Skip to main content

30.04.2024 | Endokarditis | Leitlinie kompakt | Nachrichten

Neue ESC-Leitlinie

Die „Zehn Gebote“ des Endokarditis-Managements

verfasst von: Thomas Müller

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Worauf kommt es beim Management von Personen mit infektiöser Endokarditis an? Eine Kardiologin und ein Kardiologe fassen die zehn wichtigsten Punkte der neuen ESC-Leitlinie zusammen.

Im August 2023 veröffentlichte die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) eine neue Leitlinie zum Endokarditis-Management, welche die Leitlinie aus dem Jahr 2015 ablöst. Basierend darauf haben Professor Michale Borger vom Helios Herzzentrum in Leipzig und Professorin Victoria Delgado vom Hospital Germans Trias in Barcelona die „Zehn Gebote“ zum Management von Patientinnen und Patienten mit infektiöser Endokarditis (IE) erstellt:

1. Prävention: Die Patientenaufklärung ist entscheidend zur Prävention einer IE. Zu unterscheiden ist zwischen Patientinnen und Patienten mit hohem, mittlerem und geringem IE-Risiko. Allgemeine Präventionsmaßnahmen werden bei mittlerem und hohem Risiko empfohlen. Zu einer Antibiotikaprophylaxe vor zahnärztlichen Eingriffen wird nur für die Hochrisikogruppe geraten.

2. Endokarditis-Teams: Ein Endokarditis-Team ist für die Behandlung von IE-Patienten unerlässlich. Es besteht aus mindestens einem Kardiologen und einem Spezialisten für Infektionskrankheiten in überweisenden Zentren, während in Herzklappenzentren noch weitere Disziplinen beteiligt sind. Ein regelmäßiger Austausch zwischen den Zentren wird empfohlen, und die Verlegung von Betroffenen in ein Herzklappenzentrum ist bei kompliziertem Verlauf angezeigt.

3. Diagnose: Klinische, mikrobiologische und echokardiographische Befunde bleiben die Eckpfeiler der IE-Diagnose. Fortgeschrittene kardiale Bildgebung, einschließlich Herz-CT, PET/CT und WBC SPECT/CT, wird bei möglicher IE empfohlen und ist nun als Hauptkriterium in den 2023 modifizierten IE-Diagnosekriterien aufgeführt, sofern eine Klappen- oder paravalvuläre Beteiligung bestätigt wird. Zusätzlich können diese Techniken periphere Läsionen als Nebenkriterien bestätigen.

4. Ambulante parenterale und partielle orale Antibiotikatherapie: Ausgewählte Patientinnen und Patienten, die nach mindestens zehn Tagen angemessener intravenöser Antibiotikatherapie oder einer Woche nach korrigierender Operation klinische Stabilität erreicht haben, sollten auf ambulante parenterale oder teilweise orale Antibiotika umgestellt werden. Eine wiederholte transösophageale Echokardiographie wird empfohlen, um eine Krankheitsprogression auszuschließen, bevor die Therapie umgestellt wird.

5. Chirurgische Indikationen und Zeitpunkt: Eine Operation ist mit einer verbesserten Überlebensrate verbunden. Die Hauptindikationen für eine Operation bleiben Herzinsuffizienz, unkontrollierte Infektion und Embolie. Differenziert wird zwischen Notfall (Op. in weniger als 24 Stunden), dringend (innerhalb von 3–5 Tagen) oder nicht dringend (innerhalb desselben Krankenhausaufenthalts).

6. Muskuloskelettale IE-Komplikationen: MRT oder PET/CT werden bei Verdacht auf Spondylodiszitis oder Wirbelosteomyelitis empfohlen. Echokardiographie ist für Personen mit Spondylodiszitis/septischer Arthritis und positiven Blutkulturen für typische IE-Erreger angezeigt.

7. Neurologische IE-Komplikationen: Eine rechtzeitige mechanische Thrombektomie kann bei embolischem Schlaganfall in Betracht gezogen werden. Eine IE-Operation sollte bei ischämischem Schlaganfall sowie hämorrhagischem Schlaganfall und günstigen Hirnblutungsmerkmalen nicht verzögert werden.

8. Prothesenklappen- und Transkatheterklappen-IE: Prothesenklappenendokarditis (PVE) ist mit schlechteren Ergebnissen verbunden als native Klappen-IE. Eine Operation wird für frühe PVE (innerhalb von sechs Monaten nach Klappenoperation) empfohlen. Patienten mit Transkatheterklappen-IE können schwer zu diagnostizieren und zu behandeln sein, wobei eine Operation ausgewählten Patienten vorbehalten ist.

9. CIED-assoziierte IE: Eine IE in Verbindung mit kardial implantierten Geräten (CIED) ist mit erheblicher Morbidität und Mortalität verbunden. Eine vollständige Entfernung des Systems wird bei eindeutiger CIED-assoziierter IE empfohlen und soll bei wahrscheinlicher CIED-assoziierter IE mit anhaltender Bakteriämie in Betracht gezogen werden.

10. Rechtsseitige IE: Die Inzidenz von rechtsseitigen IE nimmt aufgrund erhöhter CIED-Implantationsraten sowie intravenösem Drogenkonsum in bestimmten Regionen zu. Eine Operation ist bei ausgewählten Patientengruppen angezeigt.

Borger und Delgado gehen davon aus, dass die aktualisierte Leitlinie Klinikern eine wichtige Orientierungshilfe zum IE-Management bietet: „Die Einhaltung der Zehn Gebote wird diesen Prozess hoffentlich erleichtern.“

 
 
print
DRUCKEN
Literatur

Borger MA, Delgado V. The ‘Ten Commandments’ for the 2023 European Society of Cardiology guidelines for the management of endocarditis. European Heart Journal 2024; https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad864

Weiterführende Themen

Leitlinien kompakt für die Innere Medizin

Mit medbee Pocketcards sicher entscheiden.

Seit 2022 gehört die medbee GmbH zum Springer Medizin Verlag

Herzinfarkt mit 85 – trotzdem noch intensive Lipidsenkung?

16.05.2024 Hypercholesterinämie Nachrichten

Profitieren nach einem akuten Myokardinfarkt auch Betroffene über 80 Jahre noch von einer intensiven Lipidsenkung zur Sekundärprävention? Um diese Frage zu beantworten, wurden jetzt Registerdaten aus Frankreich ausgewertet.

ADHS-Medikation erhöht das kardiovaskuläre Risiko

16.05.2024 Herzinsuffizienz Nachrichten

Erwachsene, die Medikamente gegen das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom einnehmen, laufen offenbar erhöhte Gefahr, an Herzschwäche zu erkranken oder einen Schlaganfall zu erleiden. Es scheint eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zu bestehen.

Bei Herzinsuffizienz muss „Eisenmangel“ neu definiert werden!

16.05.2024 Herzinsuffizienz Nachrichten

Bei chronischer Herzinsuffizienz macht es einem internationalen Expertenteam zufolge wenig Sinn, die Diagnose „Eisenmangel“ am Serumferritin festzumachen. Das Team schlägt vor, sich lieber an die Transferrinsättigung zu halten.

Erstmanifestation eines Diabetes-Typ-1 bei Kindern: Ein Notfall!

16.05.2024 DDG-Jahrestagung 2024 Kongressbericht

Manifestiert sich ein Typ-1-Diabetes bei Kindern, ist das ein Notfall – ebenso wie eine diabetische Ketoazidose. Die Grundsäulen der Therapie bestehen aus Rehydratation, Insulin und Kaliumgabe. Insulin ist das Medikament der Wahl zur Behandlung der Ketoazidose.

Update Innere Medizin

Bestellen Sie unseren Fach-Newsletter und bleiben Sie gut informiert.