Erschienen in:
26.01.2024 | Typ-2-Diabetes | Leitthema
Veränderungen der Sekretion und biologischen Wirksamkeit von Inkretinhormonen bei Typ-2-Diabetes
verfasst von:
Dr. med. Daniel R. Quast, Prof. Dr. med. Dr. h.c. Michael A. Nauck
Erschienen in:
Die Diabetologie
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Ausgabe 2/2024
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Zusammenfassung
Die Inkretinhormone „glucose-dependent insulinotropic peptide“ (GIP) und „glucagon-like peptide 1“ (GLP-1) werden nach oraler Zufuhr von Nährstoffen von enteroendokrinen Zellen der Darmschleimhaut sezerniert und stimulieren in Abhängigkeit von der Blutzuckerkonzentration die Insulinsekretion. Bei Gesunden sind sie zusammen für etwa 63–74 % des Inkretineffekts verantwortlich, wobei GIP verglichen mit GLP‑1 einen fast doppelt so hohen Anteil hat. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes ist der Inkretineffekt trotz einer insgesamt unveränderten Sekretion beider Hormone reduziert. Bei ihnen ist GIP weitgehend unwirksam, während die Wirksamkeit von GLP‑1 zur Senkung der Blutzuckerkonzentration, Stimulation der Insulin- und Hemmung der Glukagonsekretion deutlich besser erhalten ist. Die Ursachen für diese Unterschiede sind immer noch nicht abschließend geklärt, diskutiert werden eine verminderte Expression des GIP-Rezeptors bei Diabetes mellitus oder ein allgemein reduziertes Ansprechen funktionsgestörter β‑Zellen. Der weitgehende Wirkverlust von GIP beim Typ-2-Diabetes in Kurzzeitexperimenten zur Stimulation der Insulinsekretion ist nicht ohne Weiteres kompatibel mit der besonders hohen Effektivität von GIP-/GLP-1-Rezeptor-Koagonisten wie Tirzepatid in der Therapie des Typ-2-Diabetes, welcher zu einer stärkeren Senkung des HbA1c (Glykohämoglobin) und einer ausgeprägteren Gewichtsreduktion führt, als dies mit selektiven GLP-1-Rezeptor-Agonisten möglich ist. Das wachsende Verständnis der Sekretion und der biologischen Wirksamkeit von Inkretinhormonen im Kontext der pathophysiologischen Veränderungen beim Typ-2-Diabetes wird dazu beitragen, inkretinbasierte Medikamente zur Therapie des Typ-2-Diabetes und der Adipositas weiter zu optimieren.