Kann die medikamentöse Therapie bei stabil eingestellten Patienten mit Herzinsuffizienz vereinfacht werden, indem das Diuretikum abgesetzt wird? Nach den Ergebnissen einer beim Kongress Heart Failure 2019 vorgestellten randomisierten Studie scheint das möglich zu sein.
Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz müssen wegen dieser Erkrankung sowie häufig bestehenden Co-Morbiditäten zumeist viele Medikamente einnehmen. Da wäre es von Vorteil, wenn sich das komplexe Behandlungsregime durch Verzicht auf nicht zwingend benötigte Medikamente vereinfachen ließe.
Eine solche Möglichkeit deutet sich in der beim Kongress Heart Failure 2019 der European Society of Cardiology (ESC) in Athen in einer „Late-breaking Clinical Trial“-Sitzung vorgestellten ReBIC-Studie an. Ihre Ergebnisse sprechen dafür, dass bei klinisch stabiler Herzinsuffizienz unter Umständen ein Stopp der zur Symptomverbesserung verordneten Diuretika-Therapie erwogen werden kann, ohne dass dies klinische Verschlechterungen zur Folge hat.
Furosemid-Therapie bei jedem zweiten Teilnehmer abgesetzt
In die von einem brasilianischen Forschungsnetzwerk zur Herzinsuffizienz (ReBIC) an 11 Zentren in Brasilien durchgeführte Doppelblind-Studie hat eine Forschergruppe um Dr. Andréia Biolo von der University of Rio Grande do Sul in Porto Alegre insgesamt 188 Patienten mit stabiler chronischer Herzinsuffizienz (NYHA I/II, linksventrikuläre Auswurffraktion < 45%) ohne Stauungszeichen aufgenommen.
Alle Teilnehmer hatten zuvor mindestens sechs Monaten lang eine niedrig dosierte Therapie mit Furosemid (40 - 80 mg pro Tag) erhalten, ohne dass in dieser Zeit eine wegen Herzinsuffizienz-Problemen erfolgte Klinikeinweisung notwendig gewesen war. Nach einer Zufallszuteilung (Randomisierung) wurde die Furosemid-Therapie entweder gestoppt (Interventionsgruppe) oder fortgesetzt (Kontrollgruppe).
Kein Unterschied bezüglich Dyspnoe und Zusatz-Diuretika
Maßgebliches Vergleichskriterium war zum einen der anhand einer visuellen Analogskala von den Patienten wiederholt beurteilte Schweregrad einer Dyspnoe. Hier gab es im Zeitraum von 90 Tagen nach Randomisierung keinen signifikanten Unterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe (p=0,94).
Verglichen wurde zum anderen der jeweilige Anteil an Patienten, die in diesem Beobachtungszeitraum ohne zusätzliche Furosemid-Gabe (additiv zur bestehenden Furosemid- oder Placebo-Therapie) auskamen. Auch bezüglich dieses Endpunktes war der Unterschied zwischen den Gruppen mit und ohne Diuretika-Stopp nicht signifikant (75,3% vs. 83,9%, p=0,16).
Bei den Veränderungen von kardialen Biomarkern (NTpro-BNP) oder Körpergewicht wurden ebenfalls keine relevanten Unterschiede festgestellt. Die Rate an klinischen Ereignissen (Tod, Klinikeinweisung wegen Herzinsuffizienz) war in beiden Gruppen mit jeweils 5,4% identisch. Allerdings ist die Studie aus statistischer Sicht zu klein, um zuverlässige Ergebnisse bezüglich des Risikos für entsprechende Ereignisse liefern zu können.
Beobachtungsdauer war relativ kurz
Die Ergebnisse zeigten, dass „Patienten mit stabiler Herzinsuffizienz, die die Diuretika-Einnahme stoppen, nicht mehr Dyspnoe entwickeln als Patienten mit beibehaltener Therapie. Das Absetzen der Therapie hat auch zu keiner Zunahme von zusätzlichen Diuretika-Verordnungen geführt. Rund 20% der Patienten in beiden Gruppen haben – vermutlich zur Symptomverbesserung – eine On-Top-Therapie mit Diuretika benötigt“, wird Biolo in einer ESC-Pressemitteilung anlässlich der Studienpräsentation zitiert.
Allerdings ist dabei in Rechnung zu stellen, dass diese Ergebnisse bei ausgewählten, relativ jungen Patienten (Durchschnittalter 59 Jahre) mit seit Längerem stabilisierter Herzinsuffizienz erzielt wurden. Zudem war die Beobachtungsdauer relativ kurz und die statistische Power der Studie zu gering, um die Sicherheit der geprüften Strategie zuverlässig anhand klinischer Ereignisse beurteilen zu können.
Andere Erfahrungen in der TRED-HF-Studie
Die ReBIC-Ergebnisse stehen im Übrigen im Gegensatz zu denen der beim AHA-Kongress 2018 vorgestellten TRED-HF-Studie bei Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie. Auch in der randomisierten TRED-HF-Studie ging es um die Frage, ob bei Patienten, die bezüglich Symptome und Herzfunktion auf die Therapie gut angesprochen hatten, auf einen Teil der Medikamente verzichtet werden kann. Anders als in der ReBIC-Studie standen dabei aber nicht ausschließlich Diuretika im Fokus.
Im Unterschied zu ReBIC hatte das in strukturierter stufenweiser Form vorgenommene Absetzen von Medikamenten in TRED-HF bei vielen Patienten eine klinische Verschlechterung zur Folge. Die Studienautoren schlossen daraus, dass ein gutes Ansprechen auf die medikamentöse Therapie zumindest bei dilatativer Kardiomyopathie nur einer „Remission“ gleichkommt und eine Verschlankung der Pharmakotherapie hier rasch Probleme heraufbeschwört.