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Pädiatrie
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Publiziert am: 02.08.2019

Virale hämorrhagische Fieber bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Markus Hufnagel und David Nadal
Virales hämorrhagisches Fieber ist ein klinisches Syndrom, das durch hohes Fieber, Blutungsneigung, Organversagen und Schock gekennzeichnet ist. Pathophysiologisch kommt es dabei zum Austritt von Plasma aus kleinen Blutgefäßen (Kapillarleck) und zu Hämorrhagien. Es können allerdings oft leichtere Verläufe mit nur unspezifischen Symptomen auftreten. Das Syndrom wird durch eine Vielzahl an Viren aus unterschiedlichen Familien verursacht, deren natürliches Reservoir kleine Nagetiere, Fledermäuse, Primaten oder Insekten sind. Das Vorkommen der meisten hämorrhagischen Fieberviren ist geografisch beschränkt und an die Ausbreitung des Reservoirs gebunden. Die Viren werden auch als Arboviren (Kurzform für „arthropode-borne“) bezeichnet, da sie meist über Vektoren (Moskitos, Zecken) übertragen werden. Auch durch Kontakt mit dem Reservoir oder akut infizierten Menschen (z. B. Ebola, Marburg), sowie über Aerosole (z. B. Lassa, Ebola) können Patienten sich anstecken.

Virale hämorrhagische Fieber

Definition
Beim viralen hämorrhagischen Fieber (VHF) handelt sich um ein teilweise schwer verlaufendes multisystemisches Syndrom mit hohem Fieber, grippeähnlichen Allgemeinsymptomen und hämorrhagischer Diathese. VHF wird durch Viren unterschiedlicher Familien verursacht. Oft manifestieren sich leichtere Verläufe mit nur unspezifischen Symptomen.
Epidemiologie
VHF kommen in den Tropen und Subtropen ubiquitär oder regional begrenzt vor und können außerhalb der Tropen exportiert werden. Je nach Erreger besteht eine unterschiedliche geografische Verbreitung. Natürliches Reservoir sind kleine Nagetiere, Fledermäuse, Primaten und Insekten. Die Art der Übertragung auf den Menschen – als Zoonose bezeichnet – ist bei den meisten hämorrhagischen Fiebern (HF) bekannt (Tab. 1). Während gewisse HF nur durch Vektoren (v. a. Moskitos und Zecken) auf den Menschen übertragen werden, können andere HF nosokomiale oder Laborinfektionen verursachen. Die häufigsten HF sind Dengue- und Gelbfieber. Die häufigen Hantavirus-Infektionen verursachen nur ausnahmsweise ein HF.
Tab. 1
Hämorrhagische Fieber: Ursächliche Viren und Epidemiologie
Krankheit
Virus (Familie)
Endemiegebiete
Reservoir (R)
Übertragung (Ü)
Klinik
Familie Arenaviridae
Lassa-Fieber
Lassa
West- und Zentralafrika
R: Nager (Ratte)
Ü: direkter Nager-Kontakt, Inhalation infektiöser Sekrete; kontaminierte Lebensmittel; Mensch-zu-Mensch, nosokomiale und Laborinfektionen
Abschn. 1.5
Argentinisches hämorrhagisches Fieber
Junin
Argentinien
Gradueller Beginn; Petechien, Zahnfleischbluten, Ekchymosen, Intentionstremor, Hepatitis
Bolivianisches hämorrhagisches Fieber
Machupo
Bolivien
siehe Junin-Virus
Brasilianisches hämorrhagisches Fieber
Sabia
Brasilien
siehe Junin-Virus
Chapare hämorrhagisches Fieber
Chapare
Bolivien
siehe Junin-Virus
Lujo
Lujo
Sambia
siehe Junin-Virus (Letalitätsraten bis 80 %)
Venezolanisches hämorrhagisches Fieber
Guanarito
Venezuela
siehe Junin-Virus
Familie Bunyaviridae
Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS)
Hantaan
China, Korea, Ostsibirien
R: Nagetiere (Ratten, Mäuse): Brandmaus (Apodemus agrarius), Wanderratte (Rattus norvegicus), Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis)
Ü: Exkrete
Abschn. 1.3
Seoul
Ostasien
Dobrova/Belgrad
Zentraleuropa
Nephropathia epidemica
Puumula
Nord-, Ost-, Südosteuropa, selten Mitteleuropa
R: Wühlmäuse (Clethrionomys)
Ü: Exkrete
Abschn. 1.3
Nichtkardiogenes Lungenödem (Hantaan-Virus-bedingtes pulmonales Syndrom; HPS)
Sin nombre
Nordamerika
R: Nagetiere, Hirschmäuse (Peromyscus maniculatus)
Ü: Exkrete
Abschn. 1.3
Arboviren
Krim-Kongo-hämorrhagisches Fieber
CCHV (crimean congo hemorrhagic fever)
O-Europa, Spanien, vorderer Orient, Zentralasien, Subsahara-Afrika
R: Zecken; Amplifikationswirte: Huftiere, Strauß, Nager, Mensch
Ü: Zecken; Blutkontakt, nosokomial, Sexualkontakt, Muttermilch
Rötung von Gesicht und Thorax, Muskelschmerzen, Lumbalgien, Ekchymosen, Hepatitis, Enzephalopathie, psychiatrische Beschwerden
Rift-Valley-Fieber
RFV (rift-valley-virus)
Ägypten, O-Afrika, Jemen, Saudi-Arabien
R: Moskitos; Amplifikationswirte: Huftiere
Ü: direkter Kontakt mit infizierten Tieren, Moskitostich
Meningoenzephalitis, Retinitis, Hepatitis
Severe fever with thrombocytopenia syndrome
SFTS (severe fever with thrombocytopenia syndrome)
China
R: v. a. Zecken; Mensch
Ü: v. a. Zecken; Blut
Fieber, Anorexie, Müdigkeit, Lymphknotenschwellungen, respiratorische Symptome, Thrombozytopenie
Familie Flaviviridae
Dengue-Fieber (DF), Dengue-hämorrhagisches Fieber (DHF), Dengue-Schock-Syndrom (DSS)
Dengue (4 Serotypen)
Südostasien, Ozeanien, (sub-)tropisches Amerika, Afrika, Mittelmeerraum
R: Affen; Menschen (bei urbanen Epidemien)
Ü: Mücken (Aedes aegypti u. a.)
Abschn. 1.1
Gelbfieber
Gelbfieber
Afrika, Südamerika
siehe Dengue
Abschn. 1.2
Omsker-hämorrhagisches Fieber
Omsk
Zentralsibirien, Zentralrumänien
R: unbekannt
Ü: Zecken; nosokomial
Biphasisch:
1. papulovesikulöses Exanthem, Enanthem;
2. Meningoenzephalitis
Kyasanur-Wald-Fieber
KFD (Kyasanur forest disease)
Varianten: Alkhurma-, Nanjianyin-Virus
Indien; Saudi-Arabien (Alkhurma); China (Nanjianyin)
R: unbekannt
Ü: Zecken
Biphasisch:
1. papulovesikulöses Exanthem, Enanthem, grippe-ähnlich, gingivale Hyperplasie;
2. Meningoenzephalitis
Familie Filoviridae
Ebola-hämorrhagisches Fieber (EHF)
Ebola (4 Subtypen)
Sudan, Zentral- und Westafrika
R: Fledermäuse
Ü: direkter Kontakt mit Fledermäusen oder Blut, Sekreten von infizierten Affen, Menschen; nosokomial, Sexualkontakte, Muttermilch; Laborinfektionen
Abschn. 1.4
Marburg-Virus-Krankheit (afrikanisches hämorrhagisches Fieber)
Marburg
Zentralafrika
siehe Ebola
Abschn. 1.4
Familie Togaviridae (Arboviren)
Chikungunya-Fieber
Chikungunya
Afrika, indischer Subkontinent, Südostasien, Ozeanien, Amerika, Karibik
R/Ü: Mücken (Aedes-Gattung)
Fieber, Exanthem (selten hämorrhagisch), Polyarthralgien/Polyarthritis, Meningoenzephalitis; Missbildungen und Aborte in der Schwangerschaft
Ätiologie
Als Erreger von HF wurden mindestens 18 verschiedene einsträngige RNA-Viren identifiziert. Sie werden den 5 Familien Arenaviridae, Bunyaviridae, Flaviviridae, Filoviridae und Togaviridae zugeordnet (Tab. 1). Die zu den Arboviren (arthropode-borne viruses) gehörenden Bunya-, Flavi- und Togaviren werden durch Insekten übertragen und vermehren sich in diesen sowie in Wirbeltieren und im Menschen.
Pathogenese
Bei den schweren Krankheitsformen spielen Kapillarendothelschäden und Störungen der Hämostase eine wichtige pathogenetische Rolle. Die ablaufenden Mechanismen sind nicht im Detail bekannt. Am besten untersucht wurde die Pathogenese bei Infektionen mit dem Dengue-Virus (Abschn. 1.1; Abb. 1).
Klinische Symptome und Verlauf
Infektionen mit HF-Viren zeigen ein breites klinisches Spektrum. Dieses reicht von der häufigen asymptomatischen Infektion oder milder grippeähnlicher Verlaufsform bis zum schweren multisystemischen Krankheitsbild mit hohem Fieber, hämorrhagischer Diathese, Schock, disseminierter intravasaler Gerinnung und Multiorganversagen. VHF gehören zu den Erkrankungen mit den höchsten Letalitätsraten (z. B. bis 80 % bei Ebola, Lujo). Alle HF-Viren können Myalgien, Kopfschmerzen, Konjunktivitis, abdominelle Beschwerden/Diarrhöen, Lymphadenopathien und ein Erythem hervorrufen. Eine Leberbeteiligung mit Transaminasenanstieg findet sich bei vielen VHF, Ikterus jedoch nur bei einigen. Typische Laborbefunde sind Leuko- und Thrombozytopenie sowie Thrombozytenfunktionsstörungen und Hämokonzentration.
Diagnose und Differenzialdiagnose
Bei den typischen Formen von VHF lässt sich die Diagnose anhand von Klinik und Reiseanamnese stellen. Bereits der Verdacht auf ein VHF ist meldepflichtig. In der Regel verfügen dann die Gesundheitsbehörden die weiteren Maßnahmen zur Isolierung und Behandlungsort des Patienten. Für die Diagnostik ist eine sofortige Rücksprache mit dem nationalen Referenzzentrum notwendig. Die Diagnose wird durch Nachweis des Erregers im Blut, Liquor oder in Sekreten (mittels RT-PCR) gesichert. Die Labordiagnostik bei einem VHF ist Speziallaboratorien (S4-Laboratorien) vorbehalten. Komplementiert wird die Diagnostik mit serologischen Tests zum Nachweis von spezifischen Antikörpern.
Leichte Verlaufsformen von HF sind klinisch schwierig von anderen viralen Infektionen abzugrenzen.
Therapie
Eine spezifische Therapie mit dem Virostatikum Ribavirin kann nur bei Lassa-Fieber, argentinisches HF, Hantaan-HFRS und Krim-Kongo-HF bei frühzeitiger Gabe mit Erfolgsaussichten durchgeführt werden. Bei der Marburg-Virus-Krankheit kann Hyperimmunserum (Rekonvaleszentenserum) versucht werden. Schockprophylaxe und -therapie sowie Korrektur der hämorrhagischen Diathese und von Störungen des Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts müssen in jedem Fall vorgenommen werden.
Prophylaxe
Weltweit verfügbare Impfungen gibt es nur gegen Gelbfieber. In einzelnen Ländern sind Impfstoffe gegen Dengue, argentinisches HF, HFRS zugelassen bzw. weitere Impfstoffe (v. a. gegen Dengue, Lassa-Fieber, Ebola-HF und Marburg-Virus-Krankheit) in Entwicklung. Schützende Kleidung sowie der Gebrauch von Repellentien und Moskitonetze können vor Mücken- und Zeckenstichen schützen. Die Kontrolle von Vektoren durch Versprühen von Insektiziden oder durch Eindämmung der Brutplätze für Mücken bzw. Dezimierung von infizierten Nagern hat nur teilweise Erfolg gebracht. Der Kontakt mit Tieren (gesund, krank oder tot) soll bei Reisen in den Tropen und Subtropen gemieden werden. Bei Patienten mit Lassa-, Ebola- oder Marburg-Fieber ist wegen der Gefahr nosokomialer Infektionen und Laborinfektionen auf strikte Isolation bzw. Sicherheitskautelen bei der Verarbeitung von Patientenproben zu achten.
VHF sind bei Verdacht, Erkrankung oder Tod nach §  6 und 7 des IfSG innerhalb von 24 Stunden meldepflichtig.
Prognose
Sie ist je nach HF verschieden. Die Letalität schwerer Verläufe kann bis zu 80 % betragen.

Dengue-Virus-Infektionen

Dengue ist weltweit die häufigste durch Mücken übertragene virale Infektion des Menschen. Die Symptomatik der Dengue-Virus-Infektion variiert in Abhängigkeit von Alter und Immunität des Wirts. Sie reicht von der asymptomatischen Infektion über einen grippeähnlichen Verlauf (Dengue-Fieber, DF) bis zum schweren hämorrhagischen Fieber (Dengue-hämorrhagisches Fieber, DHF) und Schocksyndrom (Dengue-Schocksyndrom, DSS). Die Übergänge sind fließend, weshalb die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2017 nach dem Schweregrad der Erkrankung in Dengue mit oder ohne Warnzeichen und schweres Dengue-Fieber klassifiziert (Abb. 2).
Epidemiologie
Weltweit sind die meisten durch Arthropoden übertragenen Infektionskrankheiten Dengue-Virus(DV)-Infektionen. Wirte des DV sind Menschen und niedere Primaten. Auf den Menschen wird DV durch die in urbanen und ländlichen Gebieten lebenden Mücken Aedes aegypti und Aedes albopticus übertragen. Die Weibchen ernähren sich zur Tageszeit mit Spitzen am Morgen und späten Nachmittag. Nach einer Blutmahlzeit bei einem virämischen Wirt kann die Mücke das Pathogen unmittelbar oder erst nach 8–10 Tagen – während sich das DV in den Speicheldrüsen des Vektors vermehrt – auf einen anderen Wirt übertragen. Infizierte Mücken bleiben Zeit ihres Lebens infektiös und können das DV in ihren Eiern auf die nächste Generation übertragen.
Die Inzidenz von DV-Infektionen nimmt in den tropischen Regionen Asiens, Afrikas sowie Zentral- und Südamerikas zu. Dies wird auf die wachsende Verbreitung des Vektors Aedes aegypti zurückgeführt, die sich aus dem Mangel an effektiven Programmen zu dessen Eingrenzung, erhöhter Flugreisetätigkeit und dem Zuwachs der urbanen Bevölkerung in den sog. Megastädten Südostasiens ergibt. Man schätzt, dass weltweit pro Jahr mindestens 100 Mio. Infektionen mit dem DV erfolgen. In Deutschland ist die Zahl der gemeldeten „importierten“ Fälle seit vielen Jahren zunehmend: 2016 waren es 811 Fälle, 2015 722 Fälle und 2010 595 Fälle, davon ca. 20 % Kinder und Jugendliche.
Infektionen mit DV kommen in endemischer und epidemischer Form vor. Frühere Epidemien erzeugten vorwiegend unkomplizierte Verläufe mit hohem Fieber sowie starken Kopf- und Rückenschmerzen. In den vergangenen Jahren wurden in Ländern mit lang andauernder Aktivität des DV erstmals HF-Epidemien verzeichnet.
Ätiologie
Das DV gehört zusammen mit dem japanischen Enzephalitis- und dem Gelbfiebervirus zum Genus der Flaviviriden, einer Gruppe von rund 70 Vertretern von Viren mit einsträngiger, positiv gerichteter RNA. Die Mehrzahl dieser Viren wird durch Arthropoden übertragen. Wichtige Ausnahmen bilden das Hepatitis-C-Virus und die Pestiviren. In der Natur zirkulieren 4 verschiedene Serotypen. Zwischen den Serotypen werden immunologisch kreuzreaktive, aber nicht kreuzprotektive Antikörper hervorgerufen. Das Hauptstrukturprotein der Virushülle ist an den biologischen Hauptfunktionen der Viruspartikel wie Zelltropismus, Fusion an der Wirtszellmembran und Induktion von die Hämagglutination hemmenden, neutralisierenden sowie schützenden Antikörpern beteiligt.
Pathogenese
Sie ist für das DF unklar. Eine Infektion mit einem DV-Serotyp hinterlässt eine lebenslange homologe, jedoch nur limitierte heterologe Immunität. Da die meisten Patienten mit DHF vor dessen Auftreten Kontakt mit einem oder mehreren Serotypen von DV hatten, geht man heute von der Hypothese aus, dass eine vorangehende DV-Infektion die erhöhte Vermehrung des Erregers in mononukleären Leukozyten begünstigt (Abb. 1). Ein solches Phänomen wird antikörperabhängige Verstärkung der Immunreaktion auf eine Infektion genannt.
Auf die Elimination von mit DV infizierten Zellen zielende Immunantworten können die Ausschüttung von Zytokinen mit Vaso- und Prokoagulanzienaktivität sowie von Interferon-γ und die Aktivierung von Komplement zur Folge haben (Abb. 1). Die Gefäßpermeabilität wird erhöht. Dies führt zu Hämokonzentration, vermindertem Blutvolumen, schlechter Gewebsperfusion sowie ausgeprägter Hypoxie und Schock. Die Ursachen für die Hämorrhagie scheinen komplex zu sein. Sie wird durch Thrombozytopenie, mikrovaskulären Schaden, Plättchendysfunktion und/oder disseminierte intravasale Gerinnung hervorgerufen.
Die pathologischen Befunde bei DHF sind Vaskulitis der kleinen Gefäße der Weichteile und inneren Organe, Lymphknotenhyperplasie, fokale Nekrosen in Milz, Leber und Knochenmark sowie Reifungsstopp der Megakaryopoese. Makroskopisch finden sich petechiale Blutungen, Ekchymosen und Effusionen in Pleura- und Peritonealhöhle.
Die epidemische Verbreitung des DHF suggeriert, dass gewisse ethnische Gruppen empfänglicher bzw. resistenter gegenüber der Infektion sind.
Klinische Symptome und Verlauf
Die Infektion mit DV kann inapparent verlaufen oder sich als DF, DHF oder DSS manifestieren, die Übergänge sind dabei fließend (Abb. 2). Alter, Geschlecht, Ernährungs- und Immunstatus scheinen die Variation der klinischen Bilder mitzubestimmen. Während die Infektion mit DV beim jungen Säugling meist nur ein mildes Krankheitsbild verursacht, können Säuglinge von immunen Müttern bei Verlust passiv erworbener mütterlicher Antikörper DHF und DSS entwickeln. Immunkompetente Mädchen im Alter von 7–12 Jahren sind für DHF am meisten gefährdet. Eine vertikale Übertragung von DV von der infizierten Mutter auf das Kind in der Zeit um den Geburtstermin ist beschrieben.
Dengue-Fieber (DF)
Das DF verläuft in 3 Stadien und manifestiert sich (3–)4–7(–14) Tage nach Mückenstich abrupt mit hohem (kontinuierlichem) Fieber, schweren Kopf- und retrobulbären Schmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen (v. a. am Rücken als sog. break-bone fever) und einem diskreten makulösen oder makulopapulösen Exanthem. Eine Unterscheidung gegenüber anderen Virusinfektionen ist oft nicht möglich. Es erfolgt zunächst eine rasche Erholung. Danach steigt in der 2. Phase das Fieber rasch wieder bis über 39 °C und hält 5–6 Tage an. Die Fieberkurve ist typischerweise biphasisch mit Rückkehr zu normalen Temperaturen zur Halbzeit der Krankheit. Das Fiebermaximum wird meist in den letzten 24 Stunden vor der definitiven Entfieberung erreicht. Das anfängliche Exanthem wandelt sich um zum diffusen Erythem mit verstreuten aufgehellten Arealen. Eine Splenomegalie liegt selten vor. Das Ende des 2. Fieberschubs läutet das 3. Stadium ein, die kritische Phase ist zwischen Tag 3 und 7 mit dem möglichen Auftreten von Warnzeichen (Abb. 2), die den möglichen Übergang in die schwere Verlaufsform anzeigen. Warnzeichen für eine schwere Verlaufsform sind Bauchschmerzen, anhaltendes Erbrechen, Zunahme der Lebergröße, Ödembildung, Schleimhautblutungen, Unruhe oder Lethargie und plötzlicher Wechsel von Fieber zu Hypothermie.
Die Thrombozytenzahl kann vermindert (<100 G/l), die Serumwerte der Alaninaminotransferase können erhöht sein (<100 IE/l). Eine Abgrenzung gegenüber anderen viralen oder gar bakteriellen Infektionen und dem Kawasaki-Syndrom kann schwierig sein. Die Patienten erholen sich innerhalb von 7–10 Tagen.
Dengue-hämorrhagisches Fieber (DHF)
Das DHF ist durch hohes Fieber und Warnzeichen gekennzeichnet. Schwindel und Lethargie sind ausgeprägter. Erhöhte Gefäßpermeabilität und abnorme Blutgerinnung können zu Hypovolämie und Hypotension und in schweren Fällen zu einem hypovolämischen Schock und inneren Blutungen führen. Die hämorrhagischen Komplikationen manifestieren sich in der Regel ab dem 3. Tag als an Stamm, Gliedern und Axillae verstreute Petechien. Diese können auch durch einen Rumpel-Leede-Test ausgelöst werden. Blutungen an Punktionsstellen sind die Regel, Blutungen in Magen-Darm-Trakt, Nase und Zahnfleisch sind möglich.
Nach 2–7 Tagen kann Kreislaufinsuffizienz eintreten. Der Patient wird unruhig und zeigt Schweißausbrüche und kalte Extremitäten. Pleuraergüsse und Aszites können entstehen, diese klinischen Zeichen sind fast beweisend für ein DHF.
Laboruntersuchungen zeigen Thrombozytenzahlen ≤20 G/l und – abhängig von Hämokonzentration und Schweregrad des Schocks – Anstieg des Hämatokrits um ≥20 % gegenüber dem Ausgangswert, Hypalbuminämie sowie leicht erhöhte Serumkonzentrationen von Alaninaminotransferase und Harnstoff. Die partielle Prothrombin- und die Thrombinzeit können verlängert sein. Hypofibrinogenämie und Komplementverbrauch korrelieren mit der Schwere des Krankheitsverlaufs. Bei adäquater Therapie endet diese Phase innerhalb von 24–48 Stunden.
Dengue-Schocksyndrom (DSS)
Das DSS ist die Folge des Austritts von Plasma in den extravaskulären Raum. Schneller und schwacher Puls, Hypotension, kalte Extremitäten und Unruhe stellen sich ein. Eine disseminierte intravasale Gerinnung kann auftreten.
Als weitere Komplikation werden neurologische Manifestationen – auch als eigenständige Entität – beobachtet. Die Isolation von DV aus Liquor cerebrospinalis und Hirnparenchym deutet auf eine infektiöse DV-Enzephalitis hin.
Diagnose und Differenzialdiagnose
Die Diagnose der Infektion mit DV muss sich mangels spezieller Laboruntersuchungen vielerorts auf die Klinik stützen (Tab. 2).
Tab. 2
Diagnose der Dengue-Virus-Infektion
Klinische Kriterien
Laborkriterien
Hepatomegalie
Hämokonzentration (Anstieg Hämatokrit ≥20 % gegenüber Ausgangsbefund)
Hämorrhagische Manifestationen wie Petechien, Ekchymosen, Effusionen in Pleura- oder Peritonealhöhle und Magen-Darm-Blutung
Nachweis von Dengue-Virus mittels NS1-Antigen-Nachweis oder Amplifikation viraler RNA durch RT-PCR
Schockzeichen
Nachweis von Antikörpern gegen Dengue-Virus
Die Laboruntersuchungen beinhalten den Nachweis des DV im Blut oder Liquor während der Akutphase oder den Nachweis von spezifischen Antikörpern. Die Identifikation des Virus gelingt mit der RT-PCR oder dem NS1-Antigen-Nachweis. Aufgrund des schnelleren Nachweises und der vergleichbaren Sensitivität haben beide Verfahren die Kultur abgelöst.
Die am häufigsten angewendete serologische Untersuchung war lange der Hämagglutinationshemmtest. Bei Primärinfektion liegen die Titer in der Akutphase in der Regel <1:20. Serokonversion oder ein 4-facher Titeranstieg innerhalb von 3–4 Wochen beweisen eine Primärinfektion. Im Gegensatz dazu sind sekundäre Infektionen durch einen raschen Anstieg der spezifischen Antikörper in den ersten Krankheitstagen gekennzeichnet. Antikörpertiter >1:1.280 bereits in der Akutphase sprechen für eine kurz zuvor erfolgte Infektion mit DV. Neuerdings können mittels verschiedener kommerziell erhältlicher ELISA-Tests in der Akutphase (ab Tag 4–5) spezifische IgM nachgewiesen werden. IgG-Antikörper werden ab Tag 7–10 nachweisbar und persistieren lebenslang. Eine Differenzierung zwischen den 4 DV-Serotypen ist nicht möglich und es bestehen Kreuzreaktionen mit anderen Flaviviren, weshalb die Dengue-Serologie durch den Einsatz der PCR oder des NS1-Antigens komplementiert werden sollte.
Therapie
Die Behandlung des DF ist supportiv und besteht in Bettruhe, adäquater Flüssigkeitszufuhr (unter täglicher Thrombozyten- und Hämatokrit-Kontrolle) sowie Kontrolle des Fiebers und der Schmerzen mittels Antipyretika bzw. Analgetika. Salizylate und NSARs sind dabei wegen möglicher Verstärkung der Blutungsneigung kontraindiziert. Bei DHF/DSS ist das Hauptproblem eher der Flüssigkeits- als der Blutverlust. Demnach sind therapeutische Maßnahmen auf die Erhaltung von Blutvolumen und -druck auszurichten. Dabei sind kristalloide Ringer-Laktat oder NaCl 0,9 % den kolloidalen Lösungen gleichwertig. Bei schweren Blutungen oder fallendem Hämatokrit kommen Erythrozyten- oder Vollblutkonserven zum Einsatz.
Prophylaxe
Ein effektiver Impfstoff ist in Deutschland bisher nicht erhältlich. Ein tetravalenter (gegen alle 4 DV-Serotypen gerichteter) attenuierter Lebendimpfstoff (CYD-TDV) ist in einigen Endemiegebieten zugelassen und zeigt bei Kindern und Jugendlichen nach 3 Dosen eine Schutzwirkung von ca. 60 %. Bei Dengue-naiven Kindern soll der Impfstoff laut WHO aber derzeit nicht eingesetzt werden, da ein erhöhtes Risiko für schwere Dengue-Verläufe (v. a. Immunenhancement bei natürlichen Reinfektionen) für diese Population beobachtet wurde. Deshalb kann bisher die Ausbreitung von DF einzig durch Kontrolle der Vektorpopulationen mittels Anwendung von Insektiziden und Eindämmung der Brutplätze für Aedes-Mücken wie stehende Gewässer verhindert werden. Bei Reisen in Endemiegebiete ist die Vermeidung von Mückenstichen die wichtigste und zurzeit einzig wirksame Prophylaxe.
Prognose
Die Letalität von DHF variiert in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit supportiver Maßnahmen zwischen 1 % und 40 %.

Gelbfieber

Epidemiologie
Infektionen mit dem Gelbfiebervirus haben seit den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts zugenommen und kommen vereinzelt endemisch in Südamerika und Afrika vor (Tab. 1). Die WHO schätzt die Anzahl der Fälle auf rund 200.000 pro Jahr. Es gibt 2 Typen von Übertragungszyklen:
  • Im Dschungelzyklus wird das Gelbfiebervirus zwischen Affen durch verschiedene Vektoren übertragen. Menschen werden nur zufällig infiziert.
  • Dagegen wird im Stadtzyklus das Virus von infizierten auf empfängliche Menschen durch die Mücke Aedes aegypti oder Aedes albopictus übertragen.
Periodisch treten hyperendemische und epidemische Übertragungen bei empfänglichen Bewohnern von ländlichen Dörfern oder Städten auf.
Klinische Symptome und Verlauf
Nach einer Inkubationszeit von 3–6 Tagen treten plötzlich Fieber, Ikterus, Kopfschmerzen, Nausea, Myalgien und Rückenschmerzen auf. In den meisten Fällen verläuft die Krankheit mild. Sie beschränkt sich auf die initialen Symptome und dauert nur wenige Tage. Rund 15 % der Infizierten entwickeln schwere Verläufe mit mehreren Phasen. Die akute Phase dauert rund 3 Tage. Labortests zeigen Leukozytose, Proteinurie, abnorme Leberfunktionstests und erhöhte Prothrombinzeit. Nach einer kurz dauernden Remission kommt es bei einzelnen dieser Patienten zu einer Verschlechterung mit sich verstärkendem Ikterus (inklusive Transaminasen-Anstieg), gastrointestinalen und generalisierten Blutungen, Niereninsuffizienz (mit Proteinurie), Enzephalopathie und evtl. Myokarditis.
Diagnose und Differenzialdiagnose
Die Verdachtsdiagnose muss aufgrund der Anamnese und der klinischen Symptome gestellt werden. Differenzialdiagnostisch müssen andere Virusinfektionen einschließlich Virus-Hepatitiden und hämorrhagischer Fieber sowie Leptospirose und Typhus in Betracht gezogen werden. Die Diagnose des Gelbfiebers wird gesichert durch den Nachweis des Virus im Blut oder Urin (mittels RT-PCR) oder durch den Nachweis spezifischer IgM während der Akutphase (ab Tag 7). Ein 4-facher Titeranstieg der Antikörpertiter im ELISA (früher auch Hämagglutinationstest oder Komplementbindungsreaktion) gilt ebenfalls als beweisend.
Therapie
Es gibt keine kausale Therapie. Die frühzeitige und adäquate supportive Behandlung kann lebensrettend sein.
Prophylaxe
Die beste Prophylaxe ist die Impfung (Kap. „Impfungen“ bzw. Kap. „Reiseimpfungen“). Schützende Kleidung, Repellentien sowie die Benutzung von Moskitonetzen können vor Mückenstichen schützen.
Prognose
Ein letaler Ausgang wird bei 5 % aller symptomatischen Fälle und bei 25–50 % der Fälle mit schweren Symptomen beobachtet. Kinder unter 10 Jahren zeigen fatale Verläufe in bis zu 80 %. Späte Todesfälle ereignen sich infolge kardialer Komplikationen oder chronischen Nierenversagens.

Hantavirus-Infektionen

Ätiologie
Im Gegensatz zu den übrigen Mitgliedern der Familie der Bunyaviridae werden Hantaviren nicht über Vektoren, sondern über kontaminierte Aerosole auf den Menschen übertragen. Die 5 bekannten menschenpathogenen Hantaviren verursachen im Wesentlichen 2 Krankheitsbilder, die unterschiedlich schwer verlaufen (Tab. 3).
Tab. 3
Serovare des Hantavirus, Krankheiten, Endemiegebiete und Reservoire (mod. nach Bitzan 1987)
Virus/Serovar
Krankheit
Schweregrad
Endemiegebiet
Reservoir
Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS)
Hantaan
Koreanisches HF, epidemisches HF
Schwer
China, Korea, Ostsibirien
Brandmaus (Apodemus agrarius)
Seoul
HFRS
Mäßig
Ostasien
Wanderratte (Rattus norvegicus)
Dobrova/Belgrad
HFRS
Schwer
Südosteuropa
Gelbhalsmaus (Apodemus flavocillis)
Puumula
Nephropathia - epidemica
Leicht
Nord-, Ost-, Südosteuropa, selten Mitteleuropa
Wühlmäuse (Clethrionomys)
Hantavirus-bedingtes pulmonales Syndrom (HPS)
Sin nombre
Pulmonales Syndrom
Schwer
Nordamerika
Hirschmäuse (Peromyscus)
HF hämorrhagisches Fieber
Klinische Symptome
Das hämorrhagische Fieber mit renalem Syndrom (HFRS) beginnt mit akutem Fieber, Schüttelfrost, Myalgie und Krankheitsgefühl. In einer 2. Phase treten Schock und Blutungen hinzu, im Blut findet man Thrombopenie und Gerinnungsstörungen. Die 3. Phase ist durch eine Oligurie gekennzeichnet, Lungen- und Hirnödem, Kreatinin-Anstieg und Elektrolytstörungen stehen im Vordergrund. Es folgt eine Phase der Polyurie und schließlich die Rekonvaleszenz, wobei eine chronische Niereninsuffizienz persistieren kann.
Die Nephropathia epidemica ist eine leichte Verlaufsform des HFRS, schwerste Formen werden durch Hantaviren in Ostasien und im ehemaligen Jugoslawien beobachtet.
Das Hantavirus-bedingte pulmonale Syndrom (HPS) wurde erstmals 1993 im Südosten der USA bekannt. Es beginnt mit Fieber und Myalgien, nach 4–5 Tagen folgt eine Steigerung der vaskulären Permeabilität in der Lunge. Es kann innerhalb weniger Stunden zum Lungenversagen kommen. Werden Schock und Hypoxie überlebt, kommt es innerhalb weniger Tage zur Restitutio ad integrum.
Diagnostik
Besteht der Verdacht auf eine Hantavirus-Infektion, lässt sich die Diagnose serologisch (spezifisches IgM im ELISA) sichern.
Therapie
Neben einer adäquaten, gegebenenfalls intensivmedizinischen Supportivtherapie ist bei HFRS eine spezifische Therapie mit Ribavirin indiziert (initial 30 mg/kg kG, dann 15 mg/kg KG alle 6 Stunden für 4 Tage, schließlich 7,5 mg/kg KG alle 8 Stunden für 3–6 Tage). Bei der leicht verlaufenden Nephropathia epidemica ist Ribavirin nicht indiziert.
Prophylaxe
Aktive oder passive Impfstoffe stehen in Europa nicht zur Verfügung. Zur Expositionsprophylaxe ist der Kontakt zu Nagetieren und deren Ausscheidungen (Tragen von Handschuhen und Mundschutz, kein Aufwirbeln von Staub) zu vermieden.
Prognose
Die Prognose der in Deutschland erworbenen HFRS-Fälle ist gut (Letalität <1 %, chronische Niereninsuffizienz <10 %), außerhalb Deutschlands auftretende HFRS- oder HPS-Erkrankungen können schwer (mit letalem Ausgang) verlaufen.

Ebola-hämorrhagisches Fieber und Marburg-Fieber

Epidemiologie
Die Endemiegebiete des Ebola-Virus liegen im Sudan sowie in Zentral- und Westafrika, jene des Marburg-Virus in Zentralafrika (Tab. 1). Reservoir sind Fledermäuse, die Ansteckung des Menschen erfolgt durch direkten Kontakt mit Fledermäusen oder über Blut bzw. Sekrete von infizierten Affen oder Menschen. Die Übertragung von Mensch-zu-Mensch findet hauptsächlich bei Kontakten in Krankenhäusern oder zuhause bei der Pflege erkrankter Angehöriger bzw. im Rahmen von Totenbestattungen statt.
Klinische Symptome und Verlauf
Beide Krankheiten beginnen nach einer Inkubation von 2–21(–25) Tagen plötzlich mit heftigen Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Myalgien und Fieber (für >1 Woche anhaltend). Es folgen Konjunktivitis, Erbrechen und Durchfall. Nach mehreren Tagen offenbart sich am Stamm ein feinfleckiges erhabenes Exanthem, das bei Überlebenden schuppend wird. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer raschen Verschlechterung des Bewusstseinszustandes und zur hämorrhagischen Diathese. Unkontrollierte mukokutane und gastrointestinale Blutungen, Schock und Multiorganversagen führen in bis zu 80 % der Fälle innerhalb von 6–9 Tagen zum Tod.
Diagnose und Differenzialdiagnose
Beide hämorrhagischen Fieber müssen aufgrund der klinischen Symptome vermutet werden. Bei Ikterus und Hämatemesis ist eine Verwechslung mit Gelbfieber möglich. Blut, Speichel und Gewebe (Hautbiopsie) können auf virale Nukleinsäuren mittels RT-PCR untersucht werden. Serologische Untersuchungen sind wegen möglicher Kreuzreaktionen zu Paramyxoviren zuweilen schwierig zu interpretieren. Neuere ELISA-Tests zum Nachweis virusspezifischer IgM sind zuverlässiger.
Therapie
Sie besteht in supportiven Maßnahmen. Die Gabe von Hyperimmunseren (Rekonvaleszentenseren) kann versucht werden. Ribavirin wirkt bei beiden Filoviren nicht.
Prophylaxe
Besondere Vorsichtsmaßnahmen sind bei Kontakt mit Indexfällen und bei Verarbeitung von Blut- und Sekretproben dieser Individuen im Labor geboten, da eine ausgesprochen hohe Infektiosität besteht. Zu den Schutzmaßnahmen gehören die Isolierung der Patienten (auch bei Verdachtsfall) in Hochsicherheitsbereichen von spezialisierten Kliniken, Schutzkittel, Schutzbrille, doppelte Handschuhe und Mundschutz der Filterklasse 3. Für Details zu Maßnahmen bei Verdacht auf Ebolafieber wird auf die Webseite des RKI verwiesen (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/E/Ebola/Massnahmen_Verdachtsfall_Infografik_Tab.html?nn=2370426).

Lassa-Fieber und südamerikanische hämorrhagische Fieber

Klinische Symptome und Verlauf
Bis zu 90 % der Infektionen verlaufen asymptomatisch. In Endemiegebieten machen schwere Krankheitsbilder bis zu 20 % der Einweisungen in pädiatrische Kliniken aus. Die Krankheit beginnt schleichend mit grippeartigen Symptomen (Kopfschmerzen, Unwohlsein, Arthralgien und Rückenschmerzen). Nach einigen Tagen treten hohes Fieber, Husten und eine ausgeprägte Pharyngitis auf. Bei Einweisung bestehen meist zusätzlich Thorax- und Bauchschmerzen sowie Erbrechen. Rasches Fortschreiten zu Hypotension, Enzephalopathie, erhöhter Gefäßpermeabilität mit Effusionen und peripheren Ödemen sowie Blutungen an Schleimhäuten und inneren Organen ist möglich.
Diagnose und Differenzialdiagnose
Die Schwere des Krankheitsbildes muss ein HF vermuten lassen und erlaubt die Abgrenzung gegenüber anderen viralen Infektionen. Laboruntersuchungen zeigen erhöhte Leberenzyme und Gerinnungsstörungen. Nachweis des Erregers mittels RT-PCR (aus Blut, Urin, Liquor) oder virusspezifische IgM (ELISA) sichern die Diagnose.
Therapie
Bei Lassa-Fieber ist der frühzeitige Therapiebeginn mit Ribavirin entscheidend (initial 30 mg/kg KG, dann 15 mg/kg KG alle 6 Stunden für 4 Tage, schließlich 7,5 mg/kg KG alle 8 Stunden für weitere 6 Tage). Demgegenüber ist die Wirkung von Ribavirin bei den südamerikanischen HF nicht bewiesen. Zusätzlich sind adäquate supportive Maßnahmen notwendig.
Prophylaxe
Auch bei Verdacht auf Lassa-Fieber gelten die gleichen Vorbeugungsmaßnahmen wie bei Ebolafieber.
Prognose
Unbehandelt beträgt die Letalität bis 55 % und behandelt bis 20 %. Schwangere und Neugeborene sind für letale Verläufe besonders gefährdet. Die Schädigung des 8. Hirnnervs kann zu den Spätkomplikationen Tinnitus und sensorineuraler Schwerhörigkeit führen.
Weiterführende Literatur
Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Viral hemorrhagic fevers
European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). Viral haemorrhagic fevers (group of diseases)
European Network for Diagnostics of „Imported“ Viral Diseases (ENIVD)
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Rothman AL (2011) Immunity to dengue virus: a tale of original antigenic sin and tropical cytokine storms. Nat Rev Immunol 11:532–543CrossRef
Weltgesundheitsorganisation (WHO). Allgemeine Informationen und spezielle „fact sheets“ über (virale) hämorrhagische Fieber (nach Erreger, Regionen etc.) und aktuelle Epidemien
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