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Die Urologie
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Publiziert am: 14.12.2022

Autoerotische Unfälle

Verfasst von: Andreas Manseck und Thomas Pollmächer
Das Kapitel „Autoerotische Unfälle“ stellt die verschiedenen anamnestischen und therapeutischen Herausforderungen dieser ungewöhnlichen Verletzungen dar. In der Diagnostik ist zunächst eine Abgrenzung zu anderen Entitäten wie beispielsweise dem kindlichen Missbrauch, der Misshandlung oder psychopathologische Ursachen erforderlich. Die urologische Therapie wird getrennt nach dem vorliegenden Befund – beispielsweise penile oder skrotale Ringe und Muffen oder inkorporierte Fremdkörper - dargestellt. Dabei werden die verschiedenen Ansätze und auch die ärztlichen Fehlerquellen bei der Behandlung berücksichtigt.

Einleitung

Autoerotische Unfälle werden gerne nicht nur von Boulevard-Zeitungen für einen reißerischen Eye-Catcher auf der Titelseite genutzt und führen beim Leser zu einer verlegen/beschämten oder aber angewiderten Reaktion.
In der Notaufnahme nahezu eines jeden Krankenhauses kommen autoerotische Unfälle als regelmäßig wiederkehrende Herausforderung vor, die jedoch in kaum einem Lehrbuch ausführlich thematisiert wird. Der ärztliche Umgang mit dem Problem und den Patienten ist daher gelegentlich laienhaft. Eventuell wurde das Thema in einer Spezialvorlesung „Urologische Kuriositäten“ behandelt; eine systematische Integration in Ausbildungspläne ist jedoch nicht gegeben.
Zunächst sieht der Arzt in der Notaufnahme einen Patienten in einer für diesen besonders unangenehmen Situation. Der Patient hat in seinem höchst intimen Bereich einen Unfall erlitten, der Sexualpraktiken offenbart oder vermuten lässt, die nicht allgemein akzeptiert sind. Der Patient muss sich nun einer fremden Person öffnen, da er in eine akut körperlich bedrohliche Situation geraten ist, die er selbst nicht mehr beheben kann. Für den behandelnden Arzt ist es notwendig, eine angemessene Herangehensweise zu finden. Aufgrund der kleinen Fallzahl ist das systematische Wissen in diesem Feld gering, sind vielfältige Fehler bei Diagnostik und Therapie möglich, die den Patienten zusätzlich und auch langfristig gefährden und schädigen können. Möglicherweise ist auch das Krankenhaus in seiner Ausstattung nicht adäquat aufgestellt und kann deshalb nur unzureichend Hilfe leisten. Umso bedeutender ist es, dass ein zielgerichtetes und professionelles Konzept bekannt ist und ein schonendes Behandlungsverfahren ausgewählt wird.

Geschichtliches

Autoerotische Unfälle wird es in der einen oder anderen Form sicher schon immer gegeben haben. Wissenschaftlich wurde im Jahr 1755 von Gauthier eine erste Fallbeschreibung publiziert (Gauthier 1755). Bereits 1757, also nur zwei Jahre später, war das Thema offenbar von so großem allgemeinem Interesse, dass ein erstes Symposium der L‘Academie Royale de Chirurgie in Paris stattfand (van Ophoven und de Kernion 2000). Denuce stellte 1856 eine Fallsammlung von 391 Fällen von urogenitalen Fremdkörpern vor, bei denen die Ursache zumeist autoerotisch war (Denuce 1856). Aktuell finden sich in PubMed jährlich etwa 5–20 Fallberichte unter dem Suchwort „Autoerotic“.

Epidemiologie und Einordnung

Autoerotische Unfälle sind Folgen von Praktiken, die der sexuellen Stimulation dienen. Sie treten selten auf (reliable Häufigkeitsschätzungen gibt es nicht), überwiegend bei Männern und dort gehäuft im Zusammenhang mit der erektilen Dysfunktion. Die angewandten Praktiken fallen großenteils in den Bereich gesellschaftlich akzeptierten Verhaltens, kommen teilweise aber auch im Rahmen von Paraphilien vor. Der Begriff Paraphilie bezeichnet ein von der Norm abweichendes sexuelles Verlangen oder Verhalten, welches heutzutage primär nicht als krankhaft angesehen wird. In der amerikanischen Klassifikation psychischer Erkrankungen (DSM-5) werden seit 2013 Paraphilien nur noch dann als krankhaft gewertet, wenn sie den Patienten selbst belasten oder andere Menschen dadurch zu Schaden kommen (Beech et al. 2016). ICD-11 (Krueger et al. 2017), die internationale Klassifikation, die in wenigen Jahren auch in Deutschland gelten wird, ordnet die Paraphilien sehr ähnlich ein, wie DSM-5. Die in Deutschland noch gültige internationale Klassifikation ICD-10 spricht von Störungen der Sexualpräferenz und steckt die Grenzen weiter als die neueren Klassifikationen. Von den dort gelisteten Störungen kommen vor allem der Fetischismus und der Sadomasochismus als Kontextfaktoren für autoerotische Unfälle in Betracht. In der Beurteilung psychischer Erkrankungen Unerfahrene sollten aber mit der Stellung einer entsprechenden Diagnose sehr zurückhaltend sein, da diese häufig als diskriminierend und abwertend wahrgenommen wird. Stattdessen sollte in der Regel, wenn naheliegend und vom Patienten gewünscht, eine Abklärung durch den Spezialisten veranlasst werden.

Definition

Bei der Definition eines autoerotischen Unfalls erscheinen vier Aspekte von großer Bedeutung., die hier zusammengefasst sind (s. Übersicht):
Definition autoerotischer Erkrankungen
• Die sexuelle Selbststimulation, die oft mit dem Ziel der Wiedererlangung oder Aufrechterhaltung der Erektionsfähigkeit bei erektiler Dysfunktion geschieht.
• Die Steigerung des sexuellen Vergnügens
• Der Einsatz von Utensilien, die nicht selten eine Fehlfunktion aufweisen bzw. deren Funktion fehlerhaft eingeschätzt wird
• Eine fatale und unbeabsichtigte Entwicklung, die der Kontrolle des Betroffenen entgleitet und deren Folgen nicht mehr selbst behoben werden können

Differentialdiagnosen

Vom autoerotischen Unfall (s. Übersicht) abzugrenzen sind eine Reihe anderer Situationen, von denen sich einige kaum, andere aber sehr hinsichtlich der Ursachen und auch der Folgen deutlich vom autoerotischen Unfall unterscheiden. Zunächst gibt es Verletzungen ähnlicher Art, die sich dadurch unterscheiden, dass der Verursacher nicht die betroffene Person selbst, sondern eine andere ist. Weitgehend analog zum autoerotischen Unfall sind in dieser Hinsicht heteroerotische Unfälle zu beurteilen, bei denen ebenfalls im sexuellen Kontext eine andere Person einvernehmlich die zum Unfall führenden Manipulationen vornimmt. Gravierend anders sind aber Situationen zu beurteilen, in denen nicht- einvernehmliche Handlungen eines Dritten Ursache der Verletzung sind. Dann kann man nicht mehr von einem Unfall, sondern muss von einer Körperverletzung sprechen. Diese kann ebenfalls primär einen sexuellen Hintergrund haben, z. B. eine Vergewaltigung, kommt aber auch ohne eine erotische Motivation vor. Besonders gefährdet dafür Opfer solcher Übergriffe zu werden sind Menschen mit geistiger Behinderung oder Demenz, oder aber auch Menschen, die in einem sehr gewaltbereiten Umfeld leben, z. B. in einem Gefängnis. Zu den seltenen Hintergründen einer Misshandlung zählt das sog. Münchhausen by proxy Syndrom (ICD-10 F68.1), bei dem meist ein Erwachsener sein eigenes Kind absichtlich verletzt.
Differentialdiagnosen zu autoerotischen Unfällen
• Stimulation durch einen Sexualpartner als Ursache („heteroerotischer Unfall“)
• Nicht-einvernehmliche Manipulationen Dritter (mit oder ohne sexuellen Motivationshintergrund), also Misshandlungen und Vergewaltigungen
• Nicht-erotisch motivierte Selbstverletzungen, z. B. bei einer psychiatrischen Grunderkrankung
Verwirrtheit bei Intoxikation oder aus anderen Gründen
Schließlich gibt es noch Selbstverletzungen bzw. Manipulationen an den für autoerotische Unfälle typischen Organen, die keinerlei erotischen Hintergrund haben. Diese kommen insbesondere bei psychiatrischen Erkrankungen vor. Sie können, z. B. bei Patienten mit einer Demenz oder geistiger Behinderung akzidentell entstehen und sind dann Folge von Verhaltensauffälligkeiten im Zusammenhang mit den kognitiven Einschränkungen. Patienten mit einer emotional-instabilen Persönlichkeit, auch Borderline-Persönlichkeitsstörung genannt, haben nicht selten eine erhebliche Tendenz zu Selbstverletzungen, die dem Abbau emotionaler Spannungen dient (Reichl und Kaess 2021). Solche Patienten fügen sich gelegentlich schwere Verletzungen zu, auch solche des Urogenitaltrakts. Schließlich kommen schwere Selbstverletzungen auch bei psychotischen Patienten insbesondere solchen vor, die an einer Schizophrenie leiden (Güney et al. 2020), deren Wahn ihnen solches Handeln nahelegt, oder die sogar von imperativen Stimmen zu solchen Handlungen aufgefordert werden. Grundsätzlich kommt auch das seltene Münchhausen Syndrom in Frage, bei dem sich Patienten absichtlich verletzen, in der Regel um Aufmerksamkeit und medizinische Behandlung zu erlangen (Freyberger 2006).
Das Einbringen von Fremdkörpern in eigene Körperöffnungen ohne sexuellen Motivationshintergrund wird auch „Polyembolokoilamanie“ genannt, oder kurz: „PEKamania“. Dieser Begriff kann grundsätzlich für alle im letzten Abschnitt genannten Situationen verwendet werden.
Bei Unfällen mit Gerätschaften oder Gegenständen im Urogenitaltrakt ist weiterhin daran zu denken, dass es auch einen Bezug zu Misshandlung oder Missbrauchssituation geben kann, diese ereignen sich vor allem in geschlossenen Einrichtungen. Die Betroffenen werden sich möglicherweise aus Angst vor weiteren oder schlimmeren Repressalien bei Rückkehr in die Einrichtung nicht öffnen. Bei entsprechendem Verdacht sollte eine psychiatrisch/psychologisch geschulte Person oder die Polizei eingeschaltet werden. Dies gilt ebenso für Kinder.

Autoerotische Unfälle mit Todesfolge

Es wird angenommen, dass es jährlich ca. 0,1 bis 2 autoerotische Unfälle mit Todesfolge pro 1 Million Einwohner gibt (Kuhn 2009). Vermutlich existiert jedoch eine hohe Dunkelziffer. Angehörige ändern häufig aus Scham die Auffindesituation ab, was den Arzt, der die Todesbescheinigung ausstellt – als auch die notwendigerweise eingeschaltete Polizei und Rechtsmedizin – vor große Schwierigkeiten in der Bewertung stellen kann. Das Alter von autoerotischen Todesfällen liegt im Durchschnitt zwischen 26 und 38,3 Jahren. Die Spannbreite umfasst jedoch Einzelfälle zwischen 7 Jahren und 80 Jahren. Publiziert worden sind zudem vorwiegend Todesfälle bei Kaukasiern (Sauvageau und Racette 2006). Ursachen autoerotischer Unfälle mit Todesfolge und deren Häufigkeit sind in Tab. 1 beschrieben.
Tab. 1
Ursachen autoerotischer Unfälle mit Todesfolge
Todesursache
Häufigkeit
Asphyxie
89,9 %
Atypische Asphyxie Methode
2,9 %
Elektrounfall
3,7 %
Body Wrapping, Overdressing
1,5 %
Fremdkörperinsertion
1,2 %
Verschiedenes
1,0 %
Mit ca. 90 % der Todesfälle stehen die Asphyxien an der Spitze der autoerotischen Todesfälle. Diese werden meist durch Strangulation ausgelöst. In der Literatur findet sich hierfür gelegentlich der Begriff Koczwarismus. Dieses Eponym geht auf den tschechischen Komponisten Frantisek Koczwara (1730 bis 1791) zurück, der in den Armen einer Prostituierten an den Folgen einer Strangulation (s. Übersicht) zur Steigerung des sexuellen Vergnügens starb. Hier wie auch in anderen Fällen besteht die Frage, ob beispielsweise ein Selbstrettungsmechanismus versagt hat oder wie eben bei Frantisek Koczwara eine Hilfsperson nicht rechtzeitig eingegriffen hat oder dies nicht wollte. Im praktischen Leben ist daher häufig eine rechtsmedizinische und/oder polizeiliche Evaluation erforderlich.
Differentialdiagnosen bei Tod durch Strangulation
Suizid
• Akzidenteller Todesfall bei BDSM
(Bondage and Discipline, dominance and submission, sadism and masochism)
 - Erhängen
 - Fesselung
 - Manuelle Strangulation
• Tötungsdelikt (sexuell motiviert oder nicht)
Autoerotische Unfälle mit Todesfolge sind teilweise von äußerst befremdlichem Aspekt (Abb. 1). So publizierten Tzikas et al. (2016) eine ungewöhnliche Auffindesituation eines Mannes in einer Regentonne. Eine Gaszuleitung in die Tonne führte zum Versterben des Mannes. Der autoerotische Bezug konnte bei unbekleidetem Unterleib und einer Zeitung mit pornographischen Inhalten hergestellt werden. Die Autoren wiesen zudem auf den niedrigen sozioökonomischen Status des Verstorbenen hin.
Urologische autoerotische Unfälle mit Todesfolge sind jedoch höchst selten, können aber beispielsweise nach Fremdkörperinsertion mit perforierenden Verletzungen und nachfolgender Sepsis auftreten. Die häufigsten autoerotischen Unfälle im Urogenitalbereich können in 5 Kategorien eingeteilt werden (s. Übersicht):
Einteilung urologischer Situationen im Rahmen autoerotischer Unfälle
Ringe und Käfige an Penis und Skrotum
Urethrale und vesikale Fremdkörper
Genitale Verstümmelungen
Vaginale Fremdkörper
Rektale Fremdkörper
Die penilen Verstümmelungen nach autoerotischen Unfällen sind im Wesentlichen den 70er-Jahren zuzuordnen und als sogenannte Staubsaugerverletzungen bekannt. Der Staubsauger Modell Kobold (Fa. Vorwerk) gelangte hier zu einer zweifelhaften Berühmtheit und war innerhalb kurzer Zeit in allen Urologischen Kliniken in Deutschland bekannt. Der Kobold-Staubsauger hatte einen Ansaugstutzen, hinter dem sich eine Art rotierende Turbinenschaufel zur Erzeugung des Unterdrucks befand. Aufgrund des starken Sogs wurde dieser Staubsauger ähnlich einer Vakuumpumpe bei erektiler Dysfunktion als Erektionshilfsmittel eingesetzt. Bei Einführen des Penis wurde dieser jedoch stark angesaugt und durch die metallenen Turbinenblätter schwer verletzt bzw. zerfetzt. Therapeutisch waren damals in aller Regel nach mehr oder weniger ausgeprägten Penisteilamputationen nur Defektversorgungen möglich. Diverse Promotionsarbeiten beschäftigten sich damals mit dieser bizarren Thematik, bis die betroffene Firma die Konstruktion änderte. Interessanterweise haben auch einige Promotionsschriften zum Thema Staubsaugerverletzungen Berühmtheit wider Erwarten erlangt. Charlotte Roche (TV-Moderatorin) und Christoph Maria Herbst (Schauspieler) veranstalteten Anfang der 2000er-Jahre gut besuchte kommerzielle Theater-Lesungen aus einer Doktorarbeit von Michael Theimuras mit dem Titel „Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsaugern“ (Theimuras 1978).

Symptomatik bei Vorstellung in der Notaufnahme

Bei der Anmeldung in der urologischen Notaufnahme werden oftmals unklare Symptome oder auch leicht erkennbar frei erfundene Geschichten, beispielsweise wie ein Fremdkörper in eine natürliche Körperöffnung gelangt sei, vorgetragen. Dies erfolgt oft aus Scham in einer prekären Situation, sich mit einer autoerotischen Unfallsituation gegenüber Fremden aber auch Angehörigen offenbaren zu müssen. Häufige, primär angegebene Beschwerden sind penile, skrotale, perineale oder auch abdominelle Schmerzen, gelegentlich auch Fieber. Bei der weiteren Anamnese werden dann Schwellungszustände und livide Gewebeverfärbungen, dysurische Beschwerden bis zum Harnverhalt berichtet. Blutungen können als Hämaturien, vaginale oder rektale Blutungen auftreten. Die zur Vorstellung führenden Ereignisse liegen gelegentlich schon länger zurück -die Betroffenen sehen den Arztbesuch oftmals als allerletzte Möglichkeit an, sich Linderung zu verschaffen. In aller Regel fanden aufwändige und auch mit gelegentlich erheblichen Eigenverletzungen einhergehende Versuche statt, die benutzte Gerätschaft wieder zu entfernen. Bei weniger akuten Unfallfolgen vergehen teils auch Monate oder Jahre, bis der Betroffene erstmals ärztliche Hilfe aufsucht. Daher können bei inkorporierten Fremdkörpern durch Infektion oder Druckatrophie- oder bei nicht ausreichend durchbluteten, durch einengende Ringe abgeschnürten Organen auch Infektionen oder Nekrosen zu Fieber und septischen Zuständen führen.

Diagnostik bei autoerotischen Unfällen

Die Anamnese sollte die bereits erwähnte Symptomatik als auch das evtl. lange zurück liegende Ereignis erfassen und natürlich die tatsächlichen Ursachen und Begleitumstände. Dabei ist zu bedenken, dass aus vielen Gründen, insbesondere aus Scham, die Details nicht immer vollständig und korrekt angegeben werden. Dies betrifft sowohl die Anzahl der Fremdkörper wie auch die Einwirkdauer und die bereits erfolgten Selbstrettungsversuche. Die Ausbeute eines anamnestischen Gesprächs lässt sich erheblich durch einen empathischen Zugang zum Patienten, durch eine ruhige und ungestörte Gesprächssituation und die Einplanung ausreichender Zeit steigern.
Von großer Bedeutung ist, ggf. auch durch eine Fremdanamnese bei kognitiv eingeschränkten Patienten, der Ausschluss einer ggfs. stattgefundenen nicht-einvernehmlichen Fremdeinwirkung im Sinne einer Misshandlung oder Vergewaltigung. Bei Minderjährigen muss ggf. auch das Jugendamt informiert werden. Natürlich ist auch darauf zu achten, ob der motivationale Hintergrund der Verletzung ein nicht-erotischer ist, und ob es Hinweise auf eine der oben genannten psychiatrischen Erkrankungen gibt. Auch der wenig Erfahrene kann die oft multiplen Narben erkennen, die Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung tragen, die sich schon häufig selbst verletzt haben. Und auch ein psychotischer Patient, der sich im Wahn verletzt hat oder dem Stimmen eine Verstümmelung empfohlen haben, ist meist leicht zu erkennen. Zudem sind immer auch Alkohol- und Drogenkonsum zu eruieren. Im Zweifelsfall kann ein psychiatrisches Konsil indiziert sein. Die Indikation hierzu sollte durchaus großzügig gestellt werden, denn bei einigen Erkrankungen besteht eine erhebliche Wiederholungsgefahr für Selbstverletzungen.
Bezüglich des körperlichen Befundes ist die klinische Inspektion oft wegweisend. Fremdkörper können äußerlich als Ringe oder als teilweise eingeführte Fremdkörper urethral, vaginal oder rektal sichtbar sein. Die Inspektion soll neben dem äußeren Genitale daher auch den weiblichen Introitus und den Analbereich einschließen. Der Untersucher sollte den Gewebequalitäten Beachtung schenken. Bei abschnürenden Ringen, Muffen oder scharfen Gegenständen können Ödeme mit Durchblutungsstörungen oder Nekrosen auftreten. Diese wichtigen Informationen sind für die weitere Therapieplanung von erheblicher Bedeutung. Die klinische Untersuchung sollte zudem die Palpation umfassen. Beim Palpieren ist jedoch Vorsicht vor scharfen oder spitzen Gegenständen wie beispielsweise teilweise oder komplett inkorporierte Nadeln geboten. Dies gilt sowohl für die Palpation des Penis als auch der Vagina oder des Rektums. Der Eigenschutz des untersuchenden Arztes geht vor.
Laborchemisch sind die Infektparameter von Bedeutung. Neben einem Routinelabor sollte auch das Vorhandensein von sexuell übertragbaren Erkrankungen (nach notwendiger Aufklärung) geprüft werden. Bei Verdacht auf Alkohol- und/oder Drogenmissbrauch ist ein Speziallabor abzunehmen.
Die weiterführende Diagnostik sollte den Ultraschall frühzeitig einbeziehen, da inkorporierte Fremdkörper damit gut detektiert werden können. Die Harnröhre ist mit einem hochfrequenten Linearscanner gut zu untersuchen, wie auch die Abdomen-Sonographie, die die Harnblase gut erfassen kann. Scheide und Rektum können sich der abdominellen Schalldiagnostik jedoch entziehen.
Die nicht invasive Diagnostik umfasst darüber hinaus die einfache und schnell verfügbare konventionelle Röntgendiagnostik als Beckenleeraufnahme, ggfs. unter Einschluss des äußeren Genitales. Röntgendichte Strukturen wie Drähte, Nadeln oder Perlenketten können gut detektiert werden. Auf im konventionellen Röntgenbild schattennegative Strukturen sollte als ungewöhnliche Aussparrungen (wie flaschenförmige Aussparrungen etc.) oder andere auch ungewöhnliche Muster geachtet werden.
Wenn die Anamnese wenig aufschlussreich oder etwa bei Dementen nicht sinnvoll möglich ist, sollte die Schnittbildgebung eingesetzt werden (Abb. 2). Die Schnittbildgebung – in aller Regel das Mehrphasen-CT – findet auch dann Anwendung, wenn schwere äußere oder innere Verletzungen oder starke Schmerzen eine präoperative ausreichende Diagnostik ansonsten nicht zulassen.

Ringe, Muffen und Käfige an Penis und Skrotum

Die präoperative Diagnostik bei Vorliegen von Ringen, Muffen oder sogenannten Genitalkäfigen zum vermeintlichen Lustgewinn sollte deren Anzahl, Material und Lage dokumentieren (Abb. 3 und 4). Diese können penil und/oder skrotal vorhanden sein. Bei Einschnürungen ins Gewebe ist der ggfs. schon eingetretene Schaden zu bewerten. Dies betrifft erkennbare Durchblutungsstörungen, sichtbare Gefäßthrombosen bis hin zu Hautnekrosen mit Gewebeeinschnitten.
Eine Aufklärung zur Therapie sollte auch über ggfs. erst später evident werdende Schäden wie Haut- oder Organnekrosen sowie Harnröhrennekrosen oder strikturen, bereits frühzeitig informieren. Diese können auch durch den Rettungseingriff selber bedingt sein. Gerade bei Ringen haben die Betroffenen meistens schon erhebliche Versuche durch penile Kompression oder gewaltsames Abstreifen der Ringe unternommen, so dass dieser Bereich sehr empfindlich ist und oft auch bereits schwere Hautablederungen aufweist. Es ist zu prüfen, ob ein ausreichender Tetanusimpfschutz besteht. Das Entfernen von größeren oder dickwandigen Metall-Muffen oder mehreren Ringen sollte in Narkose erfolgen. Zur Operationsplanung ist jedoch zu bedenken, ob ein entsprechendes Instrumentarium im OP-Saal überhaupt abrufbereit ist. Zielführend kann der Einsatz von Zangen oder Bolzenschneidern, sogenannten Engelshaaren, Sägen und bei Muffen auch von Winkelschleifern sein, weshalb sie Teile des „ordentlichen“ OP-Instrumentariums einer urologischen Fachabteilung sein sollten (Abb. 5).
Ihr Einsatz orientiert sich jeweils an der Stärke der Ringe oder Muffen. Bei der Operationsplanung ist bei der Auswahl der Werkzeuge die Gewebeschwellung zu berücksichtigen, da Ringe im verschwollenen Gewebe stark retrahiert und damit schlecht zugänglich sein können. Wenn massive Metallmuffen anliegen und ein Winkelschleifer nicht vorhanden ist, sollte die Feuerwehr hinzugezogen werden. Bei Durchführung der Entfernung von Metallringen durch Hilfspersonen verbleibt jedoch die Verantwortung beim behandelnden Arzt. Dieser muss daher die Hilfspersonen entsprechend auf die möglichen Risiken und deren Vermeidungsstrategien hinweisen. Der Patient schließt mit Betreten der Notaufnahme einen Behandlungsvertrag mit dem Krankenhaus, nicht aber mit evtl. hinzugezogenen Hilfspersonen. Die Therapieprinzipien bei der Entfernung von Ringen sind der Schutz des bislang nicht verletzten umliegenden Gewebes, beispielsweise durch Unterlegen eines Metallspatels. Weiterhin ist die erhebliche Hitzeentwicklung bei Einsatz von Engelshaar, Sägen oder Winkelschleifern zu beachten. Der Patient kann in Narkose die drohende Verbrennung nicht signalisieren. Daher sollte bei jeglichen Säge- oder Schleifarbeiten eine Eis- oder Wasserkühlung eingesetzt werden. Beim Schleifen können jedoch Aerosole zerstäubt werden, denen durch Absaugung und dem Tragen von Partikelmasken Rechnung getragen werden muss. Der behandelnde Arzt muss bei Einsatz eines Winkelschleifers zudem eine Splitterbrille und geeignete Arbeitshandschuhe tragen und auch für die Sicherheit des Weiteren im OP vorhandenen Personals sorgen. Während der Säge- oder Schleifarbeiten sollte die Temperatur von Gewebe vor allem aber des zu durchtrennenden Ringes regelmäßig geprüft werden. Bei Patienten mit länger einwirkenden Ringen oder bereits bestehender Gewebebeeinträchtigung kann es im Nachgang noch zu Folgenekrosen kommen. Daher kann bei erkennbaren Durchblutungsstörungen eine frühzeitige longitudinale penile Haut- und Faszienspaltung das Ausmaß von bereits gegebenen und später auftretenden Defekten reduzieren helfen.
Die postoperativen Anordnungen sollten die regelmäßigen Überprüfungen von Durchblutung und neu auftretenden Gewebeschäden enthalten. Bei infektiösen Komplikationen ist die perioperative Antibiotikaprophylaxe in eine Antibiotikatherapie umzuwandeln. Bei Auftreten von Haut-, Penis- oder Skrotalnekrosen oder Gangrän ist ein weiteres individuelles Prozedere notwendig. Dies kann die partielle Penektomie oder Deckung von Hautdefekten erforderlich machen.

Urethrale und vesikale Fremdkörper

Urethrale und vesikale corpora aliena sind in einem Teil der Fälle durch ein urethral herausschauendes Ende oder durch eine perkutane Perforation des Fremdkörpers als Blickdiagnose erfassbar. Dies sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich nicht selten um mehrere, eingesetzte Utensilien handelt, von denen nur eines sichtbar ist oder vom Patienten offenbart wurde. Die Liste an publizierten urethralen und vesikalen Utensilien zur sexuellen Stimulation ist schier unendlich lang, es gibt kaum etwas, was nicht schon einmal im Rahmen einer autoerotischen Manipulation inkorporiert wurde.
Auswahl an publizierten urethralen und vesikalen Fremdkörpern
Drähte, Kabel, Schlangen, Nagelknipser, Maden, Eichhörnchenschwanz, Zahnbürsten, Bleistifte, Sicherheitsnadel, Kerzen, Olivenkerne, AAA Batterien, Büroklammern, Urethradilatator (Cam et al. 2019; Guerrero und Sharma 2020; Geyermann 1937; Linbecker et al. 2005).
Für die Therapie sind Material, Beschaffenheit und die Größe des corpus alienum von erheblicher Bedeutung. Zudem sollte geprüft werden, ob es durch das Einführen eines starren Fremdkörpers (beispielsweise eines Stiftes) bereits zu einer Gewebeperforation gekommen ist, und damit eine andere operative Vorgehensweise erforderlich wird. Bei Fremdkörpern, die noch teilweise sichtbar sind (beispielsweise Drähte), kann man davon ausgehen, dass der Patient bereits erfolglose Versuche unternommen hat, sich selbst zu befreien. In aller Regel kommt es beim Einführen eines längeren Drahtes zu dessen Verknotung in der Harnblase. Die Patienten versuchen dann durch weiteres Vorschieben des Drahtes diese Verschlingung zu lösen, was meist zu einer weiteren, noch schlimmeren Verwicklung des Drahtes führt. Zur Diagnostik von urethralen und vesikalen Fremdkörpern gehört die Röntgen-Bildgebung ggfs. mit Schnittbildgebung zur präoperativen Diagnostik. Nur so kann das Ausmaß der Fremdkörper-Inkorporation eingeschätzt werden. Im Rahmen der Operationsaufklärung sind auch schwere Komplikationen zu bedenken: Harnröhrenstriktur, Harnröhrendivertikel, perineale oder rektale Fistelbildung, erektile Dysfunktion, Penisdeviation, Fournier-Gangrän, septische Metastasen (Péc et al. 1992; Guerrero und Sharma 2020)
Die Therapieplanung bei urethralen Fremdkörpern kann zwischen mehreren Verfahren auswählen: Bei einfachen rein urethralen Fremdkörpern steht die endourologische Entfernung an erster Stelle. Dies insbesondere, wenn ein kurzer Draht oder Schlauch nur in der Harnröhre gelegen ist. Das Bereithalten der Möglichkeit der Röntgen-Durchleuchtung sollte jedoch bedacht werden, beispielsweise bei inkorporierten Sicherheitsnadeln. Perforationen an der Urethra (beispielsweise durch Metallstifte) kann ein kombiniertes offenes und/ oder endourologisches Verfahren erforderlich machen. Bei Gegenständen mit einem Größenmissverhältnis zwischen Harnröhre und Fremdkörper zuungunsten der verschwollenen Harnröhre ist dagegen eher ein rein offenes Vorgehen zielführend (Abb. 67 und 8).
Das Vorgehen bei rein vesikalen oder urethrovesikalen Fremdkörpern unterscheidet sich deutlich von den rein urethralen Fremdkörpern. Hier muss zum Schutz des Patienten geprüft werden, welches Verfahren weniger Langzeitschäden oder weniger iatrogene Schäden hinterlässt. In der Harnblase verknotete Drähte oder Schläuche sollten nicht endourologisch saniert werden. Hier sind die sectio alta oder die Laparoskopie vorzuziehen. Eine Literaturzusammenstellung von Lindsay zeigte eine Fallzusammenstellung von vesikalen Fremdkörpern und deren Therapie mittels endoskopischen, offenen oder laparoskopischen Vorgehen (Lindsay 2019).
Bei Harnblase und Darm perforierenden längeren Gegenständen ist ggfs. ein interdisziplinäres Vorgehen mit einem viszeralchirurgischen Team erforderlich. (Shafi et al. 2018) Das Einführen von Gegenständen in die weibliche Urethra wie z. B. Urethradilatatoren ist bekannt und publiziert. Dennoch sind weibliche rein urethrale Fremdkörper aufgrund der kurzen Harnröhre so gut wie ausgeschlossen. Etwas häufiger sind weibliche vesikale Gegenstände. Bei vesikalen Fremdkörpern der Frau ist ebenso wie beim männlichen Fremdkörper die Therapie mit der geringsten Wahrscheinlichkeit für weitere Komplikationen zu wählen. Da die weibliche Urethra jedoch deutlich weiter und besser zugänglich als die männliche Urethra ist, kommt hier der endourologischen Therapie ein höherer Stellenwert zu. Eine Übersicht zum strukturierten Vorgehen bei urethrovesikalen Fremdkörpern ist in Abb. 9 gegeben.

Rektale Fremdkörper

Patienten mit inkorporierten rektalen Objekten nach autoerotischem Unfall werden zumeist in der Viszeralchirurgie vorstellig (Abb. 10 und 11). Ähnlich wie bei den urethralen Fremdkörpern können unterschiedlichste inserierte Gegenstände benutzt worden sein. Khan und Mitarbeiter führten im Jahr 2019 in Pakistan eine Studie über einen Zeitraum von 7 Monaten durch (Khan et al. 2021). Dabei wurden als Fremdkörper Zahnbürstenbehältnisse, Kerzen, Batterien, Getränkeflaschen, Knochen und Zahnstocher beschrieben. 86 % der Patienten waren männlichen Geschlechts, 36,3 % hatten eine perianale Verletzung, 59 % hatten einen Darmverschluss und 22,7 % eine Peritonitis. Die Entscheidungskriterien sind ähnlich wie bei den urethralen Vorkommen: Größe, Material, Länge und Form des Fremdkörpers. Weiter ist die Position des Fremdkörpers in Bezug zum Anus zu prüfen. Wichtige diagnostische Fragestellungen sind: Wurde der Fremdkörper komplett oder nur teilinkorporiert?
Was waren die vorausgegangenen Behandlungsversuche? Ist der Gegenstand intakt oder liegt er in ggfs. scharfkantigen Einzelteilen vor? Folgen der Inkorporation von Fremdkörpern in den Darm können die Darmverletzung/Perforation, perineale oder rektale Fistelbildung und septische Metastasen mit Todesfolge sein. Rektal kommt es gelegentlich zur Insertion größerer Gegenstände ggfs. in Verbindung mit rektaler Wasser- oder Lufteinblasung. Ein Fallbericht mit Todesfolge über das Einbringen einer Druckluftpistole zeigte nach Obduktion eine innere Explosion mit inneren Verletzungen und inneren Blutungen, cerebraler Luftembolie und Pneumothorax. Ungewöhnliche Verletzungsmuster sind insofern zu bedenken. Therapeutisch stehen neben der rein peranalen Entfernung, ggfs. in Verbindung mit einer Rektoskopie, auch die kombiniert laparoskopische Manipulation des Fremdkörpers in Verbindung mit peranalen Versuchen und rektoskopischen Manipulationen zur Verfügung. Einen glattwandigen Fremdkörper zu extrahieren, stellt den Operateur möglicherweise vor große Schwierigkeiten den Fremdkörper sicher zu fassen. Eine einfache und elegante Methode einen nicht scharfkantigen Gegenstand zu entfernen, stellt die Foley-Katheter-Methode dar. Dabei wird ein Foley-Katheter entweder durch den nach caudal offenen Flaschenhals eingeführt und in der Flasche geblockt oder der Ballon wird oberhalb des Fremdkörpers geblockt und der Gegenstand dann unter Zug nach aboral verlagert. Von großer Bedeutung ist dabei, dass sich der Patient in tiefer Relaxation befindet, um die Extraktion zu erleichtern (Lefcourt et al. 2021).
Bei Fremdkörpern, die von erheblicher Größe, ungünstiger Position oder gefährlicher Beschaffenheit (scharfe Gegenstände wie zerbrochene Glasflaschen) sind, sollte die Entfernung, wenn möglich, laparoskopisch mittels Kolotomie erfolgen. Wenn dies nicht möglich ist, kommt die Laparotomie in Betracht. Ein Algorithmus zum strukturierten Vorgehen wurde u. a. von Kumar erstellt (Kumar et al. 2018) (Abb. 12).

Vaginale Fremdkörper

Vaginale retinierte Fremdkörper führen deutlich seltener zur Vorstellung in der Notaufnahme und werden häufiger bei Mädchen und jungen Frauen publiziert. Aufgrund der kindlichen engen Vagina in Verbindung mit dem Hymen können Gegenstände leichter zurückbleiben als bei erwachsenen Frauen. Übliche Symptome sind vaginale Irritationen oder abdominelle Schmerzen (beispielsweise bei peritonealer Reizung) und Fieber sowie ein blutiger vaginaler Ausfluss oder eine vaginale Blutung als auch fauliger Geruch. Neben autoerotischer Stimulation können auch Hygieneprodukte (Tampons) oder psychiatrische Erkrankungen unerwünschte Ereignisse verursachen. In einem Fallbericht von Ankur Bansal kam es bei einer jungen Frau zur Perforation eines Stiftes von der Scheide in die Harnblase. Nach Entfernung musste eine vesikovaginale Fistel behandelt werden (Bansal et al. 2017).
Bei betroffenen Kindern ist dagegen immer auch an kindlichen Missbrauch zu denken. Zwar ist die Selbsteinführung von Gegenständen gelegentlich spielerisch oder durch frühe autoerotische Erfahrungen bedingt. Bei kindlichen Fremdkörpern in der Scheide erfolgt die Fremdkörperinsertion jedoch nur in etwas mehr als der Hälfte durch die Patientinnen selbst!
Bei Jugendlichen oder erwachsenen Frauen finden sich gehäuft als Folge eines autoerotischen Unfalls Plastikabdeckkappen von Spraydosen in der Scheide. Diese lösen sich im Rahmen der Masturbation und verbleiben oft sehr lange; die typische Vorstellung in der Notaufnahme erfolgt nach 15 Monaten (in der Literatur wird ein Fall mit Vorstellung erst nach 35-jährigem Intervall berichtet). Die dauerhafte Reibung und Druck kann eine Drucknekrose von Blase oder Darm mit Fistelbildung verursachen.
Die Entfernung vaginaler Fremdkörper ist in den meisten Fällen von vaginal möglich. Bei der vaginalen Einstellung und Vaginoskopie sollte auf Begleitverletzungen geachtet werden. Therapeutisch ist bei peritonealer Reizung an eine antibiotische Behandlung zu denken. Bei Verdacht auf kindlichen Missbrauch ist ein professionelles Kinderschutz-Team einzubeziehen.

Zusammenfassung

  • Autoerotische Unfälle sind ein seltener, aber regelmäßig wiederkehrender Vorstellungsgrund in der Notaufnahme.
  • Die Anamnese ist schwierig und von Scham des zumeist männlichen Betroffenen geprägt.
  • Anamnestisch oft nur schwer zu differenzieren: Autoerotischer Unfall, Unfall im Rahmen sexueller Partnerstimulation, Misshandlung/Missbrauch, psychopathologisch bedingte Selbstverletzung
  • Die Diagnostik ist essenziell für die korrekte Therapieentscheidung und sollte individuell und ausreichend erfolgen
  • Die Auswahl und Durchführung der Therapie sollte potenzielle zusätzliche Schäden durch instrumentelle Maßnahmen vorab berücksichtigen
  • Bei unklaren Situationen kann eine psychiatrische und/oder forensische Begutachtung notwendig sein.
Literatur
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