Erschienen in:
01.06.2013 | Originalien
Interdisziplinäre Telekonsultation
Erste praktische Erfahrungen mit 100 Patienten
verfasst von:
I. Gollnick, M. Frehiwot, E.M. Krause, S. Schaller, E. Limpert, G. Strauß, T. Lipp, M. Scherz, Z. Injac
Erschienen in:
HNO
|
Ausgabe 6/2013
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Zusammenfassung
Problemstellung
Die zunehmende Spezialisierung der medizinischen Fächer führt dazu, dass auch zwischen den Fachärzten für HNO und Allgemeinmedizin nur noch selten ein fachlicher Austausch erfolgt. Gleichzeitig ist seit etwa 5 Jahren ein deutlicher Technologiezuwachs im Bereich der sogenannten Telemedizin zu verzeichnen. Diese Möglichkeiten werden allerdings für die HNO-Heilkunde bis heute kaum genutzt. Die Zielsetzung dieser Arbeit besteht darin, eine sinnvolle Anwendung eines Telekonsils zwischen HNO- und Allgemeinärzten zu realisieren.
Material und Methoden
Die Verbindung basiert auf einer gesicherten Breitbandinternetverbindung für Video, der dazugehörigen Serverstruktur und einem Videoendoskopiesystem. Im Zeitraum 01.01.2011 bis 30.06.2012 (18 Monate) wurden insgesamt 102 Patienten in den Praxen der teilnehmenden Ärzte (4 Allgemeinmediziner, 5 HNO-Fachärzte) in dieser Studie erfasst. Das Protokoll umfasste folgende Parameter: Indikation und typische Fragestellungen, Anzahl der Patienten, die nur aufgrund der Möglichkeit des Telekonsulting vorgestellt worden (CBO), Zahl der Patienten, die zusätzlich zum Telekonsil in der Praxis des HNO-Arztes vorgestellt wurden (CIO), Einschätzung der Qualität der zusätzlichen Expertise (LOQ GP), Einschätzung der Telediagnosesicherheit durch den Facharzt (TDS-FA), Einschätzung der Auswirkung der Facharztexpertise auf die allgemeinärztliche Behandlung (COS).
Ergebnisse
Die häufigsten Fragestellungen im Rahmen der Telekonsultation stammen aus den Bereichen Tonsillen (37% der gesamten Fallvorstellungen), äußerer Gehörgang (32%) und innere Nase (15%). Es wurden 53,9% der insgesamt 102 Patienten nur deshalb dem Facharzt für HNO vorgestellt, weil durch die Möglichkeiten der Telekonsultation der dementsprechende Aufwand gering war. Nach erfolgtem Telekonsil suchten 40,1% der Patienten den Facharzt für HNO-Heilkunde in seiner Sprechstunde persönlich auf. Die teilnehmenden Allgemeinärzte beurteilten die Nützlichkeit der zusätzlichen Facharztexpertise durch das HNO-Telekonsil mit durchschnittlich 64 Punkten. Der Mittelwert der Diagnosesicherheit des Facharztes als Maß der vermuteten Validität der geäußerten Diagnose betrug 2,0. Bei durchschnittlich 35,3% (36) der 102 Patienten dokumentierten die beteiligten Allgemeinärzte einen nennenswerten Einfluss der Telekonsultation auf die Diagnostik, die Diagnose und/oder Therapie.
Schlussfolgerung
Das Telekonsil zwischen Allgemeinärzten und Fachärzten für HNO kann einen Vorteil in der Behandlungsqualität und dem Patientenkomfort erreichen. Das Risiko einer Verschiebung von Behandlungskompetenz zulasten der HNO-Heilkunde ist nach den vorliegenden Erfahrungen als gering einzuschätzen. Vielmehr erlaubt die Beteiligung der Fachgruppe an frühen Projektphasen eine breite Gestaltungsfreiheit und die Chance auf eine Erweiterung des Leistungsprofils. Weitere Anwendungen des Telekonsils sind innerhalb der Fachgruppe der HNO-Fachärzte vorstellbar.