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20.10.2021 | Traumatologische Notfallmedizin | Nachrichten

Studie aus Texas

Reiten riskanter als Motorradfahren

verfasst von: Dr. Elke Oberhofer

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Eine Studie aus Texas zeigt: Die Wahrscheinlichkeit, nach einem Reitunfall in die Klinik zu müssen, ist dreieinhalbmal höher als nach einem Motorradunfall. Die Autoren fordern mehr Aufklärung und raten, zum Schutz vor Kopfverletzungen in jedem Fall einen Helm zu tragen.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Reiten gehört zu den liebsten Freizeitbeschäftigungen der Amerikaner, aber auch in Deutschland suchen immer mehr Menschen das Glück auf dem Pferderücken. Dass es nicht nur Glückssache ist, einen Sturz vom Pferd unbeschadet zu überstehen, machen Kevin Mutore von der University of Texas Rio Grande Valley und sein Team mit einer aktuellen Studie deutlich. Hier hatte von 24.791 beim Reiten verunfallten erwachsenen Patienten fast ein Viertel eine Verletzung an Kopf oder Hals erlitten. Mit 37% am häufigsten waren allerdings Thoraxverletzungen.

Fälle aus US-Datenbank

Solche teilweise lebensbedrohlichen Verletzungen könnten vermieden oder zumindest abgemildert werden, wenn beim Reiten entsprechende Schutzkleidung – Helm und Weste – getragen würde, betonen Mutore und sein Team. Die Studienautoren fordern Aufklärungskampagnen, um auf die Gefahren des Reitsports hinzuweisen.

Die Fälle stammen aus der National Trauma Data Bank in den USA. Dabei hatten Mutore und sein Team Reitunfälle untersucht, die zwischen 2007 und 2016 gemeldet worden waren. Neben den genannten Verletzungen waren mit 26% auch solche an den Gliedmaßen häufig.  

Kopfverletzungen erhöhen die Mortalität deutlich

Bei immerhin fast 4% aller gemeldeten Patienten wurde eine schwere neurologische Beeinträchtigung festgestellt, zurückzuführen meist auf Verletzungen im Kopf-Hals-Bereich. Letztere trugen nicht nur signifikant zur Dauer einer Intensivbehandlung bei, sondern stellten auch die häufigste Todesursache dar, mit einer Erhöhung der Mortalität um den Faktor 9.

Was Mutore und Kollegen überraschte: Mit einer stationären Aufnahmerate von 88% lagen die Reitunfälle sogar deutlich vor den gemeldeten Motorradunfällen. Sie übertrafen selbst Skiunfälle, wenn man die Zahl der mit der jeweiligen Aktivität verbrachten Stunden berücksichtigte.

Von der Notaufnahme war die Hälfte aller Patienten einer Normalstation zugewiesen worden, fast 40% jedoch waren entweder direkt in den OP oder auf die Intensivstation gelangt. Verstorben waren insgesamt 50 Patienten. Dabei waren der Injury Severity Score (ISS) und ein systolischer Blutdruck unter 90 mmHg signifikante Prädiktoren für einen tödlichen Verlauf.

Reithelm dringend empfohlen

„Unsere Studie legt nahe, dass das Tragen von Schutzkleidung, unter anderem von Helmen, dazu beitragen könnte, die Verletzungsrate beim Reiten zu senken“, lautet das Fazit der Autoren. Insbesondere die Mortalität ließe sich deutlich reduzieren, indem man das Bewusstsein der Reiter für das Verletzungsrisiko steigere und Maßnahmen zum Schutz vor Kopfverletzungen propagiere.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Welche Verletzungen treten nach Reitunfällen auf und welche Folgen sind damit verbunden?

Antwort: Laut einer US-Datenbank sind Thoraxverletzungen am häufigsten, die höchsten Mortalitätsraten finden sich jedoch nach Kopf-Hals-Verletzungen. Die Rate der Klinikeinweisungen nach einem Reitunfall war höher als nach Motorradunfällen.

Bedeutung: Zum Schutz insbesondere vor Kopfverletzungen wird das Tragen eines Reithelms dringend empfohlen.

Einschränkung: Retrospektive Datenbankanalyse; nur Fälle, die der National Trauma Data Bank in den USA gemeldet wurden.


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Literatur

Mutore K et al. Hearing hoofbeats? Think head and neck trauma: a 10-year NTDB analysis of equestrian-related trauma in the USA. Trauma Surg Acute Care Open 2021;6:e000728; https://doi.org/10.1136/tsaco-2021-000728

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