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Perkutane Radiotherapie in der Tumorbehandlung

Verfasst von: Stephanie E. Combs
Die moderne Radioonkologie bietet heute verschiedene Techniken, die eine sichere, hoch effektive und nebenwirkungsarme Behandlung ermöglichen. Wichtig ist hierbei die hohe Präzision der Dosisapplikation. Moderne Konzepte integrieren die perkutane Strahlentherapie vor einer Operation (neoadjuvante Strahlentherapie), als Alternative zu einer Operation (definitive Strahlentherapie) oder als Konsolidierung nach einer Operation (adjuvante bzw. additive Therapie). In vielen Fällen wird die Strahlentherapie in Kombination mit einer Systemtherapie (Chemotherapie, Antikörpertherapie/Immuntherapie) durchgeführt. Weit über 50 % aller Krebspatienten werden im Verlauf ihrer Erkrankung mit einer Strahlentherapie behandelt, entweder in kurativer oder, bei fortgeschrittenen Erkrankungen, in palliativer Intention. Wichtig ist, dass die Strahlentherapie immer im interdisziplinären Konsens mit Systemtherapien und operativen Eingriffen abgewogen und indiziert werden sollte.

Einführung

Die perkutane Strahlentherapie nimmt einen immer größeren Stellenwert in der interdisziplinären Behandlung von Tumorerkrankungen ein. Sie findet in einer Vielzahl verschiedener Fragestellungen und Therapiezielsetzungen Anwendung und bietet bei fast jeder Tumorentität eine sinnvolle Alternative zu anderen, gegebenenfalls invasiveren Behandlungsmöglichkeiten. Zudem hat sich die perkutane Strahlentherapie gerade im kurativen Ansatz bei verschiedenen Tumorentitäten durchgesetzt, wie zum Beispiel bei Tumoren im HNO-Bereich oder der Prostata, und bietet, häufig in Kombination mit einer systemischen Therapie, eine gleichwertige Alternative zur Operation. Im Rahmen der adjuvanten Therapien im Anschluss an eine operative Maßnahme ist die Strahlentherapie bei vielen Indikationen eine zentrale Säule im interdisziplinären Therapiepfad. Die brusterhaltende Operation bei Mammakarzinom beispielsweise wurde erst durch den Einsatz der postoperativen Strahlentherapie möglich. Auch im neoadjuvanten Setting, wie zum Beispiel bei Rektum- oder Ösophaguskarzinomen, hat die Strahlentherapie einen zentralen Stellenwert: Hier dient sie unter anderem der Verkleinerung des Tumors und somit zur Verkleinerung von Operationsgebieten sowie zur Sterilisation der operativen Absetzungsränder. In einigen Fällen wird die Operabilität erst durch die Strahlentherapie ermöglicht. Moderne Techniken in der Strahlentherapie wie die stereotaktische Strahlentherapie, die intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT) oder auch die Partikeltherapie erlauben heute eine hohe Präzision; damit können gesunde Gewebe geschont und Nebenwirkungen minimiert werden.

Grundlagen

Perkutane Strahlentherapie

In der Radioonkologie spricht man von perkutaner Strahlentherapie, auch Teletherapie genannt, wenn ein Gewebe, beispielsweise ein Tumor, ausgehend von einer Strahlenquelle außerhalb des Körpers bestrahlt wird. Grundsätzlich stehen verschiedene Arten ionisierender Strahlung für therapeutische Zwecke zur Verfügung, beispielsweise Photonen als ultraharte Röntgenstrahlung, hochenergetische Elektronen und andere Teilchenstrahlung (Protonen, Neutronen, schwere Ionen).
Moderne Techniken der Strahlentherapie ermöglichen es heute, die Bestrahlungsdosis präzise auf das Zielgebiet (z. B. Tumor) zu fokussieren und das umliegende gesunde Gewebe zu schonen. Somit hat die moderne Radioonkologie ein günstiges Risiko-Nutzen-Profil und erlaubt eine kurative Behandlung mit sehr geringen therapieassoziierten Nebenwirkungen.

Strahlenarten

Photonen

Am weitesten verbreitet ist die Bestrahlung mit hochenergetischen Photonen (in der Regel 6–20 MeV). Elektronen werden in einem Linearbeschleuniger auf hohe Energien beschleunigt. Photonen entstehen als Sekundärprozess bei der Abbremsung dieser Elektronen an einer Wolframplatte als sogenannte Bremsstrahlung. Durch die Drehung des Linearbeschleunigerkopfes um die Bestrahlungsliege kann die Bestrahlung aus verschiedenen Winkeln erfolgen. Die deponierte Dosis pro Wegeinheit fällt bei Photonen nach einem kurzreichweitigen Aufbaueffekt mit der Tiefe exponentiell ab. Aufgrund dieser physikalischen Eigenschaften wird bei Photonenbestrahlung immer auch das umliegende Normalgewebe stärker belastet. Mit Hilfe neuerster Techniken kann dieser Nachteil weitestgehend ausgeglichen werden. Durch die Anwendung verschiedener Einstrahlwinkel, oder durch den Einsatz von Rotationsbestrahlungen (z. B. IMRT; helicale IMRT/Tomotherapy©; Rapid Arc©), kann die Dosis am gesunden Gewebe minimiert werden. Damit ist heute auch mit Photonen eine hoch konformale Bestrahlung möglich.

Elektronen

Die im Linearbeschleuniger beschleunigten Elektronen können auch direkt für die Strahlentherapie genutzt werden. Wegen ihrer physikalisch bedingten geringen Eindringtiefe ins Gewebe werden Elektronen eher für oberflächlich gelegene Tumore genutzt. In manchen Fällen kann auch eine Bestrahlung mit einer Kombination von Photonen und Elektronen sinnvoll sein.

Protonen

Partikelstrahlen, wie z. B. Protonen oder Schwerionen, zeichnen sich durch ein sogenanntes invertiertes Dosisprofil aus. Im Eingangskanal des Strahls wird eine sehr geringe Bestrahlungsdosis abgegeben. Im Gegensatz zu Photonen weisen Protonen am Ende ihrer energieabhängigen Reichweite ein ausgeprägtes Maximum der deponierten Dosis auf, den Bragg Peak. Die Dosis fällt hinter diesem Maximum steil ab. Je nach gewählter Energie liegt der Bragg Peak in unterschiedlicher Gewebetiefe. Dies wird zum Beispiel bei der Bestrahlung mit „pencil beams“ unterschiedlicher Energien für die Intensitätsmodulation genutzt. Das umliegende Gewebe kann durch die geringe integrale Dosis der Partikelstrahlen maximal geschont werden. Jedoch ist hier besonders auf eine exakte und ruhige Lagerung zu achten, da Bewegungsartefakte zu einem Verschmieren der Dosis führen können. Daher stellen auch bewegte Zielgebiete, wie z. B. Lungentumoren, eine Herausforderung für die Partikeltherapie dar. Photonen und Protonen zeichnen sich durch vergleichbare biologische Effekte aus.

Schwerionen

Schwerionen, wie zum Beispiel Kohlenstoff, gehören zu den dicht ionisierenden Strahlen und haben somit eine höhere relative biologische Wirksamkeit. Sie weisen ähnlich den Protonen einen Bragg Peak auf. Somit besteht auch hier der Vorteil der Schonung des umliegenden Gewebes. Aufgrund ihrer biologischen und physikalischen Eigenschaften bieten sie möglicherweise therapeutische Vorteile bei strahlenresistenteren Tumoren. Dies muss aber noch im Rahmen von Studien belegt werden.

Ausführung der Strahlentherapie

Im Folgenden wird aufgrund der weiten Verbreitung und häufigsten Anwendung ausführlicher auf die Ausführung der Strahlentherapie mittels Photonen eingegangen.

Techniken

Die Meilensteine in der technischen Entwicklung haben die Zielgenauigkeit und die Sicherheit der Strahlentherapie kontinuierlich verbessert und damit das therapeutische Spektrum erweitert. Die Strahlentherapie hat sich von der einfachen 2D-geplanten Strahlentherapie bis hin zur bildgeführten intensitätsmodulierten Strahlentherapie mit der Möglichkeit, den Plan jederzeit hoch automatisiert zu verändern und anzupassen, entwickelt.

2D- und 3D-Bestrahlungsplanung

In den Anfängen der Strahlentherapie erfolgte die Planung mittels zweidimensionaler Planung auf der Grundlage der Röntgendiagnostik. Die Bestrahlung erfolgte mittels zweier Gegenfelder, die das zweidimensionale Tumorprofil abdecken. Im Vergleich zu neueren Bestrahlungstechniken ist hier die Dosis in der Tumorumgebung deutlich höher, weniger umschrieben, schwerer abzuschätzen und nicht an die räumliche Tumorkonfiguration angepasst.
Die dreidimensionale Tumorausdehnung konnte erst bei der dreidimensionalen Bestrahlungsplanung wirklich berücksichtigt werden. Die Planung erfolgt auf Grundlage von CT-Datensätzen. Für detaillierte und feingewebliche Informationen werden heute, je nach Erkrankungen, MRT- oder PET-Bildgebungen in die Bestrahlungsplanung eingebunden. Somit stehen Informationen zur Beschaffenheit des umgebenden Gewebes, deren Dichte und Ausdehnung bereit. Mit diesen Informationen konnte erstmals eine räumliche Dosisverteilung berechnet werden, nicht nur innerhalb des Tumors, sondern auch in dessen Umgebung in den Risikoorganen. Durch die Bestrahlung aus verschiedenen Richtungen entsteht eine Verteilung der Dosis auf das Gewebe, deren Maximum im Zielvolumen liegt. Es entsteht also ein größerer Niedrigdosisbereich.
Durch die kluge Auswahl der Einstrahlrichtung können besonders gefährdete Organe in der Umgebung ausgespart und somit geschont werden. Durch den Einsatz von Keilen (Bleiblöcken) kann der Photonenstrahl zur genaueren Anpassung an die Tumorgröße und weiteren Schonung der Umgebung etwas verkleinert werden.
Moderne Techniken blenden die individuellen Strahlenfelder, angepasst an die Anatomie des Tumors und des Normalgewebes, mit sogenannten Multileaf-Kollimatoren ein (Abb. 1). Diese bestehen aus vielen schmalen Wolframlamellen, deren Lage individuell an die Geometrie angepasst werden kann. Diese Multileaf-Kollimatoren sind am Linearbeschleuniger angebracht und können vor den Photonenstrahl ins Bestrahlungsfeld geschoben werden. So kann der Photonenstrahl „geformt“ werden, indem je nach Bedarf einzelne Wolframlamellen vorgeschoben werden und so Teile des Strahls ausblocken. Die einzelnen Lamellen mit Durchmessern im Millimeter- bis Zentimeterbereich können einzeln angesteuert und entweder ganz oder nur teilweise geschlossen werden. Dies erlaubt dem planenden Radioonkologen beziehungsweise Medizinphysiker, den Hochdosisbereich auch an komplex und unregelmäßig konfigurierte Zielvolumina anzupassen und gleichzeitig die bestmögliche Schonung der Umgebung zu erreichen.

Hochpräzisionsstrahlentherapie/Stereotaxie

Die stereotaktische Strahlentherapie wurde ursprünglich für die Behandlung im Kopfbereich entwickelt. Hier hat sie beispielsweise bei der Einzeitbestrahlung (Radiochirurgie) von Hirnmetastasen, Schädelbasistumoren oder auch hirneigenen Tumoren einen hohen Stellenwert.
Bei der stereotaktischen Bestrahlung wird jedem Punkt im Körper eine Koordinate (x,y,z) zugeordnet, die durch das Bestrahlungsgerät angesteuert werden kann. Der steile Dosisabfall zum Normalgewebe erlaubt eine hoch dosierte Bestrahlung und Schonung von Normalgewebe. Diese Bestrahlungstechniken werden meist bei kleineren Tumoren und bei Tumoren mit direkter räumlicher Beziehung zu Risikostrukturen, wie es zum Beispiel bei Tumoren der Schädelbasis, Meningeomen oder Akustikusneurinomen der Fall ist, eingesetzt.
Die Radiochirurgie kommt außer bei Tumoren des Gehirns auch bei kleinen extrakraniellen Tumoren oder auch bei einzelnen Metastasen als lokal ablative Behandlung vor allem in Lunge und Leber zum Einsatz. Diese Technik kann heute auch außerhalb des Kopfes eingesetzt werden (extrakranielle Stereotaxie, s. auch Kap. „Radiochirurgie und stereotaktische Strahlentherapie“) und kann hier als lokal ablatives Verfahren bei primären und sekundären Lungentumoren, Lebertumoren oder auch Knochenmetastasen eingesetzt werden. Hierbei kommen Behandlungen in nur wenigen Sitzungen (hypofraktionierte Konzepte) oder einer einzigen Sitzung (Radiochirurgie) zum Einsatz.

Intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT)

Die IMRT mit der Möglichkeit der Bestrahlung aus allen Winkeln (360°) ermöglicht heutzutage eine komplexe räumliche Dosisverteilung mit räumlicher Intensitätsmodulation (Abb. 2). Die Bestrahlungsplanung erfolgt grundsätzlich auf Grundlage von CT-Datensätzen. Hier kommen ebenso die oben beschriebenen Kollimatoren zum Einsatz. Neben der individuellen Feldgeometrie kann bei der IMRT auch die Dosis bzw. Intensität innerhalb eines Bestrahlungsfeldes variiert werden. Dies ermöglicht es, auch bei komplexen Tumorvolumina hoch konformale Dosisverteilungen mit optimaler Schonung von Normalgewebe zu erzielen.
Besonders bei Tumoren mit enger räumlicher Lagebeziehung zu Risikoorganen, wie es beispielsweise im Hals-Nasen-Ohren-Bereich der Fall ist, ist diese Technik unabdingbar. So können trotz hoher verschriebener Dosen auf den Tumor (60–70 Gy) auch die Toleranzdosen für zum Beispiel Parotiden (<30 Gy) und Rückenmark (<45 Gy) eingehalten werden (siehe Abb. 2). Hierbei spielt die exakte Lagerung eine wichtige Rolle, ebenso wie der Einsatz der Multileaf-Kollimatoren und die Rotationsmöglichkeiten des Beschleunigerkopfes, die diese Verfahren auch für Photonen möglich machen.
Die scharfen Dosisabfälle auch in komplexen anatomischen Situationen sind heute durch den Einsatz der IMRT möglich, die in Verbindung mit der Bildführung angewendet werden sollte. Hierfür sind moderne Linearbeschleuniger mit Bildgebung ausgestattet, in der Regel ein kV-CT oder auch eine MV-CT-Bildgebung (z. B. Tomotherapy©). Mit täglicher Bildgebung zur Lagekontrolle vor jeder Bestrahlungsfraktion kann eine präzise Positionierung der Patienten sichergestellt werden (IGRT; s. unten).
Die Möglichkeit der Erzeugung einer komplexen Dosisverteilung durch die IMRT kann für eine gezielte lokale Dosissteigerung in speziellen Tumorarealen genutzt werden. In der Regel erfolgt dieser Boost in Bereichen mit dem höchsten Lokalrezidivrisiko (makroskopischer Tumor, OP-Höhle). Diese lokale Dosisaufsättigung kann sowohl sequenziell im Anschluss an die Strahlentherapie des Gesamtzielvolumens erfolgen oder auch simultan als sogenannter simultan integrierter Boost (SIB). Beim SIB wird in einer einzigen Sitzung das Gesamtvolumen mit einer bestimmten Dosis (z. B. 2 Gy) und gleichzeitig das Boostvolumen mit einer höheren Dosis (z. B. 2,2 Gy) bestrahlt, sodass am Ende der Bestrahlung im Boostbereich eine höhere kumulative Dosis erreicht wurde als im übrigen Zielvolumen. Die IMRT ermöglich also auch inhomogene Dosisverteilungen.

Image-guided Radiotherapy (IGRT)

Einen weiteren Meilenstein der Strahlentherapie stellt die bildgeführte Strahlentherapie (IGRT) dar. Diese ermöglicht regelmäßige, auch tägliche, bildgebende Kontrollen der Bestrahlungsgenauigkeit mittels „cone-beam CT“, das ebenfalls in das Bestrahlungsgerät integriert ist. Nicht nur die genaue Lagerung des Patienten kann auf diese Weise überprüft werden, auch Veränderungen der gesamten Tumor- oder Patientenkonstitution können detektiert und behoben werden. Lagerungsungenauigkeiten können in der Regel durch einfache Verschiebungen des Bestrahlungstisches ausgeglichen werden. Die IMRT in Verbindung mit der IGRT bietet heutzutage eine der modernsten und sichersten Bestrahlungsarten.
Zudem bietet die IGRT sogar die Möglichkeit der Bestrahlung sich bewegender Zielvolumina, wie Lungentumoren. Neuere Entwicklungen integrieren auch die MRT zur Lagekontrolle (MR-Linac), diese befinden sich jedoch noch in der klinischen Erprobung.

Adaptive Radiotherapie (ART)

Im Therapieverlauf kann es auch zu größeren Abweichungen vom ursprünglichen Bestrahlungsplan kommen, beispielsweise durch Tumoransprechen, Gewebeschwellung (Ödem), veränderte Füllungszustände der umgebenden Organe (Blase, Darm) oder auch durch Gewichtsabnahme des Patienten. Diese Abweichungen könne eine Umplanung erforderlich machen. Adaptive Strahlentherapie bedeutet, dass die Bestrahlungspläne unter laufender Strahlentherapie bei Auftreten von Veränderungen erneut optimiert werden können beziehungsweise eine Umplanung mit neuem Planungs-CT erfolgt.

Strahlentherapieplanung

Das Ziel jeder Bestrahlung ist eine gute, konformale und lückenlose Dosisabdeckung im Zielvolumen. Der Strahlentherapeut definiert dabei
  • den makroskopischen Tumor („gross tumor volume“, GTV),
  • infiltriertes Gewebe oder
  • Gewebe mit korrespondierendem Lymphabfluss („clinical target volume“) sowie
  • ein Ausgleichsvolumen für geringere Planungsunsicherheiten („planning target volume“, PTV).
Das Zielvolumen soll immer möglichst gut von der Bestrahlungsdosis abgedeckt sein, bei gleichzeitig bestmöglicher Schonung der Risikoorgane. Um dies zu gewährleisten, gibt es bei der modernen CT-gestützten Bestrahlungsplanung einige Schritte zu beachten.
Nach ausführlicher Aufklärung über Indikation, Ablauf, Nebenwirkungen und Risiken der Bestrahlung sowie deren Alternativen und schriftlicher Einwilligung des Patienten wird zunächst ein Planungs-CT erstellt. Das Planungs-CT stellt die Grundlage der Strahlentherapieplanung dar. Vor Erstellung des Planungs-CT erfolgt die Wahl und Festlegung der Lagerungshilfen. Je nach bestrahlter Körperregion stehen verschieden Lagerungshilfen zu Verfügung, die die Lagerungs- und Reproduktionsgenauigkeit der Patientenposition gewährleisten sollen. Je nach Lokalisation des Bestrahlungsziels im Körper gibt es unterschiedliche Lagerungshilfen. Im Kopf- bzw. HNO-Bereich dient zum Beispiel eine speziell für den Patienten angepasste Maske dazu, den Patienten ruhig in einer Position zu halten. Außerdem erhält der Patient feine Markierungen auf der Haut, die mit Lasersystemen im CT- und Behandlungsraum verifiziert werden können.
Zusätzlich zum CT werden, je nach Erkrankung, weitere Bildgebungen angefertigt und für die Bestrahlungsplanung hinzugezogen. Hierzu gehört z. B. das MRT, aber auch PET-Untersuchungen, z. B. FET-PET bei Hirntumoren, FDG-PET bei Lungentumoren, DOTATOC-PET bei Meningeomen. Für die eigentliche Therapieplanung zeichnet ein Strahlentherapeut sowohl das GTV in jeder CT-Schicht sowie das CTV als auch das PTV, das zusätzlich eventuelle Lagerungsungenauigkeiten berücksichtigt, ein. Auch die Risikoorgane, die geschont werden sollen, werden eingezeichnet, und eine Dosisverschreibung für das PTV und eine tolerierte Dosis für jedes Risikoorgan werden festgelegt. Im Anschluss wird unter Beachtung der Dosisverschreibung für das PTV und der Toleranzdosisvorgaben für die Risikoorgane durch einen ausgebildeten Medizinphysiker ein Dosisplan berechnet. Grundsätzlich gilt die Regel: volle Dosis im PTV bei gleichzeitig bestmöglicher Schonung der Risikoorgane.
Der erstellte Bestrahlungsplan steuert das Bestrahlungsgerät. Bei jeder Bestrahlungssitzung wird anhand der Markierungen am Patienten und der Lasersysteme sowie der zuvor festgelegten Lagerungshilfen penibel auf die genaue Positionierung des Patienten geachtet, um eine zielgenaue Bestrahlung zu gewährleisten.

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen der Strahlentherapie sind abhängig von der bestrahlten Körperregion, der verschriebenen Dosis, der Nähe zum Hochdosisbereich des PTV, der Fraktionierung sowie der Strahlensensibilität des jeweiligen Organs. Außerdem gilt es hier, die Grundsätze der vier R (Reparation, Repopulation, Redistribution und Reoxygenierung) zu beachten. Grundsätzlich kann man sagen, dass Gewebe mit hoher Zellteilungsrate sensibler auf Strahlen reagieren als Gewebe mit niedrigerer Zellteilungsrate. Zu den empfindlicheren Organen gehören zum Beispiel Ovar/Hoden, der Darm und das Knochenmark. Zu den resistenteren Organen zählen unter anderen Nerven und Muskel.
Eine weitere Einteilung der Nebenwirkungen kann anhand des Zeitpunktes des Auftretens und ihrer Persistenz getroffen werden. Hierbei erfolgt die Einteilung in akute und chronische Nebenwirkungen. Akute Nebenwirkungen treten während der Strahlentherapie oder im kurzfristigen Verlauf nach Therapieende auf. Diese Nebenwirkungen sind in der Regel vorübergehend und heilen nach einigen Tagen bis Monaten ab. Chronische Nebenwirkungen hingegen treten erst im langfristigen Verlauf nach Strahlentherapie auf und sind häufig persistierend.
Im Folgenden sollen die wichtigsten Nebenwirkungen nach Körperregionen dargestellt werden.
Haut
Bei der perkutanen Strahlentherapie gilt in jeder Körperregion die Haut als Risikoorgan. Strahleninduzierte Nebenwirkungen sind in der Regel eine entzündliche Reaktion mit Rötung, Hauttrockenheit, Brennen oder Jucken. Chronische Nebenwirkungen äußern sich meist durch dauerhafte Hyper- oder Hypopigmentierung, aber auch die Fibrose kann für den Patienten größere Einschränkungen in der Beweglichkeit, zum Beispiel des Halses oder in Form einer Kieferklemme, bedeuten. In behaarten Körperregionen muss mit einem lokalen Haarausfall gerechnet werden, der in der Regel jedoch vorübergehend ist.
Gehirn
Bei Bestrahlung des Gehirns kann es unter Strahlentherapie zu einer reaktiven Ödembildung kommen, das heißt zur Gehirnschwellung. Aufgrund der geringen Möglichkeit der Ausbreitung aufgrund des umgebenden Schädelknochens kann sich hierbei eine Hirndrucksymptomatik zeigen – Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen, Schläfrigkeit etc. Diese Symptomatik wird üblicherweise mittels Steroiden oral oder i.v. behandelt. Je nach Lokalisation der bestrahlten Region stellen vor allem Hirnstamm, Sehnerv und Augenlinse Risikoorgane dar. Chronische Nebenwirkungen äußern sich unter anderem als Konzentrationsstörungen, Verschlechterung des Kurzzeitgedächtnisses oder der Entstehung von Nekrosen. Diese treten hauptsächlich im Hochdosisbereich von Radiochirurgien oder Stereotaxien auf, also an Stellen, an denen hohe Dosen in wenigen Fraktionen verabreicht wurden. Radionekrosen können asymptomatisch bleiben oder je nach Lokalisation in eloquenten Bereichen des Gehirns oder je nach der Stärke ihrer raumfordernden Wirkung unterschiedliche neurologische Symptome verursachen.
Kopf-Hals-Bereich
Im Kopf-Hals-Bereich stehen insbesondere die akuten und chronischen Nebenwirkungen an der Mund- und Rachenschleimhaut und den Speicheldrüsen im Vordergrund. Die radiogene Mukositis kann sehr schmerzhaft sein und konsekutiv zu Dysphagie führen. Dies führt häufig auch zu Gewichtsverlust und zur Notwendigkeit der parenteralen Ernährung oder der Ernährung über eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG). Langfristige Nebenwirkungen sind beispielsweise Xerostomie und chronische Dysphagie durch Fibrose und daraus resultierenden pharyngealen oder ösophagealen Verengungen. Chronische Zahnschäden können sowohl eine direkte Folge des Strahlenschadens sein oder auch begünstigt werden durch die Xerostomie und den damit verbundenen Einschränkungen der lokalen Immunabwehr.
Thorax
Bei der Strahlentherapie des Thoraxbereiches stellen Lunge und Herz die wichtigsten Risikoorgane dar. So kann es bis zu sechs Monate nach Bestrahlung zu einer Strahlenpneumonitis kommen, eine abakterielle Entzündung, die in der radiologischen CT-Bildgebung durch milchglasartige Verdichtungen auffällt und sich klinisch mittels Abgeschlagenheit, Dyspnoe, Husten, Auswurf und Fieber bemerkbar machen kann. Auch hier stellen Steroide die Therapie der Wahl dar. Im Bereich des Herzen gelten besonders die Herzkranzgefäße als Risikoquelle. So kann das Risiko für einen Herzinfarkt in den nächsten 10–20 Jahren nach Strahlentherapie leicht ansteigen, insbesondere bei Vorliegen weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren.
Abdomen und Becken
Bei Bestrahlungen im abdominellen und pelvinen Bereich stellt meist der Darm das dosislimitierende Organ dar. Akute Nebenwirkungen äußern sich in Diarrhö, Meteorismus oder Blutungen; chronische Nebenwirkungen können Strikturen, Fisteln oder auch späte Blutungen umfassen. Auch die akuten Nebenwirkungen an der Blase zeigen meist die Symptome einer akuten Blasenentzündung – Dysurie, Algurie, Pollakisurie, Hämaturie; späte Nebenwirkungen sind eine chronische Blasenentzündung, die Schrumpfblase, Strikturen und auch Blutungen. Natürlich sollte auch bei den anderen Organen, wie Nieren, Milz und Leber, auf die strikte Einhaltung der Toleranzdosen geachtet werden.
Knochen
Bei Bestrahlungen am Knochen, insbesondere bei langstreckigen Zielvolumina, sollten regelmäßige Blutbilduntersuchungen erfolgen, um eine etwaige Knochenmarksdepression zu erkennen. Dies ist vor allem bei einer geplanten Chemotherapie von besonderer Bedeutung.

Zusammenfassung

Die moderne Radioonkologie bietet heute verschiedene Techniken, die eine sichere, hoch effektive und nebenwirkungsarme Behandlung ermöglichen. Wichtig ist hierbei die hohe Präzision der Dosisapplikation. Moderne Konzepte integrieren die perkutane Strahlentherapie vor einer Operation (neoadjuvante Strahlentherapie), als Alternative zu einer Operation (definitive Strahlentherapie) oder als Konsolidierung nach einer Operation (adjuvante bzw. additive Therapie). In vielen Fällen wird die Strahlentherapie in Kombination mit einer Systemtherapie (Chemotherapie, Antikörpertherapie/Immuntherapie) durchgeführt. Weit über 50 % aller Krebspatienten werden im Verlauf ihrer Erkrankung mit einer Strahlentherapie behandelt, entweder in kurativer oder, bei fortgeschrittenen Erkrankungen, in palliativer Intention. Wichtig ist, dass die Strahlentherapie immer im interdisziplinären Konsens mit Systemtherapien und operativen Eingriffen abgewogen und indiziert werden sollte.