Bei MS frühzeitig auf isolierte kognitive Defizite screenen

Um beizeiten diejenigen MS-Patienten identifizieren zu können, denen im Laufe der Erkrankung deutliche kognitive Defizite drohen, braucht es Prädiktoren. Eine diskrete isolierte kognitive Einschränkung im frühen Verlauf scheint ein solcher zu sein, vor allem wenn die Verarbeitungsgeschwindigkeit betroffen ist. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Fast die Hälfte aller Menschen mit multipler Sklerose (MS) berichten über Gedächtnisprobleme bzw. kognitive Störungen, die die Lebensqualität und die Arbeitsfähigkeit einschränken können. Die Defizite können dabei nur einen Leistungsbereich betreffen oder sich in mehreren Domänen bemerkbar machen. Wie verbreitet speziell isolierte kognitive Leistungsstörungen bei MS sind, in welchen Bereichen die Defizite vorwiegend auftreten und wie prognostisch relevant sie sind, war Thema einer Analyse aus den Niederlanden. Die Forschenden haben die Daten von rund 350 Personen mit MS (PmMS) aus der Amsterdam Multiple-Sclerosis-Kohorte ausgewertet. Voraussetzung war, dass die MS-Diagnose bereits zehn Jahre zurücklag, bei Symptombeginn neuropsychologische Tests sowie eine strukturelle Magnetresonanztomografie durchgeführt worden waren und die neuropsychologische Evaluierung fünf Jahre später wiederholt wurde. Die meisten haben kognitive Einschränkungen Bereits zu Studienbeginn wies der Großteil (n = 256; 73%) der Patientinnen und Patienten kognitive Defizite auf; bei 108 PmMS war nur eine Domäne betroffen, bei 148 PmMS bestätigten sich Einschränkungen in zwei oder mehr Teilbereichen. Isolierte kognitive Defizite waren vorwiegend in dem Teilbereich exekutive Funktionen/Arbeitsgedächtnis (n = 37) zu beobachten, gefolgt von den Domänen Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit (IPS; n = 25), Langzeitgedächtnis (n = 23) und Aufmerksamkeit (n = 23). Kortikale Atrophie und fraktionelle Anisotropie im MRT scheinen mit isolierten IPS-Defiziten assoziiert zu sein, ein verringertes Volumen von Kortex und Hippocampus mit Gedächtnisproblemen. Vielfach lässt geistige Leistungsfähigkeit weiter nach Mit einer Verbesserung der kognitiven Kompetenzen dürfen Betroffene wohl nicht rechnen, vor allem wenn die IPS reduziert ist, wie die Reevaluation nach fünf Jahren bestätigte. Bei vielen (69%) waren die Defizite eher größer geworden. In den anderen Subgruppen lag dieser Prozentsatz niedriger; er variierte je nach Domäne zwischen 18% und 31%. Frühes Screening wichtig Isolierte kognitive Defizite lassen sich bei PmMS sehr häufig nachweisen, sie sind als Hinweiszeichen zu deuten, dass im Krankheitsverlauf mit weiteren kognitiven Einbußen zu rechnen ist, so das Resümee der Forschenden. Sie befürworten, MS-Patientinnen und -Patienten möglichst früh auf kognitive Defizite hin zu screenen, und schließen sich damit den bereits 2018 veröffentlichten Empfehlungen der International MS and COGnition Society an. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie verbreitet sind isolierte kognitive Defizite bei Personen mit multipler Sklerose (PmMS) und können sie als Hinweiszeichen für einen weiteren kognitiven Abbau gewertet werden? Antwort: In einer Analyse mit 350 PmMS ließen sich bei 31% bereits zu Studienbeginn isolierte Defizite in einem Teilbereich nachweisen. Betroffen waren vor allem exekutive Funktionen/Arbeitsgedächtnis, Verarbeitungsgeschwindigkeit (IPS), Langzeitgedächtnis und Aufmerksamkeit. Bei 43% waren mehrere Domänen eingeschränkt. Häufig ist im weiteren Krankheitsverlauf mit einer Verschlechterung zu rechnen, vor allem wenn der Teilbereich IPS betroffen ist. Bedeutung: PmMS sollten schon zu Krankheitsbeginn auf ihre kognitive Leistungsfähigkeit hin untersucht werden, um gefährdete Personen frühzeitig zu identifizieren. Einschränkung: Die domänenbezogenen Subgruppen waren relativ klein.

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