Ambulant statt stationär: Es geht nur quälend langsam voran

Die Ambulantisierung muss kommen, wenn das Gesundheitssystem bezahlbar bleiben soll. Aber in der Gesundheitspolitik geht es auch bei Hybrid-DRG wie bei der Echternacher Springprozession zu. Deutschland im Winter 2023/2024: Die Temperaturen sind frühlingshaft, erste Krokusblüten zu sehen, aber die Reformprojekte der Bundesregierung liegen noch immer schockgefrostet auf Eis. Nur quälend langsam geht es voran, wenn überhaupt. Es fehlt der politische Mut, einfach zuzupacken, wenn sich eigentlich alle über die Ziele einig sind. Die Ambulantisierung stationärer Leistungen, insbesondere vieler operativer Eingriffe, steht pars pro toto für die Schwäche der Bundesregierung – und ihrer Vorgängerinnen –, sinnvolle Projekte anzupacken und dann auch umzusetzen. Dabei ist die Analyse bekannt: Im internationalen Vergleich werden in Deutschland viel zu viele Operationen stationär erbracht. Das kommt das System teuer zu stehen, und es bindet Personalressourcen, die auf absehbare Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen. Zur Erinnerung: Knapp 90 Milliarden Euro aus der GKV flossen 2022 an die Krankenhäuser – das sind gut 30 Prozent. Eigentlich ist also alles klar. Gutachten wurden erstellt, welche Leistungen ambulantisierbar wären – tatsächlich sind es Tausende –, aber der AOP-Katalog, den Krankenkassen, Deutsche Krankenhausgesellschaft und KBV verhandeln, wächst auch nur quälend langsam. Um ambulante Operationen stärker zu fördern, wurde daraufhin von der Ampelkoalition Ende 2022 der Paragraf 115f beschlossen, der „eine spezielle sektorengleiche Vergütung“ vorsieht. Die beauftragte Selbstverwaltung kam auch hier nicht zu Potte und gab den Auftrag, einen Katalog für Hybrid-DRG zu entwickeln an das Bundesgesundheitsministerium Ende März vergangenen Jahres zurück. Zwei Schritte vor, einer zurück Eigentlich hätte jetzt die Exekutive über die Ersatzvornahme vieles voranbringen können, doch getreu der Echternacher Springprozession – zwei Schritte vor, einer zurück – dauerte es bis Herbst 2023, bevor ein Referentenentwurf vorlag, und bis Weihnachten, bis die Verordnung dann unter Dach und Fach war – mit, sage und schreibe, 244 Prozeduren und zwölf Hybrid-DRG! Der Berg hatte gekreißt und eine Maus geboren. Noch dazu wurde es der Selbstverwaltung überlassen, Abrechnungsbestimmungen zu entwickeln – mit dem Resultat, dass sich die Verhandlungspartner dort im Regelungsdickicht verfangen. Die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) lässt grüßen – auch bei dieser Reform hat es Jahre gedauert, bis erste interdisziplinäre Teams ihre Arbeit aufnahmen. Eigentlich könnte alles so einfach sein: Für den Aufbau ambulanter Op-Kapazitäten braucht es Rechtssicherheit und finanzielle Anreize – günstiger als im Krankenhaus wäre es dennoch allemal. Und es müsste Vertragsärzten erleichtert werden, am Krankenhaus zu operieren, um so endlich sektorverbindende Strukturen aufzubauen. Und es braucht Mut und einen klaren Plan, welche Leistungen in Zukunft ambulant erbracht werden sollen und welche auf Station bleiben. Dann könnten sich Krankenhäuser, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, MVZ und auch die Kostenträger auf diese neue Welt vorbereiten. Verfangen im Gestrüpp der vielen Reformen Aber im Gestrüpp von Klinikreform, Notfallreform, Ambulantisierung, in dem alles mit allem zusammenhängt, verheddert sich auch die Koalition immer wieder. Das Resultat: Statt das Gesundheitssystem weiterzuentwickeln, geschieht (fast) nichts – und Ärztinnen und Ärzte, MFA, Pflegekräfte und nicht zuletzt Patienten werden alleingelassen. Eigentlich – vielleicht müsste dieser unselige Begriff einfach aus dem Wortschatz gestrichen werden. Bedenkenträger hätten dann weniger zu melden – eine Chance für die, die etwas verändern wollen. Quelle: Ärzte Zeitung

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