht 2 eine MISE, während die Patienten in der Kontrollgruppe (KG) die MISE zu einem anderen Zeitpunkt erhielten.
Zwischen dem 01.01.2017 und dem 20.06.2020 wurden in der Sektion Schlafmedizin der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie des Universitätsklinikums Mannheim insgesamt 813 Patienten mit diagnostizierter OSA gefunden, bei denen eine MISE durchgeführt wurde.
Gewichtsveränderungen von mehr als 5 kg zwischen Nacht 1 und Nacht 2
Nacht 2 in domo
Therapie während Nacht 1 oder Nacht 2
Neue Erkrankungen und Änderungen der Medikation zwischen Nacht 1 und Nacht 2
Die SG bestand aus 53 und die KG aus 58 Patienten, die bei der Erfassung der Daten in matched pairs gegenübergestellt werden konnten.
Die PSG wurde dabei entsprechend des Manuals der American Academy of Sleep Medicine durchgeführt und ausgewertet. Eine Hypopnoe wurde gewertet, wenn eine Reduktion des Atemflusses um ≥ 30 % für mehr als zehn Sekunden kombiniert mit einer Sauerstoffentsättigung ≥ 3 % und/oder einem Arousal auftrat [4].
Die OSA wurde bei einem AHI von 5–15/h als leichtgradig, von 16–30/h als mittelgradig und ab 31/h als schwergradig eingeteilt, da diese Grenzen leitlinienkonform zur Therapieauswahl herangezogen werden [23].
Die MISE wurde standardisiert durchgeführt [18] mit Midazolam mittels Bolusinjektionen oder Propofol mittels target controlled infusion. Die MISE dauerte 16,8 ± 6,0 min. Die Vorbereitungs- und Aufwachphase konnten wir nicht systematisch erfassen.
Es wurden Häufigkeitsverteilungen, Lage- und Streuungsparameter deskriptiv ermittelt. Der Chi-Quadrat-Test und der exakte Test nach Fisher wurden für die Abhängigkeitsberechnung bei zwei oder mehr nominalen Parametern verwendet. Zum Vergleich der beiden Gruppen wurde bei unverbunden Stichproben und normalverteilten Daten der T‑Test und bei nicht normalverteilten Daten der Mann-Whitney-U-Test genutzt. Dazu wurde bei jedem Parameter eine Differenz des Wertes zwischen Nacht 1 und Nacht 2 gebildet und diese Differenz zwischen beiden Gruppen auf Signifikanz überprüft. Das Signifikanzniveau wurde mit p < 0,05 festgelegt.
Ergebnisse
Die SG und KG unterschieden sich nicht signifikant voneinander in ihren anthropometrischen Daten (Tab. 2). In der SG bekamen 16 Patienten Midazolam und 37 Patienten Propofol bei einer Untersuchungsdauer von 16,0 ± 6,06 min. Zwischen MISE und Beginn von Nacht 2 lagen 618 ± 90,7 min (Spanne 397–802 min).
Tab. 2
Deskriptive anthropometrische Kenngrößen
Gesamtkollektiv
Studiengruppe
Kontrollgruppe
p‑Wert
Männer
90
45
45
p = 0,35
Frauen
21
8
13
p = 0,35
Alter (Jahre)
52,4 ± 10,75
50,9 ± 10,45
54,1 ± 10,92
p = 0,12
BMI (kg/m2)
28,1 ± 3,65
28,2 ± 3,54
28,1 ± 3,78
p = 0,91
Mittelwert ± Standardabweichung bei Alter und Body-Mass-Index (BMI)
Beim Vergleich der Differenz zwischen erster und zweiter Messung unterschied sich der primäre Zielparameter AHI nicht signifikant. In der SG mit vorheriger MISE zeigten die Werte für AHI, obstruktiven Apnoe-Index und Entsättigungsindex im Mittel und Median jedoch eine größere Abnahme; Entsättigungen und obstruktive Apnoen gingen signifikant stärker zurück als in der KG (Tab. 3).
Tab. 3
Vergleich von kardiorespiratorischen Parametern im Gesamtkollektiv
Gesamtkollektiv
Studiengruppe (n = 53)
Kontrollgruppe (n = 58)
MW ± SD
Median
MW ± SD
Median
p‑Wert
AHI (n/h)
−4,77 ± 18,92
−3,80
−1,70 ± 13,77
−0,25
p = 0,28
oAI (n/h)
−7,02 ± 15,85
−3,55
−2,04 ± 10,10
−0,50
p=0,04
O2MW (%)
0,51 ± 2,80
1,0
0,79 ± 2,15
1,0
p = 0,97
O2Min (%)
2,09 ± 6,10
2,0
2,84 ± 7,58
2,0
p = 0,44
ODI 3 %
−4,66 ± 19,40
−7,15
3,42 ± 10,41
1,70
p<0,01
ODI 4 %
−2,20 ± 17,79
−3,90
1,51 ± 7,46
0,0
p=0,03
AI (n/h)
−1,76 ± 20,92
0,40
6,35 ± 19,96
0,90
p = 0,15
RERA (n/h)
1,14 ± 5,28
0,10
2,96 ± 6,37
3,40
p = 0,13
MW Mittelwert, SD Standardabweichung, AHI Apnoe-Hypopnoe-Index, oAI Obstruktiver Apnoe-Index, O2MW mittlere arterielle Sauerstoffsättigung, O2Min minimale arterielle Sauerstoffsättigung, ODI 3 und 4% Sauerstoffentsättigungsindex von 3 und 4 %, AI Arousal-Index, RERA respiratory effort related arousals
Um Fehler durch unterschiedliche Untersucher zu eliminieren, wurde das Subkollektiv analysiert, welches beide Untersuchungen in domo hatte. Hier fand sich nun auch für den AHI eine signifikant größere Abnahme als in der KG (Tab. 4). Die Berechnung der Effektstärke zeigte mit r = 0,26 nach Einteilung von Cohen (1992) [12] einen schwachen Effekt.
Tab. 4
Vergleich von kardiorespiratorischen Parametern bei den Patienten, welche beide Messungen in domo erhalten hatten
In domo
Studiengruppe (n = 36)
Kontrollgruppe (n = 41)
MW ± SD
Median
MW ± SD
Median
p‑Wert
AHI (n/h)
−7,62 ± 20,47
−6,65
−0,38 ± 11,53
0,20
p=0,01
oAI (n/h)
−6,02 ± 15,76
−3,50
−0,13 ± 5,11
−0,25
p<0,01
O2MW (%)
0,36 ± 2,65
1,0
0,54 ± 1,66
1,0
p = 0,95
O2Min (%)
2,50 ± 6,95
2,0
1,15 ± 7,01
2,0
p = 0,64
ODI 3 %
−5,89 ± 19,01
−7,70
3,42 ± 10,41
1,70
p<0,01
ODI 4 %
−3,29 ± 17,11
−4,0
1,51 ± 7,46
0,0
p=0,01
AI (n/h)
−5,56 ± 19,57
−2,30
0,22 ± 14,46
−0,60
p = 0,32
RERA (n/h)
0,91 ± 5,56
0,00
2,97 ± 6,50
3,45
p = 0,12
MW Mittelwert, SD Standardabweichung, AHI Apnoe-Hypopnoe-Index, oAI Obstruktiver Apnoe-Index, O2MW mittlere arterielle Sauerstoffsättigung, O2Min minimale arterielle Sauerstoffsättigung, ODI 3 und 4% Sauerstoffentsättigungsindex von 3 und 4 %, AI Arousal-Index, RERA respiratory effort related arousals
Um darüber hinaus Fehler durch die Mischung von sowohl polygraphisch als auch polysomnographisch erhobenen Daten in Nacht 1 zu eliminieren, wurden nur die Paare analysiert, bei denen beide Messungen polysomnographisch in domo erfolgten. Auch hier zeigte sich für den primären Zielparameter AHI ein signifikanter Unterschied (p = 0,03) zwischen beiden Gruppen. Während in der SG (n = 28) der AHI in Nacht 2 abnahm (MW −4,83 ± 17,4/h; Median −5,8/h), stieg er in der KG (n = 26) an (MW 4,25 ± 12,5/h; Median 4,8/h). Die Effektstärke nach [12] war mit r = 0,29 gering.
Die Zeit in Rückenlage ging in der KG mit −28,5 ± 108,12 min stärker zurück als in der SG mit −1,8 ± 109,66 min (p > 0,05).
Zudem zeigt sich, dass es bei ca. 43 % zu keiner Änderung des Schweregrads kommt. Während in der KG je ca. 30 % in einen höheren bzw. niedrigeren Schweregrad wechselten, mussten in der SG ca. 15 % in einen höheren und ca. 40 % in einen niedrigeren Schweregrad eingeteilt werden (Abb. 1).
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Diskussion
Unsere Arbeit unterstützt den klinisch gewonnenen Eindruck, dass die polysomnographisch bestimmte Ausprägung der obstruktiven Schlafapnoe durch den Zeitpunkt einer MISE beeinflusst wird. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass sowohl AHI und obstruktiver AI als auch ODI systematisch geringere Werte aufweisen, wenn die kardiorespiratorische PSG am Abend nach der MISE durchgeführt wird. Der Effekt ist allerdings nicht ausgeprägt. Der AHI spielt für eine leitlinienorientierte Therapie eine entscheidende Rolle. So ist die Unterkieferprotusionsschiene als Erstlinientherapie empfohlen bei einem AHI ≤ 30/h [23], Weichgaumenchirurgie bei leicht- bis mittelgradiger OSA und die Hypoglossusstimulation ist nur bei einem AHI zwischen 15–65/h zugelassen [35, 36]. In der Kontrollgruppe nahm der Schweregrad bei einer annähernd gleichen Anzahl von Patienten zu bzw. ab, was mit der natürlichen Nacht-zu-Nacht-Variabilität des AHI vereinbar ist. In der Studiengruppe nahm der Schweregrad nur in 15,1 % zu. Die demgegenüber in 41,5 % gefundene Abnahme des Schweregrades der OSA hätte somit in vielen Fällen zu einer Änderung des Therapiekonzeptes beitragen können.
Bisher gibt es noch keine vergleichbaren Studien, welche die Auswirkungen der MISE auf die Ergebnisse der PSG untersuchen. Bisherige Studien haben sich vor allem mit dem Einfluss der verwendeten Medikamente für die Sedierung bei der MISE beschäftigt oder inwieweit die respiratorischen Störungen während der MISE mit denen der PSG übereinstimmen [13].
Hypothesen
Mögliche Hypothesen dafür können die Abnahme des rostralen Fluid Shift durch das längere Liegen bei der MISE oder auch der Anstieg der Arousalschwelle durch Überhang der Sedativa sein.
Der rostrale Fluid Shift beschreibt die Flüssigkeitsverschiebung beim Liegen aus der unteren in die obere Körperhälfte. Im Stehen und Sitzen kommt es zu einer Umverteilung von Flüssigkeit aus den Kapillargefäßen in den interstitiellen Raum der Beine [25, 39, 46]. Beim Liegen verläuft dieser Vorgang umgekehrt. Die dabei entstehende Flüssigkeitsverteilung nach rostral führt zu einer Ödembildung des peripharyngealen Weichgewebes und die pharyngeale Kollapsneigung steigt [31].
Die Patienten erscheinen nüchtern zur MISE und nehmen weniger Flüssigkeit zu sich. Die Liegedauer vor, bei und nach der MISE reduziert ebenfalls die Flüssigkeitsansammlung in den unteren Extremitäten. Zudem kann es während der MISE bereits zu einer rostralen Umverteilung der Flüssigkeit am Tage kommen. Alle drei Faktoren tragen dazu bei, dass der rostrale Fluid Shift in der folgenden Nacht geringer ausfällt. [27, 28, 30]. Unsere Ergebnisse stützen somit die Hypothese, dass die MISE die Ausprägung der OSA reduzieren kann.
Eine weitere Hypothese ist der Anstieg der Arousalschwelle durch Überhang der eingesetzten Sedativa.
Die Arousalschwelle ist patientenindividuell unterschiedlich, sodass es Patienten mit niedriger Arousalschwelle gibt, die schon bei den kleinsten Unregelmäßigkeiten der Atmung erwachen [5, 21, 33]. Eine höhere Arousalschwelle hingegen führt zu einem stabileren Atemprofil mit weniger Atmungsstörungen, und die Schlafqualität nimmt subjektiv zu [6].
So hatten Patienten, welche vor dem Schlaf das Benzodiazepin Eszopiclon erhielten, im Vergleich zur Placebogruppe eine signifikant höhere Arousalschwelle. Es verbesserten sich sowohl der AHI als auch die Schlafqualität [16].
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Auch die Sedativa Propofol und Midazolam heben die Arousalschwelle an [29, 40].
Es ist nicht auszuschließen, dass die verwendeten Sedativa trotz ihrer kurzen Halbwertszeit bei der MISE in der Nacht eine Nachwirkung haben und somit auch die Arousalschwelle anheben.
Bei beiden Substanzen handelt es sich um lipophile Sedativa, welche sich im tiefen Kompartiment anreichern und dementsprechend eine längere Eliminationszeit aus diesem Bereich aufweisen. Im Vergleich zu Propofol ist die Halbwertszeit bei Midazolam länger, was die Sedierungs- und Eliminierungszeiten verlängert [2, 17].
Das erhöhte Alter und häufige Übergewicht bei Patienten mit OSA erhöhen ebenfalls die Eliminierungszeiten. Im Alter entsteht durch erhöhten Körperfettanteil ein erhöhtes Verteilungsvolumen für lipophile Substanzen und die Eliminationshalbwertszeit wird dadurch weiter erhöht. Zudem wird dies durch die mit zunehmendem Alter reduzierte hepatische und renale Clearance mit verlangsamtem Abbau verstärkt [20].
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Die ausschließliche Verringerung des Arousal-Indexes in der Studiengruppe, obgleich nicht signifikant, widerspricht der Hypothese nicht, dass die während der MISE eingesetzten Sedativa zu einem Anstieg der Arousalschwelle führen und zur Reduktion der obstruktiven respiratorischen Ereignisse beitragen.
Limitationen
Bei unserer retrospektiven Kohortenanalyse handelt es sich um eine Arbeit, welche zusätzlich mit matched pairs arbeitet, wodurch Störgrößen besser eliminiert und zwei möglichst homogene und vergleichbare Gruppen gebildet werden können. Dennoch handelt sich um einen kleinen Stichprobenumfang.
In Nacht 1 wurden Polysomnographie und Polygraphie, darunter auch Fremdbefunde, herangezogen. Bei der Polygraphie wird der AHI aus der Gesamtaufnahmedauer und nicht aus der Gesamtschlafzeit berechnet. Das kann zu einer Unterschätzung des AHI führen [7]. Zudem ist bei Fremdbefunden nicht sicher erkennbar, nach welchen Kriterien die PG oder PSG durchgeführt und ausgewertet wurden. Der Einfluss durch einen First-night-Effekt ist dadurch nicht beurteilbar [1, 8]. Aufgrund der matched pairs und den statistisch signifikanten Ergebnissen unserer eigenen Subgruppe sowie der ausschließlich polysomnographisch in domo untersuchten Patienten ist ein systematischer Fehler weniger wahrscheinlich.
Zudem erschwert die Nacht-zu-Nacht-Variabilität des AHI aufgrund unterschiedlichen Tagesablaufs und folglich rostralen Fluid Shifts [46] sowie unterschiedlicher Verteilung der Schlafposition in beiden Nächten [10, 44] den Nachweis eines signifikanten Gruppenunterschieds. Unsere Daten zur Rückenlage sprechen gegen eine diesbezügliche Verfälschung, denn die Zeit in Rückenlage nahm in der KG annähernd 30 min mehr als in der SG ab, was eher zu einer Abnahme des AHI in der KG beitragen würde.
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Eine weitere Limitation stellen die Gabe von zwei Medikamenten mit unterschiedlicher Halbwertszeit bei der MISE und die große Spanne des Abstandes zwischen MISE und PSG dar.
Die Einnahme von Alkohol am Abend vor den Nächten konnte als Fehlergröße nicht erfasst werden [26, 38].
Trotz dieser Limitationen gibt unsere retrospektive Kohortenanalyse erste Hinweise, dass der Zeitpunkt der MISE für das Ergebnis der PSG von Bedeutung ist. Ein endgültiger Nachweis muss im Rahmen einer randomisiert kontrollierten Studie erbracht werden.
Bis zur definitiven Klärung halten wir es für empfehlenswert, die MISE nicht am Tag vor einer PSG, sondern entweder direkt nach oder zeitlich völlig unabhängig von der PSG durchzuführen, um eine mögliche Verfälschung der respiratorischen Indizes zu vermeiden, insbesondere da den Patienten dadurch keine medizinischen Risiken entstehen.
Fazit für die Praxis
Es wurden Hinweise für den Einfluss der MISE auf die Ausprägung des AHI in der PSG gefunden.
Es scheint ein geringerer Schweregrad der OSA zu resultieren, wenn am Tag der PSG eine MISE stattgefunden hat.
Die Durchführung der MISE am Tag der PSG sollte vermieden werden.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
J.T. Maurer, M. Gasparic und J. Huseynov geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Schlafapnoe verhindert gesunden Schlaf und trägt zur Entstehung bzw. Manifestierung von Komorbiditäten wie Bluthochdruck, Vorhofflimmern und Schlaganfällen bei. Einfache Diagnostiktools helfen, frühzeitig das Risiko zu minimieren und individuelle Therapieansätzen umzusetzen.
Das deutsche Gesundheitssystem steht aktuell vor großen Herausforderungen. Innovative Technologien und Handlungsansätze kollidieren mit fest etablierten Meinungen und Strukturen, der Ruf nach Veränderung wird laut. Auch die Patienten bleiben von dieser Entwicklung nicht unberührt.
Insomnie und obstruktive Schlafapnoe (OSA) treten häufiger zusammen auf, als man es basierend auf der jeweiligen Prävalenz in der Bevölkerung vermuten würde [1, 2, 3]. In der Fachliteratur nennt sich diese Komorbidität COMISA – comorbid insomnia and sleep apnea.