Wenn leitende Anästhesistinnen und Anästhesisten zwischen mehreren Operationen hin- und herspringen, hat das negative Folgen: In einer US-Studie stieg unter diesen Umständen nicht nur das Risiko für Komplikationen, sondern auch das postoperative Sterberisiko.
Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.
Überlappende Anästhesieeinleitungen gehören zu den am häufigsten durchgeführten Maßnahmen, um OP-Prozesse zu optimieren. Diese Art der Effizienzsteigerung hat jedoch ihren Preis: Wie ein US-Team nachweist, gehen solche überlappenden Prozeduren mit einer erhöhten postoperativen Komplikationsrate und einer erhöhten 30-Tages-Mortalität einher.
Die Wissenschaftler um Michael L. Burns von der Universität Michigan in Ann Arbor haben den Verlauf von 578.815 erwachsenen Patientinnen und Patienten nachbeobachtet, die sich zwischen Januar 2010 und Oktober 2017 in einem von 23 US-Zentren einem chirurgischen Eingriff unterzogen haben. In insgesamt 5,19% der Fälle kam es zu Komplikationen, diese betrafen am häufigsten den Respirations- bzw. Gastrointestinaltrakt (1,15% bzw. 1,16%), gefolgt von Herz- und Harnwegskomplikationen (0,89% bzw. 0,88%), Infektionen (0,86%) sowie Blutungen (0,77%). Die 30-Tages-Mortalität lag bei 0,45%.
Nach Burns und Kollegen zeichnete sich ein deutlicher Zusammenhang mit der Beanspruchung des leitenden Anästhesisten oder der leitenden Anästhesistin ab. Waren diese für die Überwachung „nur“ eines Teams zuständig, lag die Ereignisrate bei 4,88%. Letztere stieg auf 5,06%, 5,23% bzw. 5,74%, wenn zwei, drei oder sogar vier Eingriffe parallel betreut wurden.
Bei Dreifachüberlappung wird’s kritisch
In einem bereinigten Rechenmodell erwiesen sich vor allem die Drei- und Vierfachüberlappung als kritisch: Unter diesen Umständen war mit einem Anstieg von Morbidität und Mortalität zusammengenommen um relative 14%, verglichen mit der Zuständigkeit für höchstens zwei Fälle, zu rechnen. Als mögliche Störfaktoren hatte man unter anderem den Gesundheitszustand der Operierten sowie das individuelle Operationsrisiko berücksichtigt.
Wie die Forschungsgruppe betont, hatte man in die Auswertung nur folgende Eingriffe einbezogen: Herz-Op., Lebertransplantation, Katarakt-Op., Kaiserschnitt oder PDA während des Geburtsvorgangs. Dabei musste der von Assistenzärztinnen und -ärzten oder von spezialisierten Krankenschwestern durchgeführte Anteil weniger als 25% betragen. Nächtliche Eingriffe sowie solche, die an Wochenenden oder Feiertagen durchgeführt wurden, hatte man ebenfalls ausgespart.
Nach Burns und seinem Team stehen die Ergebnisse im Einklang mit früheren Studien, die z. B. gezeigt haben, welche negativen Konsequenzen ein ungünstiger Personalschlüssel bei Krankenschwestern für die Genesung der von ihnen betreuten Patientinnen und Patienten haben kann.
Wenngleich es in der Studie nur relativ selten zu schwerwiegenden Komplikationen gekommen war, sei es doch wichtig, diese Risiken wahrzunehmen und nach Möglichkeit zu minimieren, so Burns et al. Ein Zahlenbeispiel macht deutlich, wie entscheidend das ist: „Bei 100.000 Operationen pro Jahr, wie sie in größeren Zentren üblich sind, würde ein Risikoanstieg von 5,06% auf 5,75% bedeuten, dass in 690 zusätzlichen Fällen mit einem ungünstigen Verlauf zu rechnen ist.“
Das Wichtigste in Kürze |
Frage: Effekt der überlappenden Betreuung mehrerer Operationen durch einen Anästhesisten oder eine Anästhesistin. Antwort: Bei Zuständigkeit für drei oder mehr Eingriffe parallel steigt das Komplikationsrisiko deutlich an. Bedeutung: Mehrfachüberlappungen sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Einschränkung: Ausschließlich US-Zentren; nur bestimmte Eingriffe berücksichtigt; mögliche Störfaktoren wie Entfernung der bespielten OP-Säle voneinander, individuelle Stressbelastung der Teams und Entwicklung des intraoperativen Zustands der Patientinnen und Patienten nicht berücksichtigt. |