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Klinische Angiologie
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Publiziert am: 11.03.2023

Pelvines Stauungssyndrom

Verfasst von: Tobias Hirsch
Das pelvine Stauungssyndrom (engl. pelvic congestion syndrome) kann viele nicht spezifische Unterleibsbeschwerden verursachen. Die differenzialdiagnostische Abgrenzung umfasst gynäkologische, internistische oder orthopädische Störungen. Eine akribische Anamnese und Symptombeschreibung sind von übergeordneter Bedeutung. Der diagnostischen Sonographie kommt eine besondere Rolle zu, da sie neben morphologischen auch hämodynamische Aussagen ermöglicht. Computertomographie oder MR-Phlebographie ergänzen die Diagnostik. Bei führender Varikose im Genitalbereich ist zu klären, ob eine venöse Insuffizienz im Bereich der V. iliaca interna bzw. der V. ovarica oder ob postthrombotische Veränderungen vorliegen. Bei pelvinen und abdominellen Schmerzzuständen müssen zusätzlich die Nierenvenen und die untere Hohlvene beurteilt werden. Wenn die Störung differenzialdiagnostisch sicher abgegrenzt werden kann, ist eine invasive Behandlung durch Katheterverfahren und/oder SklerosierungsBehandlung, in Einzelfällen auch chirurgische Verfahren angezeigt.
Bis zu 10 % der Konsultationen beim Gynäkologen erfolgen wegen chronischer Schmerzen im Beckenbereich. Als chronische Beckenschmerzen bezeichnet man eine pelvine Schmerzsymptomatik, die länger als 6 Monate besteht und keinen festen Bezug zu Menstruation, Schwangerschaft, Koitus bzw. zu intestinalen Krankheitszuständen aufweist. Dabei werden gynäkologische Faktoren wie Endometriose, ovarielle Tumore, Myome und inflammatorische Veränderungen von extra-gynäkologischen Faktoren abgegrenzt (z. B. interstitielle Zystitis, Urolithiasis, Reizdarm, postoperative Verwachsungen, aber auch neurologische und psychosomatische Ursachen). In mehr als der Hälfte der Fälle ist die genaue Ursache nicht sicher definierbar (Perry 2001; Wozniak 2016).
Neben den genannten Faktoren kann auch ein pelvines Stauungssyndrom als Ursache chronischer Schmerzen zu identifizieren sein.
Der Begriff des pelvinen Stauungssyndroms (engl. pelvic congestion syndrome, PCS) wurde 2021 wegen seiner ätiologischen Unschärfe in der internationalen Nomenklatur ersetzt durch den Begriff pelvic venous disorders (PeVD) (Meissner et al. 2021).
Das pelvine Stauungssyndrom wurde erstmalig im Jahre 1831 beschrieben (Gooch 1831). Die Gynäkologin Lindsay Watt veröffentlichte 1949 eine Fallserie mit 32 Frauen, die unter Schmerzen im kleinen Becken, Rückenschmerzen, Stuhldrang und anfallsartigem Harndrang litten. In der Zystoskopie fiel ihr eine Stauung der Venen im Blasenfundus auf, die sie auf einen Zusammenhang zwischen den Beschwerden und der nachgewiesenen vermehrten Blutfülle im kleinen Becken schließen ließ. Die Frauen gaben eine Beschwerdelinderung an, nachdem sie auf Korsette verzichteten und damit den intraabdminellen Druck reduzierten (Watt 1949).
In der gefäßmedizinischen Praxis stellen sich betroffene Patientinnen häufig auf gynäkologische Veranlassung vor, nachdem im transvaginalen Ultraschall eine pelvine Varikose nachgewiesen wurde. Da diesem Befund nicht eine unspezifische Kompression der Beckenorgane, sondern eine venöse Kompression und häufig auch venöse Refluxe zu Grunde liegen, trifft die Bezeichnung pelvic venous disorders besser zu.
Einem pelvinen Stauungssyndrom kann sowohl eine Kompression als auch eine Insuffizienz der retroperitonealen Venen zu Grunde liegen.

Symptomatik des Pelvinen venösen Stauungssyndroms

Eine Reihe unterschiedlicher Symptome können auf ein pelvines venöses Stauungssyndrom zurückzuführen sein. Laut VEIN-TERM Transatlantic Interdisciplinary Consensus Document (2009) wird die Erkrankung definiert durch die Symptome Beckenschmerzen, Schweregefühl im Bereich des Dammes, Harndrang und postkoitale Schmerzen, welche verursacht werden durch ovarialen bzw. pelvinen venösen Reflux und/oder venösen Hochdruck durch Obstruktion. Die Symptome können darüber hinaus vergesellschaftet sein mit einer atypischen Varikose im Bereich der Vulva, des Dammes oder an den Beinen (Eklof et al. 2009). Der Schmerz selbst wird von betroffenen Patientinnen als ziehend oder drückend beschrieben und kann den Unterbauch oder das kleine Becken betreffen, aber auch in die Hüfte ausstrahlen. Typischerweise sind die Frauen noch im fertilen Alter und es scheint ein Bezug zur Anzahl der Schwangerschaften zu bestehen. Bei Männern stellt die Varikozele den analogen Befund dar. Linksseitige Flankenschmerzen und Hämaturie können ebenfalls Folge eines Beckenvenensyndroms sein.
Die häufig unspezifisch geschilderten Beschwerden verursachen oft einen langen, quälenden Weg der Betroffenen bis zur Diagnosefindung. Die Einbeziehung des Gefäßmediziners erfolgt neben Frauenärzten oft auch auf Veranlassung durch Orthopäden oder Urologen (Lopatkin et al. 1978; Shelkey et al. 2014; Dos Santos und Whiteley 2016; Gavrilov und Moskalenko 2019).
Die verschiedenen Manifestationen legen nahe, dass verschiedene Gefäßprovinzen beim pelvinen venösen Stauungssyndrom kompromittiert sein können.
Von der betroffenen Vene hängt die Symptomatik ab. Während pelvine Schmerzen maßgeblich Ausdruck einer Insuffizienz der Vena ovarica und/oder Vena iliaca interna sind, werden linksseitiger Flankenschmerz und Hämaturie durch eine Obstruktion der Vena renalis verursacht.
Schmerzen im kleinen Becken sind meist Ausdruck einer Insuffizienz der Gonadalvenen und der Vena iliaca interna. Dem gegenüber ist linksseitiger Flankenschmerz hinweisend auf ein Nussknacker-Syndrom in Folge der Obstruktion der linken Nierenvene.

Venöse Kompression und venöse Insuffizienz – die Pathophysiologie des Beckenvenensyndroms

Meissner und Glovicki definieren drei grundsätzliche Pathomechanismen, die zur Ausprägung eines pelvinen Stauungssyndroms führen können: Reflux der linken Gonadalvene, Kompression der linken Nierenvene (sog. Nussknacker-Syndrom) und Kompression der linken Beckenvene (Meissner und Glovicki 2019) (Abb. 1, Tab. 1).
1.
Kompression der linken Vena renalis (LVR)
Die LVR überkreuzt vor ihrer Einmündung in die Vena cava inferior (VCI) die Aorta abdominalis. Gleichzeitig unterkreuzt sie die Arteria mesenterica superior. In Abhängigkeit von deren Austrittswinkel aus der Aorta, aber auch einer zunehmenden Auslenkung der LVR bei Zunahme des retroperitonealen Fettgewebes, ist aufgrund der topographischen Nähe eine äußere Kompression der LVR möglich. Dies wird in der Literatur auch als „vorderes Nussknacker-Phänomen“ oder „Nierenvenen-Entrapment“ bezeichnet. In seltenen Fällen verläuft die LVR hinter der Aorta und kann dann durch die Wirbelsäule kompromittiert werden („hinteres Nussknacker-Phänomen“).
Die daraus resultierende Stenosierung führt zu einer Stauung des venösen Abstroms aus der linken Niere und bewirkt ebenfalls eine venöse Hypertension. Als Folge können sich linksseitige Flankenschmerzen und auch eine Hämaturie einstellen. Die venöse Hypertension im renalen Reservoir wird kompensiert, wenn sich eine Insuffizienz der linken Vena ovarica (LVO) ausbildet, die dann zu einer retrograden Auffüllung des pelvinen Reservoirs mit den oben beschriebenen klinischen Folgen führt.
 
2.
Reflux der linken Vena ovarica bzw. testicularis (LVO) sowie der Vena iliaca interna (LVII)
Im Gegensatz zur rechten Seite mündet die LVO nicht direkt in die VCI ein, sondern in die linke Nierenvene, die ihrerseits über die VCI drainiert wird. Sie weist oft 2 bis 3 Klappen auf. Das Kaliber der LVO beträgt ca. 3 mm und nimmt im Laufe des Lebens zu. Gemeinsam mit der LVII drainiert die LVO das venöse Blut der Urogenitalorgane sowie der umgebenden venösen Plexus (Parametrium, Mesosalpinx der Frau, Plexus pampiniformis des Mannes), die als pelvines Reservoir bezeichnet werden.
Bei ca. 50 % der Frauen ist die LVO insuffizient beziehungsweise refluxiv. 13–15 % der Frauen haben keine Klappen in der LVO (Gültaşli et al. 2006). Mit der Zahl der Schwangerschaften nehmen sowohl die Insuffizienz als auch das Kaliber der LVO zu. Ein Durchmesser der LVO > 6 mm geht mit einem prädiktiven Wert von 96 % für das Vorliegen intrapelviner Varizen einher (Arnoldussen et al. 2015).
Zusätzlich kann sich eine Insuffizienz der LVII einstellen.
Die Insuffizienz bewirkt eine venöse Hypertension in den Unterleibsorganen, was als Auslöser für die beklagten Missempfindungen bei Frauen bzw. einer Varikozele beim Mann anzusehen ist. Dieser Hochdruck kann über Kollateralen zu epifaszialen Venen durch pelvine Austrittspunkte entlastet werden, was zur Ausbildung atypischer Varizen bei fehlenden oder geringeren pelvinen Beschwerden führt.
 
3.
Kompression der linken Vena iliaca communis (LVIC)
Eine weitere Ursache des pelvinen Stauungssyndroms kann die Kompression oder Okklusion der LVIC darstellen. Sie liegt vor ihrer Einmündung in die VCI ventral der knöchernen Strukturen des vierten oder fünften Wirbelkörpers und dorsal der rechten Arteria iliaca communis. Neben der mechanisch bedingten Kompression, die allein dadurch möglich ist, findet sich häufig im Kreuzungsbereich eine intraluminale fibrotische band- oder netzförmige Gefäßveränderung, welche den venösen Abstrom behindern kann. Nach den Erstbeschreibern des Phänomens, den österreichischen Pathologen May und Thurner, wird dieser Zustand May-Thurner-Syndrom genannt (May und Thurner 1956). In dem Falle ist eine Stauung der tiefen Beinvenen links zu erwarten mit den üblichen Symptomen. Auch dieser Zustand kann kompensiert werden. Eine zusätzliche Insuffizienz der LVII bewirkt eine Auffüllung des pelvinen Reservoirs, der Venenplexus im kleinen Becken mit den in 1 beschriebenen Symptomen.
 
Tab. 1
Pathomechanismen des Beckenvenensyndroms mit Leitsymptomatik und Kompensationsmechanismen
 
Leitsymptom
Kompensationsmechanismus
Kompression der linken Nierenvene
• Flankenschmerz
• Hämaturie
• Drainage in das pelvine Reservoir über insuffiziente Gondalvene
Insuffizienz der linken Gondalvene und/oder Vena iliaca interna
• Unterleibsschmerzen
• Schwere- und Völlegefühl
• Varikozele beim Mann
• Drainage in das extrafasziale Venensystem der Beine über pelvine Austrittspunkte
Kompression der linken Beckenvene
• Beinödem
• Atypische Varikose
• Drainage in das pelvine Reservoir über die Vena iliaca interna
Die häufigsten Ursachen für ein pelvines venöses Stauungssyndrom sind eine Kompression der linken Vena renalis, ein Reflux der linken, in selteneren Fällen auch der rechten Vena ovarica bzw. testicularis (LVO) sowie der Venae iliacae internae und eine Kompression der linken Vena iliaca communis.

Pelvine Austrittspunkte

Als pelvine Austrittspunkte (engl. pelvic escape points oder pelvic leak points) werden anatomische Lücken bezeichnet, durch die hindurch Äste der venösen Plexus des kleinen Beckens mit den epifaszialen Venen der Beine verbunden sind. Dadurch kommunizieren diese mit den Ästen der Venae iliacae internae und mit den Venae ovaricae (Vv. pudendae, Vv. gluteales). Sie stellen die Prädelektionspunkte der atypischen Varikose an der Vulva, am Damm bzw. am Skrotum sowie im Bereich der Leiste dar. Andererseits können diese pelvinen Austritte eine Entlastung der venösen Hypertension im kleinen Becken bewirken. Die Topographie variiert interindividuell sehr stark, wie auch die Terminologie. Meissner und Gloviczki beschreiben 4 pelvine Austrittpunkte auf jeder Seite (Abb. 2, Tab. 2). Delfrate und Mendoza definieren zusätzlich einen klitoralen Venenaustritt beidseits und unterscheiden je zwei gluteale Austritte (Delfrate und Mendoza 2018).
Tab. 2
Anatomische Verbindungen zwischen Ästen der Venae iliace externae und den Ästen der Venae iliace internae über die pelvic escape points
 
Leitstruktur
Verbindung
I-point
(inguinal point)
• Inguinalkanal
• Ovarialvene – Labien-Vena saphena magna (VSM)
O-point
(obturator point)
• Hiatus obturatorius
• Obturatorvene – epifasziale Venen des medialen Oberschenkels
P-point
(perineal point)
• Perinealer Durchtritt
• Pudendalvenen – medialer Oberschenkel, VSM
G-point
(gluteal point)
• Glutealer Durchtritt
• Glutealvenen – Venen des dorsalen Oberschenkels
Die beschriebenen Pathologien können überdies auch gemeinsam auftreten.
Atypische Lokalisationen für venöse Stauungssyndrome im kleinen Becken sind möglich im Falle topographischer Nachbarschaft zu knöchernen oder fibrösen Strukturen (Ligamenta, Leistenband) bzw. Arterien. Rechtsseitige Manifestationen sind ebenfalls zu beobachten. Diese bedürfen grundsätzlich der besonderen diagnostischen Finesse. Eine Korrelation mit dem Body-Mass-Index, wie sie bekannt ist für die Beinvarikose und die chronische venöse Insuffizienz, konnte überraschenderweise nicht bestätigt werden (Nanavati et al. 2018).
Eine Varikose im Bereich der Vulva, des Dammes und in atypischer Lokalisation an den Beinen muss pelvinen Durchtrittpunkten zugeordnet und bezüglich möglicher Refluxe analysiert werden, um nachhaltige Behandlungsergebnisse zu ermöglichen.

Die Klassifikation des Pelvinen Stauungssyndroms

Analog zur CEAP-Klassifikation für die chronische venöse Insuffizienz wurde durch eine internationale Expertengruppe die SVP-Klassifikation (Symptoms-Varices-Pathophysiology) für das pelvine Stauungssyndrom entwickelt und 2021publiziert. Mit Hilfe dieser Klassifikation ist es möglich, die Symptome und Varizen den betroffenen Etagen („Zonen“) zuzuordnen, in ihrer Ausprägung zu charakterisieren und einer pathophysiologischen Ursache zuzuschreiben (Abb. 1). So lässt beispielsweise der Code S2 V3a PLGV,R,NT darauf schließen, dass es sich um eine intrapelvine Schmerzsymptomatik (2) mit Varikose im Vulvabereich (3a) aufgrund eines Refluxes (R) der linken Gonadal-(Ovarial-)Vene (LGV) nicht-thrombotischer Ätiologie (NT) handelt (Meissner et al. 2021).
Es bleibt abzuwarten, in wieweit diese Klassifikation, die sowohl als nützliches Werkzeug zur Dokumentation, als auch für die wissenschaftliche Arbeit zu betrachten ist, Verbreitung und Verwendung findet.

Diagnostik und Differenzialdiagnostik des Pelvinen Stauungssyndroms

Die Empfehlungen zur Diagnostik haben sich parallel zum technologischen Fortschritt weiterentwickelt. Während Beck im Jahre 1969 maßgeblich auf die differentialdiagnostische Abgrenzung setzte und in besonders komplizierten Fällen noch zur Laparotomie riet (Beck 1969), wurde 2001 die Laparoskopie empfohlen, ergänzt durch eine pelvine Phlebographie. Ultraschalldiagnostik und radiologische Schichtbildverfahren wurden noch vor 20 Jahren als inadäquat betrachtet (Perry 2001). Dies hat sich grundlegend geändert.
Das UIP-Konsensusdokument zum Pelvic Congestion Syndrome aus dem Jahre 2019 stellt den Wert der Ultraschalldiagnostik als Firstline-Untersuchung heraus, da sie nichtinvasiv, kostengünstig und verfügbar ist. Sie ermöglicht dabei neben einer Analyse der hämodynamischen Verhältnisse auch die differenzialdiagnostische Abgrenzung anderer Pathologien im kleinen Becken. Darüber hinaus erspart sie der Patientin bzw. dem Patienten die Strahlenexposition im Bereich der Keimdrüsen. Trotz hochentwickelter Ultraschallgeräten und einer Reihe verfügbarer Sonden unterschiedlicher Frequenzbereiche ist die Sensitivität dennoch eingeschränkt. Allerdings sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch die radiologischen Schnittbildverfahren nicht eindeutig überlegen (Antignani et al. 2019).
Für die Exploration der pelvinen und abdominellen Venen ist die Verwendung einer Konvexsonde essenziell. Diese ermöglicht ein tieferes Eindringen als die hochfrequente Linearsonde, allerdings zu Lasten der Auflösung. Bei sehr schlanken Personen kann ein Versuch mit einer Linearsonde mit niedriger Frequenzeinstellung durchaus sinnvoll sein. Von Nutzen sind moderne Zusatzfeatures zur Darstellung von Blutströmen mit langsamer Flussgeschwindigkeit wie zum Beispiel SMI (Superb Microvascular Imaging, Canon), B-Flow (General Electric) oder MFI (Microflow Imaging, Phillips).
Erschwert wird die Untersuchung des Abdomens durch Darmgasüberlagerung oder Adipositas. Patienten sollten deshalb möglichst nüchtern untersucht werden. Die Untersuchung in der liegenden Position dient dabei vor allem der Orientierung. Zur hämodynamischen Analyse und zur Refluxdiagnostik ist eine Untersuchung im Stehen oder auf einer Kippliege anzuraten. Zum einem provoziert in dieser aufrechten Position die Gravitation einen Reflux, wie etwa in einer insuffizienten Vena ovarica. Zum anderen können Gefäßquerschnitte im Liegen aufgrund Kompression durch aufliegende Organe unterschätzt werden, so dass ein falsch-positiver Stenose-Nachweis erbracht werden kann. Eine gefüllte Blase erleichtert die Beurteilung der Gefäße und Organe im kleinen Becken.
Die Positionswechsel machen die Untersuchung zeitaufwändig. Dies muss bei der Planung der Untersuchung Berücksichtigung finden. Arnoldussen et al. bezeichneten den vaginalen Ultraschall in einer Arbeit von 2015 als Untersuchungsmethode der ersten Wahl wegen ihres topographischen Vorteils und des Fehlens der Darmgase (Arnoldussen et al. 2015). Zwar trifft dies für die Darstellung des Refluxes in den perimetralen Venen im Valsalva-Test zu, welcher sich eindrucksvoll darstellen lässt. Doch ist zur ätiologischen Exploration der Beckenvenen bzw. der Nierenvenen der Einsatz einer Konvexsonde unersetzbar. Darüber hinaus spricht die Invasivität gegen eine routinemäßige Vorhaltung einer Vaginalsonde in der Gefäßpraxis.
Das im Rahmen einer abdominellen Schmerzsymptomatik häufig veranlasste Computertomogramm besitzt den Vorteil, dass es auch im ambulanten Setting umsetzbar ist und eine Kalibererweiterung pelviner Venen darstellt. Es liefert jedoch keinerlei hämodynamische Aussagen und hat ebenfalls den Nachteil, dass die Untersuchung im Liegen stattfindet.
Eine sehr gute Sensitivität bei guter Spezifität besitzt die Magnetresonanztomographie. Sie ermöglicht weitere differenzialdiagnostische Aussagen wie zum Beispiel über das Vorliegen einer Adenomyose oder einer Endometriose. In der Verbindung mit der zeitlich hochaufgelösten kontrastmittelunterstützten MR-Phlebographie, die dynamisch auch den Reflux darstellt, sind darüber hinaus aber auch die parametrialen Venenplexus und die Ovarialvenen exzellent darstellbar. Die direkte Venographie besitzt wegen der Kontrastmittel- und Strahlenbelastung nur im Rahmen der interventionellen Therapie eine Bedeutung.
Das wichtigste diagnostische Mittel ist die akribische Anamneseerhebung mit Dokumentation der Beschwerden und der klinischen Zeichen. Zur Bildgebung ist die Duplexsonographie aufgrund der möglichen hämodynamischen Aussagen, ihrer Wiederholbarkeit bei fehlenden Strahlenexposition die Methode der ersten Wahl. Sie wird ergänzt durch Methoden der radiologischen Schnittbilddiagnostik (MR-Phlebographie).

Therapieoptionen

Wenn eine nicht-vaskuläre Differenzialdiagnose für die Beschwerden bzw. relevante Komorbiditäten bei betroffenen Patienten sicher ausgeschlossen werden kann, stehen verschiedene Behandlungsmethoden zur Verfügung. Von zentraler Bedeutung sind Katheterinterventionen zur hämodynamischen Korrektur der zu Grunde liegenden Pathologie mittels Coils und Stents sowie die Schaumsklerotherapie.
Symptome wie pelvine Schmerzen und Schweregefühl oder Harndrang und Dyspareunie sind Folge der vermehrten Blutfülle aufgrund venöser Hypertonie und variköser Konvolute. Ist nachgewiesen, dass diese Folge des Refluxes der gonadalen Venen sind, so besteht die Therapie in der Einbringung eines Verschlusskörpers (Plugs) bzw. Coils in die betroffenen gonadalen Venen in der Kombination mit einer Sklerosierung der pelvinen und perimetralen Varizen. Als Sklerosierungsmittel sind Aethoxysklerol® und STS (Sodium Teradocyl Sulphate) in flüssiger bzw. aufgeschäumter Form geeignet. Darüber hinaus sind auch eine Embolisation mit Ethanol sowie mit Ethylen Vinyl Alkohol Kopolymer (Onyx®) beschrieben. Auch die Verklebung mittel Cyanoacrylat-Embolisation wird praktiziert. Zahlreiche Studien belegen die effektive Wirkung der interventionellen Therapie (Antignani et al. 2019).
Resultiert die vermehrte Blutfülle aus einem gestörten venösen Abstrom aufgrund einer Kompression der linken Nierenvene (Nussknacker-Syndrom) bzw. der linken Beckenvene (May-Thurner-Syndrom) oder deren postthrombotischen Verschluss, so erfolgt die hämodynamische Entlastung durch Ballondilatation und Stentimplantation.
Eine Vulvavarikose kann als Folge jeder der unter 1–3 beschriebenen pathophysiologischen Ursachen resultieren. Daraus ergibt sich, dass eine kausale interventionelle Behandlung mit den geschilderten Methoden eine Reduktion des klinischen Befundes bewirken kann.
Dabei sind zwei Faktoren von Bedeutung: Erstens ist eine komplette Regredienz von über einen längeren Zeitraum bestehenden Varizen auch nach der hämodynamischen Normalisierung nur selten zu beobachten. Dies trifft insbesondere für Multipara zu. Zweitens ist bei Betroffenen ohne zusätzliche abdominelle Symptome neben der Vulva-Varikose die Indikation für einen invasiven Eingriff sehr streng zu prüfen. Die Eingriffe bei den häufig jungen Frauen gehen mit Strahlen- und Kontrastmittelbelastung einher, u. U. zusätzlich mit einer Fremdkörpereinbringung und erheblichen Kosten. Nach der Analyse der verfügbaren Studiendaten wird von Meissner und Gibson in einem Review aus dem Jahr 2015 ein fehlender oder nicht zufriedenstellender Therapieeffekt nach pelviner Intervention in bis zu einem Drittel der Fälle konstatiert (Meissner und Gibson 2015).
Davon ausgehend leitet sich ein hoher Wert der Sklerotherapie in diesen Fällen ab. Diese setzt ebenfalls eine akribische Analyse der hämodynamischen Veränderungen voraus. Im Gegensatz zur Behandlung der Stammvenenvarikose steht bei der klinischen und duplexsonographischen Analyse die Identifizierung der pelvinen Austrittpunkte im Vordergrund. Diese können gezielt mit Aethoxysklerol-Schaum behandelt werden. Da in der Regel ein erhebliches intrapelvines Varizenreservoir besteht, ist die Verwendung höherer Konzentrationen (Aethoxysklerol 2–3 %) erforderlich. Wegen der erforderlichen Volumina müssen in der Regel mehrere Sitzungen geplant werden. Alternativ ist auch eine CHIVA-Behandlung der pelvinen Austrittpunkte möglich (Delfrate und Mendoza 2018). In jedem Falle sollte die Unterbrechung des Refluxes der transpelvinen Venen der Behandlung der sekundären Varizen am dorsalen, medialen oder ventralen Oberschenkel vorausgehen.
Auch nach der Sklerotherapie der pudendalen Varizen ist eine vorübergehende Kompressionstherapie möglich. Diese lässt sich mittels Radlerhose bzw. handelsüblichen komprimierenden Miederhöschen (sog. Formunterwäsche, Shape wear) realisieren.
Das vaskulär bedingte pelvine Schmerzsyndrom ist letztlich auch einer konservativen Therapie zugänglich. Als Basistherapie kann auch beim Beckenvenensyndrom die Kompressionstherapie angesehen werden. Gavrilov et al. konnten eine Verbesserung von Unterbauchbeschwerden und Dyspareunie unter der Behandlung mit Kompressionsshorts der Kompressionsklasse II nachweisen. Sie konnten zudem auch einen verbesserten venösen Abstrom im kleinen Becken mittels PET-CT und Radionuklid-Venographie belegen. Sie wiesen in ihrer Untersuchung aber auch nach, dass nur die kompressiven Shorts einen Effekt hatten, nicht jedoch Kompressionsstrümpfe (Gavrilov et al. 2018).
Auch eine medikamentöse Therapie kann versucht werden. Neben der unspezifischen Schmerztherapie konnten Studien mit Flavonoiden (MPFF – Micronized Purified Flavonoid Fraction), wie dem in Deutschland nicht zugelassenen Daflon® (Servier), einen beschwerdelindernden Effekt bei isolierter pelviner Varikose ohne Vorliegen eines gonadalen Refluxes belegen (Gavrilov et al. 2015). Gynäkologen berichten von positiven Erfahrungen mit Hormontherapie wie Levonorgestrel als subkutanes Implantat bzw. Intrauterinpessar, welche auch bei der Behandlung der Endometriose und des nicht vaskulär bedingten pelvinen Schmerzsyndroms angewendet wird.
Das Symptom pelviner Schmerz bedarf einer besonderen Betrachtung. Die meisten der vorliegenden Studien belegten, dass die Ausprägung der hämodynamisch relevanten Gefäßveränderungen nicht zwingend direkt mit der Schmerzausprägung korreliert. Einerseits weisen Patienten mit erheblichen organischen Veränderungen teilweise keinerlei Leidensdruck auf, während andererseits Betroffene mit geringen Gefäßveränderungen massive Beschwerden beklagen können. Die Rolle vasoaktiver Neuropeptide wie Endothelin, Calcitonin-gene related Peptide und Substanz P wie auch inflammatorischer Effekte ist aktuell noch vollkommen unklar, könnte aber in der Zukunft neue Ansätze der Pharmakotherapie liefern (Gavrilov et al. 2020).
Das Schmerzempfinden im Zusammenhang mit einem Beckenvenensyndrom ist außer von den organischen Pathomechanismen auch sehr stark von psychologischen Faktoren abhängig. Die Indikationsstellung für Interventionen sollte aus dem Grunde sehr streng erfolgen.
Eine isolierte Varikose im Genitalbereich (ohne pelvine Schmerzen) sollte zunächst primär per Sklerotherapie bzw. Phlebektomie behandelt werden und erst im Falle rezidivierender Verläufe zusätzlich interventionell.

Fazit

Beim Beckenvenensyndrom handelt es sich um ein heterogenes Krankheitsbild, welches durch eine Reihe unterschiedlicher vaskulärer Beeinträchtigungen verursacht werden kann. Die Symptome reichen von Flankenschmerzen und Hämaturie bis zu Unterbauchschmerzen und sichtbaren Varizen. Mittels Duplexsonographie und radiologischer Schnittbilddiagnostik ist die pathomorphologische Zuordnung der Beschwerden zur verursachenden Gefäßprovinz (Beckenvenen, Nierenvenen, Ovarialvenen, pelvine Plexus) möglich. Zur Behandlung stehen verschiedene interventionelle Methoden wie auch konservative Ansätze zur Verfügung. Die offene bzw. laparoskopische Operation wird nur noch in wenigen Zentren durchgeführt.
Die größte Herausforderung stellt die korrekte Patientenselektion dar. Ein Teil der betroffenen Patientinnen scheint nicht oder nicht zufriedenstellend auf die Therapie anzusprechen, da offenbar neben den fassbaren hämodynamischen Veränderungen eine Reihe weiterer Faktoren eine Rolle zu spielen scheinen, die sich aktuell noch einer gezielten Therapie entziehen. Gleichzeitig stellt die differenzialdiagnostische Abgrenzung zu nicht-vaskulären Ursachen und Co-Morbiditäten wie beispielsweise einer Endometriose, entzündlichen Veränderungen oder orthopädischen Ursachen eine große Schwierigkeit dar.
Sowohl die Diagnostik, als auch die interventionelle Therapie verlangen dabei ein hohes Maß an Ausbildung und technischer Ausstattung und sollten spezialisierten Zentren vorbehalten sein.
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