Studiendesign und Setting
Als Datenbasis für die vorliegende Beobachtungsstudie diente eine pragmatische, cluster-randomisierte kontrollierte Interventionsstudie mit 3 Nachbefragungen (in Woche 4, 12 und 26; [
15]). Die Studie wurde zwischen 06.2017 und 02.2020 in 52 Hausarztpraxen in Nordrhein-Westfalen an insgesamt 1937 Patient:innen durchgeführt. Das Ziel der Studie war die Weiterentwicklung und Evaluation eines Trainingsprogramms für Hausärzt:innen in der Kurzberatung rauchender Patient:innen zur Tabakentwöhnung. Design und Methodik der Studie sind ausführlich im Studienprotokoll beschrieben [
15], Hauptergebnisse in Publikationen zur Studie [
16,
17].
Eingeschlossen wurden Patient:innen ab 18 Jahren, die täglich oder gelegentlich Tabak (z. B. Zigaretten, Zigarre, Pfeife) rauchten und eine schriftliche Einwilligungserklärung zur Teilnahme an der Studie abgaben. Ausschlusskriterien waren dagegen eine starke Sprachbarriere oder kognitive Einschränkungen der Patient:innen.
Bei teilnehmenden Patient:innen wurden im Rahmen einer fragebogengestützten, persönlich-mündlichen Befragung in der Hausarztpraxis (Erstbefragung) folgende Daten erfasst: soziodemografische Merkmale, Tabakkonsummenge, Rauchverlangen und gLQ. In einer schriftlichen 26-Wochen-Nachbefragung, wurden Teilnehmende nach eventuell erfolgtem Rauchtopp zwischen der Erst- und der Nachbefragung erneut nach ihrer gLQ befragt.
Zielgröße
Die
gLQ wurde mit dem
European-Quality-of-Life‑5-Dimensions‑5-Level(EQ-5D-5L)-Fragebogen erfasst [
18]. Der EQ-5D-5L-Fragebogen besteht aus 5 Items und einer visuellen Analogskala (EQ-VAS). Die Items erfassen 5 Dimensionen der subjektiven Gesundheit (Mobilität, Selbstversorgung, alltägliche Tätigkeiten, Schmerzen/Beschwerden und Angst/Niedergeschlagenheit) anhand von 5 Stufen der Beeinträchtigung (keine, leichte, mäßige, starke und extreme Beeinträchtigung). Individuelle Antworten von 5 Items wurden basierend auf Gewichtungswerten der Bevölkerung in Deutschland in einen EQ-5D-5L-Index umgerechnet [
19]. Der EQ-5D-5L-Index stellt den Gesundheitszustand der Befragten von 0 = schlechtester bis 1 = bester Gesundheitszustand dar. Die EQ-VAS spiegelt den selbsteingeschätzten aktuellen Gesundheitszustand der Befragten von 0 = schlechtester bis 100 = bester Gesundheitszustand wider.
Prädiktoren
Als soziodemografische Merkmale wurden das Alter, das Geschlecht (weiblich, männlich) und das Bildungsniveau (niedrig = kein Schulabschluss/Haupt‑/Volksschule, mittel = Realschule/Mittlere Reife/polytechnische Oberschule 10. Klasse, hoch = Fachhochschulreife/Abitur/allgemeine Hochschulreife) erhoben.
Die
Tabakkonsummenge wurde mit der Frage erfasst: „Wie viele Filterzigaretten oder selbstgedrehte oder selbstgestopfte Zigaretten oder Zigarren/Zigarillos oder Pfeifen oder Shisha rauchen Sie normalerweise pro Tag/Woche/Monat?“. Für jede Person wurde anschließend eine durchschnittliche Tabakkonsummenge pro Tag berechnet. Zur Berücksichtigung aller Tabakwaren wurde eine entsprechende Umrechnung in Zigarettenäquivalente mittels Gewichtungsfaktoren (Zigaretten = 1, Zigarren/Zigarillos = 3, Pfeifen = 3, Shisha = 3) durchgeführt [
20].
Das
Rauchverlangen – als Indikator für den Grad der Tabakabhängigkeit – wurde mit der
Verlangen-zu-Rauchen-Skala (VRS), erfasst [
21]. Die 1. Frage der VRS erfasst die Häufigkeit des Rauchverlangens: „Wie häufig haben Sie in den vergangenen 24 h das Verlangen verspürt zu rauchen?“ (Antwort: 0 = „Überhaupt nicht“, 1 = „Selten“, 2 = „Manchmal“, 3 = „Häufig“, 4 = „Fast immer“, 5 = „Immer“). Die 2. Frage der VRS erfasst die Stärke des Rauchverlangens: „Wie stark war dieses Verlangen im Allgemeinen?“ (Antwort: 1 = „Leicht“, 2 = „Mittelstark“, 3 = „Stark“, 4 = „Sehr stark“, 5 = „Extrem stark“; kodiert mit „0“, wenn 1. Frage gleich „0“).
Ein erfolgreicher Rauchstopp wurde mit 2 Fragen erfasst. Bei der 26-Wochen-Nachbefragung wurden Teilnehmende, die zur Erstbefragung angaben, Tabak geraucht zu haben, gefragt, a) ob sie in den vergangenen 6 Monaten einen oder mehrere Versuche unternommen hatten, um mit dem Tabakrauchen aufzuhören (0 = nein, 1 = ja). Personen, die diese Frage mit „Ja“ beantworteten, wurden zudem gefragt, b) „Wie lange hat der letzte Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören, angehalten?“ (Antwort: 1 = „Ich bin immer noch rauchfrei“, 2 = „Weniger als einen Tag“, 3 = „Weniger als eine Woche“, 4 = „Weniger als einen Monat“, 5 = „Weniger als 3 Monate“, 6 = „Weniger als ein halbes Jahr“). Die Variable „erfolgreicher Rauchstopp“ wurde anschließend wie folgt kodiert: 0 = nein bzw. kein erfolgreicher Rauchstopp, wenn a) = 0 bzw. a) = 1 und b) = 2 oder 3 oder 4 oder 5 oder 6 zutrifft, sowie 1 = ja bzw. erfolgreicher Rauchstopp, wenn a) = 1 und b) = 1 vorliegt.
Statistische Analysen
Ein Studienprotokoll einschließlich Analyseplan wurde vor der Auswertung der Daten im Open Science Framework registriert:
https://osf.io/wsztd/.
Zur Beantwortung der 1. Forschungsfrage wurde für den EQ-5D-5L-Index bzw. die EQ-VAS als metrische abhängige Variable je eine multivariable lineare Regressionsanalyse durchgeführt. Als unabhängige Variablen dienten: Alter (metrisch), Geschlecht (männlich vs. weiblich), Bildungsniveau (niedrig vs. hoch, mittel vs. hoch), Tabakkonsummenge (metrisch), Häufigkeit und Stärke des Rauchverlangens (jeweils metrisch, Stufe 0–5).
Zur Beantwortung der 2. Forschungsfrage wurde für den EQ-5D-5L-Index bzw. die EQ-VAS zunächst jeweils ein Differenzwert (∆ = Wert der Nachbefragung minus Wert der Erstbefragung) als Maß der Veränderung berechnet. Anschließend wurde für den ∆EQ-5D-5L-Index bzw. die ∆EQ-VAS als metrische abhängige Variable je eine multivariable lineare Regressionsanalyse mit der Variable „erfolgreicher Rauchstopp“ (ja vs. nein) als unabhängige Variable durchgeführt. Adjustiert wurde für die zum Zeitpunkt der Erstbefragung erfassten Variablen: Alter, Geschlecht, Bildungsniveau, Tabakkonsummenge, Häufigkeit und Stärke des Rauchverlangens, weil diese, wie im Hintergrundteil dieser Arbeit basierend auf der aktuellen Literatur zum Thema dargestellt, mit dem Rauchstopp und der gLQ assoziiert sein können. Die jeweiligen Kovariaten wurden in beiden Modellen berücksichtigt, um deren mögliche störende Effekte auf die Assoziation zwischen unabhängiger und abhängiger Variable zu kontrollieren und somit die Genauigkeit des jeweiligen Modells zu steigern.
Die einzelnen Analysen wurden mit vorliegenden Daten durchgeführt. Personen mit fehlenden Werten wurden aus den Analysen ausgeschlossen. Zur Überprüfung einer möglichen Stichprobenverzerrung zum Zeitpunkt der 26-Wochen-Nachbefragung wurde eine Non-Response-Analyse mittels χ2-Tests bzw. t‑Tests durchgeführt. Dabei wurde die Response-Gruppe mit der Non-Response-Gruppe (Patient:innen, die an der Nachbefragung nicht teilnahmen oder nicht alle für die 2. Fragestellung relevanten Fragen beantworteten) hinsichtlich soziodemografischer Merkmale, des Rauchverhaltens sowie der gLQ verglichen.