Skip to main content
Viszeral- und Allgemeinchirurgie
Info
Publiziert am: 02.02.2023

Akute Mesenterialischämie

Verfasst von: Mikolaj Walensi und Johannes N. Hoffmann
Die akute Mesenterialarterienischämie ist ein Krankheitsbild mit einer hohen Sterblichkeit, welche direkt mit der Dauer der Ischämie korreliert. Nach der Anamnese und klinischen Untersuchung stellt die CT-Angiografie den diagnostischen Goldstandard dar und dient der Beurteilung des Darms wie auch der vaskulären Situation. Nach einer Laparotomie muss eine Inspektion des Darms erfolgen, woraufhin über die Notwendigkeit einer Gefäßrekonstruktion vor der Durchführung einer etwaigen Darmresektion entschieden wird. Hierbei kommen die Thrombektomie sowie typische ante- und retrograde Rekonstruktionsverfahren der A. mesenterica superior (AMS) als auch interventionelle Verfahren zum Einsatz, bei einer Peritonitis möglichst unter Verwendung von autologem Material. Bei Darmanastomosen muss berücksichtigt werden, dass der ischämiebedingte Innenschichtschaden die Demarkierungsgrenzen überschreiten kann. Verschlechtert sich postoperativ der Zustand des Patienten, so ist allzeit eine Relaparotomie, ansonsten ggf. ein geplanter „second look“ durchzuführen.

Epidemiologie

Bei der Mesenterialischämie handelt es sich um eine seltene Ursache des akuten Abdomens. Die Inzidenz beträgt etwa 1/100.000 Einwohner und Jahr. Bei Betrachtung des Gesamtkollektivs aller Patienten mit unklarem akutem Abdomen ist die Mesenterialischämie nur bei 0,4–1 % ursächlich für die Beschwerden. Bei Patienten über 80 Jahre steigt die Wahrscheinlichkeit auf ca. 5 %. Besonders Patienten mit vorbestehender periphere arterieller Verschlusskrankheit (paVK) und arterieller Thrombose („acute-on-chronic-Mesenterialarterienverschluss“) und Patienten mit Herzrhythmusstörungen (Mesenterialarterienembolie) sind für die akute Mesenterialischämie prädisponiert. Embolische Ereignisse finden sich häufig im Zusammenhang mit einer Umstellung der gerinnungsaktiven Medikation (z. B. wegen einer zahnärztlichen Behandlung oder Endoskopie) oder einer „incompliance“ bei mit (direkte) orale Antikoagulantien [(D)OAK] behandelten Patienten.

Grundlagen und Anatomie der Mesenterialgefäße

Die A. mesenterica superior (AMS) ist das zentrale und vulnerabelste für die Durchblutung, insbesondere des Dünndarms, zuständige Gefäß. Bei akuter emboliebedingter Mesenterialischämie ist die AMS, vor allem aufgrund ihres steilen Abgangs aus der Aorta, in zwei Dritteln der Fälle betroffen. Im Falle eines plötzlichen Komplettverschlusses der AMS und bei fehlender paVK und somit fehlenden vorbestehenden Stenosen, kommt es innerhalb von 6 h zur nichtreversiblen Minderdurchblutung der Darmmukosa mit einem Minderverhältnis von Sauerstoffangebot und Sauerstoffnachfrage, zellulärem Energieverlust und Infiltration von Leukozyten in die Darmwand sowie der Bildung von Sauerstoffradikalen (Klar et al. 2012).
Da es sich bei der AMS um eine Endstrombahn handelt, ist bei einem Verschluss ihres Hauptstamms eine Ischämie des Dünndarms ab dem Treitz-Band bis zur Bauhin-Klappe sowie eine Ischämie des rechten Kolons bis zum Colon transversum die Folge. Ab der linken Kolonflexur übernimmt üblicherweise die A. mesenterica inferior die Versorgung des Darms über die Riolan-Arkade.
Bei Teilverschlüssen der AMS (z. B. bei Mesenterialarterienaneurysmen) können sich auch abschnittsweise akute Minderdurchblutungen des Dünndarms bilden (Walensi et al. 2022; Juntermanns et al. 2018).

Ätiologie der akuten Mesenterialischämie

Die Verteilung der Ursachen einer Mesenterialischämie ist in Tab. 1 systematisiert.
Tab. 1
Ätiologien der Mesenterialischämie. (Mod. nach Stiegler 2013):
40 % arterielle Embolie der AMS
• Bewegungsstörung der Herzwand (Herzinfarkt, Herzwandaneurysma)
• Klappenvitien
20 % arterielle Thrombose des AMS-Hauptstamms
• Vorbestehende Arteriosklerose
• Dissezierendes Aortenaneurysma Typ Stanford A/B
• Abdominaltrauma
40 % NOMI („non occlusive mesenterial ischemia)
• Hypotension, Schock
Herzinsuffizienz bei Low-output-Versagen
• Septischer Schock
• Minderperfusion durch Vasokonstruktion bei hochdosierter Katecholamintherapie
• Nach kardiochirurgischem Eingriff
Venöse Ursachen (selten): Mesenterialvenenthrombose
Primär: Thrombophilie (Mangel an Protein C, Protein S, Protein Z, Antithrombin, Antiphospholipidsyndrom, Homocysteinämie)
Sekundär: Entzündliche Darmprozesse (z. B. Pankreatitis, Morbus Crohn), portale Hypertension bei Leberzirrhose
• Paraneoplastisches Syndrom

Symptome

Klassisch wird bei der Embolie der AMS ein plötzlich einschießender Abdominalschmerz („Patient kann die Uhrzeit angeben.“) oder ein ganz akuter stärkster Kolikschmerz im Mittelbauch beschrieben. Das akute Einsetzen von Bauchschmerzen ist bei 47 % der Patienten zu beobachten (Ritz und Buhr 2011). Übelkeit und Erbrechen werden bei etwa 50 % der Patienten bei Aufnahme in die Klinik angegeben. Bei der Hälfte der Patienten ist in der Notaufnahme bereits ein Peritonismus, bei einem Viertel der Patienten Fieber nachweisbar. Diarrhöen und blutige Stuhlauflagerungen sind bei jeweils einem Drittel der Patienten isoliert oder in Kombination nachweisbar. Klassisch ist ein klinischer Verlauf in 3 Phasen:
Klinischer Verlauf der Mesenterialembolie in 3 Phasen
  • Phase 1 (Initialstadium, 0–6 h) plötzlicher einschießender Schmerz, Kolik, Übelkeit, Hyperperistaltik
  • Phase 2 (stilles Intervall, 7–12 h) nachlassende Schmerzen, blutige Durchfälle, paralytischer Ileus
  • Phase 3 (Terminalstadium, 12–48 h): Allgemeinzustand (AZ)-Verschlechterung, Peritonitis, Schock
Das stille Intervall wird aufgrund der vermeintlichen Besserung der Symptomatik auch als „fauler Frieden“ bezeichnet. Wegen dieses relativ symptomarmen Intervalls (typischerweise noch mit fehlender Laktaterhöhung) werden viele akute Mesenterialischämien erst verspätet diagnostiziert und das wahre Ausmaß der Minderdurchblutung des Darms, insbesondere bei alten Patienten, unterschätzt. Der klinische Kontrast zwischen einem schwer kranken Patienten und einer geringen abdominellen Symptomatik spricht für eine bildgebende Abklärung mittels kontrastmittelverstärkter Computertomografie im Sinne einer CT-Angiografie (CT-A).
Bei der NOMI ist die klinische Symptomatik insgesamt weniger ausgeprägt. Bei der Untersuchung eines großen herzchirurgischen Patientenkollektivs auf Intensivstationen mit nachgewiesener NOMI konnte allerdings bei der Ex-post-Analyse der Akten bei über 80 % der Patienten auch die Angabe von Abdominalschmerzen detektiert werden. Auch wegen der eingeschränkten Kommunikation der Intensivpatienten (postoperatives Delir, Z.n. Intubation/Beatmung und Verwendung von Sedativa und starken Analgetika) wird die NOMI oft zu spät erkannt und nimmt dadurch häufiger einen irreversiblen Verlauf (Klar et al. 2012).
Die Prognose von Patienten mit einer akuten Mesenterialischämie ist abhängig von der Zeitspanne zwischen Diagnosestellung und Therapie: „Zeit ist Darm!“
Bei einer Behandlung der Ischämie innerhalb der 12-h-Grenze betrug die Sterblichkeit in einem großen Kollektiv der Charitè Campus Benjamin Franklin 20 %. Sie verdoppelte sich auf über 50 % bei einem Intervall von 12–24 h und auf 80 % bei Diagnosestellung >25 h nach Symptombeginn. Bei mehrtägig bestehender Mesenterialischämie beträgt die Sterblichkeit nahezu 100 % (Paes et al. 1990).
Die Sterblichkeit der akuten Mesenterialischämie in Deutschland beträgt leider unverändert 50–80 %. Trotz einer Operation innerhalb von 2 h nach Klinikaufnahme und einer Teambildung von Viszeral- und Gefäßchirurgie war auch in einer aktuellen Publikation eine Gesamtsterblichkeit von über 80 % in einem Kollektiv von Patienten mit Darmischämie und damit ohne relevante Verbesserung der bisherigen Ergebnisse festgestellt worden. In diesem Kollektiv hatten 50 % der Patienten eine NOMI. Positive Faktoren für ein Überleben waren das Alter <70 Jahre und eine Operation mit einer Gefäßrekonstruktion. Negativ waren ein schlechter Allgemeinzustand bei Aufnahme und der Status von Pflegeheimpatienten. Frauen hatten insgesamt eine schlechtere Prognose (Thermann et al. 2012).

Laborchemische Diagnostik

Für den Rahmen der Notfalldiagnostik wird in vielen Lehrbüchern auf die Sensitivität der Laktatwerte verwiesen. Ein normwertiges Laktat schließt jedoch eine akute Mesenterialischämie nicht aus (Filsoufi et al. 2007). Eine D-Dimer Erhöhung ist hingegen unspezifisch und kann in allen Erkrankungen mit sekundärer plasminvermittelter Fibrinolyse nachgewiesen werden (Akyildiz et al. 2009).
Das Auftreten einer Laktatazidose kann als Spätzeichen einer akuten Mesenterialischämie interpretiert werden. Frühere Ergebnisse zeigen sich bei der Creatinkinase (CK)- und Myoglobinmessung. Beide Marker sind bei akuter Mesenterialischämie pathologisch, aber nicht spezifisch für die Mesenterialischämie, sondern auch nach (operativem) Trauma erhöht. Die Leukozyten im Blut sind meistens ebenfalls erhöht, ebenso wie das C-reaktive Protein – beides ist jedoch äußerst unspezifisch zu werten, letzterer Parameter ist erst später im Verlauf nachweisbar.
Aufgrunddessen wurde in wissenschaftlichen Studien die Aussagekraft von neuen Biomarkern untersucht (Tab. 2).
Tab. 2
Neue Biomarker der akuten Mesenterialischämie. (Mod. nach Treskes et al. 2017)
I-FABP
„intestinal fatty acid binding protein“
α-GST
alpha-glutathione S-transferase“
IMA
„ischemia-modified albumin“
Die Sensitivität dieser Marker liegt für jeden einzelnen Marker bei etwa 70 %, die Spezifität liegt lediglich bei I-FABP über 90 %, sodass ein Routineeinsatz dieser Serumparameter derzeit nicht als etabliert gelten kann.

Bildgebende Diagnostik

Schon der klinische Verdacht auf eine akute Mesenterialischämie erfordert eine unverzügliche Notfalldiagnostik im Hinblick auf den beschriebenen Stellenwert des Zeitintervalls von der Diagnosestellung bis zur Therapie, um die massiv erhöhte Sterblichkeit bei verzögerter Diagnosestellung zu vermeiden. Dabei ist das „Daran denken“ bei der Diagnostik einer Mesenterialischämie ein wesentlicher Punkt.
Bei der Verdachtsdiagnose einer akuten Mesenterialischämie muss unverzüglich eine Dünnschicht-CT-A mit i. v.-Kontrastmittelgabe mit arterieller und venöser Phase durchgeführt werden.
Eine orale Kontrastierung sollte aufgrund der Gefahr einer Darmperforation nach Möglichkeit nicht erfolgen.
Die duplexsonografische Darstellung der AMS ist zum Teil möglich, aber aufgrund der häufigen Distension des Abdomens, insbesondere bei einer NOMI oder auch bei einer adipösen Konstitution des Patienten, wenig zielführend und hängt stark von der Erfahrung des Untersuchers ab. Auch die kontrastmittelverstärkte Sonografie konnte keine verbesserte Diagnostik herbeiführen. Ein möglicher Diagnose-Behandlungs-Algorithmus ist im Deutschen Ärzteblatt 2012 publiziert (Klar et al. 2012) und wird hier leicht modifiziert wiedergegeben:
Eine Röntgenübersichtsaufnahme des Abdomens im Rahmen der präoperativen Diagnostik ist aus pragmatischen Erwägungen verzichtbar, da in der CT-Angiografie möglicherweise vorhandene freie Luft als Hinweis auf eine Darmperforation mit höherer Sensitivität bei Verwendung des Lungenfensters abgegrenzt werden kann.
Bei der Anforderung der CT-A ist unbedingt die Verdachtsdiagnose anzugeben, sodass die CT in der korrekten Modalität erfolgen kann.
Die zusätzliche venöse Phase der Untersuchung ist zur Detektion einer Mesenterialvenenthrombose unerlässlich. In der CT-A können verschiedene direkte und indirekte Zeichen einer AMI vorliegen (Tab. 3).
Tab. 3
Zeichen der Mesenterialischämie in der CT-A. (Mod. nach Horton und Fishman 2007 und Moschetta et al. 2014)
Darmwandverdickung
95 % der Fälle
Imbibiertes Fettgewebe
72 % der Fälle
Pneumatosis intestinalis
12,5 % der Fälle (100 % Spezifität, Spätzeichen)
Arterielle Gefäßokklusion
10 % der Fälle (100 % Spezifität)
Portal-venöse Luft
9,2 % der Fälle (94 % Spezifität, Spätzeichen)
Venöse Gefäßokklusion
5 % der Fälle (94 % Spezifität)
Da der klinische Nachweis einer Peritonitis mit Abwehrspannung bei alten Menschen außerordentlich erschwert sein kann, bestünde größtes Interesse an der Detektion einer Darmnekrose in der CT-A, was wissenschaftlich untersucht wurde. Bei einer Untersuchung von über 200 Patienten mit Darmischämie waren allerdings keine Unterschiede in den Kriterien Wandverdickungen, Darmdistension, arterielle Thrombose, Pneumatosis oder Pneumatosis plus portale Luft in Patientenkollektiven mit im Verlauf gesicherter Nekrose oder partieller Nekrose des Darms nachweisbar. In dubio bleibt somit zur Unterscheidung von Nekrose und Minderperfusion nur die Laparotomie als Ultima ratio.
Umgekehrt war beim Vorliegen der Kriterien portal-venöser und mesenterial-venöser Lufteinschlüsse kombiniert mit Darmwandverdickungen sowie Lufteinschlüssen in der Darmwand eine Spezifität von 94 % für eine Mesenterialischämie gegeben.
Auch die Laparoskopie wurde zur Diagnostik einer Mesenterialischämie mehrfach untersucht. Es ergaben sich hier allerdings erhebliche Einschränkungen bei der Beurteilung der Darmwand und Vitalität, sodass derzeit generell die Minilaparotomie mit eventueller Erweiterung zur medianen Laparotomie bei Vorhandensein eines akuten Abdomens und CT-morphologischen Zeichen der Darmnekrose empfohlen wird.
Es ist in neueren Arbeiten eine Sensitivität und Spezifität der biphasischen CT-A von 93 bzw. 100 % nachweisbar, dies bei einem positiven und negativen Vorhersagewert von 94 bzw. 100 % (Aschoff et al. 2009).

Interventionelle Behandlung

Die Therapieempfehlungen zur akuten Mesenterialischämie basieren auf retrospektiven Kohortenstudien mit Kollektiven mit bis zu 70 Patienten. Aufgrund des hohen Durchschnittsalters der Patienten und der Komorbiditäten ist eine interventionelle Rekanalisation bei akutem Mesenterialarterienverschluss vorteilhaft, wenn klinisch keine Peritonitis und keine Notwendigkeit für eine Laparotomie besteht (siehe Abb. 1). Der Zugang erfolgt entweder transfemoral, transbrachial oder transaxillär. Es gibt hervorragend handhabbare, in 2–3 Ebenen steuerbare moderne Schleusen, mit denen eine Thrombektomie bzw. Lysetherapie lokal möglich ist und die offene Rekonstruktion vermieden werden kann. Beim Vorliegen einer Darmgangrän in der CT-A scheiden perkutane endovaskuläre Therapien aus. Ob eine Kathteraspirationsthrombektomie oder eine Kathterlysetherapie durchgeführt werden können, bestimmen die lokalen Bedingungen. Ziel der Therapie ist die Wiedereröffnung des Stamms und der arteriellen Hauptäste der AMS. Bei nach der Fibrinolyse evidenten Stenosen der AMS müssen diese durch eine perkutane transluminale Angioplastie (PTA) oder Stentimplantation behandelt werden. Aufgrund des Vorliegens von einschlägigen Erfahrungen bei fenestrierten oder gebranchten Aortenprothesen können auch gecoverte Stentprothesen mit gutem Ergebnis zum Einsatz kommen. Die Intervention kann auch dem Ziel dienen, die Zeit bis zur definitiven (chirurgischen) Sanierung zu überbrücken.

Operation und intraoperative therapeutische Strategie

Der Therapiealgorithmus (Abb. 1) sollte beachtet werden. Beim akuten Abdomen ist die Laparotomie unumgänglich. Es sollte immer eine Beurteilung des Darms durch einen erfahrenen Chirurgen erfolgen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Innenschicht-Mukosa-Ischämie zwar durch eine Blutung bereits präoperativ evident werden kann, aber bei der makroskopischen Beurteilung von außen nicht sichtbar ist. Die Beurteilung des Darms bezüglich des Vorhandenseins von Peristaltik und Perfusion der Arkaden kann durch eine Fluoreszenzangiografie verbessert werden. Diese muss aber nicht obligatorisch durchgeführt werden.
Bei der Lagerung muss die mögliche Notwendigkeit einer arteriellen Rekonstruktion beachtet werden (ggf. Hybridoperationssaal mit Möglichkeit der intraoperativen adäquaten digitalen Subtraktionsangiografie (DSA)). Die Abdeckung sollte so erfolgen, dass zumindest eine V. saphena magna am Oberschenkel als autologes Transplantat zur Verfügung steht und entnommen werden kann. Die Operation sollte in Kooperation bzw. in Absprache mit einem erfahrenen Gefäßchirurgen erfolgen, der für die Gefäßrekonstruktion hinzugezogen werden kann.
Eine Revaskularisierungist, sofern möglich, prinzipiell immer durchzuführen. Das Behandlungsprinzip besteht in der Wiederherstellung der arteriellen Reperfusion vor einer etwaigen Darmresektion. Es sollen nur Darmabschnitte reseziert werden, die sich nach der Reperfusion nicht erholen.
Die Embolektomie mit infrakolischem Zugang zur AMS (Standard) muss sicher beherrscht und durchgeführt werden, bevor eine Resektion von geschädigten Darmanteilen erfolgt, außer es liegt bereits eine Gangrän vor.
Es sollten zudem die gängigsten Bypassverfahren der arteriellen Mesenterialarterienrekonstruktion beherrscht werden (antegrade und retrograde Rekonstruktionen). Insbesondere bietet sich der modifizierte französische Venenbypass, der von der A. iliaca communis bis zur A. mesenterica superior um die linke Nierenvene herum gelegt werden kann, als Notfallverfahren an. Diese Operation impliziert den Vorteil, dass kein Prothesenmaterial eingebracht werden muss und ist insbesondere bei (beginnender) gangränöser Durchwanderung der Darmwand von Vorteil. Die fehlende Notwendigkeit der Aortenklemmung bei diesem Vorgehen bewirkt eine Reduktion der Invasivität.
Auch ist die Möglichkeit der Hybridtechnik (Kombination aus Laparotomie und endovaskulärer Operation) zu berücksichtigen. Nach Freilegung der AMS sollte retrograd zunächst eine Thrombektomie mittels Forgarty-Katheter erfolgen. Bei fehlendem Zustrom ist die Schleuseneinlage (7F) und die Drahtsondierung mit einem weichen hydrophilen 0,035„-Standarddraht oder einem 0,018“-Metalldraht üblich. Hierüber kann ein retrograder Zugang zur Aorta mit der Möglichkeit einer(s) PTA/Stents der AMS bis in den Abgang geschaffen werden, was weitere Schritte der Operation erübrigt (aortale Darstellung, retroperitoneale Freilegung, Venenentnahme usw.). Die interventionelle intraoperative Hybridbehandlung verbindet die Vorteile der geringeren Invasivität mit der direkten Darmbeurteilung durch die Laparotomie.
Da der mukosale Innenschichtschaden wesentlich ausgeprägter sein kann als äußerlich erkennbar, ist die Durchführung von Darmanastomosen nach der Darmresektion sehr sorgfältig abzuwägen. Wenn eine Darmanastomose bei unterschätztem Ausmaß der Darmischämie angelegt wird und eine Anastomoseninsuffizienz resultiert, ist eine drastische Steigerung der Sterblichkeit zu beobachten (Unalp et al. 2010).
Es bietet sich an, eine primäre Resektion als Diskontinuitätsresektion ohne Ausleitung durchzuführen, die lediglich mittels Stapler-Resektion des Darms. Dies ist im Sinne einer „damage control surgery“ zu verstehen. Die Darmperistaltik ist durch das Darmwandödem und die Entzündungsprozesse so eingeschränkt, dass eine mechanische Beeinträchtigung durch die Darmperistaltik nicht entsteht.
Im nächsten Schritt kann dann bei der 24–48 h später zu erfolgenden Relaparotomie eine Anastomosierung oder Exerritorisierung der als erhaltungswürdig eingestuften Darmenden vor die Bauchwand erfolgen, was zugleich endoskopische Verlaufskontrollen ermöglicht.
Die Indikation zur second-look-Operation innerhalb von 12–24 h nach dem Ersteingriff ist großzügig zu stellen, insbesondere wenn eine klinische Stabilisierung des Patienten ausbleibt.
Bei notwendiger Resektion größerer Darmabschnitte sind folgende kritische Darmlängen zu beachten (Klar et al. 2012).
Kritische Darmlängen bei Darmischämie und Resektion
  • 100 cm bei endständiger Jejunostomie, (Verlust des Kolons)
  • 65 cm bei jejunokolischer Anastomose (Erhalt des Kolons)
  • 35 cm bei jejunoilealer Anastomose mit Erhalt der Ileozökalregion.
Diese Grenzen sind altersabhängig zu beachten. Unterhalb dieser Grenzen kommt es regelhaft zum Kurzdarmsyndrom mit der Notwendigkeit einer dauerhaften parenteralen Ernährung. Abhängig von der Komorbidität ist bei 80- und 90-Jährigen die Fortführung der Therapie zu diskutieren. Auch die sekundäre Dünndarmtransplantation kann abhängig von Komorbidität im jungen Alter diskutiert werden. Bei klinisch infaustem Befund ist eine Änderung des Therapieziels zur palliativen Behandlung mit Sterbebegleitung zu dokumentieren (Walensi et al. 2015). Dies ist stark vom intraoperativen Befund abhängig. Die verbleibende Darmlänge ist dezidiert im Operationsbericht festzuhalten.

Postoperatives Management (Intensivstation)

Nach dem Eingriff erfolgt eine Überwachung auf einer operativen Intensivstation oder mindestens intermediate care (IMC)-Einheit. Wichtig sind die klinischen Kontrollen der Zugangsgefäße und des Abdominalbefundes. Deshalb ist eine lediglich konsiliarische chirurgische Mitbehandlung nicht anzustreben und der Patient (gefäß)chirurgisch zu übernehmen.
Das postoperative Management nach einer Darmresektion und/oder arterieller Rekonstruktion erfolgt auf einer Intensivstation. Hier müssen alle Formen des Organersatzes (Lunge, Niere, Kreislauf) verfügbar sein. Häufig sind initial im Rahmen der Reperfusion hohe Volumenumsätze notwendig, die zu einer massiven Überwässerung des Patienten führen. Die weitere Behandlung muss im weiteren Verlauf schnellstmöglich auf eine Negativbilanz abzielen, da bekannt ist, dass nach Volumenüberladung (>10 % des Körpergewichtes) eine Verdoppelung der Sterblichkeit besteht. Die Behandlung sollte in interdisziplinärer Zusammenarbeit erfolgen, insbesondere muss das Management der Gerinnung gut abgesprochen werden.
Aufgrund der besseren Steuerbarkeit sollte unmittelbar postoperativ eine Heparinisierung mit Standardheparin (Heparin-Natrium, Ziel-partielle Thromboplastinzeit (PTT) 50–60 s) durchgeführt werden. Nach einer Stentimplantation muss eine doppelte Thrombozytenaggregationshemmung erfolgen (ggf. ohne loading wegen der postoperativen Blutungsgefahr). Die Gabe von Azetylsalizylsäure (ASS) 100 mg 1-mal/Tag per os sollte zur Vermeidung von insbesondere kardialen Komplikationen durch das Absetzen fortgesetzt werden.
Es ist dann eine Umstellung auf einen Vitamin-K-Antagonisten (VKA) durchzuführen. VKA (Marcumar oder Analoga) sind derzeit die einzigen zugelassenen Substanzen. Direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) sind in dieser Indikation nicht etabliert.
Literatur
Akyildiz H, Akcan A, Oztürk A, Sozuer E, Kucuk C, Karahan I (2009) The correlation of the D-dimer test and biphasic computed tomography with mesenteric computed tomography angiography in the diagnosis of acute mesenteric ischemia. Am J Surg 197(4):429–433. https://​doi.​org/​10.​1016/​j.​amjsurg.​2008.​02.​011. PMID: 19324109CrossRef
Aschoff AJ, Stuber G, Becker BW, Hoffmann MH, Schmitz BL, Schelzig H, Jaeckle T (2009) Evaluation of acute mesenteric ischemia: accuracy of biphasic mesenteric multi-detector CT angiography. Abdom Imaging 34(3):345–357. https://​doi.​org/​10.​1007/​s00261-008-9392-8CrossRef
Filsoufi F, Rahmanian PB, Castillo JG, Scurlock C, Legnani PE, Adams DH (2007) Predictors and outcome of gastrointestinal complications in patients undergoing cardiac surgery. Ann Surg 246(2):323–329. https://​doi.​org/​10.​1097/​SLA.​0b013e3180603010​. PMID: 17667513; PMCID: PMC1933566CrossRef
Horton KM, Fishman EK (2007) Multidetector CT angiography in the diagnosis of mesenteric ischemia. Radiol Clin North Am 45(2):275–288CrossRef
Juntermanns B, Bernheim J, Karaindros K, Walensi M, Hoffmann JN (2018) Visceral artery aneurysms. Gefasschirurgie 23(Suppl 1):19–22. https://​doi.​org/​10.​1007/​s00772-018-0384-xCrossRef
Klar E, Rahmanian PB, Bücker A, Hauenstein K, Jauch KW, Luther B (2012) Acute mesenteric ischemia: a vascular emergency. Deutsches Ärzteblatt 109:249–256. https://​doi.​org/​10.​3238/​arztebl.​2012.​0249CrossRef
Moschetta M, Telegrafo M, Rella L, Stabile Ianora AA, Angelelli G (2014) Multi-detector CT features of acute intestinal ischemia and their prognostic correlations. World J Radiol 6(5):130–138. https://​doi.​org/​10.​4329/​wjr.​v6.​i5.​130CrossRef
Paes E, Vollmar JF, Hutschenreiter S, Schoenberg MH, Schölzel E (1990) Diagnostik und Therapie des akuten Mesenterialinfarktes. Chir Gastroenterol 6:473–480
Ritz JP, Buhr H (2011) Akute mesenteriale Ischämie. Chirurg 82:863–870CrossRef
Stiegler H (2013) Mesenteriale Ischämie. In: Jauch KW, Mutschler W, Hoffmann JN, Kanz G (Hrsg) Chirurgie Basisweiterbildung – in 100 Schritten durch den Common Trunk, 2. Aufl. Springer, Berlin/Heidelberg, S 432–438CrossRef
Thermann F, Asperger W, Wollert U (2012) Akute mesenteriale Ischämie. Gefäßchirurgie 17:128–134. https://​doi.​org/​10.​1007/​s00772-011-0915-1CrossRef
Treskes N, Persoon AM, van Zanten ARH (2017) Diagnostic accuracy of novel serological biomarkers to detect acute mesenteric ischemia: a systematic review and meta-analysis. Intern Emerg Med 12(6):821–836. https://​doi.​org/​10.​1007/​s11739-017-1668-yCrossRef
Unalp HR, Atahan K, Kamer E, Yaşa H, Tarcan E, Onal MA (2010) Prognostic factors for hospital mortality in patients with acute mesenteric ischemia who undergo intestinal resection due to necrosis. Ulus Travma Acil Cerrahi Derg 16(1):63–70
Walensi M, Thiele F, Tod in 24 Stunden (2015) Fallbericht und medizinethischer Kommentar. Thieme – Lege artis 5(5):352–355
Walensi M, Juntermanns B, Tsilimparis N et al (2022) Renoviszerale arterielle Aneurysmen. Gefässchirurgie 27:416–424. https://​doi.​org/​10.​1007/​s00772-022-00932-y