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2020 | Buch

Du studierst doch Medizin, sag mal ...

Alltagsbeschwerden einfach erklärt - Innere Medizin I

verfasst von: Dr. Martina Kahl-Scholz

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Wer kennt es nicht – man ist mitten im Medizinstudium, hat zwar schon einiges, aber längst noch nicht alles gelernt und fühlt sich in Sachen Diagnosestellung alles andere als sattelfest. Und dann kommt sie, die unvermeidliche Frage auf der nächsten Familienfeier: „Du, sag mal, Du studierst doch Medizin, kannst Du mir sagen, was das hier ist?“ – und ehe man sich versieht, wird man mit veränderten Hautstellen, geschwollenen Mandeln und weiteren Symptomen konfrontiert, die man gar nicht unbedingt von seiner näheren Bekannt- und Verwandtschaft sehen und wissen wollte. Einerseits schlägt da stolz das Herz in der Brust, andererseits aber nur so lange, wie man mit den Symptomen auch etwas anfangen kann. Was, wenn die Frage zur schuppenden Hautstelle vor dem Semester kommt, in dem die Dermatologie dran ist? Und wenn man auch nicht aus dem eigenen Erfahrungsfundus schöpfen kann? Was, wenn man zwar dunkel ahnt, was Besenreiser sind, aber keine Antwort auf die Frage parat hat, ob man etwas dagegen machen muss?

Diese Buchreihe soll auf eine leicht verständliche Art helfen, die meisten und gängigsten Alltagszipperlein zu erklären und zu erkennen. Welche Fragen sollten Sie anderen oder sich stellen, um auf die richtige Fährte zu kommen und Mögliches von Unwahrscheinlichem abzugrenzen?

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. …kannst Du Dir erklären, warum ich immer mit Schmerzen hinter dem Brustbein und einer heiseren Stimme aufwache?
Zusammenfassung
Abends, 21 h, Sie haben mit Freunden aus der Uni zusammengesessen, geredet und etwas gegessen, als sich plötzlich der junge Mann neben Ihnen, der Physik studiert, mit schmerzverzerrten Gesicht nach vorne beugt und seine Hand schützend mittig unter die Brust hält. Eine Sekunde später entspannt er sich wieder. Sie fragen: „Alles okay?“ „Ja, schon wieder in Ordnung, so etwas habe ich manchmal nach dem Essen.“, antwortet er und führt dann fort: „Aber sag mal, Du studierst doch Medizin, da habe ich mal eine ganz andere Frage: Manchmal wache ich morgens auf und habe hier Schmerzen, kurz unter, fast hinter der Brust, und eine ziemlich raue Stimme – hast Du irgendeine Ahnung, was das sein könnte?“.
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 2. …warum funktioniert das immer nur alle paar Tage?
Zusammenfassung
„Nein danke, für mich nicht.“ Sandra winkt ab und lächelt etwas gequält. So haben Sie sie noch nie erlebt. Sonst ist Sandra diejenige, die sich Vor- und Hauptspeise bestellt, heute will sie gar nichts essen?!? Auch die anderen am Tisch schauen irritiert, das ist sehr untypisch für sie. „Du willst doch wohl nicht etwas abnehmen?“ fragt Leonie entsetzt, die direkt neben ihrer schlanken Silhouette sitzt. Sandra ist das alles ganz offensichtlich unangenehm, sie windet sich unter den Blicken der anderen, deswegen versuchen Sie, das Thema auf etwas anderes zu lenken. „Habe ich Euch schon erzählt, was neulich im Präp-Kurs passiert ist?“ Jetzt sind es die anderen, die abwinken und angeekelt das Gesicht verziehen. „Ey, ganz bestimmt nicht vorm Essen, erst recht nicht während des Essens und wage es ja nicht, nach dem Essen damit anzufangen!“ kommentiert Tom Ihre Überleitung. Damit ist das Thema zwar passé, aber an Sandra denkt gerade auch keiner mehr. Nach dem Essen, bei dem sie stur auf ihr Handy gestarrt hat, setzen Sie sich rüber zu ihr und fragen leise: „Sag mal, alles okay bei Dir? So kenn’ ich Dich gar nicht.“ Sandra schaut wieder bedrückt, fast peinlich berührt und schüttelt den Kopf. „Nein, es ist nicht alles okay, aber das ist ein Thema, das mir echt unangenehm ist und hier in der Gruppe kann ich darüber nicht reden. Will ich auch gar nicht!“ schiebt sie trotzig und resolut nach. „Und was, wenn Du nur mir erzählst, was los ist? Du weißt doch – ich studiere Medizin, ich bin quasi schweigeverpflichtet.“ Sie grinsen Sandra zwinkernd an und zum ersten Mal an diesem Abend huscht so etwas wie ein Lächeln über ihr Gesicht. „Also gut.“, sagt sie zögerlich. „Ich habe seit ein paar Wochen das Problem, dass ich nicht mehr oft…, also dass ich nur mit Problemen…ähm, naja Du weißt schon!“ Sandra stammelt und findet ganz offensichtlich nicht die richtigen Worte. Sie blicken sie fragend an, sagen aber nichts, sondern warten. „Ich kann nicht auf die Toilette.“ wispert Sandra nach einiger Zeit so leise, dass selbst Sie es kaum hören können. Sie nicken langsam, verständlich, dass ihr das unangenehm ist. „Seit wann?“, fragen Sie mit genau der gleichen leisen Stimme wie Sandra. Sie zuckt mit den Schultern und antwortet: „Seit etwa zwei Wochen. Das ist so schlimm, ich mag echt nix mehr essen. Heute ist wieder mal Tag drei, ich fühl mich wie ein Ballon.“ „Hast Du denn irgendetwas an Deiner Ernährung geändert? Trinkst Du genug?“ sind die ersten Fragen, die Ihnen in den Sinn kommen. „Nein, hab’ ich nicht, und ja tue ich.“ Sandra klingt so, als würde sie gerade bereuen, das Thema überhaupt angesprochen zu haben. „Okay…Medikamente? Nimmst Du etwas ein, das Du vorher nicht genommen hast?“ bohren Sie weiter. „Was soll das denn damit zu tun haben? Aber im Übrigen: nein, tue ich nicht. Ich bin kerngesund. Mein Hausarzt hat mir zwar vor drei Wochen Eisentabletten verschrieben, weil irgendein Blutwert unterirdisch war, aber das sind weder richtige Medikamente, noch kann es an sowas liegen!“ Kann es nicht?
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 3. …warum habe ich immer wieder diese Schmerzen an der rechten Seite?
Zusammenfassung
„Hey, was los?“ Marc beugt sich zu Steffen herunter, der vor dem Hörsaal steht, die Hand über seine rechte Flanke hält und leise stöhnt. Beide waren nach dem Essen in der Mensa gerade auf dem Weg zur Biologie-Vorlesung, als Steffen plötzlich stehengeblieben war. „Keine Ahnung!“, keucht er. „Das hatte ich in letzter Zeit schon öfters, aber so schlimm war es noch nie, ich kann vor Schmerz gar nicht richtig atmen.“ Er stöhnt wieder und hält die Hände schützend über die Seite. „Soll ich Dich zum Arzt bringen?“, fragt Marc besorgt. „Ne, lass mal, danke. Heute wird doch über die Klausurthemen gesprochen, ich schaff’ das schon und geh heute Nachmittag zum Arzt.“, raunt Steffen und versucht sich aufzurichten, aber scheinbar setzt der Schmerz sofort wieder ein, denn er kehrt umgehend in die gekrümmte Haltung zurück und erklärt: „Boah, das ist so fies, das zieht bis in die Schulter!“ „Pass auf, mein Lieber“, Marc klingt jetzt resolut, als würde er keinen Widerspruch zulassen, „Du gehst jetzt sofort zu Deinem Arzt oder hier in die Notaufnahme, das ist mir egal. So, wie ich Dich hier sehe, eher direkt in die Notaufnahme. Ich notiere hier alles, du wirst nix verpassen, aber das scheint mir doch ein Notfall zu sein!“ Er schaut Steffen streng an und zieht eine Augenbraue hoch, als dieser abwinken will. „Okay“, gibt sich Steffen geschlagen und macht sich auf den Weg Richtung Ausgang. Allerdings kommt er nicht weit, sondern bleibt nach zwei Metern stehen, um sich wieder zu krümmen. Marc rennt hinter ihm her. „Du gehst nirgendwo alleine hin, ich sag eben Alice Bescheid, dass wir ihre Aufzeichnungen brauchen und dann gehen wir zusammen in die Notaufnahme.“ Steffen wehrt sich nicht und nickt nur knapp. Als Sie endlich in der Notaufnahme dran sind, darf Marc nach Einwilligung von Steffen bei der Untersuchung dabeibleiben. „Sie studieren also beide Medizin?“, fragt der junge Assistenzarzt, der Steffen untersucht. „Ja“, antwortet Marc etwas verlegen und für beide. „Aber erst in der Vorklinik“, schiebt er schnell und fast entschuldigend hinterher. „Na, dann wollen wir mal sehen, was Ihnen fehlen könnte. Atmen Sie bitte einmal aus.“ Der Arzt legt seine Hände vorsichtig an den unteren Rippenbogen und drückt langsam nach unten. „Und wieder ein.“, bittet er Steffen, der das zwar versucht, aber sofort seine Atmung unterbricht und schmerzverzerrt das Gesicht verzieht. „Mr. Murphy lässt grüßen. Das hatte ich mir gedacht!“, murmelt der Arzt und zieht das Sonographie-Gerät zu sich heran. „Was meinen Sie“, er wendet sich zu Marc, „was Ihr Freund haben könnte? Eine Idee?“ Marc schaut wie ein aufgeschrecktes Kaninchen zuerst den Arzt und dann Steffen an. Er denkt angestrengt nach….
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 4. …woher kommt diese furchtbare Übelkeit und das Erbrechen?
Zusammenfassung
„Boah, beeilst Du Dich bitte mal?“ Eva hämmert schon zum 3. Mal gegen die Tür des WG-Bades: „Ich muss gleich los und Du besetzt das Bad nun seit gefühlt 100 Stunden!“ Von innen kommt ein Stöhnen. Eva horcht auf und fragt etwas ruhiger: „Alles okay bei Dir, Aggi?“ Agnes, ihre Mitbewohnerin, die auf Lehramt studiert, antwortet mit matter Stimme: „Nein, gar nicht. Ich kann hier nicht weg, ich bin undicht.“ Eva steht vor der Tür, runzelt die Stirn und schüttelt den Kopf. „Bitte was? Was meinst Du damit?“ Anstelle einer Antwort hört Eva nur ein gurgelndes Würgegeräusch und das Plätschern der Toilette. „Okaaay!“, langsam begreift sie. „Warst Du gestern feiern?“ „Ha!“, zum ersten Mal ist etwas Leben in Aggis Stimme, „Feiern, von wegen, dann hätte ich ja wenigstens vor diesem Alptraum noch Spaß gehabt. Mir geht’s seit gestern früh schon nicht gut, mir war die ganze Zeit flau im Magen, ich hatte so`ne Art Gliederschmerzen und heute Nacht ging es dann richtig los, nach allen Seiten, deswegen bin ich kaum vom Bad runtergekommen. Dabei bin ich so unendlich müde, ich will nur schlafen. Aber alleine die ständigen Bauchkrämpfe hindern mich daran.“ Eva nickt, was Aggi natürlich nicht sehen kann. „Bist Du noch da?“, fragt sie deswegen zögerlich. „Klar, bin ich noch da.“, antwortet Eva prompt, „Kann ich Dir was bringen, brauchst Du was?“ „Ja.“, Aggi klingt wieder ganz schwach, „jemand, der mir sagt, dass das nix Schlimmes ist, auch wenn es sich anfühlt wie sterben. Vielleicht jemanden, der Medizin studiert…?“ Eva muss grinsen. „Ich bin erst im 4. Semester, Aggi, weißt Du doch.“ Sie seufzt, lehnt sich gegen die verschlossene Badezimmertür und erklärt weiter. „Für mich hört sich das nach Magen-Darm-Grippe an. Oder danach, dass Du irgendetwas so gar nicht vertragen hast. Aber Gliederschmerzen und so…“ Eva hält kurz inne und schüttelt dann energisch den Kopf. „Ne, das klingt eher nach Magen-Darm.“ „Meinst Du?“, stöhnt Aggi, „Sowas hatte ich mein ganzes Leben noch nicht, nicht mal als Kind – glaub ich. Könnte es nicht doch was anderes sein?“ Eva denkt ein paar Sekunden nach, bevor sie antwortet: „Klar kann es auch etwas anderes sein, aber wie heißt es so schön in der Medizin: Häufiges ist häufig, Seltenes ist selten. Ich glaube nicht, dass Du kurz vor den Prüfungen z. B. eine fiese Blinddarmentzündung kriegst, das wäre eine der möglichen Alternativen. Such’s Dir aus.“ Im Bad ist es jetzt ruhig. „Warum glaubst Du denn, es könnte Magen-Darm sein?“, fragt Aggi noch einmal mit dünner Stimme nach.
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 5. …warum brennt es immer so oft so schrecklich?
Zusammenfassung
„Lässt Du mich noch mal eben durch? Tschuldige.“, murmelt Danai peinlich berührt und schleicht sich an Ihren Beinen vorbei, raus aus der Stuhlreihe und dem Hörsaal. Sie schnalzen etwas genervt mit der Zunge und setzen sich wieder gerade hin, um sich auf den Dozenten zu konzentrieren, der gerade über das somatosensorische System doziert. Sie notieren im Laptop gerade die fünf Submodalitäten, als Danai wieder vor Ihnen steht und Sie entschuldigend anblickt. Seufzend schlagen Sie die Beine zur Seite und lassen sie vorbei. Als Danai sitzt und ebenfalls wieder ihren Laptop auf den Knien balanciert – gerade geht es um das ARAS –, fragen Sie leise von der Seite: „Sag mal, alles okay bei Dir? Das war jetzt schon das dritte Mal in einer halben Stunde, dass Du rausgegangen bist.“ Danai schaut verlegen auf den Bildschirm und zuckt mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung, was los ist.“ Danach schaut sie stoisch nach vorne und notiert sich „Eigenschaften somatosensorischer Neurone“. Sie fragen nicht weiter, bemerken aber, dass es keine fünf Minuten dauert, bis Danai wieder unruhig hin und her rutscht. Der Dozent beschreibt gerade, was unter Viszeroszeption zu verstehen ist, als erneut schmale Finger vorsichtig auf Ihren linken Unterarm klopfen. Danai schaut entschuldigend und flehend Richtung Hörsaalausgang. Sie runzeln die Stirn, halten ihren Laptop fest und schwingen die Beine zur Seite, was Danai nutzt, um geradezu fluchtartig den Saal zu verlassen. „Über die Afferenzen und Efferenzen der Viszerozeption werden über Regelkreise unbewusst die vegetativen Funktionen gesteuert.“, ertönt die Stimme des Dozenten von unten. „Das Parenchym der Leber ist (im Gegensatz zur Kapsel) wie das von Pankreas, Niere, Nebenniere, Milz und Gehirn praktisch nicht innerviert und damit kaum schmerzempfindlich. Überdehnung und Spasmen der ableitenden Harnwege werden als Schmerz wahrgenommen. Darüber hinaus wird auch der Füllungszustand der Blase, also der Harndrang wahrgenommen.“ Bei den letzten Worten bemerken Sie Danai neben sich und lassen sie wieder rein. „Harndrang, genau mein Thema!“, sagt sie genervt. „Also deswegen musst Du immer raus?“, fragen Sie vorsichtig? Danai nickt stumm. „Exakt. Ich weiß nicht warum. Und ob das nicht genug wäre, kommt zu allem Überfluss noch dazu, dass es wehtut, das…Du weißt schon.“ „Honeymoon, baby.“, grinsen Sie ein wenig schelmisch. „Bitte, was?“ Danai ist sichtlich irritiert und versteht nicht, was das eine mit dem anderen zu tun haben könnte. „War mehr ein Scherz“, rudern Sie sofort zurück. „Aber für mich hört sich das an wie eine Blasenentzündung.“ Danai nickt leicht: „Ja, habe ich auch schon dran gedacht, aber was hat das bitte mit den Flitterwochen zu tun?“
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 6. …woher kann dieser Druck immer nach dem Essen kommen?
Zusammenfassung
„Hmmmm.“ Etwas verkrampft hält sich Paul die Hand übers Brustbein und beugt sich vorne über. „Was ist los?“, fragt Natalie, die ihm gegenübersitzt. Auch Sie schauen ihn fragend an. Bis gerade war noch alles in Ordnung – der Abend zu dritt war genauso lustig verlaufen wie erhofft, endlich hatte es geklappt, dass sie drei sich mal wieder treffen konnten, seit dem Abi hatte sich das sehr verlaufen und nun endlich war die alte Gang wieder zusammen. Paul, der BWL studierte, Natalie, die Heilerziehungspflegerin werden wollte, und Sie, im 2. Semester Medizinstudent. Das Essen war lecker, so wie immer, und bis gerade lief der Abend auch vollkommen locker, aber jetzt sah Paul tatsächlich etwas angespannt aus und hielt sich nach wie vor die Hand auf das Brustbein. „Ich weiß nicht genau, was das ist.“, beantwortet Paul die Frage, „Ich hatte das in letzter Zeit häufiger.“ Er dreht sich weg und hält die andere Hand vor den Mund, um aufzustoßen. „Tschuldigt.“ Paul dreht sich wieder in Ihre Richtung und erklärt weiter: „Immer nach dem Essen habe ich dieses komische Druckgefühl hier…“. Er klopft sich mit der flachen Hand auf das Brustbein in der Herzgegend. „Das ist echt unangenehm.“ Er dreht sich wieder zur Seite, um erneut aufzustoßen. „Und das nervt auch!“, schiebt Paul hinterher. Natalie schaut Sie fragend an: „Du studierst doch jetzt Medizin, Herr Doktor, was könnte das denn sein?“
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 7. …wieso lassen die Schmerzen nach dem Essen nach?
Zusammenfassung
„Hallo Schatz!“ Theresas Vater klingt wie immer etwas gehetzt und busy. „Wie geht’s Dir?“ Theresa holt gerade aus, um zu antworten, als ihr Vater sie schon wieder unterbricht. „Hast Du schon Deine erste Operation hinter Dich gebracht?“ Theresa rollt mit den Augen und antwortet heftiger als gewollt: „Papa, lass es! Du weißt, dass ich immer noch im Grundstudium bin!“ Einen kurzen Moment herrscht Stille, dann schiebt ihr Vater mit einem leicht amüsierten Klang in der Stimme ein „Mag sein, aber früh übt sich“ nach. „Du, Schatz, ich kriege gerade einen wichtigen Anruf, ich rufe Dich in 5 Minuten zurück.“ Und schon ist er weg. So läuft das immer, vor allem in der Woche. Am Wochenende hat Theresas Vater wenigstens mal Zeit, um drei Sätze geradeaus zu sprechen, ohne durch irgendeinen Gedanken, einen Anruf oder eine E-Mail unterbrochen zu werden. Manchmal macht das Theresa wirklich Sorgen, gerade, nachdem sie in den letzten Semestern immer wieder gehört hat, was Stress- vor allem chronischer –, Schlafmangel und Rauchen im Körper auslösen kann. Ihr Papa ist und bleibt ein Workaholic, der nicht gut auf sich achtet, denkt sie gerade, als das Smartphone wieder klingelt. „Jahaaa?“, fragt Theresa in das Mikro, gerade so, als wüsste sie nicht, wer dran ist. „Ich bin’s nochmal.“ Die Stimme ihres Vaters klingt plötzlich nicht mehr geschäftig, sondern eigenartig matt. „Alles okay bei Dir, Dad?“ Sie hört, wie ihr Vater scheinbar etwas auspackt, es raschelt und dann antwortet er mit vollem Mund: „Jaja, alles okay. Ich muss nur was essen, dann geht’s gleich wieder.“ Theresa stutzt: „Was geht dann wieder?“, fragt sie. „Na, die Schmerzen.“, antwortet ihr Vater, als sei das selbstverständlich. „Ach so, klar, die Schmerzen!“ Theresa ist immer noch etwas genervt vom ersten Anruf. „Dad, was für Schmerzen? Du hast mir bisher nichts von irgendwelchen Schmerzen erzählt!“ Ihr Vater seufzt tief und erklärt mit etwas weniger fester Stimme: „Ich habe seit einigen Tagen – vielleicht sind es auch schon Wochen? –, so ein Druck- und Schmerzgefühl im oberen Bauchbereich. Komischerweise nachts oder wenn ich nichts gegessen habe. Sobald ich etwas esse…“ Theresa hört, wie er irgendetwas abbeißt und kauend weiter erklärt: „geht es recht schnell wieder.“ Theresa runzelt die Stirn. „Eigenartig“, antwortet sie. „Ja, Frau Doktor, sehr eigenartig. Sie könnten ja mal in ihre schlauen Bücher schauen, um dem armen alten Vater zu helfen?!?“ Sie muss lachen: „Du bist weder arm noch alt. Aber ich muss tatsächlich noch einmal etwas nachlesen, mir kommt da so eine Idee….“
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 8. …woher können diese immer wiederkehrenden, unerträglichen Schmerzen im Rücken kommen?
Zusammenfassung
„Hi, wie war Dein Wochenende?“ Tom schaut Sie fragend an und kippt den letzten Automatenkaffee mit einem angewiderten Gesichtsausdruck runter. „Boah, der wird auch nicht besser.“ Sie schmunzeln: Jedes Mal regt sich Tom über das „miese Gebräu“ auf und jedes Mal holt er sich vor der Physikvorlesung wieder einen Becher voll davon. „Ganz okay“, beantworten Sie seine Frage. „Und Deins?“ „Aufregend“, sagt Tom und macht eine Pause. „Weiiiiiiil?“ Sie tun ihm den Gefallen und fragen nach. „Weil ich meine Tante in die Notaufnahme begleiten musste.“ „Oh“, damit haben Sie nicht gerechnet – mit Partygeschichten, Streit mit der Schwester oder sonst etwas, aber nicht mit einem Satz, in dem das Wort „Notaufnahme“ vorkommt. „Verdammt, das tut mir leid. Was ist passiert?“ Tom atmet tief ein und beginnt zu erzählen: „Am Samstag hat meine Mutter ihren Geburtstag nachgefeiert. Es waren echt viele Verwandte und Freunde da. Mein Vater hatte gerade den Grill angeschmissen, als Anne, meine Tante, die den ganzen Tag schon ungewöhnlich still war, plötzlich mehr oder weniger stöhnend zusammengebrochen ist. Wir haben uns alle furchtbar erschreckt und Anne ins Haus gebracht. Da haben wir sie dann auf das Sofa gelegt. Sie konnte vor Schmerzen erst gar nicht reden. Meine Mutter wollte sofort den Notarzt rufen, aber da hat Anne abgewinkt, das wollte sie nicht. Irgendwann hat sie dann erzählen können, dass sie furchtbare Schmerzen im Rücken hat, die nach unten und in den Bauch ziehen. Nicht die ganze Zeit, aber eben immer wieder. Zwischendurch hat sie gescherzt, wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie denken, sie kriegt gerade ein Kind, so fühle es sich an. Bei der nächsten Schmerzattacke wurde ihr dann auch noch schlecht und sie musste sich übergeben. Das hat meiner Ma dann gereicht und Anne war das auch nicht mehr geheuer, also haben mein Vater und ich Anne ins Krankenhaus gefahren. Der hat direkt einen Verdacht gehabt, der sich ein paar Untersuchungen später auch bestätigt hat. Mittlerweile geht es Anne echt wieder besser, allein durch die Medikamente.“ Tom beendet seine Erzählung und deutet auf die Hörsaaltür: „Sollen wir?“, fragt er und macht einen Schritt auf den Eingang zu. Sie bleiben wie angewurzelt stehen und schauen Tom verständnislos an: „Äh, und was hatte Deine Tante jetzt?“ Tom grinst und geht einen weiteren Schritt Richtung Tür: „Das, mein werter angehender Kollege, kannst Du Dir ja mal überlegen, während wir der irrwitzigen Welt der Physik lauschen!“ „Du doof“, etwas Besseres fällt Ihnen gerade nicht ein, aber tatsächlich arbeitet es in Ihrem Kopf und erste Symptome beginnen sich, zu einem Verdacht zu formieren….
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 9. …warum habe ich immer Magenprobleme, wenn ich bei meiner Oma zum Kuchenessen eingeladen bin?
Zusammenfassung
„Jedes verdammte Mal, ich verstehe das nicht!“ Es ist Sonntagabend. Tim steht in der Küche und macht sich im Wasserkocher Wasser für die Wärmflasche warm. Er sieht etwas blass aus, als würde es ihm nicht gut gehen. „Das hattest Du doch auch schon vor zwei Wochen, oder?“ Tine hält ihm einen Becher mit Teebeutel hin und schaut fragend. „Ja, genau. Und wüsste ich es nicht besser, würde ich denken, es hätte etwas mit den Besuchen bei meiner Oma zu tun.“ Tim schüttet Tine etwas Wasser in ihren Becher, dann füllt er seine Wärmflasche und verschwindet in Richtung seines Zimmers. Tine tapert ihm hinterher. „Was genau machst Du denn immer bei Deiner Oma?“ Tim antwortet nicht. Stattdessen lässt er sich stöhnend auf sein Sofa fallen und legt die Wärmflasche auf seinen Bauch. Tine steht im Türrahmen und schlürft vorsichtig aus ihrer Tasse Tee. „Was macht man schon bei seiner Oma?“, fragt Tim etwas genervt, „Kaffeetrinken, Kuchen essen und die üblichen Fragen beantworten: Wie läuft es im Studium? Was willst Du damit später mal machen? Wer braucht schon Germanistik? Bla, bla, bla….“ Er verzieht das Gesicht und drückt seine Wärmflasche noch fester auf den Bauch, Tine grinst: „Vielleicht hast Du deswegen Bauchschmerzen.“ Tim rollt mit den Augen und antwortet abfällig: „Ich seh’ schon, Du wirst später mal eine hervorragende Frau Doktor. Ich verstehe es einfach nicht, im Ernst.“ „Gut, dann ebenfalls im Ernst: Was für Kuchen gibt es immer?“ Tim denkt kurz nach: „Immer wieder anderen, Oma hat das Backen für sich entdeckt. War vorher nicht so ihrs, aber sie backt mit Zuckerersatzstoffen, wegen ihrem Diabetes.“ Tine hebt triumphierend ihre Tasse in die Luft: „Aha!“, ruft sie. „Aha, was?“ Tim schaut sie fragend an. „Aha, eben! Ich kann mir gut vorstellen, dass sie vielleicht so etwas wie Fructose oder Sorbit verwendet. Das ist für Diabetiker besser geeignet als der normale Haushaltszucker. Und das kann schonmal zu Unverträglichkeiten führen.“ Tim schaut verwirrt. „Was heißt das dann genau, dass ich eine Allergie habe gegen sowas?“ Tine schüttelt energisch den Kopf: „Keine Allergie, aber Deinem Darm ist das einfach zu viel.“ Tims Verwirrung steht ihm immer noch ins Gesicht geschrieben. „Versteh ich nicht, kann mir das Frau Doktor mal genauer erklären?“
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 10. …warum spielt bei mir alles verrückt, wenn ich weniger schlafe oder aufgeregt bin?
Zusammenfassung
„Ich kann das nicht, ich kann das nicht, ich kann das nicht!“ Jade guckt Sie verzweifelt an und nestelt an ihrer Kitteltasche herum. „Doch, kannst Du!“ Sie versuchen ruhig und sanft zu reden und schauen Jade direkt in die Augen. „Es ist Dein erstes Testat, das weiß der Prof doch auch, und der ist nett, glaub’ mir.“ Anstelle zu antwortet rennt Jade Richtung Keller, in dem die Toiletten sind. 10 min später schaut ein Mann mit grauen Haaren aus der Tür zum Präp-Saal, blickt in die Runde und fragt: „Frau Selzig?“ „Frau Selzig ist gerade kurz auf Toilette gegangen, sie kommt sofort.“, antworten Sie rasch. „Das wäre gut“, antwortet der ältere Herr, „wir können nicht ewig warten und es sind noch einige andere mit einem Testat heute dran.“ Sie nicken: „Ich weiß, Herr Professor Schniester. Ich schau mal nach ihr.“ In der Damentoilette ist es still, nur eine Kabine ist verschlossen, dahinter muss Jade sein. Sie klopfen vorsichtig an die Tür: „Jade? Herr Professor Schiester wartet auf Dich, es wird Zeit!“ Eine sehr dünne Stimme antwortet: „Ich kann das nicht. Mein Bauch spielt verrückt. Überall tut es weh, ich habe ständig das Gefühl, dass ich auf Toilette muss, ich kann mich vor lauter Krämpfen gar nicht konzentrieren, das Testat geht im wahrsten Sinne des Wortes in die Hose!“ Sie müssen etwas grinsen, was Jade zum Glück nicht sieht. Dann antworten Sie mit ruhiger Stimme: „Du kommst jetzt bitte raus. Du wirst das schaffen, wir haben Wochen gelernt, ich weiß, dass Du das kannst, Du kannst die obere Extremität auswendig, Jade. Wie schade wäre das, wenn jetzt alles umsonst gewesen wäre und Du mit all Deinem Wissen einfach so wieder nach Hause gehen würdest. Ich habe für so einen Fall immer Bachblüten in der Tasche, Notfalltropfen. Sie machen ruhiger, wirst schon sehen. Und wenn Du möchtest fragen wir Herrn Professor Schniester, ob ich mit zum Testat reindarf, ich wäre eh die nächste.“ Sie hören es klicken und sehen eine immer noch ängstliche Jade hinter der Tür hervorschauen. „Das würdest Du machen?“, fragt sie dankbar. „Klar, kein Problem, im Gegensatz zu Dir ist mein Bauch nicht so schnell zu erschüttern“, antworten Sie grinsend und reichen Jade das Bachblüten-Fläschen. „Hier, auf ex.“ Jetzt muss auch Jade kurz lächeln. „Ja, der verdammte Bauch, das ist mir geradezu peinlich. Ist nicht das erste Mal, dass ich ihn einfach nicht kontrollieren kann. Seit letztem Jahr ist alles, was das angeht, aus dem Tritt geraten.“ Sie schütteln den Kopf: „Muss Dir nicht peinlich sein, das haben viele, mein Vater hatte damit zum Beispiel auch Probleme. Aber wenn man weiß, dass man einen Reizdarm hat, kann man auch etwas dagegen tun oder für ihn, wie man das sehen will.“ Jade schaut Sie verständnislos an: „Einen Reiz-was?“ „Egal!“, Sie haken sich bei ihr unter und ziehen sie sanft Richtung Treppe, „Das erkläre ich Dir ein andermal, jetzt wartet auf uns die Rotatorenmanschette und der Plexus brachialis. Bereit?“
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 11. … woher kommen diese untertäglichen Schmerzen im Bauch, die sich wie ein Gürtel nach hinten ziehen?
Zusammenfassung
„Herr Leitner, was ist mit Ihnen?“ Jona sieht den Herrn von nebenan erschrocken an, der sich in seinem Sessel scheinbar vor Schmerzen zusammenkrümmt. Schon an der Tür sah er eigenartig blass aus und wirkte irgendwie abwesend. Als Jona ihm den Kuchen von seiner Mutter in die Hände drückte, konnte Herr Leitner den Teller kaum halten und hatte nicht einmal „Danke“ gesagt. Er schlurfte einfach wortlos in seine Küche und verschwand daraufhin im Wohnzimmer, wo ihn Jona im Sessel sitzend fand. Sein ganzes Verhalten ist sehr untypisch, sonst freut er sich immer, wenn Jona vorbeischaut und erzählt ihm von seinem letzten Kegelabend oder fragt, wie es „dem Jung“ im Studium geht. Herr Leitner ist ein sehr netter Mann, den Jona schon früher gut leiden konnte. Er hat ihm das Schnitzen beigebracht und das ein ums andere Mal nichts an die Eltern verraten, wenn Jona mit seiner Gang Streiche mit Wasserbomben oder Knallteufeln gespielt hat. Als Herr Leitners Frau vor fünf Jahren gestorben ist, hat er sich etwas verändert, ist zurückgezogener und weniger fröhlich geworden. Manchmal riecht er nachmittags schon verdächtig nach Alkohol, aber alles in allem ist er einfach ein liebenswerter alter Herr. Deswegen macht sich Jona jetzt auch ernsthaft Sorgen, Herrn Leitner in diesem Zustand vor sich zu sehen. „Was genau fehlt Ihnen? Können Sie mir beschreiben, was los ist?“ Jona legt die Hand auf Herrn Leitners Schulter, der jetzt erst zu merken scheint, dass er gar nicht alleine im Raum ist. „Ach, Jung, Du bist ja noch da.“ Er stöhnt die Worte mehr als dass er sie sagt. „Ich weiß auch nicht.“, er schüttelt schwach den Kopf, „ich hab`hier…“, Herr Leitner deutet auf eine Stelle oberhalb des Bauchnabels, „furchtbare Schmerzen und die ziehen hier so rum….“ Er schwingt den Arm Richtung Rücken. „Du bist doch gelehrt, Jona, was kann das sein?“ Jona läuft rot an und stottert: „Herr Leitner, ich bin doch noch grün hinter den Ohren, ich…da weiß ich auch nicht….“ „Na, lass mal gut sein, Jung“, unterbricht ihn Herr Leitner, „weiß ich doch.“ Er versucht zu lächeln, aber die Mundwinkel weichen angesichts der scheinbar schlimmen Schmerzen wieder in die andere Richtung ab. „Jetzt wird mir auch noch schlecht.“, stammelt Herr Leitner und versucht aufzustehen, lässt sich aber sofort wieder in den Sessel fallen. „Jung, holst Du mir bitte einen Eimer, in der Küche…unter der Spüle…“ Jona hechtet in die Küche und kommt mit einem Eimer wieder. Er nimmt sein Smartphone und ruft seine Mutter an. Nachdem er ihr geschildert hat, wie es Herrn Leitner geht, sind sich beide einig. Er legt auf und wendet sich dem alten Mann zu: „Herr Leitner, meine Mutter ruft jetzt den Notarzt, ich kann Sie in dem Zustand nicht alleine lassen. Gibt es jemanden, den ich verständigen soll, damit er ins Krankenhaus kommt? Wenn Sie möchten, kann ich Sie auch erst einmal begleiten.“
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 12. … warum sind plötzlich dieses Jucken und die Übelkeit da?
Zusammenfassung
„Na, das ist aber eine süße kleine Kugel.“, sagt Ida und deutet amüsiert grinsend auf den sich vorwölbenden Bauch ihrer Freundin Isabelle. Beide haben sich schon länger nicht gesehen, Ida ist vollkommen eingenommen durch das Medizinstudium. Aber als Isabelle ihr erzählt hat, dass sie und Tom Eltern werden, da hat sie sich so rasch wie möglich ein Wochenende freigenommen und ist nach Bayern gefahren. Isabelle ist die erste aus Idas Freundeskreis, die schwanger ist und irgendwie ist das schön, aber auch komisch. Es ist gar nicht so lange her, da haben beide noch zusammen die Nächte in London durchgetanzt und eine gemeinsame Weltreise geplant, vor Idas PJ. Aber das wird jetzt warten müssen. Isabelle lächelt Ida an, wirkt aber angestrengt, so, als hätte sie nicht viel geschlafen in letzter Zeit. „Ja, das ist sie, manchmal spüre ich den Kleinen schon.“ Sie streichelt gedankenverloren und sanft über ihren Bauch. „Wären die Nächte nur nicht so unruhig.“, setzt Isabelle seufzend hinzu. Ida stutzt: „Warte mal, sollte der Satz nicht eigentlich erst in ein paar Monaten fallen?“ Isabelle lächelt, aber mehr gequält. „Ja, eigentlich schon, aber in den letzten Nächten juckt es mich fürchterlich an den Handflächen und Fußsohlen, sowas hatte ich noch nie.“ Ida runzelt die Stirn: „Habe ich auch noch nie was von gehört, dass das im Rahmen einer Schwangerschaft auftritt, aber…“, sie hebt abwehrend die Hände, „..ich hatte natürlich auch noch kein Gynäkologie.“ „Die anderen schwangeren Frauen in meiner Gruppe haben das alle auch nicht. Und was auch komisch ist: Mir ist plötzlich wieder schlecht! Wie in den ersten Monaten. Dabei dachte ich, das ist dann auch mal gut jetzt. Ging ja auch erstmal wieder und jetzt plötzlich…“ Isabelle sieht unglücklich aus. „Ich dachte wirklich, den Mist hätte ich hinter mir.“, schiebt sie resigniert nach. Als sie Idas Gesicht sieht muss, sie doch lachen: „Du siehst wieder aus wie ein chinesischer Faltenhund. Mach Dir wegen mir keine Gedanken, ich habe in zwei Wochen sowieso den nächsten Vorsorgetermin, dann werde ich das ansprechen.“ Ida schüttelt energisch den Kopf: „Wirst Du nicht, Du gehst direkt Montag in die Praxis und das versprichst Du mir und jetzt hoch und heilig.“ „Pffff.“ Isabelle weiß nicht, ob sie verärgert oder belustigt sein soll. „Wieso, es ist doch nix Wildes!“ Ida schaut Isabelle kritisch in die Augen: „Tu Dir und mir, vor allem aber dem kleinen Leben da in Deinem Bauch den Gefallen und geh`Montag zum Arzt – wenn nichts ist: bestens, dann sind wir beide beruhigt.“ Isabelle nickt langsam und sagt grinsend: „Okay, weil Du es bist und weil ich ja doch ein wenig Respekt vor Kittelträgern habe.“ Ida muss lachen. „Richtig so! Und lass mich wissen, was dabei raugekommen ist, ja?“
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 13. … was können Fieber und Schüttelfrost mit meinen Rückenschmerzen zu tun haben?
Zusammenfassung
Lara seufzt, es ist immer wieder die gleiche Diskussion. Ihr Mutter liegt auf dem Sofa unter einer Decke und zittert vor sich hin. Es geht ihr seit zwei Tagen schon nicht gut, aber seit gestern haben sich Fieber und Schüttelfrost dazugesellt und sie kann kaum mehr aufstehen. Lara hat wieder einmal versucht, ihre Mutter zum Arztbesuch zu bewegen und wieder einmal war die Antwort: „Für was? Für ein bisschen Fieber und Schüttelfrost? Das wird eine Grippe sein oder was auch immer, nichts Wildes!“ Und „nichts Wildes“ dauert dann mindestens zwei Wochen und wäre manchmal besser beherrschbar gewesen mit dem ein oder anderen Medikament. Laras Mutter mag aber weder Ärzte noch Medikamente, eigentlich hätte sie es lieber gesehen, wenn ihre Tochter Heilpraktikerin geworden wäre. Das Medizinstudium beäugt sie mit Skepsis, weswegen Lara wenig davon erzählt. Sie ist das ständige Reden über Vor- und Nachteile der Schulmedizin ein bisschen leid. Und den Kampf darum, dass ihre Mutter zum Arzt geht, auch. Also zuckt sie nur mit Schultern und sagt im Rausgehen „Na gut, dann bis heute Nachmittag, ich bin jetzt bei Victoria.“ Als Lara am späten Nachmittag wiederkommt, liegt ihre Mutter immer noch so im Wohnzimmer, wie Lara sie ein paar Stunden vorher verlassen hat. „Mom?“, fragt Lara vorsichtig, sie hat den Eindruck, dass sich ihre Mutter nicht einen Zentimeter bewegt hat und das macht ihr Angst. „Mom?“ Laras Stimme wird lauter und fordernder. Da zuckt ihre Mutter zusammen, blinzelt Lara an und murmelt: „Da bist Du ja wieder.“ Lara setzt sich neben Mutter und schaut besorgt. „Mama, kann es sein, dass Du Dich nicht einmal gerührt hast, seitdem ich heute Morgen los bin? Du warst scheinbar nicht einmal auf Toilette!“ Ihr Mutter schaut unter schläfrigen Lidern an Lara vorbei: „Da war ich schon seit gestern nicht mehr. Ich weiß nicht warum, aber ich kann gerade nicht…Du weißt schon. Dabei habe ich was getrunken.“ Sie deutet auf die Flasche Wasser und das Glas neben sich. Lara legt ihrer Mutter vorsichtig die Hand auf die Stirn: „Du bist glühend heiß“, sagt sie erschrocken, „vielleicht liegt es daran, am Fieber.“ Laras Mutter dreht sich zur Seite und stöhnt. „Hast Du Schmerzen Mama?“ Sie nickt nur und deutet schwach auf den Rücken: „Hier so.“ „Wo?“, fragt Lara und klopft vorsichtig an die Seite: „Hier?“ Ihr Mutter stöhnt plötzlich laut auf und Lara erschrickt. „Kind, lass mich bitte einfach in Ruhe, das hat furchtbar weh getan!“, zischt ihre Mutter etwas energischer zwischen den Lippen hervor, bevor sie wieder erschöpft die Augen schließt. „Mama, Du kannst sagen, was Du willst und so sauer sein auf mich, wie Du möchtest, aber ich rufe jetzt Herr Dr. Reitmer an und bitte ihn um einen Hausbesuch. Das passt doch alles nicht zusammen! Wenn es eine Grippe wäre, wo sind dann Schnupfen und Husten. Und für Magen-Darm ist zu wenig Magen und Darm beteiligt.“ Zu Laras Verwunderung nickt ihre Mutter nur. Das ist in all den Jahren noch nie vorgekommen. Sie googelt die Nummer der Hausarztpraxis und ruft an.
Martina Kahl-Scholz
Kapitel 14. … warum gehe ich an die Decke, wenn hier jemand drückt oder ich mein Bein hochziehe?
Zusammenfassung
„Boah, mir ist so elend!“ Sie sitzen mit ihrem Kommilitonen Sven in der Mensa, der angewidert auf seinen vollen Teller starrt. „Was ist los mit Dir?“, fragen Sie ihn, „sonst ist Dein Teller doppelt so schnell leer wie meiner?“ Sven zuckt die Schultern: „Keine Ahnung, mir geht’s schon seit Samstag nicht gut. Mir ist übel und ich habe hier so Schmerzen.“, er deutet auf die rechte Leistengegend, „wenn da was drankommt, geh ich an die Decke. Es reicht schon, wenn ich mein Bein hochziehe.“ Jetzt, wo Sie ihn genauer betrachten, haben Sie auch den Eindruck, dass er viel blasser ist als sonst und müde aussieht. „Hast Du schon einmal einen Leistenbruch gehabt?“, was anderes fällt Ihnen gerade nicht ein. „Ne, aber das passt doch auch nicht, oder? Oder doch?“ Er wirkt unsicher. „Keine Ahnung!“, sie schwenken die Gabel vor seiner Nase hin und her, „Kam mir nur als erste Möglichkeit in den Sinn. Neben der Idee, dass Dein Blinddarm Probleme macht.“ Jetzt guckt Sven wie ein aufgeschrecktes Kaninchen. „Quatsch, vermutlich könnte ich mich dann kaum auf den Beinen halten.“, meint er, überzeugt klingt Sven aber nicht: „Mal den Teufel nicht an die Wand, ich muss doch die Klausurenphase hinter mich bringen.“ „Also ich an Deiner Stelle“, antworten Sie, „würde mich dringend mal untersuchen lassen, wenn es schon so weit ist, dass Du nichts mehr isst, dann stimmt etwas ganz und gar nicht.“ Sie grinsen ihn an und setzen mit ernsterer Stimme hinzu: „Ganz ehrlich: lass das mal checken. Besser heute als morgen.“
Martina Kahl-Scholz
Backmatter
Metadaten
Titel
Du studierst doch Medizin, sag mal ...
verfasst von
Dr. Martina Kahl-Scholz
Copyright-Jahr
2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-60320-8
Print ISBN
978-3-662-60319-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-60320-8

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