Vier Maßnahmen zur Prävention des diabetischen Fußulkus

Ein systematischer Review mit Metaanalyse gibt einen Überblick, welche Maßnahmen zur Vermeidung des diabetischen Fußsyndroms wissenschaftlich belegt sind. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Prävalenz des diabetischen Fußsyndroms liegt in Deutschland relativ stabil bei 2–10% aller Diabetiker; pro Jahr erkranken etwa 2–6% der Patienten. Sie sind gefährdet, Rezidivulzera zu entwickeln, die eine Minor- oder sogar Majoramputation erforderlich machen. Um dieses Risiko zu senken, haben britische Ärzte untersucht, mit welchen Interventionen der Entstehung von diabetischen Fußulzera vorgebeugt werden kann. In ihrem Review haben sie sich auf randomisierte kontrollierte Studien (RCT) beschränkt, in denen eine Standard- oder aktive Therapie als Vergleich diente, und dabei vier Maßnahmen mit „einiger Evidenz“ ausfindig gemacht: 1. Messung der Hauttemperatur mit Infrarot: Das Verfahren beruht darauf, dass schon Tage vor dem Auftreten eines Ulkus ein Anstieg der Temperatur um mehr als 2 °C an der Fußsohle festzustellen ist. Sobald die Patienten einen Temperaturanstieg feststellen, folgt eine kombinierte Intervention mit Arztkontakt, Entlastung etc. Dieses Verfahren wurde in vier Studien mit 468 Patienten getestet, drei davon (mit 243 Patienten) eigneten sich zur Metaanalyse. Danach reduziert die Infrarot-Messung bei Patienten mit positiver Ulkusanamnese die Rate neuer Fußulzera innerhalb von 6–15 Monaten signifikant um 59%. 2. Komplexe Interventionen: Die Kombination von mehreren Maßnahmen wie z. B. Schulung, Spezialschuhe, Physiotherapie und/oder Fußpflege wurde in fünf Studien mit 2587 Teilnehmern untersucht. In der Metaanalyse ergab sich bei einer Nachbeobachtung von ein oder zwei Jahren ein um 41% reduziertes Risiko für das Auftreten von Fußulzera. Auf der Ebene der einzelnen Studien hat der Effekt der– unterschiedlich zusammengesetzten – komplexen Interventionen allerdings immer die statistische Signifikanz verfehlt. 3. Schuhwerk und Entlastungssohlen nach Maß: Gemäß der Metaanlyse von sechs Studien mit 1387 Diabetikern senken diese Interventionen das Ulkusrisiko in einem Zeitraum von 12–24 Monaten um 47%. Der Effekt war jedoch nicht mehr statistisch signifikant, wenn die Analyse auf jene vier Studien beschränkt wurde, an denen ausschließlich Patienten mit einem früheren Fußulkus teilgenommen hatten. 4. Silikonorthosen für die Zehen: Zu diese Maßnahme lag nur eine RCT vor. Bei den Patienten mit peripherer Neuropathie und Zehendeformitäten konnte durch den maßgefertigen Druckschutz aus Silikon das Risiko für Ulzera innerhalb von drei Monaten um 93% gesenkt werden. Weitere in der Übersichtsarbeit ausgewertete RCT untersuchten den Stellenwert von Schulungen als alleiniger Maßnahme, antimykotischer Behandlung, Kompressionsstrümpfen und regelmäßiger Fußpflege: Von diesen Interventionen erwies sich keine als ulkuspräventiv. Unsicher, wer von welchen Interventionen profitiert Die Schwäche des Reviews ergibt sich, so die Autoren um Fay Crawford von Queen Margaret Hospital in Dunfermline, aus dem möglichen Bias, den die meisten der RCTs aufweisen; hinzu kommen mangelnde Standardisierung in der Terminologie, heterogene Studiendesigns und unterschiedliche Studienpopulationen. Unsicher sei außerdem, welche Patienten einen Nutzen haben würden. So steht z. B. das Ergebnis, demzufolge vor allem Patienten ohne Ulkus in der Vorgeschichte von speziell angepasstem Schuhwerk profitieren, im Widerspruch zu einem anderen Review, in dem RCT und nicht randomisierte Studien ausgewertet wurden und der praktisch nur für Patienten mit Ulkusanamnese einen Nutzen festgestellt hat. Hier erhofft sich das Team um Crawford mehr Aufschluss durch eine Analyse von individuellen Patientendaten aus den RCT. Weitere Informationen, wie die Prävention von Fußulzera bei Diabetikern gelingen kann, versprechen außerdem mehr als 20 RCT, die derzeit zu diesem Thema laufen. Die meisten testen entlastende Schuheinlagen und die Messung der Hauttemperatur. Das Wichtigste in Kürze Frage: Mit welchen Maßnahmen können Diabetiker vor Fußulzera geschützt werden? Antwort: Wirksamkeitsbelege gibt es für die Messung der Hauttemperatur mit Infrarot, komplexe Interventionen, Schuhwerk und Entlastungssohlen nach Maß sowie für Silikonorthosen für die Zehen. Einschränkung: Studien mit möglichem Bias und heterogenen Bedingungen.

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