Koordination und Feinmotorik
Die Koordination wird durch verschiedene Tests untersucht: Die Möglichkeit, rasch alternierend Bewegungen durchzuführen (z. B. durch eine Bewegung, die dem Einschrauben einer Glühbirne ähnelt) kann ruckartig, unkoordiniert sein (Dysdiadochokinese, z. B. bei einer Kleinhirnerkrankung), verlangsamt (Bradydiadochokinese, z. B. bei der Parkinsonschen Erkrankung) oder normal (Eudiadochokinese). Auch die Feinmotorik der Finger wird, z. B. durch sequenzielles Berühren des Daumens mit den übrigen 4 Fingern, untersucht. Ferner wird die Möglichkeit, ballistische Bewegungen auszuführen, überprüft, z. B. durch die Bitte, bei geschlossenen Augen mit dem Zeigefinger in weitem Bogen auf die Nasenspitze zu fahren (Finger-Nase-Versuch).
Bewegung
Bei einer Ataxie findet man z. T. grobe Abweichungen von der Bewegungstrajektorie, die sich in der Regel während der Bewegung weiter aufschaukeln. Typischerweise kommt es zu einem Verfehlen des Bewegungsziels (Dysmetrie).
Eine ebenfalls gut sichtbare Auffälligkeit beim Finger-Nase-Versuch ist ein Intentionstremor: Ein Zittern, das bei intendierten Bewegungen auftritt. In gleicher Weise kann der sogenannte Knie-Hacke-Versuch interpretiert werden, bei dem es darauf ankommt, mit der Hacke (Ferse) des einen Beins das Knie des anderen zu treffen und dann entlang der Schienbeinvorderkante herunterzufahren.
Weitere pathologische Veränderungen eines Zuviel an Bewegungen lassen sich bei Patienten entweder spontan oder bei der Ausführung von Zielbewegungen beobachten. Diese Hyperkinesen können verschiedene Formen haben:
Choreatische Hyperkinesen bestehen in raschen, flüchtigen und wenig stereotypen Bewegungen von wechselnden Muskelgruppen, die zu ausgeprägten Bewegungseffekten führen können.
Unter
ballistischen Hyperkinesen versteht man abrupte Kontraktionen der körpernahen Muskelgruppen, was zu schleudernden Bewegungen vom Rumpf weg oder zum Rumpf hin führen kann. Diese Störung sieht man z. B. nach
Hirninfarkten. Sie ist zumeist nur zeitlich begrenzt vorhanden und vom Patienten nicht kontrollierbar. Dystone Bewegungen sind hingegen langsamer und länger anhaltend und von einem abnorm erhöhten Muskeltonus begleitet. Unter einer Athetose versteht man langsame, wurmartige Bewegungen.
Manchmal zeigen Patienten kurze, blitzartige und z. T. wiederholte Zuckungen von einzelnen Muskeln, Körperteilen oder des gesamten Körpers. Diese bezeichnet man als
Myoklonien. Sie kommen physiologisch beim Einschlafen (
Einschlafzuckungen) vor. Auch der
Schluckauf ist ein Myoklonus. Myoklonien sind ein wichtiges und charakteristisches Symptom der Creutzfeldt-Jacob-Erkrankung. Im Gegensatz zu den bisher genannten Hyperkinesen lassen sich
Tics, jedoch meist nur für kurze Zeit, vom Betroffenen unterdrücken, obwohl sie unwillkürlich sind. Sie sind entweder als kurz dauernde, plötzliche Bewegungen einzelner Muskelgruppen, resultierend in Naserümpfen, Blinzeln oder Schulterzucken (einfache Tics) oder mehrerer Muskelgruppen mit z. T. sinnvoll anmutenden Bewegungen (komplexe Tics) ausgeprägt. Es können auch durch Beteiligung von Zungen-, Schlund- und Sprechmuskulatur Vokalisationen (Räuspern, Bellen, Grunzen, Pfeifen; vokale Tics) auftreten. Einfache Tics sind relativ häufig bei ansonsten neurologisch gesunden Personen. Typischerweise treten multiple Tics beim Tourettesyndrom auf. Ein rhythmisches Zittern,
Tremor, kann in verschiedenen Formen auftreten. Am wichtigsten sind:
Neben Hyperkinesen ist bei der Untersuchung auch auf ein Zuwenig an Bewegungen zu achten (hypokinetische Bewegungsstörung). Bei der Parkinsonerkrankung tritt typischerweise eine Verlangsamung (Bradykinese) und Verarmung von Bewegungen auf. Auch bei einer höher dosierten Gabe von
Neuroleptika kann eine
Hypokinese auftreten (medikamentös induziertes Parkinsonoid). Bei medialen frontalen Läsionen ist ebenfalls mit einer akinetischen Bewegung des Patienten zu rechnen.