Skip to main content

Open Access 26.01.2024 | Fatigue | Originalarbeit

Wahrnehmung von Genderaspekten in der Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen bei myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS)

Eine qualitative und quantitative Public-Health-Studie aus Sicht der Patientinnen

verfasst von: Dr. med. Lotte Habermann-Horstmeier, MPH, MSc, Lukas M. Horstmeier

Erschienen in: Prävention und Gesundheitsförderung

Zusammenfassung

Hintergrund

Frauen sind mehr als doppelt so häufig von myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS) betroffen wie Männer. Da viele von einer problematischen Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen (AP-Beziehung) berichten, sollen hier Genderaspekte analysiert werden, die aus Sicht der erkrankten Frauen Einfluss hierauf haben könnten.

Methode

Im Rahmen eines explorativen qualitativen Surveys wurden 544 ärztlich diagnostizierte ME/CFS-Erkrankte (> 20 Jahre; ♀ n = 455, ♂ n = 89) schriftlich nach ihren Erfahrungen bezüglich ihrer AP-Beziehungen befragt. Der Fragebogen war analog eines fokussierten Leitfadeninterviews aufgebaut. Die erhobenen Daten wurden einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring unterzogen. Zudem wurden einzelne Angaben quantifiziert und im Hinblick auf genderbezogene Unterschiede statistisch betrachtet.

Ergebnisse

Probandinnen beschrieben, dass Ärzt:innen ihnen bestimmte Eigenschaften (emotional, überempfindlich, ängstlich) und Verhaltensweisen (schildern unspezifische Symptome, übertreiben) zuschrieben. Sie seien „schwierige“ Patientinnen, deren Symptome emotional und damit psychisch bedingt seien. Auch fühlten sie sich häufiger als Männer nicht ernstgenommen. Ihre Wahrnehmungen würden in Frage gestellt, man zweifele ihre Glaubwürdigkeit an. Sie gaben zudem in ihren Fragebögen signifikant häufiger als Männer Symptome an, die von Ärzt:innen eher als unspezifisch und subjektiv eingeordnet werden.

Schlussfolgerungen

Genderbezogenes Auftreten/Verhalten von Ärzt:innen tritt oft bei Krankheiten mit „subjektiven“, „unspezifischen“ Symptomen auf. Emotionale Symptomenschilderungen führen dann dazu, dass die Wahrnehmung der Betroffenen in Frage gestellt und von einer psychischen Störung ausgegangen wird. In Zukunft sollte dieses Schubladen-Denken im Rahmen der Diagnosefindung bei ME/CFS von einer systemischen, den gesamten Organismus einbeziehenden Betrachtung möglicher pathophysiologischer Vorgänge abgelöst werden, bevor eine psychosomatische Diagnose gestellt wird. Zudem sollte bereits während des Medizinstudiums immer wieder auf die besondere Bedeutung der Geschlechtersensibilität im Hinblick auf die AP-Beziehung hingewiesen werden.
Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Hintergrund/Zielsetzung

Die myalgische Enzephalomyelitis/das chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) ist eine neuroimmunologische Erkrankung mit vielfältiger Symptomatik, der eine Dysregulation des Nervensystems, des Immunsystems und des zellulären Energiestoffwechsels zugrunde liegt [6, 11, 33, 45, 46]. Die Erkrankung tritt meist nach einer Infektion auf [13, 34]. Kennzeichnend ist die Post-Exertional-Malaise (PEM), eine anhaltende Verstärkung aller Symptome nach geringer Anstrengung [2]. Typisch ist zudem ein chronischer Krankheitsverlauf mit einer in Art und Intensität fluktuierenden Symptomatik [8]. Die Erkrankung führt oft zu einer starken Behinderung und zu erheblichen Lebensqualitätseinschränkungen [42], > 60 % der Kranken sind arbeitsunfähig [3]. Es gibt Anzeichen für eine eingeschränkte Lebenserwartung [5] und ein erhöhtes Suizidrisiko [23]. Bislang existiert keine kausale Therapie [9].
Trotz internationaler Konsensuskriterien [6, 7] ist die Krankheit vielen Ärzt:innen unbekannt oder wird als psychosomatische Erkrankung fehldiagnostiziert [35]. Die Prävalenz lag vor der COVID-19-Pandemie („coronavirus disease 2019“) in den USA bei etwa 0,42 % [21]. In Deutschland wird die Zahl der Menschen mit einer ICD 10-GM-Diagnose G93.3 (chronisches Fatigue-Syndrom [„chronic fatigue syndrome“] inklusive myalgische Enzephalomyelitis) im Jahr 2021 mit knapp 500.000 angegeben [24]. Frauen sind mehr als doppelt so häufig betroffen wie Männer [25], möglicherweise weil sie im gebärfähigen Alter durch ihre Sexualhormone angeborene und adaptive Immunantworten besser aktivieren können als Männer [14]. Dies prädisponiert sie für Autoimmunerkrankungen [30]. Ob es genderspezifische Veränderungen der immunologischen Profile bei ME/CFS gibt, ist noch unbekannt [19]. Unklar ist auch, welche Auswirkungen das Geschlecht auf die Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen (AP-Beziehung) und die Diagnosefindung bei ME/CFS-Erkrankten hat. Ziel dieser Studie war es nun zu untersuchen, welche subjektiven Erfahrungen im Hinblick auf Genderunterschiede erwachsene ME/CFS-Erkrankte bei der Diagnosefindung im Rahmen ihrer AP-Beziehungen gemacht haben.

Studiendesign/Untersuchungsmethoden

Die Untersuchung ist Teil der explorativen, überwiegend qualitativen APAV-ME/CFS-Studie1, an der 1238 ME/CFS-Erkrankte und deren nahe Angehörige teilnahmen.

Sampling

In der 2. Jahreshälfte 2022 wurden 6 ME/CFS-Patienten-Organisationen und 2 medizinische ME/CFS-Zentren2 gebeten, einen Aufruf zur Studienteilnahme an ME/CFS-Erkrankte und deren Angehörige weiterzuleiten (Sampling durch Selbstaktivierung und über das Schneeballprinzip). Gewonnene Proband:innen gaben den Hinweis an andere Erkrankte bzw. deren Angehörige weiter. Beim Sampling durch Selbstaktivierung erfolgt keine primäre Selektion durch die Forschenden. Die Auswahl hängt stattdessen von der Bereitschaft der potenziellen Proband:innen zur Teilnahme an der Studie ab [32]. Die Interessent:innen mussten folgende Kriterien erfüllen, um an der Studie teilnehmen zu können:
Einschlusskriterien der gesamten APAV-ME/CFS-Studie:
  • Teilnehmen konnten ME/CFS-Erkrankte und nahe Angehörige (z. B. Eltern, Partner:in oder Kind) eines ME/CFS-Erkrankten.
  • Vorliegen einer ärztlichen ME/CFS-Diagnose bei den Erkrankten.
  • Lag keine ärztliche Diagnose vor, mussten die Erkrankten alternativ durch das Ausfüllen des DSQ-SF („DePaul symptom questionnaire short form“)3 und des DSQ PEM („DePaul symptom questionnaire post-exertional malaise“)4 nachweisen, dass bei ihnen eine entsprechende Symptomatik vorliegt.
  • Keine Altersbegrenzung bei den ME/CFS-Erkrankten (Kinder und Jugendliche wurden eingeschlossen).
Ausschlusskriterien der gesamten APAV-ME/CFS-Studie:
  • Ausgeschlossen wurden Long-COVID-Patient:innen, die die Canadian Consensus Criteria (CCC) bzw. die International Consensus Criteria (ICC; noch) nicht erfüllten.

Studienteilnehmende

Im Rahmen der hier untersuchten Fragestellung wurden ausschließlich die erwachsenen ME/CFS-Kranken (> 20 Jahre) mit vorliegender ärztlicher Diagnose aus der APAV-ME/CFS-Studie betrachtet. Nicht einbezogen wurden die ME/CFS-kranken Kinder und Jugendlichen sowie die Angehörigen von ME/CFS-Erkrankten, da diese möglicherweise andere Erfahrungen hinsichtlich der AP-Beziehungen gemacht haben. Abb. 1 gibt einen Überblick darüber, welche Daten der APAV-ME/CFS-Studie in die hier vorliegende Auswertung eingeschlossen wurden.
1.
Insgesamt erfüllten 763 Personen (♀ n = 621, ♂ n = 139) die genannten Kriterien. Ihre Antworten flossen in die quantitative Auswertung bezüglich der ME/CFS-Symptome ein. Die Antworten der 3 Proband:innen, die sich als divers eingeordnet hatten, konnten aufgrund der geringen Gruppengröße hier nicht berücksichtigt werden.
 
2.
Von den 764 Personen hatten insgesamt 544 die Fragen im qualitativen Teil des schriftlich durchgeführten Surveys beantwortet (♀ n = 455, ♂ n = 89). Tab. 1 ordnet die hier betrachteten Frauen und Männer den verschiedenen Altersgruppen zu. Die ID eines Teilnehmers bzw. einer Teilnehmerin enthält hiernach Informationen zu Alter und Geschlecht der betreffenden Person. Bei den folgenden Zitaten im Text zeigt z. B. die ID J22, dass es sich hierbei um eine Frau mit einem ärztlich diagnostizierten ME/CFS aus der Altersgruppe 51–60 Jahre handelt.
 
3.
Bei den 477 Proband:innen (♀ n = 404, ♂ n = 73), die den Fragebogen über SurveyMonkey ausgefüllt hatten, erfolgte eine Quantifizierung der Fragestellung, ob die Erkrankten von ihren Ärzt:innen ernstgenommen wurden.
 
Tab. 1
Anzahl der im qualitativen Studienteil betrachteten Proband:innen mit ärztlich diagnostizierter myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS), unterschieden nach Geschlecht und Altersgruppe. Auf dieser Basis erfolgte eine Zuordnung zu einer ID-Gruppe
Altersgruppe
Männer
Frauen
Gesamt
ID-Gruppe
Anzahl
ID-Gruppe
Anzahl
Anzahl
n
%
n
%
n
%
21–30 Jahre
A
8
9,0
G
41
9,0
49
9,0
31–40 Jahre
B
13
14,6
H
85
18,7
98
18,0
41–50 Jahre
C
18
20,2
I
136
29,9
154
28,3
51–60 Jahre
D
38
42,7
J
151
33,2
189
34,7
> 60 Jahre
E
12
13,5
K
42
9,2
54
9,9
Gesamt (n)
89
100
455
100
544
99,9
ID Kodenummer; n Anzahl

Leitfadenerstellung/Durchführung des Surveys

Die Proband:innen wurden schriftlich anhand eines analog zu einem fokussierten, standardisierten Leitfaden aufgebauten Survey-Fragebogens befragt. In die vorliegende Auswertung flossen die offenen Antworten der folgenden 8 von 13 Survey-Fragen zu den subjektiven Erfahrungen der Proband:innen ein, die sie im Rahmen von AP-Beziehungen gemacht hatten:
  • Erfahrungen, die die Erkrankten seit Beginn ihrer Erkrankung mit den hierzu konsultierten Ärzt:innen gemacht haben (1. Einstiegsfrage),
  • Schilderung einer aus ihrer Sicht typischen Situation, die sie mit einem behandelnden Arzt/einer behandelnden Ärztin bereits erlebt haben (2. Einstiegsfrage),
  • Einschätzung des AP-Verhältnisses,
  • mögliche Unterschiede der AP-Beziehung bei ME/CFS zu einer AP-Beziehung bei einer „normalen“ Erkrankung wie Grippe, Herzinfarkt oder Lungenkrebs,
  • Ursachen für die geschilderte problematische bzw. gute AP-Beziehung aus Sicht der Proband:innen,
  • Gründe für eine möglicherweise gestellte Fehldiagnose (z. B. die einer psychischen Erkrankung) aus Sicht der Proband:innen,
  • Reaktion der behandelnden Ärzt:innen auf die von dem/der Erkrankten geäußerte Vermutung, dass die vorliegenden Symptome wahrscheinlich auf eine ME/CFS-Erkrankung zurückzuführen sind,
  • Auswirkungen der AP-Beziehung auf die gesundheitliche Situation der Erkrankten.
Abgefragt wurden auch Basisinformationen (Alter, Geschlecht, regelmäßig auftretende Symptome etc.). Der Fragebogen enthielt darüber hinaus wichtige Informationen zum Studienablauf, zum Umgang mit den erhobenen Daten etc. Alle Teilnehmenden gaben eine Einwilligungserklärung ab (Informed Consent). Sie beantworteten die Fragen überwiegend über das Online-Tool SurveyMonkey. Im Hinblick auf mögliche Probleme der Erkrankten, den umfangreichen Fragebogen in einem Zug auszufüllen, bestand zudem die Möglichkeit, den downgeloadeten Fragebogen von Hand/am PC auszufüllen und per E‑Mail, Fax oder Post an die Studienleitung zu senden.

Datenbearbeitung, Datenanalyse und Gütekriterien

Die Daten der nicht online ausgefüllten Fragebögen wurden dem Online-Datensatz von Hand bzw. über Copy & Paste hinzugefügt. Nach der vollständigen Eingabe dieser Fragebögen wurden 12 zufällig ausgewählte Fragebögen (= 10 % von n = 116) zur Validierung ein zweites Mal eingegeben. Hierbei traten keine Fehler auf, sodass von einer korrekten Datenübertragung auszugehen ist.

Qualitativer Studienteil

Nach einer ersten Sichtung des umfangreichen Datenmaterials wurde beschlossen, trotz des großen Zeitaufwandes alle 544 Antworten auf die offenen Fragen einer qualitativen Inhaltsanalyse zu unterziehen. Dies geschah zum einen, um keine Hinweise der Proband:innen zu übersehen und zum anderen, um dem potenziellen Argument einer Antwortselektion schon vorab zu begegnen. Insgesamt wurden hier Texte im Umfang von 1.051.697 Zeichen (ohne Leerzeichen) ausgewertet (∅ pro Person: 1933 Zeichen; ♀: ∅ 1965 Zeichen, ♂: ∅ 1771 Zeichen). Die Auswertung erfolgte im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring/Fenzl [26]. Dabei wurde durch Paraphrasierung, Abstrahierung und Generalisierung der einzelnen Aussagen eine frühe Reduktion der Datenkomplexität angestrebt. Auf dieser Basis wurden zentrale inhaltliche Kategorien identifiziert und die Aussagen diesen Kategorien zugeordnet. Zuvor wurde in einem Kodierleitfaden definiert, welche Textbestandteile unter eine Kategorie fallen. Zudem wurden Textstellen als Ankerbeispiele festgehalten und Kodierregeln formuliert. Bei der Zuordnung der Textstellen zu den einzelnen Kategorien und Unterkategorien gab es aufgrund der klaren Kodierregeln kaum Differenzen zwischen den Kodierenden. In den wenigen strittigen Fällen wurde gemeinsam festgelegt, welcher Kategorie eine Textstelle zugeordnet werden sollte. Zur Kontrolle fand eine Rücküberprüfung statt, bei der das Kategoriensystem erneut mit den Ausgangstexten abgeglichen wurde. Zudem wurde nach Transparenz, Intersubjektivität und Reichweite sowie Gegenstandsangemessenheit und Regelgeleitetheit des Vorgehens als mögliche Gütekriterien der qualitativen Forschung geschaut.

Quantitativer Studienteil

Nach Vogl [41] ist die Quantifizierung qualitativer Daten ein ergänzender Schritt in der qualitativen Forschung, um der „Vielschichtigkeit und Komplexität der Daten gerecht zu werden und gleichzeitig Muster aufzuzeigen“. Sie hilft, die Perspektive zu erweitern und ergänzende Blickwinkel zur interpretativen Analyse zu sammeln. Um die relative Bedeutung der Thematik aufzuzeigen, wurde daher hier eine Quantifizierung der Fragestellung vorgenommen, ob sich die Proband:innen als Patient:innen ernstgenommen fühlen. Zudem wurden die Häufigkeiten der regelmäßig auftretenden ME/CFS-Symptome im Hinblick auf mögliche Gender-Unterschiede betrachtet. Zu jedem Symptom wurde ein Pearson’s χ2-Test durchgeführt, ergänzt durch Yates Continuity Correction, Fisher’s Exact Test, Likelihood Ratio und Effektstärke ϕ. Genderunterschiede bei der Gesamtzahl an angekreuzten Symptome wurden mit Hilfe des Wilcoxon-Rangsummentests berechnet. Das Signifikanzniveau wurde auf p = 5 % festgelegt.

Ergebnisse der qualitativen Untersuchung

Eine erste Durchsicht zeigte, dass überwiegend Frauen genderbezogene Themen ansprachen. Allerdings nahmen auch einzelne Männer hierauf Bezug:
A7: „Dort hat mir ein Neurologe erklärt, ich wäre ja ein junger starker Mann, da würde Long COVID schon von alleine innerhalb von ein paar Monaten weggehen, ich wäre ja keine depressive Hausfrau […] Warum sollte man eine Hausfrau bitte weniger ernst nehmen müssen als mich???!!!“
Einige Faktoren spielten sowohl bei weiblichen als auch bei männlichen Patient:innen eine Rolle, allerdings schienen Frauen häufiger betroffen. Daher werden nun die folgenden Kategorien v. a. aus Sicht der befragten Frauen betrachtet. An dieser Stelle soll noch einmal betont werden, dass die hier zitierten und die der Analyse zugrunde liegenden Aussagen jeweils die subjektive Wahrnehmung der befragten ME/CFS-Patientinnen wiedergeben. Die Proband:innen sprachen zudem meist von „den Ärzten“, ohne dabei deutlich zu machen, ob sie hier das generische Maskulinum anwandten oder tatsächlich nur männliche Ärzte meinten, wenn sie auf ihre Erfahrungen hinsichtlich der Beziehung zwischen Ärzt:innen und Proband:innen angesprochen wurden. Die weibliche Form wurde von ihnen in der Regel nur dann gewählt, wenn explizit Ärztinnen (im Singular oder Plural) gemeint waren. Im Folgenden wird daher auch dann jeweils von Ärzt:innen gesprochen, wenn es zwar sehr wahrscheinlich ist, dass Patientinnen überwiegend oder ausschließlich männliche Ärzte meinten, dies aber anhand der Texte nicht klar nachgewiesen werden konnte.

Den Frauen zugeschriebene Eigenschaften

Weibliche Erkrankte berichteten, dass Ärzt:innen sie für zu emotional, überempfindlich oder zu ängstlich hielten:
H63: „Am meisten stört mich, dass ich […] behandelt werde, als wäre ich hysterisch, würde mir das alles nur einbilden und würde schon von selbst wieder gesund werden, wenn man es mir nur nicht zu bequem machen würde.“
J122: „Normale Ärzte […] halten mich für ein bissle empfindlich bis eingebildet krank.“
J135: „… hatte ich manchmal auch das Gefühl, … da ich eine schlanke und eher blasse Frau bin – dass Ärzte so einen etwas gönnerhaften Blick hatten …, dass ich eben generell ‚schwach und empfindlich‘ sei.“
J20: „Ich beschrieb, dass mir das alles Angst macht und ich nicht wüsste, wohin mich das führt. Die Antwort war, dass ich ein ängstlicher Mensch sei. Ich solle mich nicht so beobachten. Im Anschluss erhielt ich ein Rezept für Antidepressiva.“

Den Frauen zugeschriebene Verhaltensweisen

Probandinnen hatten das Gefühl, ihre Ärzt:innen meinten, sie kontaktierten sie wegen trivialer Symptome:
H5: „Schwere der Symptome [wird] nicht ernstgenommen (ganz normal, hat jeder, man solle gefälligst froh sein, nichts Schlimmes wie z. B. multiple Sklerose [MS] zu haben).“
H5: „… die Zeit würde für wirklich Kranke gebraucht.“
Ihre Symptomenbeschreibung werde als zu emotional wahrgenommen, die Symptome seien unspezifisch:
G8: „… nicht spezialisierte Ärzte […] haben abgewiegelt, […] die Symptome seien zu unspezifisch.“
I88: „Soweit mir bekannt, ist das Auftreten einer Vielzahl eher unspezifischer Symptome gleich unglaubwürdig.“
Ärzt:innen meinten, dass sie übertrieben:
G41: „Es liegt teilweise auch an dem Geschlecht. Bei Frauen wird direkt gedacht, dass ‚übertrieben‘ wird.“
J19: „Man unterstellt, ich lüge oder übertreibe meine Symptome. […] Wenn man Symptome nennt, werden von Ärzten […] und med. Personal die Augen verdreht, gelacht, getuschelt und/oder es wird direkt gesagt, man lüge.“

Einordnung der ME/CFS-Patientinnen

Meist sahen sich die Probandinnen als „schwierig“ eingeordnet:
H63: „Ich glaube, dass mein Alter und mein Geschlecht eine große Rolle spielen. […], sehen andere Ärzte und Ärztinnen mich als schwierige Patientin, die somatisiert. […] werde ich bei fast jedem Ärztekontakt entweder mit ‚junge Frau‘ angesprochen oder höre ‚aber sie sind ja noch eine junge Frau‘ […]“
H46: „Ärzte […] sehen einen als schwierige Patientin an, die ggf. einfach überarbeitet ist und das nicht einsehen will.“
Ihre Symptome seien emotional bedingt:
K22: „… auf psychische, verdrängte Gefühle reduziert zu werden. […] Ja, verdrängte Gefühle, und wenn ich mich genug anstrenge, werde ich gesund.“
H1: „… als sei ich verwirrt und labil.“
Es liege also eine psychosomatische Erkrankung vor:
H52: „Daneben spielt bestimmt auch das Geschlecht eine Rolle! Als Frau werden die meisten Beschwerden ja eh immer erstmal als psychisch oder psychosomatisch eingeordnet. […] Das sei psychisch, und ich solle das endlich akzeptieren.“
J75: „In der Vergangenheit war das Schlimmste, als eingebildeter oder psychisch Kranker abgetan zu werden.“

Eigenschaften und Verhaltensweisen der Ärzt:innen

Nach Ansicht der Proband:innen sind Ärzt:innen Frauen gegenüber oft voreingenommen:
G28: „Mich stört am meisten, dass Ärzte […] zu schnell ‚Junge Frau = Psyche‘ denken.“
G9: „Grund für die psychosomatische Einordnung ist die Voreingenommenheit der Ärzte gegenüber stillen jungen Mädchen bzw. Frauen mit unspezifischen Symptomen. Diesen wird jegliche Glaubwürdigkeit abgesprochen und […] Überempfindlichkeit und weibliche Hysterie unterstellt.“
H52: „Als Frau ist man im Medizinsystem immer erstmal ‚nichts‘ und eher ein ‚hysterischer‘ Querulant.“
Sie berichteten, dass ihnen nicht zugehört wird:
J18: „Besonders als Frau erlebe ich immer wieder, wie wenig mir zugehört wird oder mir gar Eigenschaften wie Leistungsorientiertheit, Durchsetzungsfähigkeit oder hohe Autonomie aberkannt werden. Der damit einhergehende Wille, zurück ins Leben und ins Berufsleben zu finden, wird deshalb als ‚unangepasst und fehlende Krankheitseinsicht‘ deklariert. Bei männlichen Miterkrankten wird es dagegen positiv konnotiert als ‚Nicht aufgeben‘.“
Ärzt:innen nähmen sie nicht ernst:
G9: „Als junges Mädchen mit den beschriebenen Symptomen nicht ernstgenommen zu werden, statt Hilfe nur Hohn und Spott […], dass man nicht liebenswert sei und man diesen hysterischen Mädchen früher einfach eine Ohrfeige verpasst habe.“
J70: „Die Reaktion ist oft ein Lächeln und in der Folge eine zwischenmenschliche Behandlung, als wäre man ein kleines dummes Kind.“
H25: „Ich wurde nicht ernstgenommen, als ich sagte, dass ich sehr erschöpft bin, hat die Ärztin begonnen in Babysprache/-stimme mit mir zu sprechen.“
Sie stellten ihre Körperwahrnehmung in Frage:
G3: „Es stört mich, dass mir die Kenntnis über meinen eigenen Körper abgesprochen wird.“
I115: „… mir werden meine geistigen Fähigkeiten abgesprochen. […], dass das eigene Empfinden, schwer krank zu sein, in Frage gestellt wurde – massive Invalidisierung – traumatisierend.“
H27: „Mir wurde auch in meiner Selbsteinschätzung, Selbstwahrnehmung […] Schaden zugefügt. Ich sollte alle meine Symptome als psychisch ansehen. […] Wie gestört muss ich denn sein, dass so viele Jahre Psychotherapie nicht helfen?“
Andere zweifelten ihre Glaubwürdigkeit an:
J142: „Und selbst wenn ich mit körperlichen Problemen einen Arzt aufsuche, der die Diagnose kennt, werde ich oft nicht mehr für voll genommen und bekomme Beruhigungstropfen verordnet. Das macht mich zum Unterlegenen und ein Gespräch findet nicht wirklich statt. Ich fühle mich ausgeliefert, nicht für voll genommen und stigmatisiert. Der Kontakt findet nicht auf Augenhöhe statt, und meine Äußerungen werden für unglaubwürdig erklärt bzw. umgedeutet.“
H63: „Ich habe mir […] eine Begleitperson zu Arztbesuchen mitgenommen, welche im Notfall widersprechen konnte, wenn die Ärzte mir junger Frau entweder nicht geglaubt haben, oder ich bereits so erschöpft war, dass ich mich nicht mehr selber verteidigen konnte.“
J32: „Es ist anstrengend, kränkend und zum Verzweifeln, wenn ich immer wieder um meine Glaubwürdigkeit ringen muss.“
H23: „Am meisten stört mich, dass die Ärzte regelrecht Gaslighting betreiben. […] Das hat mein Vertrauen in die Ärzteschaft komplett zerstört.“
Die Tab. 2 fasst nun das von den Probandinnen wahrgenommene, genderspezifische Auftreten und Verhalten ihrer Ärzt:innen sowie dessen Interpretation durch die Proband:innen zusammen.
Tab. 2
Zusammenfassung des von den ME/CFS-Patientinnen (Patientinnen mit myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue-Syndrom) wahrgenommenen, genderspezifischen Auftretens und Verhaltens der konsultierten Ärzt:innen und dessen Interpretation durch die Proband:innen
Den Frauen werden von ihren Ärzt:innen häufig folgende Eigenschaften zugeschrieben
Emotional
Überempfindlich
Ängstlich
Den Frauen werden von ihren Ärzt:innen häufig folgende Verhaltensweisen zugeschrieben
Kontaktieren Ärzt:innen bei trivialen Erkrankungen
Beschreiben vorliegende Symptome sehr emotional
Schildern überwiegend unspezifische Symptome
Verwenden triviale Sprache (keine Fachsprache)
Übertreiben die vorliegende Krankheitssituation
Von den Ärzt:innen werden die ME/CFS-Patientinnen folgendermaßen eingeordnet:
Es handelt sich um „schwierige“ Patient:innen
Ihre Symptome sind emotional bedingt
Es liegt eine psychosomatische Erkrankung vor
Nach Ansicht der ME/CFS-Patient:innen
Sind die behandelnden Ärzt:innen Frauen gegenüber voreingenommen
Hören die behandelnden Ärzt:innen nicht zu
Verstehen die behandelnden Ärzt:innen die Frauen in ihrer Krankheitssituation nicht
Nehmen die behandelnden Ärzt:innen sie nicht ernst
Stellen die behandelnden Ärzt:innen ihre Körpererfahrung und Körperwahrnehmung in Frage
Zweifeln die behandelnden Ärzt:innen ihre Glaubwürdigkeit an
Weisen die behandelnden Ärzt:innen ihnen die Schuld an der sich nicht bessernden Krankheitssituation zu

Ergebnisse der quantitativen Untersuchung

Im Folgenden werden einige genderrelevante Aspekte quantitativ untersucht, um die relative Bedeutung dieser Faktoren deutlich zu machen.

Nicht ernstgenommen werden

Im qualitativen Teil berichteten v. a. Frauen, dass Ärzt:innen sie nicht ernstnähmen. Um mögliche Genderunterschiede sichtbar zu machen, erfolgte eine Quantifizierung dieser Aussage. Tab. 3 bestätigt bestehende Genderunterschiede (♀: 66,1 %, n = 404; ♂: 35,6 %, n = 73; relative Rate [RR] 1,83, Odds Ratio [OR] 3,52). Zudem wird deutlich, dass ganz junge Frauen und Männer am häufigsten angaben, von ihren Ärzt:innen nicht ernstgenommen zu werden. Bei den Frauen nimmt der Anteil mit zunehmendem Alter kontinuierlich ab, während er bei den über 30-jährigen Männern mit durchschnittlich 32,8 % unterhalb des niedrigsten Wertes der Frauen liegt.
Tab. 3
Kontingenztabelle, die die Häufigkeit der Nennungen durch die Proband:innen angibt, als ME/CFS-Erkrankte (Erkrankte mit myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue-Syndrom) von ihren Ärzt:innen nicht ernst genommen zu werden, unterschieden nach Geschlecht und Altersgruppe, sowie die darauf basierende Berechnung der relativen Rate (RR) und der Odds Ratio (OR)
 
Ja
Nein
RR
OR
n
%
n
%
n
%
Frauen, 21–30 Jahre
29
80,6
7
19,4
36
100
1,23
2,07
Männer, 21–30 Jahre
4
66,7
2
33,3
6
100
33
78,6
9
21,4
42
100
Frauen, 31–40 Jahre
62
77,5
18
22,5
80
100
3,35
11,48
Männer, 31–40 Jahre
3
23,1
10
76,9
13
100
65
69,9
28
30,1
93
100
Frauen, 41–50 Jahre
86
71,7
34
28,3
120
100
1,92
4,22
Männer, 41–50 Jahre
6
37,5
10
62,5
16
100
92
67,6
44
32,4
136
100
Frauen, 51–60 Jahre
74
55,6
59
44,4
133
100
1,47
2,05
Männer, 51–60 Jahre
11
37,9
18
62,1
29
100
85
52,5
77
47,5
162
100
Frauen, > 60 Jahre
16
45,7
19
54,3
35
100
2,09
2,95
Männer, > 60 Jahre
2
22,2
7
77,8
9
100
18
40,9
26
59,1
44
100
Frauen (gesamt)
267
66,1
137
33,9
404
100
1,83
3,52
Männer (gesamt)
26
35,6
47
64,4
73
100
293
61,4
184
38,6
477
100
 Summe

ME/CFS-Symptome

Da Probandinnen häufig davon sprachen, dass ihre Symptome als unspezifisch eingeordnet wurden, wurde die Art und Häufigkeit der angekreuzten ME/CFS-Symptome5 hinsichtlich möglicher Genderunterschiede betrachtet (Tab. 4). Die häufigsten Symptome waren (1) Brainfog6, (2) Muskelprobleme, (3) Schlafstörungen, (4) Überempfindlichkeit auf Licht, Geräusche etc. und (5) Herz-Kreislauf-Beschwerden (Tab. 4).
Tab. 4
Häufigkeit und Reihenfolge der Nennungen der regemäßig auftretenden ME/CFS-Symptome (Symptome bei myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue-Syndrom außer Post-Exertional Malaise [PEM]) bei den befragten erwachsenen ME/CFS-Erkrankten (> 20 Jahre) mit ärztlicher ME/CFS-Diagnose, unterschieden nach dem Geschlecht (n = 746)
 
Prozentsatz der Nennungen (%)
 
Frauen (n = 608)
Männer (n = 138)
Brainfog, Gedächtnisprobleme, Wortfindungsstörungen
90,1
85,5
Muskelprobleme
87,3
84,8
Schlafstörungen
87,0
80,4
Überempfindlichkeit (z. B. auf Licht, Geräusche, Gerüche, Berührung)
85,7
73,2
Herz-Kreislauf-Beschwerden
83,6
73,2
Temperaturregulations-Störungen
81,7
69,6
Grippeähnliche Symptome
76,8
73,2
Unverträglichkeit von hohen oder niedrigen (Außen‑)Temperaturen
73,4
63,8
Magen-Darm-Beschwerden
71,9
64,5
Kopfschmerzen
70,2
63,0
Atembeschwerden
69,6
53,6
Sehstörungen
64,5
59,4
Unverträglichkeit von Nahrungsmitteln, Medikamenten, Chemikalien
63,2
47,8
Erhöhte Infektanfälligkeit mit verlängerten Erholungsphasen
48,0
44,2
Beschwerden im Bereich Harn- und Geschlechtsorgane
42,3
40,6
Es ließ sich bei unseren Proband:innen eine statistisch signifikante Assoziation zwischen dem Geschlecht und folgenden Symptomen beobachten:
  • Unverträglichkeit von Nahrungsmitteln, Medikamenten, Chemikalien (p = < 0,001),
  • Überempfindlichkeit z. B. auf Licht, Geräusche, Gerüche, Berührung (p = < 0,001),
  • Atembeschwerden (z. B. beim Treppen-Steigen, längerem Sprechen; p = < 0,001),
  • Herz-Kreislauf-Beschwerden (z. B. Herzrasen, Blutdruck-Schwankungen, Schwindel bei längerem Stehen/Lagewechsel; p = < 0,01),
  • Temperaturregulationsstörung (z. B. Kältegefühl, Frösteln, Hitzewallungen; p = < 0,01) und
  • Unverträglichkeit hoher/niedriger Temperaturen (p = 0,03).
Bei den übrigen Symptomen zeigte sich kein statistisch signifikanter Gendereffekt (Tab. 5).
Tab. 5
Kontingenztabelle, die die absoluten und relativen Häufigkeiten der Nennungen der gegebenen ME/CFS-Symptome (Symptome bei myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue-Syndrom) durch die Proband:innen angibt, unterschieden nach dem Geschlecht. Berechnung des Pearson’s χ2-Werts, ergänzt durch die Yates Continuity Correction und den Fisher’s Exact Test sowie die Effektstärke ϕ
 
Symptom liegt vor
χ2 (Pearson) mit Kontinuitätskorrektur
p
ϕ
Ja
Nein
 
n
%
n
%
Atembeschwerden
Frauen
423
69,6
185
30,4
608
12,16
< 0,001
0,13
Männer
74
53,6
64
46,4
138
497
249
746
Überempfindlichkeit (z.B. auf Licht, Geräusche, Gerüche, Berührung)
Frauen
521
85,7
87
14,3
608
11,80
< 0,001
0,13
Männer
101
73,2
37
26,8
138
622
124
746
Unverträglichkeit von Nahrungsmitteln, Medikamenten, Chemikalien
Frauen
384
63,2
224
36,8
608
10,42
< 0,001
0,12
Männer
66
47,8
72
52,2
138
450
296
746
Temperaturregulationsstörungen
Frauen
497
81,7
111
18,3
608
9,50
< 0,01
0,12
Männer
96
69,6
42
30,4
138
593
153
746
Herz-Kreislauf-Beschwerden
Frauen
508
83,6
100
16,4
608
7,38
< 0,01
0,10
Männer
101
73,2
37
26,8
138
609
137
746
Unverträglichkeit von hohen oder niedrigen (Außen‑) Temperaturen
Frauen
446
73,4
162
26,6
608
4,62
0,03
0,08
Männer
88
63,8
50
36,2
138
534
212
746
Schlafstörungen
Frauen
529
87,0
79
13,0
608
3,46
0,06
0,07
Männer
111
80,4
27
19,6
138
640
106
746
Magen-Darm-Beschwerden
Frauen
437
71,9
171
Frauen
437
2,60
0,10
0,6
Männer
89
64,5
49
Männer
89
526
220
526
Kopfschmerzen
Frauen
427
70,2
181
29,8
608
2,39
0,10
0,06
Männer
87
63,0
51
37,0
138
514
232
746
Brainfog, Gedächtnisprobleme, Wortfindungsstörungen
Frauen
548
90,1
60
9,9
608
2,05
0,13
0,06
Männer
118
85,5
20
14,5
138
666
80
746
Sehstörungen
Frauen
392
64,5
216
35,5
608
1,03
0,28
0,04
Männer
82
59,4
56
40,6
138
474
272
746
Grippeähnliche Symptome
Frauen
467
76,8
141
23,2
608
0,63
0,38
0,03
Männer
101
73,2
37
26,8
138
568
178
746
Erhöhte Infektanfälligkeit
Frauen
292
48,0
316
52,0
608
0,52
0,45
0,03
Männer
61
44.2
77
55.8
138
353
393
746
Muskelprobleme
Frauen
531
87,3
77
12,7
608
0,44
0,41
0,03
Männer
117
84,8
21
15,2
138
648
98
746
Beschwerden im Urogenitalbereich
Frauen
257
42,3
351
57,7
608
0,07
0,79
0,01
Männer
56
40,6
82
138
313
433
746
 Summe, p Wahrscheinlichkeit nach dem Fisher’s Exact Test

Diskussion

Mindestens zwei Drittel der ME/CFS-Kranken sind Frauen. Sie sind somit deutlich häufiger betroffen als Männer [29], ME/CFS ist jedoch keine „Frauenkrankheit“ [12]. Im Vergleich zur Literatur ist der Anteil der Männer mit ärztlich diagnostiziertem ME/CFS in unserer Studie etwas geringer. Das könnte u. a. daran liegen, dass ME/CFS bei Männern seltener erkannt wird oder das Thema AP-Beziehung für Frauen besonders wichtig war.

Genderbezogenes Auftreten/Verhalten der Ärzt:innen

Proband:innen der APAV-ME/CFS-Studie beschrieben die AP-Beziehung zu ihren Ärzt:innen überwiegend als schwierig [15, 17]. Insbesondere Frauen vermuteten, dass Genderaspekte hier eine Rolle spielen. Sie berichteten von einer Voreingenommenheit gegenüber Frauen mit „unspezifischen“ Symptomen, denen jegliche Glaubwürdigkeit abgesprochen sowie Überempfindlichkeit und weibliche Hysterie unterstellt würde (G9). Frauen würde nicht zugehört (J18), ihnen würde unterstellt, sie übertrieben (G41). Die geschilderten Symptome würden „immer erstmal als psychisch oder psychosomatisch eingeordnet“ (H52).
Genderaspekte sind im Gesundheitsbereich von großer Bedeutung. Sie beeinflussen die AP-Beziehung sowie das ärztliche Handeln hinsichtlich Diagnose und Therapie [4, S. 7–33]. Ärztinnen haben öfter einen wärmeren Kommunikationsstil und ermutigen ihr Gegenüber häufiger zu einer offenen Kommunikation als ihre männlichen Kollegen. Letztere zeigen meist ein weniger kommunikatives Verhalten. Sie gehen eher davon aus, dass Patientinnen sie häufiger wegen trivialer Gesundheitsprobleme in Anspruch nehmen und bei der Beschreibung ihrer Probleme ein „more trivial medical speaking“ verwenden [37]. Weibliche Ärzte bemühen sich im Durchschnitt etwas stärker um ein partnerschaftliches Verhalten, männliche Ärzte monologisieren häufiger [39, S. 30]. Auch in unserer Studie hatten v. a. Frauen das Gefühl, dass Ärzt:innen ihre Symptome als eher trivial und als „nichts Ernstes“ einordneten (H69). Männliche Patienten mit einem solchen Gesundheitsverhalten werden als „unmännlich“ wahrgenommen [39, S. 30]. Entsprechendes berichtete auch ein junger Proband (21–30 J.), dem ein Arzt vorwarf, er sei ja schließlich ein junger, starker Mann und „keine depressive Hausfrau“ (A7).

Subjektive Befunde und die Psyche der Frauen

Frauen nehmen Symptome eher wahr, sehen sie eher als behandlungsbedürftig an. Bei als gestresst und ängstlich eingeordneten Frauen führen Ärzt:innen deren „unspezifische“ Symptome häufig auf psychogene Ursachen zurück. Bereits 1970 ordneten McEvedy und Beard den im Jahr 1955 beschriebenen Ausbruch einer ME/CFS-ähnlichen Erkrankung in einem Londoner Krankenhaus als psychisch bedingt ein, u. a. weil besonders viele Frauen betroffen waren: „… epidemic hysteria is a much more likely explanation. The data which support this hypothesis are the high attack rate in females compared with males; the intensity of the malaise compared with the slight pyrexia; the presence of subjective features similar to those seen in a previous epidemic of hysterical overbreathing …“ [28].
Heute nennt der DAK-Gesundheitsreport [40] bei den wichtigsten Einzeldiagnosen Krankheiten mit unklarer Ätiologie an zweiter Stelle, Frauen weisen hier ein Drittel mehr AU-Fälle (Fälle von Arbeitsunfähigkeit) auf als Männer. Unter „Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde“ werden bei Frauen 22,4 % mehr AU-Fälle angegeben. Besonders groß ist der Unterschied bei psychischen Erkrankungen (Frauen: 58,5 % mehr AU-Fälle als Männer). Auch in unserer Studie ordneten Ärzt:innen ihre Patientinnen als ängstlich (H23) oder gestresst (J41) ein, obwohl die Betroffenen und auch ihr Umfeld das nicht so sahen. Ihre Symptome wurden als unspezifisch bezeichnet und seien daher wahrscheinlich psychosomatisch bedingt (J144).
„Unspezifisch“ sind Symptome für Ärzt:innen meist dann, wenn sie sich nicht eindeutig einer Krankheit zuordnen lassen. Sie werden als „subjektiv“ [15] klassifiziert, im Gegensatz zu „objektiven Befunden“ wie Biomarkern. In der Hierarchie der Krankheiten werden solche Krankheiten meist weit unten eingeordnet [43]. Auch viele ME/CFS-Symptome werden als „unspezifisch“ und „subjektiv“ betrachtet. Hinzu kommt, dass die von den Frauen in unserer Studie signifikant häufiger genannten Symptome das Kriterium der Subjektivität noch stärker zu erfüllen scheinen als andere, als eher objektiv eingeordnete Symptome (Tab. 3).
Die S3-Leitlinie der AMWF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.; [10]) versteht unter funktionellen Körperbeschwerden ein breites Spektrum an Beschwerdebildern, von vorübergehenden Befindlichkeitsstörungen über funktionelle Syndrome (einschließlich ME/CFS) bis zu unklaren Schmerzen. Die Begriffe sind hier oft in Anführungszeichen gesetzt bzw. mit dem Adjektiv „sogenannt“ versehen, was die Skepsis der Autor:innen diesen Krankheiten gegenüber verdeutlicht. Man ordnet dort die Beschwerdepräsentation von Patient:innen bezeichnenderweise als „chaotisch, komplex, inkonsistent“ ein. Die Betroffenen zeigten „eine plastische und emotionale Beschwerdepräsentation, um die Ärzte vom Ausmaß ihrer Beschwerden zu überzeugen“. Auch die Glaubwürdigkeit der Erkrankten wird andeutungsweise in Frage gestellt. Bei „ängstlich-anklammernden Personen und bei Frauen“ – im Gegensatz zu „souveränen Personen und Männern“ – solle jedoch nicht vorschnell von einer funktionellen Genese7 ausgegangen werden.

„Medical gaslighting“

Auch nach Hedegaard et al. [20] verwenden weibliche Patienten eher emotional orientierte Aussagen. Im Arztgespräch schildern sie häufig ihre seelischen Empfindungen und die Entstehungszusammenhänge der Krankheit aus ihrer Sicht. Da die biomedizinisch orientierte Medizin jedoch v. a. darauf ausgerichtet ist, körperliche Ursachen für möglichst klar umrissene Beschwerden zu finden, bieten Frauen damit oft ein (zu) vielfältiges Spektrum an Symptomen. Das führt bei Ärzten, aber auch bei entsprechend sozialisierten Ärztinnen nicht selten zu einer gewissen Ratlosigkeit. Häufig werden dann ohne hinlänglichen Befund seelische Gründe als Ursache angenommen [18, S. 401–413]. Während Männer im Gespräch eher als kompetent wahrgenommen würden, sähe man Frauen häufig als zerbrechlich an [44]. Dieses Bild der Frau steht nach Johannisson [22] im Einklang mit einer historischen Sicht auf Frauen, die im 19. Jh. als „krank, schwach und schwierig“ charakterisiert wurden.
Nach Pagán [31] neigen v. a. männliche, aber auch einige weibliche Ärzte dazu, die Beschwerden von Frauen zu ignorieren oder nicht so ernst zu nehmen wie bei einem Mann und sie als Hysterikerinnen zu betrachten. Sie ordneten ihre Symptome häufiger als emotional bedingt ein und diagnostizierten sie öfter als psychisch krank. Auch unsere Proband:innen schrieben, dass das Nicht-einordnen-Können der „unspezifischen“ Symptome nicht selten automatisch mit dem Vorliegen psychischer Probleme gleichgesetzt wurde (G28). Besonders häufig wurde von ihnen auch das Nicht-ernstgenommen-Werden genannt (J40). Bezeichnend ist, dass dies nur ganz junge Männer ähnlich häufig taten. Selbst unter den über 60-jährigen Frauen fühlten sich noch mehr als 45 % nicht ernstgenommen. Eine ältere Probandin beschrieb dies treffend mit den Worten, dass sie behandelt wurde, „als wäre man ein kleines dummes Kind“ (J70).
Studienteilnehmerinnen beschrieben zudem explizit ein „medical gaslighting“, d. h. ein fälschlicherweise Leugnen einer vorliegenden Krankheit durch behandelnde Ärzt:innen (die Patient:innen seien nicht wirklich krank) bzw. das inkorrekte Zurückführen einer somatischen Erkrankung auf psychische Faktoren, wobei die Wahrnehmungen der Patient:innen in Frage gestellt werden (I77). Einige benutzten auch den Fachbegriff (H23). Sie erwähnten ihre Erfahrungen, von Ärzt:innen ignoriert und nicht ernstgenommen zu werden. Besonders Stress auslösend war für sie, dass immer wieder an ihrer Glaubwürdigkeit gezweifelt wurde (J149, H63). „Dieses ständige Einreden von verschiedenen Ärzten, ich hätte ein psychisches Problem“ (H78) führte bei den Patientinnen nicht selten zu Zweifeln an ihren körperlichen Wahrnehmungen (H40) und zu einer Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Situation [16]. Sebring [36] geht davon aus, dass es sich beim „medical gaslighting“ nicht in erster Linie um ein Problem des zwischenmenschlichen Austauschs handelt, sondern dass es das Ergebnis tief verwurzelter und weitgehend unangefochtener Ideologien im Medizinbereich sei. Andere betonen hingegen, dass bei unklarer Symptomatik einerseits die Gefahr bestehe, dass das Versteifen auf Biomarker als Schlüsselindikatoren bei der Diagnosefindung dazu führe, dass psychologische Faktoren kaum noch berücksichtigt würden, was gleichbedeutend einem „Rückzug in einen engstirnigen biomedizinischen Reduktionismus [wäre], von dem viele von uns hofften, dass wir ihm schon vor langer Zeit entronnen wären“. Andererseits sollten Ärzte ihre Patient:innen jedoch mit ihren Symptomen ernst nehmen und diese niemals als Einbildung abtun [38].

Limitationen

Die qualitative Analyse des Datenmaterials aller 544 Proband:innen ist für eine qualitative Studie sehr ungewöhnlich. Dies geschah zum einen, um keine Hinweise der Studienteilnehmer:innen zu übersehen, die später von Relevanz für die Entwicklung darauf aufbauender Verbesserungsvorschläge sein könnten, und zum anderen, um dem potenziellen Argument einer Antwortselektion schon vorab zu begegnen. Auch war eine Erschließung aller Texte nötig, um für eine spätere Quantifizierung der qualitativen Daten den Boden zu bereiten. Um die Texte inhaltlich möglichst gut durchdringen zu können, wurde die Untersuchung ohne die Unterstützung durch eine Qualitative Analysesoftware durchgeführt, d. h. die Daten wurden in einem Zeitraum von 6 Wochen von Hand ausgewertet.
Um auch Personen mit moderatem bis schwerem Krankheitsverlauf (und damit sehr geringen Energiereserven) in die Studie einzubeziehen, wurde die Befragung schriftlich durchgeführt. Dies hatte den Vorteil, dass sich eine zeitaufwändige Transkribierungsphase erübrigte. Von Nachteil war jedoch, dass keine Nachfragen möglich waren. Aufgrund des umfangreichen Textmaterials insgesamt und pro Person waren solche Nachfragen jedoch auch größtenteils nicht nötig. Im Hinblick auf unsere Teiluntersuchung wäre es allerdings wünschenswert gewesen, bei verschiedenen Aussagen nachfragen zu können, ob jeweils männliche oder weibliche Ärzt:innen gemeint waren. Auch Informationen über die Körpersprache der Proband:innen konnten durch die schriftliche Erhebung nicht in die Auswertung mit einbezogen werden. Einige Probandinnen drückten ihre Gefühle jedoch über Emojis im Text aus und unterstrichen damit die zuvor geäußerten schriftlichen Aussagen.
Da viele ME/CFS-Erkrankte in Deutschland nicht oder nur unter einer anderen Diagnose in ärztlicher Behandlung sind, wurden unsere Proband:innen über den Zugang zu den fünf wichtigsten ME/CFS-Selbsthilfegruppen in Deutschland und zu den bis dahin einzigen Behandlungszentren für ME/CFS-Erkrankte in Berlin und München gewonnen. Die Art der Rekrutierung erlaubte später keine Aussagen darüber, ob die Proband:innen über eine Patientenorganisation oder über ein Behandlungszentrum gewonnen wurden. Somit lässt sich nicht sagen, ob die über Patientenorganisationen gewonnenen Proband:innen grundsätzlich negativere Erfahrungen bezüglich ihres AP-Verhältnisses gemacht haben. Es gibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich z. B. die Patient:innen, deren ME/CFS-Diagnose an einem Universitätsklinikum gestellt wurde, hinsichtlich ihrer AP-Erfahrungen im Laufe ihrer oft langen Krankengeschichte von den Proband:innen unterscheiden, deren Diagnose andernorts gestellt wurde. Ein möglicher Selektionsbias aufgrund der Rekrutierungsmethode kann nach Mayring [27] zudem zumindest teilweise durch eine hohe Probandenzahl ausgeglichen werden (s. unten).
Anhand der erhobenen demographischen Variablen konnte gezeigt werden, dass Frauen im Sample überrepräsentiert sind, auch wenn Frauen grundsätzlich mehr als doppelt so häufig von ME/CFS betroffen sind wie Männer [25]. Dass in unserer Studie der Frauenanteil nochmals höher ist, könnte z. B. daran liegen, dass ME/CFS bei Männern seltener erkannt wird, dass Frauen über die vorgenommene Rekrutierungsmethode leichter zu gewinnen waren, dass für sie das Thema der AP-Beziehung besonders wichtig war oder dass sie eher bereit waren, sich in offenen Fragen schriftlich zu äußern. Auf Letzteres weist der geringere Teil an Männern hin, der in dieser Studie den qualitativen Teil vollständig ausgefüllt hat (s. Abb. 1, ♀: 73,3 %, ♂: 64,0 %). Ein Hinweis hierauf könnten auch die im Durchschnitt etwas längeren Texte der Frauen sein. Im Rahmen der quantitativen Auswertung wurde die geringere Anzahl an Männern durch die Wahl entsprechender statistischer Methoden berücksichtigt.
Über die Altersstruktur der ME/CFS-Erkrankten in unserer Bevölkerung gibt es bislang wenig Informationen, sodass dieser Aspekt nicht zur Überprüfung der Repräsentativität der Aussagen herangezogen werden konnte. Ein weiteres Merkmal, das in dieser Hinsicht von Bedeutung sein könnte, ist das durchschnittliche Alter zu Krankheitsbeginn. Hierzu kann anhand unserer Daten nur die Aussage gemacht werden, dass die Proband:innen nach eigenen Angaben im Durchschnitt bereits 6–10 Jahre an ME/CFS litten und durchschnittlich 41–50 Jahre alt waren. Internationale Studien weisen darauf hin, dass es im Erwachsenenalter einen Inzidenzgipfel8 zwischen dem 30. und 39. Lebensjahr gibt [1].
Nach Mayring [27] können die Ergebnisse qualitativer Studien umso besser generalisiert werden, je mehr Fälle analysiert werden. Eine hohe Probandenzahl kann hiernach „sehr hilfreich für Verallgemeinerungen“ sein und die potenziellen Nachteile der fehlenden Möglichkeit zum Nachfragen (schriftliche Befragung) sowie mögliche Selektionsprozesse aufgrund der Rekrutierungsmethode zumindest teilweise aufheben. Wir möchten zum Schluss nochmals betonen, dass die quantifizierten Aussagen aufgrund der möglicherweise eingeschränkten Repräsentativität des Samples eher als Hypothesen gedacht sind, die es gilt, zukünftig zu verifizieren oder falsifizieren.

Fazit für die Praxis

  • Für weibliche ME/CFS-Erkrankte war das genderbezogene Auftreten und Verhalten ihrer Ärzt:innen ein wichtiger Aspekt im Rahmen einer als problematisch und krankmachend erlebten Arzt-Patient-Beziehung.
  • Sie fühlten sich nicht ernstgenommen. Ihre Symptome würden als unspezifisch/subjektiv und damit im Rahmen eines „Schubladen-Denkens“ fälschlicherweise automatisch als psychisch bedingt eingeordnet.
  • Stattdessen sollte immer eine systemische Betrachtung möglicher pathophysiologischer Grundlagen der vorliegenden Symptome erfolgen, die den gesamten Organismus und die hiermit wechselwirkenden sozialen, psychischen und anderen Umwelt-Faktoren einbezieht.
  • Zudem sollte schon während des Studiums immer wieder auf die Bedeutung der Geschlechtersensibilität im Hinblick auf die Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen hingewiesen werden. Fortbildungsmaßnahmen für klinisch tätige Ärzt:innen im ambulanten, stationären und Reha-Bereich sollten ebenfalls auf diese Thematik eingehen.

Danksagung

Die Autorin und der Autor bedanken sich herzlich bei allen Studienteilnehmer:innen, dass sie uns ihre Zeit für die Studie zur Verfügung gestellt haben. Herzlichen Dank auch an die ME/CFS-Patientenorganisationen und die beiden ME/CFS-Zentren in Berlin und München für die Weiterleitung des Aufrufs zur Teilnahme an der Studie sowie an die Personen, die unsere wissenschaftliche Arbeit in den ersten Monaten durch kleine Spenden für Büromaterialien etc. unterstützt haben.

Förderung

Die der Publikation zugrunde liegende Studie wurde von der Landesregierung Baden-Württemberg mit 30.000 € unterstützt (Kap. 0922 Til 684 71).

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

L. Habermann-Horstmeier und L.M. Horstmeier geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Alle beschriebenen Untersuchungen am Menschen oder an menschlichem Gewebe wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethikkommission der Hochschule Furtwangen (Antrag Nr.: 22–057), im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen beteiligten Patient/-innen liegt eine Einverständniserklärung vor.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Unsere Produktempfehlungen

Prävention und Gesundheitsförderung

Print-Titel

  • Aktuelles Fachwissen aus allen Bereichen der Prävention
  • Fort- und Weiterbildungsforum mit festen Themengebieten
  • Wissenschaftliche Publikationen ergänzt durch aktuelle Kommentare

e.Med Interdisziplinär

Kombi-Abonnement

Jetzt e.Med zum Sonderpreis bestellen!

Für Ihren Erfolg in Klinik und Praxis - Die beste Hilfe in Ihrem Arbeitsalltag

Mit e.Med Interdisziplinär erhalten Sie Zugang zu allen CME-Fortbildungen und Fachzeitschriften auf SpringerMedizin.de.

Jetzt bestellen und 100 € sparen!

Fußnoten
1
APAV-ME/CFS-Studie: Studie zum Arzt-Patient-Verhältnis von ME/CFS-Erkrankten.
 
2
Um Unterstützung gebeten wurden neben dem Charité Fatigue Centrum in Berlin und dem Chronischen Fatigue Centrum für junge Menschen (MC/FC) der TU München die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS, Fatigatio e. V., die Lost Voices Stiftung, #Millions Missing Deutschland, die Initiative ME/CFS Freiburg und das ME-CFS Portal.
 
3
DSQ-SF = „DePaul symptom questionnaire short form“; Screening-Fragebogen zur ME/CFS-Symptomatik.
 
4
DSQ PEM = „DePaul symptom questionnaire post-exertional malaise“; Screening-Fragebogen zur Post-Extertional-Malaise (PEM).
 
5
Nicht berücksichtigt wurden die unter „Andere“ zusätzlich genannten Symptome, da deren Nennungen oftmals bereits von den Auswahlantworten abgedeckt worden waren.
 
6
Brainfog = Gefühl, keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können, oft kombiniert mit einer allgemeinen mentalen Erschöpfung, Konzentrationsproblemen, Wortfindungsstörungen, Vergesslichkeit und/oder Orientierungsschwierigkeiten.
 
7
Der Begriff der „funktionellen Genese“ wird hier im Sinne von „psychogen“ verwendet.
 
8
Inzidenz = Neuerkrankungsrate.
 
Literatur
3.
Zurück zum Zitat Bateman L, Darakjy S, Klimas NG, Peterson D, Levine SM, Allen A, Carlson SA, Balbin EG, Gottschalk G, March D (2014) Chronic fatigue syndrome and comorbid and consequent conditions: evidence from a multi-site clinical epidemiology study. Fatigue Biomed Health Behav 3(1):1–15. https://doi.org/10.1080/21641846.2014.978109CrossRef Bateman L, Darakjy S, Klimas NG, Peterson D, Levine SM, Allen A, Carlson SA, Balbin EG, Gottschalk G, March D (2014) Chronic fatigue syndrome and comorbid and consequent conditions: evidence from a multi-site clinical epidemiology study. Fatigue Biomed Health Behav 3(1):1–15. https://​doi.​org/​10.​1080/​21641846.​2014.​978109CrossRef
4.
Zurück zum Zitat Begenau J, Schubert C, Vogd W (2010) Die Arzt-Patient-Beziehung aus soziologischer Sicht. In: Begenau J, Schubert C, Vogd (Hrsg) Die Arzt-Patient-Beziehung. Kohlhammer, Stuttgart, S 7–33CrossRef Begenau J, Schubert C, Vogd W (2010) Die Arzt-Patient-Beziehung aus soziologischer Sicht. In: Begenau J, Schubert C, Vogd (Hrsg) Die Arzt-Patient-Beziehung. Kohlhammer, Stuttgart, S 7–33CrossRef
6.
Zurück zum Zitat Carruthers BM, van de Sande MI, De Meirleir KL, Klimas NG, Broderick G, Mitchell T, Staines D, Powles AC, Speight N, Vallings R, Bateman L, Baumgarten-Austrheim B, Bell DS, Carlo-Stella N, Chia J, Darragh A, Jo D, Lewis D, Light AR, Marshall-Gradisnik S, Stevens S (2011) Myalgic encephalomyelitis: International Consensus Criteria. J Intern Med 270(4):327–338. https://doi.org/10.1111/j.1365-2796.2011.02428.xCrossRefPubMedPubMedCentral Carruthers BM, van de Sande MI, De Meirleir KL, Klimas NG, Broderick G, Mitchell T, Staines D, Powles AC, Speight N, Vallings R, Bateman L, Baumgarten-Austrheim B, Bell DS, Carlo-Stella N, Chia J, Darragh A, Jo D, Lewis D, Light AR, Marshall-Gradisnik S, Stevens S (2011) Myalgic encephalomyelitis: International Consensus Criteria. J Intern Med 270(4):327–338. https://​doi.​org/​10.​1111/​j.​1365-2796.​2011.​02428.​xCrossRefPubMedPubMedCentral
7.
Zurück zum Zitat Carruthers BM, Jain AK, de Meirleir KL, Peterson DL, Klimas NG, Lerner AM, Bested AC, Flor-Henry P, Joshi P, Powles ACP, Sherkey JA, van de Sande MI (2003) Myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome: clinical working case definition, diagnostic and treatment protocols. J Chronic Fatigue Syndr 11(1):7–115. https://doi.org/10.1300/J092v11n01_02CrossRef Carruthers BM, Jain AK, de Meirleir KL, Peterson DL, Klimas NG, Lerner AM, Bested AC, Flor-Henry P, Joshi P, Powles ACP, Sherkey JA, van de Sande MI (2003) Myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome: clinical working case definition, diagnostic and treatment protocols. J Chronic Fatigue Syndr 11(1):7–115. https://​doi.​org/​10.​1300/​J092v11n01_​02CrossRef
15.
Zurück zum Zitat Habermann-Horstmeier L, Horstmeier LM (2023) Die ärztlicheWahrnehmung vonME/CFS-Erkrankten(myaligische Enzephalomyelitis/chronischesFatigue-Syndrom) als „schwierige Patienten“. Einevorwiegend qualitative Public-Health-Studie ausPatientensicht. Gesundheitsf Präv. https://doi.org/10.1007/s11553-023-01070-3CrossRef Habermann-Horstmeier L, Horstmeier LM (2023) Die ärztlicheWahrnehmung vonME/CFS-Erkrankten(myaligische Enzephalomyelitis/chronischesFatigue-Syndrom) als „schwierige Patienten“. Einevorwiegend qualitative Public-Health-Studie ausPatientensicht. Gesundheitsf Präv. https://​doi.​org/​10.​1007/​s11553-023-01070-3CrossRef
17.
Zurück zum Zitat Habermann-Horstmeier L, Horstmeier LM Systemisches Denken, subjektive Befunde und das diagnostische Schubladendenken bei ME/CFS. Dtsch Med Wochenschr (efirst). Publikationsdatum: 14. Dezember 2023 (online). https://doi.org/10.1055/a-2197-6479 Habermann-Horstmeier L, Horstmeier LM Systemisches Denken, subjektive Befunde und das diagnostische Schubladendenken bei ME/CFS. Dtsch Med Wochenschr (efirst). Publikationsdatum: 14. Dezember 2023 (online). https://​doi.​org/​10.​1055/​a-2197-6479
18.
Zurück zum Zitat Habermann-Horstmeier L (2007) Gender und Arbeitswelt. In: Weber A, Hörmann G (Hrsg) Psychosoziale Gesundheit im Beruf. Gentner, Stuttgart, S 401–413 Habermann-Horstmeier L (2007) Gender und Arbeitswelt. In: Weber A, Hörmann G (Hrsg) Psychosoziale Gesundheit im Beruf. Gentner, Stuttgart, S 401–413
19.
Zurück zum Zitat Hajdarevic R, Lande A, Rekeland I, Ryland A, Strand EB, Sosa DD, Creary LE, Mella O, Egeland T, Saugstad OD, Fluge Ø, Lie BA, Viken MK (2021) Fine mapping of the major histocompatibility complex (MHC) in myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome (ME/CFS) suggests involvement of both HLA class I and class II loci. Behav Brain Funct 98:101–109. https://doi.org/10.1016/j.bbi.2021.08.219CrossRef Hajdarevic R, Lande A, Rekeland I, Ryland A, Strand EB, Sosa DD, Creary LE, Mella O, Egeland T, Saugstad OD, Fluge Ø, Lie BA, Viken MK (2021) Fine mapping of the major histocompatibility complex (MHC) in myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome (ME/CFS) suggests involvement of both HLA class I and class II loci. Behav Brain Funct 98:101–109. https://​doi.​org/​10.​1016/​j.​bbi.​2021.​08.​219CrossRef
22.
Zurück zum Zitat Johannisson K (2001) Gender inequalities in health: an historical and cultural perspective. In: Östlin P, Danielsson M, Diderichsen F, Härenstam A, Lindberg G (Hrsg) Gender inequalities in health. Harvard University Press, Cambridge Johannisson K (2001) Gender inequalities in health: an historical and cultural perspective. In: Östlin P, Danielsson M, Diderichsen F, Härenstam A, Lindberg G (Hrsg) Gender inequalities in health. Harvard University Press, Cambridge
24.
Zurück zum Zitat Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) (2023). Öffentliche Anhörung im Ausschuss für Gesundheit des Dt. Bundestages am 19. April 2023. Stellungnahme der KBV zum Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „ME/CFS-Betroffenen sowie deren Angehörigen helfen – Für eine bessere Gesundheits- sowie Therapieversorgung, Aufklärung und Anerkennung“ (BT-Drs.: 20/4886 vom 14. Dezember 2022). www.kbv.de/media/sp/2023-04-14_KBV_Stellungnahme_AfG_Anhoerung_MECFS.pdf. Zugegriffen: 17. September 2023 Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) (2023). Öffentliche Anhörung im Ausschuss für Gesundheit des Dt. Bundestages am 19. April 2023. Stellungnahme der KBV zum Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „ME/CFS-Betroffenen sowie deren Angehörigen helfen – Für eine bessere Gesundheits- sowie Therapieversorgung, Aufklärung und Anerkennung“ (BT-Drs.: 20/4886 vom 14. Dezember 2022). www.​kbv.​de/​media/​sp/​2023-04-14_​KBV_​Stellungnahme_​AfG_​Anhoerung_​MECFS.​pdf. Zugegriffen: 17. September 2023
34.
Zurück zum Zitat Rasa S, Nora-Krukle Z, Henning N, Eliassen E, Shikova E, Harrer T, Scheibenbogen C, Murovska M, Prusty BK, European Network on ME/CFS (EUROMENE) (2018) Chronic viral infections in myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrom (ME/CFS). Transl Med 16:268. https://doi.org/10.1186/s12967-018-1644-yCrossRef Rasa S, Nora-Krukle Z, Henning N, Eliassen E, Shikova E, Harrer T, Scheibenbogen C, Murovska M, Prusty BK, European Network on ME/CFS (EUROMENE) (2018) Chronic viral infections in myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrom (ME/CFS). Transl Med 16:268. https://​doi.​org/​10.​1186/​s12967-018-1644-yCrossRef
Metadaten
Titel
Wahrnehmung von Genderaspekten in der Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen bei myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS)
Eine qualitative und quantitative Public-Health-Studie aus Sicht der Patientinnen
verfasst von
Dr. med. Lotte Habermann-Horstmeier, MPH, MSc
Lukas M. Horstmeier
Publikationsdatum
26.01.2024
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Schlagwort
Fatigue
Erschienen in
Prävention und Gesundheitsförderung
Print ISSN: 1861-6755
Elektronische ISSN: 1861-6763
DOI
https://doi.org/10.1007/s11553-023-01098-5

Leitlinien kompakt für die Allgemeinmedizin

Mit medbee Pocketcards sicher entscheiden.

Seit 2022 gehört die medbee GmbH zum Springer Medizin Verlag

Facharzt-Training Allgemeinmedizin

Die ideale Vorbereitung zur anstehenden Prüfung mit den ersten 49 von 100 klinischen Fallbeispielen verschiedener Themenfelder

Mehr erfahren

Nach Herzinfarkt mit Typ-1-Diabetes schlechtere Karten als mit Typ 2?

29.05.2024 Herzinfarkt Nachrichten

Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sind die Chancen, einen Myokardinfarkt zu überleben, in den letzten 15 Jahren deutlich gestiegen – nicht jedoch bei Betroffenen mit Typ 1.

Wie der Klimawandel gefährliche Pilzinfektionen begünstigt

24.05.2024 Candida-Mykosen Nachrichten

Dass sich invasive Pilzinfektionen in letzter Zeit weltweit häufen, liegt wahrscheinlich auch am Klimawandel. Ausbrüche mit dem Hefepilz Candida auris stellen eine zunehmende Gefahr für Immungeschwächte dar – auch in Deutschland.

So wirken verschiedene Alkoholika auf den Blutdruck

23.05.2024 Störungen durch Alkohol Nachrichten

Je mehr Alkohol Menschen pro Woche trinken, desto mehr steigt ihr Blutdruck, legen Daten aus Dänemark nahe. Ob es dabei auch auf die Art des Alkohols ankommt, wurde ebenfalls untersucht.

Das sind die führenden Symptome junger Darmkrebspatienten

Darmkrebserkrankungen in jüngeren Jahren sind ein zunehmendes Problem, das häufig längere Zeit übersehen wird, gerade weil die Patienten noch nicht alt sind. Welche Anzeichen Ärzte stutzig machen sollten, hat eine Metaanalyse herausgearbeitet.

Update Allgemeinmedizin

Bestellen Sie unseren Fach-Newsletter und bleiben Sie gut informiert.