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Erschienen in: Der Kardiologe 3/2012

01.06.2012 | Empfehlungen

Therapie der hochgradigen Mitralklappeninsuffizienz

Empfehlung der herzchirurgischen und kardiologischen Ordinarien zur interventionellen Therapie der Mitralklappeninsuffizienz 2012

verfasst von: R. Autschbach, S. Blankenberg, S. Felix, M. Kelm, A. Lichtenberg, Prof. Dr. G. Nickenig, H. Reichenspurner, T. Wahlers

Erschienen in: Die Kardiologie | Ausgabe 3/2012

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Auszug

Die Mitralklappeninsuffizienz ist ein häufiger Herzfehler. Insbesondere die symptomatische hochgradige Mitralklappeninsuffizienz geht mit hohen Morbiditätsraten und einer erheblichen Sterblichkeit einher. Man unterscheidet die degenerative von der funktionellen Mitralklappeninsuffizienz. Erstere wird durch pathologische Veränderungen der Klappensegel selbst ausgelöst. Die funktionelle Mitralklappeninsuffizienz wiederum ist bedingt durch eine Dilatation des linken Ventrikels, z. B. bei ischämischer Kardiomyopathie. Der Goldstandard der Therapie der hochgradigen symptomatischen Mitralklappeninsuffizienz ist die operative Behandlung, die in aller Regel eine Mitralklappenrekonstruktion zum Ziel hat. Hieran hat sich auch in jüngster Vergangenheit nichts geändert. Gleichwohl sind zahlreiche neue interventionelle und großteils perkutane Verfahren in der Erprobung, um minimal-invasiv die hochgradige Mitralklappeninsuffizienz zu behandeln. Die Mitraclipprozedur ist die verbreitetste interventionelle Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz. In der EVEREST-Studie konnte, an einem allerdings kleinen Patientenkollektiv über eine relativ kurze Beobachtungszeit, gezeigt werden, dass das sog. Mitralclipping der konventionellen herzchirurgischen Methode nicht unterlegen ist. In diese Studie wurden überwiegend Patienten mit degenerativer Mitralklappeninsuffizienz eingeschlossen. Die Behandlungsrealität in Europa und auch in Deutschland ist jedoch eine andere. Richtigerweise werden zumeist Patienten mit einem solchen Verfahren behandelt, die einer konventionellen Operation nicht zuführbar sind. In aller Regel handelt es sich hierbei um ältere, sehr kranke Patienten mit funktioneller Mitralklappeninsuffizienz. Um die neueren Mitralklappenbehandlungsverfahren zum Wohle der Patienten einsetzen zu können, müssen diese Prozeduren jeweils am ausführenden Zentrum in ein Gesamtprogramm Mitralklappenbehandlung eingebettet sein, um die über viele Jahrzehnte gesammelte Erfahrung der chirurgischen Behandlung nutzen zu können, stets den kritischen Vergleich mit dem operativen Goldstandard zu gewährleisten und um eine bestmögliche Langzeitanalyse der Methoden zu ermöglichen. Diese Überlegungen liegen dem jetzt folgenden Text zugrunde, der durch alle herzchirurgischen und kardiologischen Ordinarien Deutschlands konsentiert wurde.
  • Patienten mit Herzklappenvitien können einer zunehmend komplexer gewordenen Behandlung zugeführt werden, die neben der konservativen Therapie auch operative und interventionelle Prozeduren umfasst.
  • Deren Vielzahl und Komplexität erfordern eine enge interdisziplinäre Abstimmung, damit der Patient der bestmöglichen Therapie zugeführt wird.
  • Hierdurch ergibt sich, dass Indikationsstellung, Durchführung der Prozedur und Nachsorge personell und institutionell miteinander eng verbunden sein sollten.
  • Die Mitralklappeninsuffizienz ist ein häufiger Herzfehler, der mit hohen Morbiditäts- und Mortalitätsraten einhergeht. Neben medikamentöser und operativer Behandlung kommen zunehmend interventionelle Strategien zum Einsatz. Diese können Eingriffe an den Klappensegeln, dem Klappenring und Einflusstrakt, dem Halteapparat und zukünftig auch den perkutanen Klappenersatz umfassen.
  • Die Mitralclipprozedur verfügt derzeit über die breiteste Studiengrundlage und findet bereits erfolgreich klinisch Anwendung.
  • Alle Patientenfälle, die für eine derartige Prozedur diskutiert werden, sollten in einer gemeinsamen Konferenz (Herzklappenteam des Zentrums) von zentrumsinternen Kardiologen und Herzchirurgen besprochen werden, um eine gemeinsame, zu dokumentierende Entscheidung zu treffen.
  • Aufgrund der noch limitierten wissenschaftlichen Grundlagen sollten derzeit nur Patienten mit deutlich erhöhtem operativem Risiko oder Kontraindikation zur konventionellen Operation für eine solche Mitralclipintervention vorgesehen werden.
  • Indikationsstellung und Durchführung der Prozedur sollten an Zentren erfolgen, die über große institutionelle und persönliche Erfahrung im Bereich der operativen und interventionellen Mitralklappenbehandlung verfügen.
  • Die Durchführung interventioneller Mitralklappenprozeduren erfordern einen erfahrenen interventionellen Kardiologen, einen ausgewiesenen Echokardiographieexperten (inklusive 3-D- und transösophagealer Analyse), einen kardiologischen Intensivmediziner oder Kardioanästhesisten und optional einen Herzchirurgen.
  • Bei Einführung neuartiger interventioneller Verfahren (z. B. interventioneller Mitralklappenersatz) ist bis zur Sicherung der Verfahrenstechnik eine institutionalisierte Herzchirurgie erforderlich.
  • Es muss eine speziell dafür eingerichtete Nachsorge vorhanden sein, die auch später auftretenden Komplikationen und weiterem Behandlungsbedarf Rechnung trägt. Entsprechende Prozessbeschreibungen sind zwischen den beteiligten Abteilungen zu erstellen.
  • In Analogie zum Deutschen Aortenklappenregister soll ein Deutsches Mitralklappenregister etabliert werden, in dem alle Patienten nach interventioneller oder operativer Therapie an der Mitralklappe erfasst werden.
Metadaten
Titel
Therapie der hochgradigen Mitralklappeninsuffizienz
Empfehlung der herzchirurgischen und kardiologischen Ordinarien zur interventionellen Therapie der Mitralklappeninsuffizienz 2012
verfasst von
R. Autschbach
S. Blankenberg
S. Felix
M. Kelm
A. Lichtenberg
Prof. Dr. G. Nickenig
H. Reichenspurner
T. Wahlers
Publikationsdatum
01.06.2012
Verlag
Springer-Verlag
Erschienen in
Die Kardiologie / Ausgabe 3/2012
Print ISSN: 2731-7129
Elektronische ISSN: 2731-7137
DOI
https://doi.org/10.1007/s12181-012-0426-7

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