Bei besonders komplexen Fällen einer Mitralklappeninsuffizienz versprechen bisherige Verfahren kaum einen bis gar keinen Therapieerfolg. Eine neue Methode zur interventionellen Mitralklappen-Rekonstruktion hat sich bei solchen Patienten nun in einer ersten Machbarkeitsstudie als sicher und wirksam erwiesen.
Für Patienten mit komplexen Formen einer Mitralklappeninsuffizienz, die weder operativ noch mit den heutigen minimalinvasiven Methoden behandelt werden können, gibt es vielleicht bald eine Lösung. Ein neues Verfahren zur kathetergestützten Klappenrekonstruktion wurde in einer ersten Studie am Menschen erfolgreich getestet. Das PASCAL-System hat sich trotz komplexer Klappenmorphologien bei allen Patienten erfolgreich implantieren lassen. Die Beschwerden der schwer kranken Patienten gingen in der Folge merklich zurück.
Die Studienautoren um Dr. Fabien Praz von der Universitätsklinik Bern hoffen nun, mit dem PASCAL-System eine Therapieoption für Patienten etablieren zu können, die aus anatomischen Gründen selbst für einen MitraClip nicht mehr infrage kommen.
Bei komplexen Klappenmorphologien
In einer ersten Studie am Menschen haben die Wissenschaftler das System bei 23 Patienten mit mittlerer (Grad 3+) bis schwerer (Grad 4+) Mitralklappeninsuffizienz als individuellen Heilversuch eingesetzt. Aufgrund eines hohen Risikos (EuroScore II-Score von 7,1%; 96% mit NYHA-Klasse III oder IV) kamen die Teilnehmer für eine operative Klappenrekonstruktion nicht mehr infrage. Die Implantation eines MitraClips war bei den meisten Patienten wegen einer ungeeigneten Klappenmorphologie nicht erfolgsversprechend.
Der MitraClip ist das erste zugelassene Verfahren zur interventionellen Rekonstruktion einer degenerativen oder funktionellen Mitralklappeninsuffizienz und wurde weltweit bereits bei mehr als 30.000 Patienten eingesetzt. Das Edge-to-Edge-Verfahren ist allerdings technisch anspruchsvoll und kann bei einer beträchtlichen Zahl an Patienten aufgrund einer ungeeigneten Klappenmorphologie nicht angewandt werden (nach den EVEREST-Kriterien z. B. bei einer mobilen Länge des posterioren Segels <7 mm oder Vollbild eines Mitralklappenprolaps mit mehrsegmentüberschreitendem „Flail“ der Segel).
PASCAL-System mit technischen Besonderheiten
Für derart komplexe Fälle wurde nun das PASCAL-System (Edwards Lifesciences) entwickelt. Es zeichnet sich durch eine relativ leichte, intuitive Steuerbarkeit und seine Größe aus. Das Device enthält einen 10 mm langen zentralen „Spacer“, der in der Mitte beider Klappensegeln eine Verbindung schafft und dadurch die Klappenundichtigkeit vermindert. Dadurch entstehen wie beim MitraClip zwei kleinere Klappenöffnungsflächen.
Das System wird an den Klappensegeln durch zwei Paddelarme und Spangen fixiert. Die Größe der Paddelarme (etwa 25 mm breit) und die Möglichkeit, die Fixierspangen unabhängig zu steuern, soll das Fangen und Fixieren der Mitralsegeln erleichtern. Diese technischen Besonderheiten sollen den Eingriff bei komplexen Klappenmorphologien möglich machen (z. B. im Fall eines kurzen posterioren Segels). Gerade bei Patienten mit durchschlagendem oder prolabierten freien Rand von mehr als 10 mm könnte das Device aufgrund der unabhängig steuerbaren Fixierspangen nützlich sein.
Implantation bei fast allen Patienten erfolgreich
Die Implantation zumindest eines Devices sei trotz der vorliegenden komplexen Klappenmorphologien bei fast allen Patienten erfolgreich gewesen, berichten die Studienautoren. Sechs Patienten (26%) benötigten ein zweites Device. Bei 22 von 23 Patienten nahm die Schwere der Mitralinsuffizienz nach dem Eingriff ab (≤Grad 2+).
Nach 30 Tagen wurde der Eingriff bei 78% der Patienten als erfolgreich eingestuft (definiert als erfolgreiche Implantation, Mitralklappeninsuffizienz < Grad 2, keine relevante Mitralklappenstenose, keine Todesfälle, Schlaganfälle oder prozedurbedingte Komplikationen). Bei zwei Patienten kam es zu periprozeduralen Komplikationen (eine kleinere Blutung und eine transiente ischämische Attacke). Drei Patienten verstarben während des 30-tägigen Follow-ups. Bei den überlebenden Patienten verbesserte sich die Herzinsuffizienz-Symptomatik bei allen bis auf eine Person deutlich (NYHA-Klasse I oder II).
Bei vielen Pathologien einsetzbar
Die Studie habe gezeigt, dass das PASCAL-System zur interventionellen Rekonstruktion einer funktionellen Mitralklappeninsuffizienz eingesetzt werden kann, und auch bei einer Vielzahl degenerativer Formen einschließlich eines Mitralklappenprolaps, „flail leaflet“, also im Fall eines Durchschlagen des freien Randes, und Mixpathologien, berichten Praz und Kollegen. Obwohl auch Patienten mit ausgeprägter Anulusdilatation behandelt wurden, sei nur bei wenigen Patienten eine zweite Implantation nötig gewesen.
Die Mortalität war zwar höher als in Patientenkohorten mit MitraClip-Implantation. Allerdings ist zu bedenken, dass in dieser Studie ein Hochrisikokollektiv im Rahmen eines „compassionate use“-Programmes behandelt worden ist.
Und wie Ottavio Alfieri und Nicola Buzzatti in einem Kommentar erläutern, ist es wichtig, auch für solche Patienten weniger invasive, gut verträgliche und relativ sichere Therapieoptionen zu entwickeln.
Ob das neue PASCAL-System diese Erwartungen wirklich erfüllen kann, müssen nun größere Studien zeigen.