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Klinische Angiologie
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Publiziert am: 08.09.2023

Oberflächliche Venenthrombose

Verfasst von: Mathias Grebe
Eine oberflächliche Venenthrombose (synonym: Thrombophlebitis) kann prinzipiell in allen Regionen des Körpers auftreten, sowohl an den Extremitäten als auch am Körperstamm. Am häufigsten tritt diese Erkrankung im Bereich der oberflächlichen Beinvenen auf, in 60–80 % der Fälle ist die Vena saphena magna und in 10–20 % der Fälle die Vena saphena parva betroffen. Die oberflächliche Venenthrombosestellt eine häufige Erkrankung dar, die nicht selten mit ernsthaften thromboembolischen Komplikationen (Entwicklung einer tiefen Venenthrombose oder einer Lungenembolie) einhergeht. Wichtig ist neben der klinischen Untersuchung die Diagnosesicherung mittels Ultraschalluntersuchung des Venensystems (Kompressionssonografie). Hierbei gilt es, einerseits das Vorhandensein und die Ausdehnung der oberflächlichen Venenthrombose zu bestimmen und andererseits eine Beteiligung der tiefen Venen auszuschließen oder nachzuweisen. In Abhängigkeit der Befunde wird eine entsprechende Therapie eingeleitet.

Einführung

Eine oberflächliche Venenthrombose (synonym: Thrombophlebitis) kann prinzipiell in allen Regionen des Körpers auftreten, sowohl an den Extremitäten als auch am Körperstamm. Am häufigsten tritt diese Erkrankung im Bereich der oberflächlichen Beinvenen auf, in 60–80 % der Fälle ist die Vena saphena magna und in 10–20 % der Fälle die Vena saphena parva betroffen (Decousus und Leizorovicz 2005).
An den Armen ist eine oberflächliche Venenthrombose häufig Folge einer intravenösen Injektions- oder Infusionsbehandlung über peripher oder zentral inserierte venöse Katheter.
Die Risikofaktoren für die Entwicklung einer oberflächlichen Venenthrombose ähneln denen für die Entwicklung einer tiefen Venenthrombose: hereditäre und erworbene Thrombophilien (zum Beispiel Faktor V Leiden Mutation, Prothrombin G20210A Mutation, Mangel an Antithrombin, Protein C oder Protein S, Antiphospholipid-Syndrom), Hyperkoagulabilität, maligne Erkrankungen, längerfristige Immobilisation, intravenöse Medikamenten- oder Drogeninjektion, Venenkatheter, hormonelle Kontrazeption und eine Hormonersatztherapie beinhalten ein erhöhtes Risiko für eine oberflächliche Venenthrombose. Hinzu kommen Autoimmunerkrankungen (zum Beispiel Lupus erythematodes, Morbus Behcet oder Thrombangiitis obliterans bzw. Morbus Winiwarter-Buerger). Prädestinierend sind häufig lokale Probleme wie eine Varikosis, die mit einer venösen Stase einhergeht, oder auch eine Verödungsbehandlung bei Varikosis (Decousus et al. 2010a; Milio et al. 2008).
Über viele Jahre galt die oberflächliche Venenthrombose als eine eigentlich harmlose und selbstlimitierende Erkrankung, die nur einer supportiven Therapie (Kompressionstherapie, Analgetika- bzw. Antiphlogistikagabe) bei symptomatischen Patienten bedarf. Unser Bild dieser Erkrankung änderte sich aber, nachdem in systematischen Studien nachgewiesen werden konnte, dass bei Patienten mit oberflächlicher Thrombose der Beinvenen häufig auch eine tiefe Venenthrombose und/oder eine Lungenembolie auftritt. Eine 2015 publizierte Metaanalyse entsprechender Studiendaten ergab eine Prävalenz von 18,1 % bezüglich einer tiefen Venenthrombose und 6,9 % bezüglich einer Lungenembolie bei Patienten mit oberflächlichen Venenthrombosen (Di Minno et al. 2016).
Auf der anderen Seite ist die 3-Monats-Sterblichkeit bei Patienten mit oberflächlichen Venenthrombosen im unselektierten Patientengut niedrig, sie liegt zwischen 0 und 1 % (Decousus et al. 2003).
Auch langfristig ist das Risiko einer tiefen Beinvenenthrombose oder einer Lungenembolie bei Patienten mit isolierten oberflächlichen Venenthrombose erhöht. Daten aus dem Danish National Registry of Patients zeigen diesbezüglich gegenüber einer Kontrollgruppe auch über einen Zeitraum von 5 Jahren ein noch fünffach erhöhtes Risiko (Cannegieter et al. 2015). In der ICARO-Follow-up-Studie (Barco et al. 2017) traten bei 411 konsekutiven ambulanten Patienten mit oberflächlichen Venenthrombose bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 1026 Tagen bei 12,9 % eine symptomatische tiefe Venenthrombose oder Lungenembolie auf, bei Patienten mit gerinnungshemmender Therapie bei 1,3 % pro Jahr und bei Patienten ohne Antikoagulantien bei 4,4 % pro Jahr. Insbesondere aktive Tumorerkrankung und männliches Geschlecht waren mit einer erhöhten Häufigkeit an thromboembolischen Ereignissen assoziiert (adjustierte Hazard Ratio 3,14 (95 %-CI 1,11–8,93) bzw. 2,03 (95 %-CI 1,16–3,54)).

Epidemiologie

Obwohl die oberflächliche Venenthrombose eine häufige Erkrankung darstellt, gibt es nur wenige systematische Studien über die Inzidenz und Prävalenz dieser Erkrankungen. Bei der französischen STEPH-Studie fand sich in einer Population von 265.687 Personen in Frankreich eine jährliche Inzidenz einer oberflächlichen Venenthrombose von 0,64 % (Frappe et al. 2014). Die Häufigkeit einer oberflächlichen Venenthrombose nimmt mit dem Alter zu, Frauen sind insgesamt etwas häufiger betroffen als Männer.
In der Tecumseh Community Health Study von 1973 wird die Inzidenz der oberflächlichen Venenthrombose bei Männern in der 3. Lebensdekade mit 0,5/1000 pro Jahr, bei Frauen in der 3. Lebensdekade mit 0,3/1000 pro Jahr angegeben, die Inzidenz steigt bei Männern in der 8. Lebensdekade bis auf 1,8/1000 pro Jahr und bei Frauen in der 8. Lebensdekade auf 2,2/1000 pro Jahr an (Coon et al. 1973).

Klinische Bilder

Oberflächliche Beinvenenthrombose bei Varikosis (Synonym Varikophlebitis): Die häufigste Form der oberflächlichen Venenthrombose tritt bei bis zu 57 % der Patienten mit Varikosis auf (Scovell et al. 2018). Betroffen sind zumeist die Vena saphena magna und die Vena saphena parva und ihre großen Seitenäste.
Oberflächliche Beinvenenthrombose bei nicht varikös veränderten Venen: Seltener als bei Varizen tritt eine oberflächliche Beinvenenthrombose bei nicht varikös veränderten Venen auf. Thromboembolische Komplikationen treten bei dieser Patientengruppe häufiger auf als bei Patienten mit Varizen (Decousus et al. 2010a). Eine Assoziation mit Tumorerkrankungen, insbesondere bei oberflächlichen Thrombosen wechselnder Lokalisation (Thrombophlebitis migrans oder saltans), wurde bereits 1865 von Armand Trousseau beschrieben. Entsprechende abklärende Untersuchungen, zumindest in Form der altersüblichen Tumorvorsorgeuntersuchungen, erscheinen daher häufig sinnvoll. Weiterhin kann eine Thrombophlebitis migrans als Symptom einer Thrombangiitis obliterans (Buerger-Syndrom, Morbus Winiwarter-Buerger) auftreten.
Oberflächliche Armvenenthrombosen treten meist infolge einer Venenpunktion bzw. Venenkanülierung für intravenöse Injektionen oder Infusionen auf. In aller Regel ist die Erkrankung selbstlimitierend und es kommt mit der Entfernung der Venenverweilkanüle zur spontanen Beschwerdebesserung. Bei Beschwerdepersistenz bzw. -progredienz nach Entfernung der Kanüle sollte eine Ultraschalluntersuchung angestrebt werden zum Ausschluss einer tiefen Venenthrombose.
Oberflächliche Venenthrombose in der Schwangerschaft: Schwangere Patientinnen wurden bei eigentlich allen Studien zur Therapie der oberflächlichen Venenthrombose ausgeschlossen. Schwangerschaft und Wochenbett stellen aber einen relevanten Risikofaktor bezüglich der Entwicklung von sowohl tiefer als auch oberflächlicher Venenthrombose dar. Zusätzlich manifestiert oder verschlechtert sich ein Krampfaderleiden häufig während der Schwangerschaft.
Morbus Mondor (Synonym: Eisendraht-Phlebitis) bezeichnet eine oberflächliche Venenthrombose im Bereich der Vena thoracoepigastrica bzw. deren Äste an der Vorderseite des Thorax oder (seltener) der Vena dorsalis penis. Klinisch imponiert die Vene als harte, derbe (eisendrahtartige), strangartige Resistenz. In Einzelfällen wurde eine Assoziation zu Tumoren der Brustdrüse, thrombophilen Diathesen oder Vasculitiden beschrieben, die meisten Untersuchungen konnten diese Assoziation aber nicht bestätigen. Die Erkrankung ist in aller Regel selbstlimitierend, häufig schmerzlos und heilt in der Regel folgenlos aus (Amano und Shimizu 2018).

Diagnostik

Klinische Untersuchung: Das typische klinische Bild zeigt einen schmerzhaft verhärteten, geröteten und überwärmten Venenstrang im Verlauf einer oberflächlichen Vene, häufig begleitet von einem Ödem und Schmerzen im Verlauf der betroffenen Vene. Mögliche Differenzialdiagnosen: Lymphangitis, Erysipel, Pannikulitis, Phlegmone, akute Dermatoliposklerose. Ein definierter diagnostischer Algorithmus zur Diagnostik der oberflächlichen Venenthrombose ist anders als bei der tiefen Venenthrombose nicht evaluiert.
Die klinische Verdachtsdiagnose sollte durch ein bildgebendes Verfahren bestätigt werden, insbesondere da die Ausdehnung einer oberflächlichen Venenentzündung bei der klinischen Untersuchung häufig unterschätzt wird und das Vorhandensein einer tiefen Venenthrombose durch eine reine klinische Untersuchung nicht nachgewiesen oder ausgeschlossen werden kann. Hierbei ist der Kompressionsultraschall die Methode der Wahl.
Ultraschall: In Analogie zur Thrombosediagnostik der tiefen Beinvenen wird die Vene im Querschnitt unter intermittierender Sondenkompression untersucht (Kompressionsultraschall). Mit dem Ultraschall kann auf diese Weise sowohl die Ausdehnung einer oberflächlichen Venenthrombose als auch die Nähe des Thrombus zur Einmündung in das tiefe Venensystem exakt bestimmt werden und das Vorhandensein einer tiefen Beinvenenthrombose bestätigt oder weitestgehend ausgeschlossen werden (Quéré et al. 2012). Im Ultraschall wird die Diagnose einer oberflächlichen Venenthrombose durch eine fehlende Kompressibilität eines Segmentes einer oberflächlichen Vene gestellt. Meist findet sich echodichteres Material im Gefäßlumen (siehe Abb. 1a). Bei akuter Thrombose ist die Vene in aller Regel erweitert, und bei Provokationsmanövern (zum Beispiel distaler Kompression) lässt sich kein Fluss im betroffenen Venensegment nachweisen (siehe Abb. 1b). Es ist essenziell, bei Nachweis einer oberflächlichen Venenthrombose auch das tiefe Venensystem der betroffenen Extremität mitzuuntersuchen, um eine tiefe Venenthrombose auszuschließen oder zu bestätigen, da dies unmittelbaren Einfluss auf die weitere Therapiestrategie und insbesondere die Intensität der Antikoagulanzientherapie hat.
Laborchemische Untersuchung: Mehrere Studien haben den Stellenwert einer D-Dimer-Testung in der Diagnostik der oberflächlichen Venenthrombose untersucht. Hierbei wird eine sehr variable Rate bezüglich der Spezifität und Sensitivität berichtet und eine hohe Rate falsch negativer Ergebnisse. Die D-Dimer-Bestimmung bietet in der Diagnostik der oberflächlichen Venenthrombose somit keine Vorteile und ist in der Regel verzichtbar.

Therapie

Die Therapie einer oberflächlichen Venenthrombose erfolgt in Abhängigkeit ihrer Ursache, Ausdehnung und der Lokalisation.
Insgesamt muss leider angemerkt werden, dass bezüglich der Therapie einer oberflächlichen Venenthrombose nur wenige qualitativ hochwertige Untersuchungen vorliegen.
Ein Cochrane Review von 2018 findet insgesamt 33 randomisierte, kontrollierte Studien (RCT) zur Therapie der oberflächlichen Beinvenenthrombose durch topische oder systemische medikamentöse Therapie oder physikalische oder chirurgische Maßnahmen. Bei vielen dieser vergleichenden Studien wurde jedoch nicht die Rate an venösen Thromboembolien, Progression der oberflächlichen Venenthrombose oder Behandlungsnebenwirkungen berichtet. Außerdem sind mehrere dieser Studien von wissenschaftlich minderer Qualität (Di Nisio et al. 2018).
Ein 2019 publiziertes Review mit Metaanalyse der bis dahin veröffentlichten Untersuchungen listet lediglich 17 Studien auf, die fundierten wissenschaftlichen Kriterien entsprechen, allerdings wird auch in dieser Arbeit auf die teilweise nur geringe in diese Studien inkludierte Patientenzahl und zahlreiche nicht in den Studien erfasste Daten hingewiesen. In den in der Arbeit aufgelisteten Studien wurden insgesamt nur 6862 Patienten eingeschlossen (Duffett et al. 2019).

Medikamentöse Therapie

In der Behandlung der oberflächlichen Venenthrombose kommen unterschiedliche Medikamentengruppen zum Einsatz. Studien liegen bezüglich der Gabe von NMH, Fondaparinux, Rivaroxaban und nichtsteroidalen Antirheumatika (systemisch und topisch) vor. Insgesamt ist auch hier der Anteil von qualitativ hochwertigen Untersuchungen gering. Häufig fehlen Vergleichsgruppen, und meist ist nur eine geringe Patientenzahl inkludiert.
Antikoagulation
Nationale und internationale Leitlinien empfehlen bei oberflächlichen Venenthrombosen von > 5 cm Ausdehnung und einem Abstand von > 3 cm zur Einmündung der betroffenen Vene in das tiefe Venensystem eine gerinnungshemmende Therapie mit Fondaparinux oder einem niedermolekularem Heparin (NMH) in hoher Prophylaxedosis oder halbtherapeutischer Dosis über einen Zeitraum von 45 Tagen (Kearon et al. 2012; Kakkos et al. 2021; Linnemann et al. 2023) oder eine Therapie mit Rivaroxaban in prophylaktischer Dosis, wobei einer Therapie mit Fondaparinux in der Regel der Vorzug gegeben wird.
Thrombosen der Vena saphena magna mit < 3 cm Abstand der cranialen Thrombusbegrenzung zur Einmündung in die Vena femoralis communis sind mit einem besonders hohen Risiko einer tiefen Beinvenenthrombose und einer Lungenembolie vergesellschaftet und sollten daher wie eine tiefe Beinvenenthrombose mit einer vollen therapeutischen Antikoagulation behandelt werden (Di Minno et al. 2016; Beyer-Westendorf et al. 2017).
Ausdehnung der oberflächlichen Venenthrombose und Abstand zum tiefen Venensystem haben Einfluss auf Art und Dauer der Antikoagulation.
Fondaparinux: Die beste Datenlage bezüglich der medikamentösen Therapie einer oberflächlichen Venenthrombose liegt für das synthetische Pentasaccharid Fondaparinux vor. In der randomisierten kontrollierten Calisto-Studie wurde 3002 Patienten mit oberflächlichen Venenthrombosen über 45 Tage entweder 2,5 mg Fondaparinux einmal täglich subkutan oder Placebo verabreicht. Fast alle der Patienten in beiden Studiengruppen erhielten zudem eine Kompressionstherapie. Patienten mit hohem Risiko für die Entwicklung einer tiefen Venenthrombose (zum Beispiel Tumorpatienten) waren von der Studie ausgeschlossen. In der Behandlungsgruppe trat der vordefinierte kombinierte Endpunkt aus Tod, symptomatischer Lungenembolie, tiefer Beinvenenthrombose und/oder Progression der oberflächlichen Venenthrombose bei 0,9 % der mit Fondaparinux behandelten Patienten im Vergleich zu 5,9 % in der Placebogruppe auf, wobei jede einzelne Komponente des Endpunkts in der Behandlungsgruppe signifikant seltener als in der Placebogruppe war (Decousus et al. 2010b).
Niedermolekulare Heparine (NMH): Mehrere kontrollierte und randomisierte Studien zur Gabe von NMH bei oberflächlichen Venenthrombosen liegen vor. Nur einige dieser Studien sind placebokontrolliert. Auch diese Studien sind sehr heterogen, sowohl was den Einschluss der Patienten, die systematische Nachkontrolle, die Dauer der Behandlung als auch die Dosis des verwendeten Heparins (prophylaktische Dosis für den Hochrisikobereich, halbtherapeutische oder therapeutische Dosis) angeht. Die Studien zeigen eine Verminderung des Auftretens tiefer Venenthrombosen und Lungenembolien unter einer Therapie mit NMH im Vergleich zu Placebo. Ein eindeutiger und überzeugender Vorteil einer therapeutischen oder halbtherapeutischen Heparindosis gegenüber einer Hochrisikoprophylaxedosis konnte hierbei nicht gezeigt werden (Kearon et al. 2012).
Nicht Vitamin-K-abhängige, direkte orale Antikoagulanzien (NOAK oder DOAK): Bislang liegt lediglich eine Studie bezüglich der Therapie mit einem NOAK in der Behandlung der oberflächlichen Venenthrombose vor. In der 2017 veröffentlichten SURPRISE-Studie wurden 462 Patienten mit oberflächlicher Venenthrombose und einem weiteren Risikofaktor für thromboembolische Komplikationen (d. h. Alter > 65 Jahre, männliches Geschlecht, vorherige venöse Thromboembolien in der Eigenanamnese, aktive Tumorerkrankungen oder Tumorerkrankungen in der Anamnese, Autoimmunerkrankung, oberflächliche Venenthrombose in einer nicht varikös veränderten Vene) zu einer Behandlung mit dem direkten Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban einmal täglich 10 mg Rivaroxaban oral oder Fondaparinux einmal täglich 2,5 mg subkutan randomisiert. In der Per-Protokoll-Analyse (und auch in der Intention-to-Treat-Analyse) zeigten sich im kombinierten primären Endpunkt aus symptomatischer tiefer Venenthrombose oder Lungenembolie, Progression der oberflächlichen Venenthrombose und/oder Mortalität vergleichbare Ergebnisse in den unterschiedlichen Therapiegruppen im Follow-up über 45 Tage (2 % bei Patienten unter Fondaparinux vs. 3 % bei Patienten unter Rivaroxaban) und über 90 Tage (7 % in beiden Gruppen) (Beyer-Westendorf et al. 2017). Allerdings muss hinterfragt werden, ob die statistische Power der Studie ausreicht, um wirklich eine Nicht-Unterlegenheit der Rivaroxaban-Therapie zu belegen (Di Nisio et al. 2018). In der Rivaroxaban-Gruppe traten numerisch, aber nicht signifikant mehr Blutungsereignisse auf, darunter allerdings keine schweren Blutungen. Bemerkenswert ist der relativ hohe Anteil von späten, nach Beendigung der Therapie auftretenden venösen Thromboembolien in dem Studienkollektiv von Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren, was eine verlängerte Therapiedauer bei diesen Patienten bedenkenswert erscheinen lässt.
Nichtsteroidale Antiphlogistica (NSAR): Die orale Gabe von NSAR (z. B. Diclofenac, Indometacin) reduziert das Risiko eines Progresses der oberflächlichen Venenthrombose gegenüber Placebo, hat aber keinen überzeugenden Effekt auf das Auftreten tiefer Venenthrombosen oder Lungenembolien (Di Nisio et al. 2018), weswegen diese Substanzen nur supportiv bei starken Schmerzen oder ausgeprägter Entzündungsreaktion eingesetzt werden.
Topische Therapie: Durch die topische Gabe von antiphlogistischem Gel (z. B. Diclofenac oder Ibuprofen) kann eine geringe Verbesserung der lokalen Symptomatik erreicht werden, ein Effekt auf die Progression der oberflächlichen Venenthrombose oder das Auftreten venöser Thromboembolien konnte bislang nicht gezeigt werden (Scott et al. 2015).

Kompressionstherapie

Die Sinnhaftigkeit dieser klassischen Behandlung der oberflächlichen Venenthrombose ist umstritten. Obwohl vom pathophysiologischen Ansatz (Verbesserung des venösen Flusses zur Vermeidung des Thrombosewachstums, raschere Thrombusorganisation durch besseren Kontakt des Thrombus zum Endothel, Schmerzreduktion durch Ödemverminderung) her sinnvoll, ist der Wert einer Kompressionstherapie bei der Behandlung der oberflächlichen Venenthrombose wissenschaftlich nicht wirklich belegt, entsprechende qualitativ hochwertige Studien fehlen (Di Nisio et al. 2018). Auf der anderen Seite muss angemerkt werden, dass in den meisten Studien, die Medikamenteneffekte bei oberflächlichen Venenthrombosen untersucht haben, zusätzlich eine Kompressionstherapie erfolgte. In einer randomisierten Untersuchung von 73 Patienten mit oberflächlichen Venenthrombosen unter Therapie mit niedermolekularem Heparin (NMH) und NSAR konnte in der ersten Therapiewoche eine Senkung des Analgetikabedarfs und eine schnellere Thrombusregression bei Patienten unter Kompressionstherapie (graduierte Kompressionstrümpfe der Kompressionsklasse 2 und einem Druck von 23–32 mmHg) im Vergleich zur Patientengruppe ohne Kompressionstherapie gezeigt werden. Nach 3-wöchiger Therapiedauer konnten allerdings keine signifikanten Unterschiede bezüglich Analgetikaeinnahme, Thrombusregression oder Quality of Life mehr gefunden werden (Boehler et al. 2014). Eine Kompressionstherapie (Wicklung mit Kurzzugkompressionsbinden oder Tragen von Kompressionsstrümpfen) scheint daher allenfalls in der frühen Phase der Erkrankung zur Schmerzlinderung sinnvoll zu sein; in späteren Phasen sollte sie nur bei klinischen Zeichen einer venösen Insuffizienz – was bei bestehender Varikosis ja recht häufig ist – erfolgen.

Chirurgische Therapie

Die chirurgische Therapie einer oberflächlichen Venenthrombose, meist im Bereich der Vena saphena magna, beinhaltet in der Regel die proximale Ligatur der Vene, häufig in Kombination mit einer Exhairese derselben. Insgesamt ist die Datenlage bezüglich der chirurgischen Therapie spärlich, die meisten diesbezüglich veröffentlichten Studien sind qualitativ nicht hochwertig und mit einer nur geringen Patientenzahl durchgeführt, häufig fehlt eine Vergleichsgruppe. Bezüglich der Häufigkeit tiefer Beinvenenthrombosen und Lungenembolien besteht kein Vorteil einer chirurgischen Therapie der oberflächlichen Venenthrombose im Vergleich zu einer gerinnungshemmenden Behandlung (Kearon et al. 2012; Di Nisio et al. 2018; Cosmi 2015; Decousous et al. 2003; Wasam 2019; Kakkos et al. 2021). Zu bedenken sind auch eine durch den Eingriff und die damit verbundene Endothelläsionen induzierte Gerinnungsaktivierung mit der Gefahr einer frühen Rezidivthrombose und einer durch den Eingriff provozierten Lungenembolie als Argumente gegen eine chirurgische Behandlung. Hinzu kommen auch lokale Komplikationen durch den Eingriff selber (Wundheilungsstörungen, Nervenverletzungen etc.). In einem systematischen Review, der 6 Studien mit insgesamt 334 Patienten mit oberflächlicher Venenthrombose im Bereich der Vena saphena magna auswertete, ergaben sich für die chirurgische Therapie (d. h. Ligatur der Vene mit oder ohne Stripping) keine Vorteile gegenüber einer alleinigen systemischen Antikoagulation, die über einen Zeitraum von 6 Wochen bis 6 Monaten durchgeführt wurde. Die Autoren fanden keinen Unterschied bezüglich einer Progression der oberflächlichen Venenthrombose und der Entwicklung einer tiefen Venenthrombose oder einer Lungenembolie. Hingegen betrug die chirurgische Komplikationsrate (d. h. Hämatom, Serom, Infektion) in dieser Metaanalyse 7,7 % (Sullivan 2001).

Therapiebesonderheiten

Oberflächliche Armvenenthrombosen: Eine Venenverweilkanüle sollte entfernt werden, eine lokale, topische Therapie mit einem antiphlogistischem Gel wirkt symptomlindernd und ist meist ausreichend. Eine systemische gerinnungshemmende Therapie ist nur in Fällen einer Progression in das tiefen Venensystem notwendig. Bei Zeichen einer bakteriellen systemischen Infektion mit Fieber und Schüttelfrost (sogenannte septische Thrombophlebitis) sollte neben der Entfernung des Venenzugangs eine systemische antibiotische Therapie mit einem Breitspektrum-Antibiotikum, welches sowohl staphylokokkenwirksam ist als auch den gramnegativen Bereich abdeckt, sinnvoll. In den seltenen therapieresistenten Fällen mit persistierendem Fieber/systemischer Infektion trotz Antibiose sollte eine chirurgische Entfernung der Vene erwogen werden.
Oberflächliche Venenthrombose in der Schwangerschaft: Zu bedenken sind hier einerseits das insbesondere peripartal erhöhte Blutungsrisiko durch eine gerinnungshemmende Therapie als auch das in der Schwangerschaft erhöhte Risiko einer tiefen Venenthrombose und Lungenembolie. Als Therapie der oberflächlichen Venenthrombose in der Schwangerschaft kommt meist eine Kompressionstherapie in Verbindung mit der topischen Applikation eines nichtsteroidalen Antirheumatikums (NSAR) zum Einsatz. Der systemische Einsatz von NSAR jenseits der 26.–28. Schwangerschaftswoche sollte vermieden werden. Die Gabe eines niedermolekularen Heparins (NMH) in hoher Prophylaxedosis oder halbtherapeutischer Dosierung für einen Zeitraum von 1 bis 6 Wochen wird bei Patienten mit beidseitigen oberflächlichen Venenthrombosen, ausgeprägter klinischer Symptomatik, bei schwangeren Patientinnen mit oberflächlichen Venenthrombosen der Vena saphena magna und der Vena saphena parva mit einer kranialen Begrenzung < 5 cm, aber > 3 cm Abstand zur Einmündung in das tiefe Venensystem und ausgedehnten Thrombophlebitiden von mehr als 5 cm Länge empfohlen, ansonsten wird insbesondere unter Berücksichtigung des erhöhten Blutungsrisikos zumeist ein abwartendes Verhalten unter klinischer und Ultraschallkontrolle innerhalb von 7–10 Tagen angeraten. Bei einem Abstand < 3 cm zur Einmündung in das tiefe Venensystem besteht eine Indikation zu einer vollen therapeutischen Antikoagulation mit einem Niedermolekularem Heparin (NMH)(Chan et al. 2014; Linnemann et al. 2023).
Fondaparinux kann anders als NMH die Plazentaschranke überwinden und sollte daher in der Schwangerschaft nicht gegeben werden, DOAK sind wegen teratogener Wirkung kontraindiziert.
Morbus Mondor: Therapeutisch werden meistens orale nichtsteroidale Antirheumatika eingesetzt, eine positive Wirkung auf den Krankheitsverlauf ist allerdings nicht belegt.

Zusammenfassung

Die oberflächliche Venenthrombose stellt eine häufige Erkrankung dar, die nicht selten mit ernsthaften thromboembolischen Komplikationen (Entwicklung einer tiefen Venenthrombose oder einer Lungenembolie) einhergeht. Wichtig ist neben der klinischen Untersuchung die Diagnosesicherung mittels Ultraschalluntersuchung des Venensystems (Kompressionssonografie). Hierbei gilt es, einerseits das Vorhandensein und die Ausdehnung der oberflächlichen Venenthrombose zu bestimmen und andererseits eine Beteiligung der tiefen Venen auszuschließen oder nachzuweisen. In Abhängigkeit der Befunde wird eine entsprechende Therapie eingeleitet (s. Abb. 2).
Bei ausgedehnteren oberflächlichen Venenthrombosen (> 5 cm), insbesondere im Bereich der Vena saphena magna und ihrer großen Äste oder der Vena saphena parva, bei einem Abstand von > 3 cm zur Einmündung ins tiefe Venensystem (Sapehenamündung) ist eine systemische gerinnungshemmende Therapie empfohlen. Diese sollte präferenziell mit Fondaparinux 1 × täglich 2,5 mg. s. c. (bei Patienten mit stärker eingeschränkter Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance 20–50 ml/min) 1 × tgl. 1,5 mg) erfolgen, falls kein hohes Blutungsrisiko besteht. Rivaroxaban 10 mg täglich oral scheint eine mögliche und sehr praktikable Alternative zu sein, allerdings besteht hierfür keine explizite Zulassung. Eine weitere Alternative stellt die Gabe eines NMH s. c. in hoher prophylaktischer oder halbtherapeutischer Dosierung dar. Die Therapiedauer sollte etwa 45 Tage betragen. Bei Patienten mit Rezidivereignissen oder hohem Risiko für eine tiefe Venenthrombose (z. B. bei Patienten mit aktiver Tumorerkrankung) kann eine längere Therapiedauer sinnvoll sein. Bei einem Abstand von < 3 cm zur Einmündung in das tiefe Venensystem sollte bei einer ausgedehnten oberflächlichen Venenthrombose eine volle systemische Antikoagulation in Analogie zu einer tiefen Venenthrombose erfolgen. Bei der Verordnung von Antikoagulantien sollte die Zulassungssituation beachtet werden, andernfalls muss der Patient über den Off-Label-Use aufgeklärt werden, was auch gut dokumentiert werden sollte. Eine auf den Unterschenkel beschränkte oberflächliche Venenthrombose und auch kurzstreckige oberflächliche Venenthrombosen mit einer Längenausdehnung < 5 cm bedürfen nicht regelhaft einer Therapie mit Antikoagulanzien, sondern können klinisch kontrolliert und symptomatisch (Kompression, Kühlung, NSAR) behandelt werden. Therapeutisch ist in der frühen Phase der Erkrankung auch eine Kompressionstherapie sinnvoll, in der späteren Phase sollte diese nur bei Zeichen der venösen Insuffizienz fortgeführt werden. Weiterhin können NSAR zum Einsatz kommen. Bei Kombination von NSAR und Antikoagulanzien ist ein erhöhtes Blutungsrisiko zu berücksichtigen. Eine chirurgische Sanierung in der akuten Phase wird heutzutage nur noch selten angewandt. Sie ist Ausnahmesituationen mit hohem Embolierisiko (z. B. Thrombusprogression in die Einmündung in das tiefe Venensystem) und Kontraindikation gegenüber einer Antikoagulation vorbehalten.
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