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23.02.2024 | DKK 2024 | Kongressbericht | Nachrichten | In Kooperation mit: Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und Stiftung Deutsche Krebshilfe

KI und Immuntherapie beim Glioblastom

Neue Konzepte für Hirntumore

verfasst von: Philipp Grätzel von Grätz

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Die Therapieoptionen beim Glioblastom sind begrenzt, neue Ansätze werden händeringend gesucht. Gelingt es, Immuntherapien bei dieser Indikation zu etablieren? Oder auch die Strahlentherapie zu verbessern?

„Wir können mit der Primärtherapie beim Glioblastom nicht zufrieden sein“, sagte Prof. Dr. Michael Sabel, Leiter Neuroonkologie an der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Der derzeitige Therapiestandard, die Kombination aus Strahlentherapie und Temozolomid, sei nicht ausreichend. 

Peptid-Vakzinierung in Entwicklung

Sabel berichtete beim 36. Deutschen Krebskongress über Studien, die derzeit versuchen, unterschiedliche immuntherapeutische Ansätze beim Glioblastom zu etablieren. Ein Teilgebiet ist die Peptidvakzinierung, also die therapeutische Impfung mit Tumorantigenen. Beim Glioblastom biete sich hier IDH1 an, so Sabel. Es sei relativ spezifisch für Gliomzellen und werde stabil exprimiert.

Eine gegen IDH1 gerichtete Anti-Tumor-Impfung wurde in der Phase I Studie NOA-16 evaluiert, eine im Rahmen des DKTK durchgeführte First-in-Human-Studie, die im Jahr 2021 publiziert wurde (Platten M et al. Nature 2021; 592(7854):463-8). Gezeigt werden konnte zum einen eine gute Verträglichkeit, zum anderen eine Immunantwort bei 93 Prozent der Studienteilnehmenden. „Die Ergebnisse sind absolut vielversprechend“, so Sabel. Ob die Impfung klinisch hält, was sie verspricht, müssen freilich größere Studien erst noch zeigen.

Dendritische Zellen: Interimsanalyse macht Hoffnung

Sabel selbst forscht zu einem anderen immuntherapeutischen Ansatz, nämlich der therapeutischen Impfung mit reifen, dendritischen Zellen. Das Konzept ist relativ alt. Es hat aber Aufwind bekommen durch eine kürzlich publizierte, randomisierte Studie mit 232 Patienten (Liau LM et al. JAMA Oncol 2023; 9(1):112-21). „Es gab einen signifikanten Überlebensvorteil, aber die Studie hatte heftige methodische Mängel“, so Sabel. Konkret war der primäre Endpunkt wegen so genannter Pseudoprogressionen nicht bewertbar.

Derzeit läuft deswegen an deutschen Zentren eine weitere Studie, die mittlerweile 121 von geplant 136 Patienten rekrutiert hat. Zehn bis zwölf Wochen nach Operation werden insgesamt fünf Impfungen vorgenommen, ergänzend zur Radiochemotherapie. In der Kontrollgruppe wird nur mit Radiochemotherapie behandelt. Sabel konnte von einer Interimsanalyse berichten, für die 96 Patienten ausgewertet wurden. Hier zeige sich zum einen, dass die Therapie sehr sicher sei. Zum anderen gebe es einen Trend zu einem längeren Gesamtüberleben – im Median 1,7 gegenüber 1,3 Jahre: „Wenn die Kurven so weiterlaufen, könnte das eine positive Studie werden. Daumen drücken.“ 

Adaptive Radiotherapie: Bestrahlungsplan lernt mit

Fortschritte für Glioblastom-Patientinnen und -Patienten bringen sollen auch neue Konzepte für die Strahlentherapie. PD. Dr. Florian Putz vom Universitätsklinikum Erlangen berichtete über erste Erfahrungen mit der adaptiven Radiotherapie, für die ein Bestrahlungsgerät mit integriertem MRT-Scanner genutzt wird. Dieser macht während eines Strahlentherapiezyklus jeden Tag eine neue Aufnahme des Gehirns. Damit wird dann der Bestrahlungsplan jedes Mal von Neuem an die aktuelle Anatomie angepasst.

Bisher war das nicht möglich, weil die Erstellung von Bestrahlungsplänen dafür viel zu aufwändig war. Bei der adaptiven Radiotherapie übernimmt jetzt aber ein mit künstlicher Intelligenz hinterlegter Algorithmus die Planung. Die Anpassung des Bestrahlungsplans gelingt damit weitgehend automatisch und quasi über Nacht. Ob die aus der adaptiven Radiotherapie resultierende, präzisere Bestrahlung klinische Vorteile bringt, müssen jetzt klinische Studie zeigen.

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basierend auf:  36. Deutscher Krebskongress vom 21.–24. Februar 2024 in Berlin; Sitzung: Maligne Gliome ‒ first-line, 22. Februar 2024

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