Zusammenfassung
Lange Zeit ging man davon aus, dass die Typ-I-Sensibilisierung mit der Bildung von IgE-Antikörpern sowie die allergenvermittelte Degranulation von Mastzellen und Basophilen lediglich durch Proteine ausgelöst werden können. Eine Sensibilisierung gegenüber Kohlenhydratseitenketten (CCD = »cross-reactive carbohydrate determinants«) mit CCD-spezifischen IgE-Antikörpern wurde identifiziert. Diese wurden durch ihre Kreuzreaktivität lediglich als Problem der In-vitro-Diagnostik verstanden, denn eine klinische Symptomatik ist mit der Sensibilisierung und Bildung von IgE-Antikörpern gegenüber CCDs in der Regel nicht verbunden. Die Befunde zur verzögerten Soforttypallergie gegenüber rotem Fleisch und Innereien sowie andere Krankheitsbilder zeigen nun aber, dass durch Epitope auf Oligosacchariden die Auslösung einer Soforttypallergie möglich ist. Es handelt sich dabei um eine neue Kategorie von Soforttypallergien auf Oligosaccharide, und die Identifikation und Charakterisierung weiterer Entitäten dieser Kategorie kann erwartet werden. Insbesondere die verzögerte Soforttypallergie auf rotes Fleisch und Innereien ist bereits gut charakterisiert worden, und das diagnostische Prozedere sowie die Risiken betroffener Patienten sollten Allergologen geläufig sein. Der Nachweis von spezifischem IgE gegenüber Galaktose-α-1,3-Galaktose (α-Gal) ist daher auch Teil der Abklärung einer jeden Anaphylaxie unklarer Ursache oder bei intermittierend auftretenden Urtikariaschüben, insbesondere bei einer Abhängigkeit von Ko- oder Summationsfaktoren. Die Aufklärung der Patienten über die Risiken im Umgang mit Nahrungsmitteln und auch bezüglich α-Gal-haltiger Medikamente (Cetuximab, Gelafundin) ist von praktischer Bedeutung.