Wird die (orientierende) Echokardiografie bald deutlich einfacher? In den USA haben jetzt acht Krankenpflegekräfte ohne jegliche Echo-Erfahrung vier Kernparameter der Echo-Bildgebung zuverlässig gemessen – weil ein cleverer Algorithmus sie unterstützte.
Wissen zu „demokratisieren“ ist eines der ältesten und für viele attraktivsten Versprechen der Digitalisierung. Das zu erreichen ist mit Lexikonwissen relativ simpel, mit praktischen Fähigkeiten etwas schwieriger.
KI gibt konkrete Anleitungen
Dass es geht, zeigen aktuelle Entwicklungen im Bereich Point-of-Care-Ultraschall. In JAMA Cardiology berichten Akhil Narang von der Northwestern University in Chicago und Kollegen von einer Software mit einem Maschinenlernalgorithmus, der den Anwender durch eine Basis-Echokardiografie quasi durchleitet. Auf dem Monitor wird nicht nur das Ultraschallbild angezeigt, sondern es wird auch eingeblendet, wie die Sonde gesetzt, gekippt, gedreht oder verschoben werden sollte, um optimale Bilder für unterschiedliche kardiologische Fragestellungen zu generieren.
Konkret ging es um die linksventrikuläre Funktion und Größe, die rechtsventrikuläre Größe und um (relevante) Perikardergüsse. Dass die Bilder, wenn sie in hoher Qualität generiert werden, dann prinzipiell auch automatisch ausgewertet werden könnten, liegt auf der Hand.
Basiskenntnisse auch ohne Kardiologen
Darum ging es in dieser Studie aber nicht. Das „Zielszenario“ ist, dass an Orten, an denen es zwar ein Ultraschallgerät, aber keine Echokardiografie-kundigen Ärzte gibt, zumindest wesentliche basisdiagnostisch relevante Parameter bestimmt werden können, ohne dass der Kardiologe geholt oder der Patient verlegt werden muss.
Trainiert wurde der „Hands-on“-Algorithmus, der von dem Unternehmen Caption Guidance stammt und auf einem neuronalen Netzwerk basiert, anhand von insgesamt 5 Millionen Datensätzen, die von 15 verschiedenen Ultraschallexperten kamen und die jeweils Informationen zum Ultraschallbild, zur Positionierung der Sonde und zum Patienten erhielten. Was den Patienten anging, waren insbesondere Body Mass-Index und Allgemeinzustand relevant.
Auf Basis dieser Daten lernte der Algorithmus, den jeweiligen Nutzer hinsichtlich der Positionierung der Sonde in Echtzeit zu korrigieren. Ebenfalls hinterlegt ist eine Abschätzung der Bildqualität: Sobald eine bestimmte Schwelle an Bildqualität bei einem eingestellten Blick erreicht ist, startet die Videoaufzeichnung automatisch.
Getestet mit Pflegekräften ohne Echo-Erfahrung
Für die Studie führten insgesamt acht Pflegekräfte ohne Echokardiographie-Erfahrung jeweils dreißig Untersuchungen durch, und zwar nach einem Protokoll, bei dem insgesamt zehn Blicke eingestellt werden mussten, inklusive Standards wie 3-, 4- und 5-Kammer-Blick in unterschiedlichen Achsen. Jeder Patient wurde nach der KI-gestützten Untersuchung durch die Pflegekraft von einem sehr Echokardiografie-erfahrenen Arzt nachuntersucht, der keinen Zugang zu der KI-Software hatte, sich aber nach demselben Protokoll richtete. Alle aufgezeichneten Bilder und Filme wurden von (anderen) Echokardiografie-Experten verblindet bewertet. Primärer Endpunkt war die Beurteilbarkeit von linksventrikulärer Funktion und Größe, rechtventrikulärer Größe und Perikarderguss in der Einschätzung der verblindeten Kardiologen.
Bilder waren zu 98,8% auswertbar
Die Ergebnisse zeigen, dass die Software-geführte Basisechokardiografie bei einem Großteil der Patienten gut auswertbare Bilder bzw. Filme produziert. Bei 237 von insgesamt 240 Software-geführten Scans (98,8%) waren die verblindeten Kardiologen der Meinung, dass die genannten Parameter auswertbar waren. Nur bei der rechtsventrikulären Größe war die Trefferquote mit 222 von 240 als auswertbar beurteilen Scans etwas geringer, lag aber immer noch über 90%. Es gab auch keine signifikanten Unterschiede zwischen den unterschiedlichen BMI-Kategorien, und es machte auch keinen Unterschied, ob es sich um Patienten mit unauffälligen oder pathologischen Befunden am Herzen handelte.
Möglicherweise ist diese Arbeit ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung einer deutlich breiteren Verfügbarkeit einer Point-of-Care-Echokardiografie. Das gilt umso mehr, als die Hardware in Zeiten erster Tablet-basierter Lösungen kostengünstiger und mobiler wird.