Eine randomisierte Studie zeigt, dass eine Video-KI eine zuverlässige Ersteinschätzung der linksventrikulären Auswurfleistung liefert. Das könnte in manchen diagnostischen Situationen hilfreich sein.
Die Studie stammt von der Universität Stanford, wo der klinische Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) sehr intensiv erforscht wird, insbesondere im Bereich Kardiologie. Dort war in den letzten Jahren unter anderem ein KI-Modell entwickelt und validiert worden, das Echokardiographien analysieren kann und das mittlerweile auch Teil der dortigen Befundungs-Software ist. Für die randomisierte Studie wurden 3769 echokardiographische Untersuchungen genutzt, die im Sommer 2019 aufgezeichnet worden waren. Davon fielen knapp 10 % raus, weil sie nicht auswertbar waren. Die verbleibenden 3495 Untersuchungen von 3035 Patienten wurden eins zu eins randomisiert.
Die eine Hälfte der Untersuchungen wurde einem Sonographeur vorgelegt, der jeweils die Ejektionsfraktion (EF) mit der von ihm üblicherweise genutzten Annotierungsmethode des linken Ventrikels ermittelte. Hier unterscheidet sich das Setting etwas von dem in Deutschland üblichen Setting: Die Durchführung der Untersuchung und das initiale Assessment werden in den USA oft nicht von Kardiologen gemacht, sondern von spezialisierten Ultraschall-Assistenten, den Sonographeuren. Bei der anderen Hälfte der Echo-Untersuchungen unternahm die KI die Annotierung und ermittelte auf dieser Basis die EF. Dabei wurde der KI vorgegeben, sich auf einen repräsentativen Herzzyklus zu beschränken, damit nicht schon anhand der Annotierung sichtbar wurde, ob Mensch oder KI die EF bestimmt hatte.
Am Ende wurden die Echo-Untersuchungen dann Kardiologen mit Echo-Zertifikat vorgelegt. Deren ermittelte EF war der Goldstandard, an dem Sonographeur-EF und KI-EF gemessen wurden. Dabei fand sich eine mittlere absolute Differenz von 6,29 Prozentpunkten in der KI-Gruppe und 7,23 Prozentpunkten in der Sonographeur-Gruppe, was statistisch die Nichtunterlegenheit der Ersteinschätzung durch die KI im Vergleich zur Ersteinschätzung durch einen menschlichen Sonographeur belegte. Substanzielle Veränderungen der EF durch die Kardiologen gab es bei 16,8 % der Patienten in der KI-Gruppe und bei 27,2 % in der Sonographeur-Gruppe. Dies erfüllte sowohl das statistische Kriterium für Nichtunterlegenheit als auch für Überlegenheit.
Die Kardiologen wurden auch gefragt, ob sie der Auffassung waren, dass die jeweiligen Annotierungen der (verblindeten) Echo-Untersuchungen von einem Menschen oder einer KI stammten. Sie lagen dabei genauso häufig richtig wie falsch, konnten es also nicht unterscheiden. Was die Effizienz angeht, spare die KI-gestützte EF-Ermittlung Zeit ein, so die Autoren. Diese Zeiteinsparung entsprach in der Studie der Zeit, die die Sonographeure für Annotierung und LVEF-Bestimmung brauchten, nämlich etwas mehr als zwei Minuten pro Untersuchung.
Ob die KI-Unterstützung in der Versorgung hilfreich ist oder nicht, dürfte stark von der klinischen Situation abhängen. Erleichtert werden dürfte in jedem Fall eine rasche, orientierende EF-Ermittlung durch Nicht-Kardiologen. Im Rahmen einer umfassenderen, primär kardiologischen Untersuchung dürften KI-Tools vor allem dann Zeit sparen, wenn sie irgendwann bei mehr als nur einer einzelnen Teilmessung assistieren können.