Metformin trotz Niereninsuffizienz: günstiger als erwartet?

Metformin-haltige Therapieregime sind bei Diabetikern mit mittelgradiger chronischer Nierenkrankheit anscheinend sicherer als lange Zeit vermutet und möglicherweise sogar mit einer besseren Prognose verbunden. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Weil Metformin renal eliminiert wird, galt das Antidiabetikum bei mittelgradiger und schwerer Niereninsuffizienz wegen der Gefahr einer Laktatazidose lange als kontraindiziert. Erst 2016 hat die EMA die Beschränkung gelockert, Metformin kann seitdem auch bei chronischer Nierenerkrankung (CKD) im Stadium G3 (GFR 30–60 ml/min/1,73 m2) gegeben werden. Trotz dieser Liberalisierung gibt es bislang nur wenige Studien, die das Outcome einer Metforminbehandlung bei Typ-2-Diabetikern mit CKD untersucht haben. Ein internationales Team von Nephrologen um David Charytan vom NYU Langone Medical Center hat jetzt eine solche Untersuchung publiziert. Die retrospektive Auswertung der TREAT-Studie führt die Ärzte zu dem Schluss, dass Metformin bei CKD nicht nur relativ sicher ist, sondern im Stadium G3 verglichen mit einer Diabetestherapie ohne Metformin auch das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und Tod reduzieren kann. Weniger kardiovaskuläre Komplikationen und Todesfälle In die TREAT-Studie, die eigentlich den Einfluss von Darbepoetin auf eine begleitende Anämie untersuchte, wurden nur Typ-2-Diabetiker mit einer eGFR von 20–60 ml/min/1,73m2 aufgenommen. Bei 591 der insgesamt gut 4000 Teilnehmer stand Metformin auf dem Therapieplan. 508 von ihnen wurden ebenso viele Patienten ohne Metformin, aber mit gleicher Wahrscheinlichkeit für eine Metformintherapie gegenübergestellt (Propensity Matching). Bei den Metforminanwendern traten während der Studienlaufzeit von rund 2,5 Jahren weniger Todesfälle (4,6% vs. 8,5%), weniger kardiovaskuläre Todesfälle (2,8% vs. 5,2%) und weniger kardiovaskuläre Komplikationen (19,9% vs. 27,2%) auf, dafür kamen sie etwas häufiger in ein terminales Nierenversagen (ESRD, 9,5% vs. 8,5%). Das geringere Risiko von Metforminpatienten für Tod (–51%), kardiovaskulären Tod (–51%) und kardiovaskuläre Komplikationen (–34%) blieb auch nach dem Abgleich einer Vielzahl weiterer bekannter Einflussfaktoren erhalten. Das ESRD-Risiko unterschied sich dagegen unter diesen Bedingungen nicht mehr signifikant von dem der Patienten ohne Metformin. Größere Restnierenfunktion, größerer Nutzen von Metformin Der Zusammenhang zwischen einer Metforminbehandlung und dem kombinierten kardiovaskulären Endpunkt (Tod oder Krankenhausaufnahme wegen Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Myokardischämie) war abhängig vom CKD-Stadium: In den Stadien G1–G3 war ein Metformin-haltiges Regime mit einer Risikoreduktion verbunden (–30%), in den Stadien G4 und G5 hatte es dagegen keinen Einfluss. Das Mortalitätsrisiko, insgesamt wie aus kardiovaskulärer Ursache, fiel in allen Stadien niedriger aus, wenn Metformin gegeben wurde, der Vorteil war aber in G4/5 tendenziell schwächer. Eine Laktatazidose wurde nur bei zwei Metforminpatienten dokumentiert, keine war tödlich. Stadium G3: "Metformin nicht wegen Niereninsuffizienz vorenthalten!" Die Analyse stehe in Einklang mit anderen Untersuchungen der jüngsten Zeit, schreiben die Studienautoren, „und mit dem Konzept, dass die Laktatazidose bei Metforminanwendern mit CKD ein seltenes Ereignis ist und dass Metformin die Mortalität bei Diabetespatienten mit CKD reduzieren kann.“ Ursächlich dafür sei vor allem ein Rückgang der kardiovaskulären Mortalität. Beim kombinierten kardiovaskulären Endpunkt war Metformin nur bis zum CKD-Stadium G3 mit einem signifikanten Vorteil assoziiert. „Aber es gibt auch keine Evidenz für einen diesbezüglichen Schaden in den Stadien G4 und 5“, so Charytan und Kollegen. Ihr Fazit für die Praxis lautet daher: „Die Behandlung mit Metformin kann für Patienten mit CKD im Stadium G3 einen signifikanten Nutzen haben und sollte ihnen nicht aufgrund ihrer Nierenfunktion vorenthalten werden.“ Die Progression der CKD werde durch Metformin allerdings wahrscheinlich nicht verlangsamt. Einschränkend weisen die Nephrologen darauf hin, dass die Metforminbehandlung in der Studie nicht randomisiert war und daher statistische Verzerrungen möglich sind. Außerdem waren neuere Medikamente wie Inkretinmimetika und SGLT-2-Hemmmer (bei eGFR < 60 ml/min/1,73m2 nicht empfohlen!) zum Zeitpunkt der Studie noch nicht verfügbar. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche kardiovaskulären und renalen Effekte hat Metformin bei Typ-2-Diabetikern mit CKD? Antwort: Laktatazidosen sind selten. Im CKD-Stadium G3 kann Metformin das Risiko für Tod und kardiovaskuläre Ereignisse senken, aber nicht den Nierenfunktionsverlust aufhalten. Bedeutung: Eine CKD im Stadium G3 ist kein Grund, von einer Metforminbehandlung abzusehen. Einschränkung: Retrospektive Auswertung einer Studie, in der die Metforminbehandlung nicht randomisiert erfolgte.

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