Stammzelltransplantation bei MS bleibt umstritten

Mit verschiedenen Konditionierungsregimen durchgeführte autologe Stammzelltransplantationen (aHSCT) konnten in Studien das Fortschreiten der Multiplen Sklerose (MS) bei einem großen Teil der Patienten aufhalten. Doch Sicherheitsbedenken sind längst noch nicht ausgeräumt. Als Gegenargument wird häufig noch eine sehr hohe Mortalität bei aHSCT angeführt. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten aber deutlich verändert, beteuerte Joachim Burman vom Department of Neuroscience an der Uppsala Universität (Schweden). Die behandlungsbedingte Mortalität einer aHSCT bei MS beträgt nach Registerdaten im Zeitraum nach 2005 nur noch 0,3%, bei Verwendung eines weniger intensiven Konditionierungsregimen beträgt sie sogar 0 [1]. Jüngstes Beispiel ist die randomisiert-kontrollierte Studie MIST, in der weder unerwünschte Ereignisse des Grads 5 (Tod) oder des Grads 4 im Zusammenhang mit der aHSCT auftraten [2]. Eingeschlossen worden waren Patienten mit schubförmig-remittierender MS, einem EDSS (Expanded Disability Status Scale) von 2,0 bis 6,0 nach mindestens sechs Monaten Behandlung mit einer zugelassenen Therapie und mindestens zwei Schüben in den letzten zwölf Monaten. Im Interventionsarm erhielten die Patienten eine aHSCT mit einer nicht myeloablativen Konditionierung mit Cyclophosphamid (200 mg/kg) und Antithymozytenglobulin (6 mg/kg), im Kontrollarm weiter einer Therapie mit einer krankheitsmodifizierenden Therapie (disease modifying treatment, DMT), wobei eine Eskalation oder ein Wechsel zu einer anderen Klasse von DMT vorgesehen war. Die Wirksamkeit der aHSCT im Vergleich zu einer optimierten DMT war hoch: In der aHSCT-Gruppe wiesen nach 5 Jahren gerade einmal 9,71% der Patienten einen bestätigten Behinderungsprogress von mindestens einem EDSS-Punkt auf, in der DMT-Gruppe dagegen 75,3%. Die annualisierte Schubrate wurde durch die aHSCT um 97,5% reduziert und viele Patienten verbesserten sich im EDSS-Wert sogar. Eine Freiheit von Krankheitsaktivität (NEDA 3) wiesen nach zwei Jahren noch etwa 90% der Patienten nach aHSCT auf, aber nur etwa 20% mit DMT. Nach fünf Jahren lag die NEDA-3-Rate im Interventionsarm bei etwa 80%, im Kontrollarm bei unter 10%. Eine Subgruppenanalyse der Patienten, die im Kontrollarm Natalizumab als besonders effektive Therapie erhalten hatten, zeigte ein ähnliches Bild. Evidenz noch nicht überzeugend Genau da setzte die Kritik von Steven Hauser von der Universität in Kalifornien in San Francisco an: Eine Progressionsrate von 54% nach 24 Monaten unter DMT, wenn etwa die Hälfte der Patienten Natalizumab erhalten haben, entspreche nicht den Daten aus anderen Studien mit dieser sehr effektiven Therapie. „Da würde man eher 6% erwarten“, betonte er und unterstellte einen erheblichen Selektionsbias in MIST. Er vertritt die Position, die immer selektiveren und wirksameren Therapeutika einzusetzen, die in den letzten Jahren verfügbar geworden sind, statt das Risiko einer aHSCT einzugehen. So verwies er auf Daten zur Wirksamkeit von Ocrelizumab, die auf eine ebenfalls hohe NEDA-Rate von 50% nach zwei Jahren hinweisen. Zudem sind für Hauser die Sicherheitsfragen bei aHSCT noch zu wenig geklärt. In MIST kam es zwar nicht zu unerwünschten Effekten mit Todesfolge, aber doch in der Folgezeit zu Autoimmunerkrankungen, wie Hyper- und Hypothyreoiditis und idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP). Auch das Risiko für Herpes zoster ist erhöht und das Langzeitmalignomrisiko einer aHSCT noch unklar. Empfehlung der Redaktion Highlights vom ECTRIMS-Kongress 2019 Das European Committee for Treatment and research in multiple sclerosis (ECTRIMS) traf sich zu seinem Kongress 2019 in Stockholm. Diskutiert wurden u.a. B-Zellen als neue Therapieoption, der Nutzen der Stammzelltransplantation oder was beim Impfschutz von MS-Patienten zu beachten ist. basierend auf: 35th Congress of the European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis (ECTRIMS), 11-13 September 2019, Stockholm; Session: Hot Topic 4: HSCT and stem cell treatments in MS Diese Berichterstattung wurde durch finanzielle Unterstützung des Unternehmens Roche Pharma AG ermöglicht. Das Unternehmen hatte keinen Einfluss auf die Inhalte der Berichterstattung.

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