Erschienen in:
01.05.2005 | Originalien
Angststörungen bei unipolaren Depressionen
Klinische Diagnosen vs. standardisiertes Interview
verfasst von:
Dr. P. Brieger, A. Marneros
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 5/2005
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Zusammenfassung
Angststörungen treten häufig bei unipolaren Depressionen auf. Dabei werden im „klinischen Alltag“ komorbide Angststörungen seltener diagnostiziert als gemäß standardisierter Interviews. Bei 117 konsekutiven Aufnahmen mit Major Depression wurde deswegen verglichen, wie oft Angststörungen gemäß SKID-I und gemäß Abschlussbericht der Station festgestellt wurden und welche Faktoren unterschiedliche Diagnosestrategien bewirkt haben könnten. Gemäß SKID-I wiesen 36 von 117 Patienten eine Angststörung auf, gemäß Abschlussbericht 17. Es zeigte sich, dass in der klinischen Diagnostik von Angststörungen die Schwelle zur Diagnosestellung höher lag (höhere dimensionale Angstwerte), dass aber zugleich in der klinischen Diagnostik die Tendenz bestand, Angstsyndrome bei stärker ausgeprägten depressiven Syndromen diesen zuzurechnen, ohne ihnen dann Eigenständigkeit zuzubilligen. Dieses Vorgehen folgt der Sichtweise der „klassischen“ Psychopathologie, dass schwerere depressive Syndrome per se Angstsymptome beinhalten. Die Grenze zwischen Angststörungen und unipolaren Depressionen ist problematischer, als dies die Störungsdefinitionen von DSM-IV und ICD-10 nahe legen.