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Viszeral- und Allgemeinchirurgie
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Publiziert am: 10.12.2022

Barrettösophagus

Verfasst von: Christian Bojarski
Mittlerweile gehen mehr als 50 % der Karzinome des ösophagogastralen Übergangs vom Barrett-Ösophagus aus. Der Früherkennung des Barrett-Ösophagus kommt in diesem Zusammenhang die größte Bedeutung zu. Patienten mit Risikofaktoren sollten daher frühzeitig endoskopiert werden. Sobald die Diagnose Barrett-Ösophagus durch Endoskopie und Histologie gestellt wird, erfolgt eine regelmäßige Überwachung, die abhängig vom individuellen Risikoprofil (v. a. Barrett-Länge) und den klinischen Beschwerden des Patienten (v. a. Reflux) empfohlen wird. Für die Überwachung des Barrett benötigt man ein hochauflösendes Videoendoskop sowie einen erfahrenen Untersucher. Eine Chromoendoskopie mit 1 % Essigsäure sowie die Nutzung digitaler kontrastverstärkender Technologien sind bei der Überwachung von großem Nutzen, zusätzlich werden alle 2 cm Quadrantenbiopsien entnommen. Bei Nachweis von intraepithelialen Neoplasien erfolgt die Bestätigung dieses Befundes durch die Referenzpathologie und anschließend die endoskopische Therapie. Bei sichtbaren Läsionen erfolgt ein endoskopisches Resektionsverfahren, anschließend sollte der residuale Barrett durch ein ablatives Verfahren (Radiofrequenzablation) vollständig entfernt werden.

Überwachung des Barrett-Ösophagus

Die endoskopische Überwachung eines Barrett-Ösophagus wird generell empfohlen. Es gibt jedoch kleine länderspezifische Unterschiede bezüglich einiger grundlegender Definitionen und daraus abgeleiteter Handlungsempfehlungen, abhängig davon, ob nationale oder übergeordnete Leitlinien für die Empfehlungen herangezogen werden. Im Folgenden beziehen sich die Empfehlungen auf die aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und die europäische Leitlinie der ESGE (European Society of Gastrointestinal Endoscopy) (Koop et al. 2014; Weusten et al. 2017). Die s2k-Leitlinie „Gastroösophageale Refluxkrankheit“ liegt aktuell (11/2022) in der Konsultationsfassung vor und kann online über die DGVS abgerufen werden.
Sofern der ösophagogastrale Übergang lediglich unscharf abgegrenzt ist oder metaplastische Schleimhautzungen <1 cm an der Z-Linie bestehen, liegt in den meisten Fällen kein echter Barrett vor und eine lebenslange regelmäßige Überwachung ist nicht notwendig. Seit vielen Jahren wird intensiv diskutiert, ob für die Diagnose eines Barrett und für die Progression zum Karzinom des ösophagogastralen Übergangs das Vorhandensein von Becherzellen im Zylinderepithel notwendig ist. Beispielsweise hat die Britische Gesellschaft für Gastroenterologie bereits sehr früh (Playford, 2006) auch das metaplastische Epithel ohne Becherzellen als Barrett-Epithel bezeichnet und ihre Empfehlungen zur Überwachung auch auf diese Patientengruppe ausgeweitet. Diese Einschätzung wurde 2014 von derselben Gesellschaft in einer aktualisierten Leitlinie nochmals bestätigt (Fitzgerald et al. 2014).
Für den deutschen Sprachraum ist jedoch weiterhin für die Diagnose eines Barrett-Ösophagus der histologische Nachweis von spezialisiertem intestinalem Epithel mit Becherzellen unabhängig von der Barrett-Länge notwendig. Sofern metaplastisches Epithel ohne Becherzellen nachweisbar ist, sollte dieser Befund nach 1 Jahr endoskopisch kontrolliert werden. Ein Barrett < 3 cm wird als Short-Segment- und ein Barrett ≥ 3 cm als Long-Segment-Barrett bezeichnet. Die exakte Angabe der Ausbreitung des Barrett-Ösophagus erfolgt inzwischen einheitlich nach der Prag-Klassifikation. Darin wird die zirkuläre Länge des Barrett (C) ebenso wie die Gesamtlänge des Barrett (M) angegeben. Der Befund „C5M6“ gibt an, dass ein 6 cm langer Long-Segment-Barrett vorliegt, dessen zirkulärer Anteil 5 cm misst und der proximal 1 cm Schleimhautausläufer hat.
Für die Einschätzung des individuellen Progressionsrisikos zur Karzinomentstehung müssen Risikofaktoren (männliches Geschlecht, Barrett-Länge, Hiatushernie, chronischer Reflux, Raucher, familiäre Disposition, fehlende PPI-Einnahme, Alter > 70 Jahre, Übergewicht, Soorösophagitis) sowie die Histologie herangezogen werden. Danach lassen sich drei Risikogruppen definieren: Der nicht-dysplastische Barrett hat ein Risiko für die Entstehung eines Karzinoms von < 0,3 % pro Jahr, Barrett mit niedriggradiger intraepithelialer Neoplasie (LGIN) von 5–10 % pro Jahr und bei Vorliegen von hochgradigen intraepithelialen Neoplasien (HGIN) von > 20 % pro Jahr (Hvid-Jensen et al. 2011; Killcoyne und Fitzgerald 2021). Neuere Arbeiten legen nahe, dass insbesondere das Risiko der durch Referenzpathologie bestätigten LGIN bislang unterschätzt wurde und nach 42-monatigem Follow-Up bei 18 % liegt (Duits et al. 2017).
Eine niedriggradige intraepitheliale Neoplasie i m Barrett hat nach Bestätigung durch eine Referenzpathologie ein höheres Progressionsrisiko als bislang angenommen und sollte endoskopisch therapiert werden!

Apparative Voraussetzungen:

Die wichtigsten Voraussetzungen für eine gründliche Barrett-Überwachung sind ein erfahrener Untersucher und ein modernes hochauflösendes Videoendoskop. Zusätzlich sollte ein chromoendoskopisches Verfahren eingesetzt werden. Am häufigsten wird dafür 1 %-ige Essigsäure über einen Sprühkatheter direkt auf die Mukosa gegeben. Als zweiter Kontrastfarbstoff kann alternativ Indigokarmin verwendet werden. Unabhängig davon, ob mit oder ohne Chromoendoskopie überwacht wird, muss ausreichend Zeit für die reine Betrachtung der Mukosa eingeplant werden, denn mit Entnahme der ersten Biopsie geht die Übersicht über das zu untersuchende Barrett-Segment durch winzige Nachblutungen aus der Biopsiestelle häufig bereits verloren und die Entnahme gezielter Biopsien ist dann nur noch eingeschränkt möglich. Gelegentlich können weiche Aufsatzkappen verwendet werden, um Bewegungsartefakte zu reduzieren und die Beurteilung der mukosalen Oberfläche zu verbessern. Liegen entzündliche Veränderungen im Rahmen einer Refluxösophagitis vor, so sollte die Überwachung des Barrett erst nach Säuresuppression erfolgen, beispielsweise nach vierwöchiger Pantoprazoltherapie. Neuere Technologien in den Prozessoren der Endoskophersteller erlauben auf Knopfdruck eine dem Essigsäureeffekt sehr ähnliche Visualisierung bzw. Kontrastanhebung (Beispiel: Texture and Color Enhancement [TXI]-Modus im Evis X1-Prozessor von Olympus). Zum TXI-Modus liegen derzeit (Stand 01/2022) für den Barrett-Ösophagus jedoch noch keine klinischen Studien vor. Für die Nutzung der übrigen digitalen chromoendoskopischen Verfahren „Narrow Band Imaging“ (NBI, Olympus), „Blue Light Imaging“ (BLI, Fujifilm) oder i-Scan (Pentax) liegen erste klinische Daten vor, danach kann die virtuelle Chromoendoskopie als gleichwertige Alternative zu den Sprühfarbstoffen betrachtet werden (Abb. 1). Die „Künstliche Intelligenz“ in der diagnostischen Endoskopie, die im Rahmen klinischer Studien zunächst ihren Stellenwert in der Detektion von vor allem flachen Kolonpolypen wissenschaftlich evaluiert, ist derzeit für die Diagnostik und Überwachung des Barrett-Ösophagus nicht geeignet und Gegenstand intensiver klinischer Forschung. Künftig ist zu erwarten, dass es hier weitere Verbesserungen geben wird, die in einigen Jahren Einzug in die neueste Prozessorgeneration halten werden (Ebigbo et al. 2021).
Derzeit wird weiterhin empfohlen, dass im Rahmen der Barrett-Surveillance neben den sichtbaren Läsionen („targeted biopsies“), die getrennt zu biopsieren sind, alle 2 cm auch sogenannte Zufallsbiopsien („random biopsies“) als 4-Quadranten-PEs entnommen werden sollen. Diese Zufallsbiopsien können allesamt in ein Probengefäß gegeben werden. Bei Nachweis von intraepithelialen Neoplasien ist das Hinzuziehen eines Referenzpathologen obligat, da die Abgrenzung zu entzündlichen oder chronisch-reaktiven Veränderungen schwierig und die Fehlinterpretationsrate ohne Referenzpathologie erhöht sein kann.

Radiofrequenzablation

Über die Radiofrequenzablation (RFA) wurde 2008 erstmals bei 11 Patienten mit high-grade intraepithelialer Neoplasie im Barrett-Ösophagus berichtet (Pouw et al. 2008). Eine Placebo-kontrollierte Studie mit Sham-Prozedur hat 2009 bei 127 Patienten erstmals die Effektivität der Methode evaluiert und über eine vollständige Eradikation des Barrett nach RFA spekuliert (Shaheen et al. 2009). Die RFA des Barrett hat heutzutage primär in der Nachbehandlung nach endoskopischer Resektion zur Entfernung der residualen Barrett-Areale ihren festen Stellenwert. Bei nicht lokalisierbaren LGIN und in ganz seltenen Ausnahmen bei nicht lokalisierbaren und wiederholt kontrollierten HGIN kann sie jedoch alleinige Therapie sein.
Für die RFA eines nicht-dysplastischen Barrett-Ösophagus gibt es keine Indikation!
Eine RFA-Monotherapie eines dysplastischen Barretts dagegen sollte im klinischen Alltag die Ausnahme sein, da in fast allen Fällen vorher eine EMR schon deswegen erfolgen sollte, um dem Patienten die Möglichkeit einer R0-Resektion der intraepithelialen Neoplasie zu geben und ein histologisches Staging des Barrett zu ermöglichen. In diesen Fällen sollten Patienten ggf. in Zentren mit ausreichender Barrett-Expertise vorgestellt werden. Erst nach endoskopischer Resektion von fokalen Arealen mit normaler Barrett-Mukosa und weiterhin Nachweis von intraepithelialen Neoplasien in den Biopsien kommt eine RFA als alleinige Therapie in Betracht (Abb. 2).
Anfängliche Hoffnungen, dass durch die RFA die Barrett-Mukosa dauerhaft beseitigt und wieder durch plattenepitheliale Schleimhaut ersetzt wird, haben sich nicht bestätigt. Bezüglich der Progression zu höhergradigen intraepithelialen Neoplasien bzw. zum Frühkarzinom ergibt sich durch die RFA jedoch ein eindeutiger Vorteil und eine insgesamt deutlich reduzierte Progressionsrate verglichen mit einem nicht behandelten Kollektiv von Barrett-Patienten mit Dysplasien.

Durchführung der RFA (Abb. 2)

Die RFA ist eine relativ komplikationsarme und leicht durchzuführende Therapie, die nach technischen Updates des Herstellers heutzutage auch in einem vertretbaren Zeitrahmen durchgeführt werden kann. Die RFA kann als zirkumferenzielle (BarrxTM Halo360, Abb. 3a, c) oder fokale Ablation erfolgen, hierfür stehen verschiedene Ablationskatheter zur Verfügung (BarrxTM, Medtronic GmbH, Meerbusch, Deutschland, Abb. 3). Bei der zirkumferenziellen Ablation ist eine 4 cm lange bipolare Elektrode außen an einem Dilatationsballon montiert. Der Ballon wird über einen Führungsdraht vorgeschoben und unter endoskopischer Sicht wird der proximale Barrett-Rand mit 1–2 cm Überlappung zum ösophagealen Plattenepithel abladiert. Mittlerweile adjustiert sich der Ballondurchmesser automatisch während der Untersuchung und passt sich dem individuellen Ösophagus des Patienten an mit dem Ziel einer optimalen Gewebeadaptation während der Ablation. Über einen Generator wird per Fußschalter eine festgelegte Ablationseinheit als Wärmeenergie (10 J/cm2) auf die Mukosa gegeben. Nach Applikation einer Ablationseinheit entblockt sich der Ballon selbsttätig und kann nach distal vorgeschoben werden, sodass auf diese Weise das gesamte Barrett-Segment von proximal nach distal abladiert werden kann. Bevor die Ablation in derselben Sitzung wiederholt wird, muss der Katheter entfernt und die abladierten Gewebeanteile entweder abgespült oder mittels Aufsatzkappe nach distal geschoben werden, bevor ein zweiter Ablationszyklus in der beschriebenen Form einmal wiederholt wird.
Die fokalen Ablationskatheter BarrxTM90 (Abb. 3b) und BarrxTM60 werden insgesamt etwas seltener verwendet. Hierbei handelt es sich um außen auf die Spitze des Endoskops aufsteckbare Ablationskappen. Analog zur RFA mit Ballonkatheter werden zwei (2 × 15 J/cm2) oder drei (3 × 12 J/cm2) Ablationen an gleicher Stelle pro Sitzung durchgeführt. Bei den fokalen Kathetern hat ein mehrfacher Gerätewechsel mit Spülung und Gewebeablösung durch Vorschub keinen Vorteil, sodass die Ablationseinheiten hintereinander abgegeben werden können. Im Übrigen lassen sich auch durch die Katheterkappen selbst kleine bereits abladierte Gewebefragmente ablösen. Häufiger im klinischen Einsatz befindlich ist die kleinere Ablationssonde (BarrxTM Channel RFA-Katheter, Ablationsfläche 15,7 × 7,5 mm, Abb. 3c–e), die sich durch einen mindestens 2,8 mm Arbeitskanal eines Endoskopes führen lässt und unter direkter Sicht auf die Mukosa aufgesetzt wird (Abb. 2e und 3e). Auch hier werden 2–3 Ablationen mit 12–15 J/cm2 appliziert.

Komplikationen nach RFA

Die häufigste und relevante Komplikation nach RFA ist die Stenose, sie tritt mit einer Häufigkeit von 6–9 % auf. Wenn die RFA nach endoskopischer Therapie erfolgt, so kann die Stenoserate deutlich erhöht sein. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn großflächige endoskopische Resektionen erfolgten, die an sich bereits eine Stenoseentstehung begünstigen. In der Literatur werden hier Stenoseraten von 14 % angegeben (Okoro et al. 2012).
Seltene Komplikationen sind Blutungen und Brustschmerzen bei den behandelten Patienten. Interventionsbedürftige Blutungen sind noch seltener und vorübergehende Brustschmerzen nach Ablation lassen nach Abheilung der Ablationsareale unter Protonenpumpenhemmer-Therapie rasch nach.

Nachsorge nach RFA

12 Wochen nach der Ablation sollte eine erneute Kontrolle des abladierten Gewebes erfolgen mit der Möglichkeit, residuale Barrett-Anteile in einer zweiten Sitzung nachzubehandeln. Hierfür kommen – abhängig vom Ausmaß des Rezidiv-Barretts alle genannten Ablationskatheter infrage. Sollten nur winzige Barrett-Inseln vorhanden sein, kann ggf. auch eine konventionelle Argon-Plasma-Koagulation (APC) ohne submukosale Injektion oder eine Hybrid-APC mit submukosaler Injektionstherapie erfolgen. Die APC ist im Vergleich zur RFA das eindeutig kostengünstigere Verfahren. Eine Säuresuppression nach RFA in doppelter Standarddosis, beispielsweise 2 × 40 mg Pantoprazol, sollte für 14 Tage nach RFA gegeben und dann lebenslang als einfache Standarddosis mit 40 mg/Tag fortgeführt werden. Die Intervalle zwischen den Ablationssitzungen betragen 2–3 Monate und nach Abschluss der Ablationsbehandlung folgen weitere endoskopische Kontrollen nach 3, 6 und 12 Monaten. Werden bei den Kontrollen Rezidiv-Barrettareale gefunden und erscheinen endoskopisch suspekt, sollte erneut biopsiert und im Falle des Nachweises von intraepithelialen Neoplasien endoskopisch reseziert werden.
Nach vollständiger Ablation eines Barrett-Ösophagus treten die meisten Rezidive im ersten Jahr nach Abschluss der Therapie auf. Im Rahmen der Nachsorge sollte lebenslang einmal pro Jahr endoskopiert werden, um einen Rezidiv-Barrett frühzeitig zu erkennen und zu therapieren.

Alternativen zur RFA

Die fotodynamische Therapie galt vor Einführung der RFA als ablative Therapieform und ist heute als obsolet zu betrachten. Die Kryoablation durch vorherige Vereisung des Barrett-Epithels kommt als Therapieoption grundsätzlich infrage, dieses Verfahren ist jedoch in Deutschland und Europa außerhalb von Studien noch nicht zugelassen. Nach Studienlage kann die Kryoablation als vergleichbar zur RFA angesehen werden und führt bei Patienten nach der Behandlung zu geringeren Schmerzen (van Munster et al. 2018). Randomisierte kontrollierte Studien liegen hierzu jedoch nicht vor. Eine komplette endoskopische Therapie des Barrett durch Mukosaresektion ist möglich, geht jedoch mit einer extrem hohen Stenoserate > 80 % einher und kommt damit als Alternative nicht infrage.

Endoskopische Mukosaresektion (EMR)

Der Nachweis einer intraepithelialen Neoplasie bei der Erstdiagnose oder im Rahmen der Surveillance eines Barrett-Ösophagus sollte 3 Monate nach Befunderhebung erneut endoskopisch kontrolliert werden mit dem Ziel, sichtbare Läsionen zu identifizieren und anschließend einer endoskopischen Therapie zuzuführen. Da insbesondere die Diagnose einer LGIN häufig falsch positiv gestellt wird, kommt der zusätzlichen Bestätigung durch Referenzpathologie eine besondere Bedeutung zu. Die bestätigten LGIN haben im Verlauf nach neuesten Daten und Selektion durch Referenzpathologie eine Progressionsrate von bis zu 18 % (Duits et al. 2017). Eine HGIN ist in über 30 % der Fälle bereits ein intramukosales Karzinom und sollte in jedem Fall ohne weitere Kontrolle bei sichtbarer Läsion endoskopisch therapiert werden. Generell haben die endoskopischen Therapien mehrere Vorteile gegenüber den ablativen Verfahren, denn erstens ermöglichen sie das histologische Staging einer Läsion und wirken zweitens nicht selten kurativ durch eine En-bloc-Resektion der Läsion. Darüber hinaus selektieren sie drittens diejenigen Patienten heraus, die einer chirurgischen Therapie zugeführt werden müssen, insbesondere dann, wenn multifokale HGIN im Barrett vorliegen oder der Patient ein individuell hochgradiges Risikoprofil aufweist.
Eine Endosonografie vor EMR kann durchgeführt werden. Sie beeinflusst das therapeutische Vorgehen jedoch nur sehr selten, da das eigentliche Staging erst am vorliegenden Mukosektomiepräparat erfolgt und die Endosonografie als Methode, insbesondere bezüglich der Bestimmung der Tiefeninfiltration, zu ungenau ist. Bei fortgeschrittenen Barrett-Karzinomen, bei denen eine endoskopische Therapie jedoch nicht mehr infrage kommt, hat die Endosonografie dagegen weiterhin ihren festen Stellenwert. Seit vielen Jahren sind die Kriterien für ein chirurgisches Vorgehen und die Grenzen der endoskopischen Therapien klar definiert. Eine Ösophagusresektion ist immer dann indiziert, wenn einer der folgenden Punkte vorliegt:
  • Das Barrett-Karzinom infiltriert das mittlere Drittel der Submukosa (T1sm2).
  • Die Tumorgröße überschreitet 20 mm.
  • Der Differenzierungsgrad ist schlecht (G3) oder undifferenziert (G4).
  • Es liegt eine Gefäß- oder Lymphgefäßinfiltration vor (G1, L1).
  • Die basalen Resektionsränder sind nicht tumorfrei.
Bei einem Tumorstadium T1b/sm1 (Infiltration des oberen Drittels der Submukosa) ohne Vorliegen von Risikofaktoren kann die endoskopische Resektion, durchgeführt als endoskopische Submukosadissektion, als alleinige Therapie ausreichen. Hierzu müssen insbesondere das Alter der Patienten und deren Komorbiditäten berücksichtigt werden. Generell werden alle Therapieentscheidungen heutzutage in interdisziplinären Tumorkonferenzen getroffen, um eine multimodale Entscheidung zur Tumortherapie auf breiter Basis zu treffen.
Im klinischen Alltag werden häufig „Piece-meal“-Resektionen durchgeführt, in diesem Fall erhält der Pathologe neben einem oder mehreren Hauptpräparaten, die allesamt separat eingesendet werden, zusätzlich resezierte Gewebeblöcke aus den Randbereichen der neoplastischen Läsion. Werden dort ebenfalls Tumoranteile nachgewiesen, liegt keine R0-, sondern eine R1-Resektion vor. Dieser Befund führt nicht zwangsläufig zu einer chirurgischen Nachresektion, sondern kann im Verlauf nach 3 Monaten kontrolliert und – falls notwendig – nochmals endoskopisch nachreseziert werden.

Durchführung der EMR (Abb. 4)

Die EMR von Barrett-Läsionen erfolgt fast ausnahmslos mit weichen Aufsatzkappen. Diese Kappen, die separat erhältlich oder in EMR-Sets mit Multi-Band-Ligaturen integriert sind, ermöglichen ein Einsaugen des zu entfernenden Gewebes mit anschließend sicherer Resektion durch eine Schlinge.
Bei Verwendung größerer Aufsatzkappen, die bis 18 mm Durchmesser erhältlich sind, und separater Nutzung von Mukosektomieschlingen kann unter Umständen eine vorherige submukosale Injektion zum Anheben der Läsion (Lifting-Sign) sinnvoll sein. Mit solchen Spezialkappen können Resektate > 2 cm erreicht werden. In aller Regel wird die Mukosektomieschlinge vor der EMR in die distale Kappe eingelegt und die Schlinge zugezogen, sobald der Pseudopolyp in die Kappe eingesaugt wurde.
Werden separate Aufsatzkappen mit größeren Durchmessern für die EMR verwendet, ist eine submukosale Injektion vor der Resektion zur Vermeidung einer Komplikation notwendig!
Unter Verwendung der weit verbreiteten handelsüblichen Multibandmukosektomiesets ist eine vorherige submukosale Injektionstherapie zum Anheben der Läsion (analog zur Resektion von polypoiden Veränderungen im übrigen Gastrointestinaltrakt) bei der EMR von Barrett-Läsionen jedoch nicht zu empfehlen. Sie ist nach Ansicht des Autors sogar eher hinderlich, denn dadurch verringert sich die Größe des Resektats und senkt zugleich die Chancen für eine endoskopische R0-Resektion. Durch Ligatur einzelner Gewebeareale entstehen Fragmente von 15 bis maximal 20 mm. Diese abgebundenen Polypen können anschließend mit der elektrischen Schlinge reseziert und nach Einsaugen in die Kappe sicher geborgen werden. Grundsätzlich sollte die Schlinge unterhalb des Ligaturringes geschlossen werden, dadurch erhöht sich die Größe des Resektates zusätzlich. Die gelegentlich geäußerten Befürchtungen einiger Kollegen, durch Ligatur oder durch Ansetzen der Polypektomieschlinge unterhalb der Ligaturen oder gar durch EMR ohne submukosale Injektionstherapie, Perforationen zu erzeugen, erweisen sich im klinischen Alltag als unbegründet. Eine alte Weisheit besagt, dass sich die intakte Muskularis propria des Ösophagus nicht in eine Kappe eines Standard-Multibandligatur EMR-Sets einsaugen lässt, insofern eine Perforationsgefahr nahezu ausgeschlossen ist. Nach fast 20-jähriger endoskopisch-interventioneller Tätigkeit des Autors hat sich diese Weisheit in 100 % aller Fälle bis heute bestätigt. Bestätigt wird dies auch dadurch, dass nach mehreren Ligaturen und Resektionen in der sogenannten „Piece-meal-EMR“ eine mukosafreie glatte Resektionsfläche ohne residuale Mukosainseln entsteht.
Die Verwendung von Resektionssets (Ligatur + Schlinge) ist sinnvoll! Keine submukosale Injektion vor EMR, die Schlinge sollte unterhalb des Ligaturrings angesetzt werden! Die „Piece-meal“-EMR ist der ESD nicht unterlegen!
Die am häufigsten verwendeten Resektionssets sind das Duette®-Set von Cook Medical Deutschland GmbH und das CaptivatorTM-EMR-Set von Boston Scientific Medizintechnik GmbH. Das CaptivatorTM-EMR-Set ist für diagnostische und therapeutische Gastroskope erhältlich und erweitert somit das Spektrum durch eine etwas breitere Anwendung. Beispielsweise können damit auch Interventionen bei Patienten mit derben post-radiogenen Stenosen des oberen Ösophagus leichter durchgeführt werden. Zur Versorgung post-interventioneller Komplikationen wie Blutungen sind jedoch therapeutische Endoskope mit einem Arbeitskanal von 3,8 mm unter Umständen besser geeignet. Nach einer EMR sollte eine Säuresuppression mit Protonenpumpenhemmern in doppelter Standarddosis für mindestens 2 Wochen durchgeführt werden.

EMS versus ESD bei Barrett-Neoplasien

Die endoskopische Submukosadissektion (ESD) ermöglicht die Resektion großer Mukosaflächen durch submukosale Dissektion. Mit dieser Präparationstechnik können durch Ablösung der Submukosa praktisch unbegrenzt große Mukosaflächen in einem Stück (en bloc) abgetragen werden. Abgesehen von der technisch sehr anspruchsvollen Dissektion ist diese Technologie verglichen mit der Multibandligatur plus Schlingen-EMR mit erhöhtem zeitlichem Aufwand und einer gering erhöhten Komplikationsrate verbunden, dafür kann in mehr Fällen als bei der EMR eine vollständige R0-Resektion erreicht werden. Die Expertise für diese Präparationstechnik ist in Deutschland durchaus in mehreren Zentren auf sehr hohem Niveau vorhanden, im klinischen Alltag wird bei den meisten endoskopisch-interventionell tätigen Gastroenterologen die EMR jedoch viel häufiger eingesetzt. In einer prospektiv-randomisierten Studie aus Deutschland wurden bei 40 Barrett-Frühkarzinomen beide Techniken miteinander verglichen und es konnte kein Vorteil für eins der beiden Verfahren herausgearbeitet werden (Terheggen et al. 2017). Bei hochgradigem Verdacht auf das Vorliegen einer T1/sm1-Situation und Fehlen von Risikofaktoren (s. Tab. 1), sollte allerdings die En-bloc-Resektion möglichst als endoskopische Submukosadissektion erfolgen. Die ESGE sieht beide Verfahren als gleichwertig an, empfiehlt jedoch für die meisten zu resezierenden Läsionen die EMR (Weusten et al. 2017).
Tab. 1
Überwachung von Patienten mit Barrett-Ösophagus ohne bzw. mit intraepithelialer Neoplasie (IEN) in Abhängigkeit von der Länge des Barrett-Segmentes. *Low-Risk-Kriterien: < 500 μm, L0, V0, G1/2, < 20 mm, keine Ulzeration). Bei Verdacht auf pT1b/sm1 kann bei Vorhandensein von Low-risk-Kriterien eine endoskopische Submukosadissektion (ESD) erfolgen. (Aus Weusten et al. 2017)
Intraepitheliale Neoplasie
Kontrolle
Barrett ≥ 1 ≤ 3 cm
Kontrolle
Barrett ≥ 3 ≤ 10 cm
Kontrolle
Barrett ≥ 10 cm
Keine
Nach 1 Jahr, danach alle 5 Jahre
Nach 1 Jahr, danach alle 3 Jahre
Nach 1 Jahr im Barrett-Zentrum
Low-grade IEN
Endoskopische Resektion bei sichtbaren Läsionen
Kontroll-ÖGD nach 3 Monaten bei nicht-sichtbaren Läsionen (danach nach 6 und 12 Monaten), ggf. RFA
High-grade IEN
Endoskopische Resektion + Ablation Rest-Barrett
(Kontroll-ÖGD nach 3,6 und dann alle 12 Monate)
Frühkarzinom (pT1a/m*)

Komplikationen der EMR

Die Kappenresektionstechnik und die Multibandresektionstechnik sind beide sichere und wirksame Resektionsverfahren. In Deutschland hat sich jedoch die Multibandresektionstechnik etabliert, weil sie ohne submukosale Injektionstechnik auskommt und einfach durchzuführen ist. So wird die Schlinge beispielsweise erst nach Ligatur eingeführt und befindet sich nicht bereits vorab in der Kappe, sie kann somit nicht in ihrer Position verrutschen. Die Hauptkomplikation der EMR ist die akute Blutung, am häufigsten tritt sie bereits während der Intervention auf. In nahezu allen Fällen kann durch moderne endoskopische Blutstillungsverfahren eine unmittelbare Blutstillung erreicht werden. Hierfür eignen sich Koagulationszangen, submukosale Injektionstherapie, Hämoclips oder Blutstillungspuder, -sprays oder -gels. Blutungen in den Tagen nach der EMR sind selten und treten gehäuft bei Patienten mit Komorbiditäten auf. Akute Komplikationen kommen in 2–3 % der Fälle vor. Erfolgt eine „Piece-meal“-EMR auf einer Fläche von mehr als der Hälfte der Zirkumferenz des tubulären Ösophagus, steigt das Risiko der Stenosebildung (Sharma et al. 2020). Diese Stenosen können in den meisten Fällen durch ein- bis zweimalige Bougierungen oder Dilatationen wirksam behandelt werden. Eine Perforation des Ösophagus nach EMR oder ESD ist ein seltenes Ereignis. Generell ist die Komplikationsrate der EMR niedriger als die der ESD.
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