Erschienen in:
02.09.2022 | Hypotonie | CME
Fetale und kindliche Herz-Kreislauf-Physiologie
Was der/die (Kinder‑)Anästhesist*in wissen sollte
verfasst von:
Dr. med. T. Ninke, Dr.med. A. Eifer, PD Dr. med. H.-J. Dieterich
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 10/2022
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Zusammenfassung
Unmittelbar postpartal kommt es beim Neugeborenen zu deutlichen Veränderungen der Herz-Kreislauf-Physiologie. Durch die ersten Atemzüge und die Entfaltung der Lungen fällt der pulmonalarterielle Widerstand. Dies führt zum Verschluss von Foramen ovale und Ductus arteriosus. In den ersten Lebenswochen ist eine Wiedereröffnung des Ductus arteriosus durch eine akute Erhöhung des pulmonalarteriellen Widerstands im Rahmen einer Hypoxie, Hyperkapnie oder massiven Überdruckbeatmung mit konsekutiver Linksherzbelastung möglich. Um eine solche Rekanalisierung zu erfassen, empfiehlt es sich, in den ersten Lebenswochen perioperativ die periphere Sauerstoffsättigung sowohl präduktal (rechte Hand) als auch postduktal (Füße) abzuleiten.
Eine exzessive Volumentherapie ist zu vermeiden, da das Myokard Neugeborener durch eingeschränkte Compliance, verminderte Kontraktilität und verminderte ventrikuläre Füllung gekennzeichnet ist.
Bislang fehlt eine einheitliche Definition von Hypotension im Kindesalter. Blutdruckwerte, die im wachen Zustand gemessen wurden, oder entsprechende Blutdruckwerte der 50 %-Altersperzentile können lediglich als Näherungswerte gelten. In jedem Fall muss in der Kinderanästhesie eine Hypotension erkannt und konsequent therapiert werden, um postoperative Endorganschäden – v. a. am Gehirn – zu vermeiden.
Die transkranielle Messung der Sauerstoffsättigung („cerebral regional oxygen saturation“, c‑rSO2) mithilfe der Nah-Infrarot-Spektrometrie (NIRS) liefert Informationen zur regionalen Gewebeoxygenierung und erlaubt Rückschlüsse auf die multifaktoriell bedingte Gehirnperfusion. So kann eine Überwachung des vulnerablen Organs Gehirn gewährleistet werden. Dieses Verfahren sollte v. a. bei Früh- und Neugeborenen angewendet werden. Abfälle der c‑rSO2 über 20 % des beim wachen Patienten gemessenen Ausgangswertes müssen hinterfragt und ggf. therapiert werden.