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Thoraxchirurgie
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Publiziert am: 15.12.2022

Thorakotomie und Thoraxwandverschluss

Verfasst von: Günther Meyer und Hans Hoffmann
In diesem Kapitel werden die traditionellen Zugänge für offene Operationen beschrieben, ganz bewusst recht detailliert in einzelnen Schritten, da diese Zugänge im Zeitalter der minimalinvasiven Chirurgie schon fast in Vergessenheit geraten sind, in einer Notfallsituation jedoch – sicher beherrscht – lebensrettend sein können. Die operativen Zugänge für minimalinvasive videothorakoskopische Operationen (VATS) oder roboterassistierte Eingriffe werden in den jeweiligen Kapiteln dargestellt.
Die Umhüllung der Thoraxorgane durch ein knöchernes Skelett ist ein Spezifikum der Thoraxregion, das den operativen Zugang erschwert. Die Wahl des geeigneten Zugangsweges ist deshalb von großer Bedeutung für die intraoperative Übersicht, die technische Perfektion und die Sicherheit der Operation. Sie wird vom Operationssitus, vom Operationsziel und den anatomischen Voraussetzungen bestimmt. In diesem Kapitel werden die traditionellen Zugänge für offene Operationen beschrieben, ganz bewusst recht detailliert in einzelnen Schritten, da diese Zugänge im Zeitalter der minimalinvasiven Chirurgie schon fast in Vergessenheit geraten sind, in einer Notfallsituation jedoch – sicher beherrscht – lebensrettend sein können. Die operativen Zugänge für minimalinvasive videothorakoskopische Operationen (VATS) oder roboterassistierte Eingriffe werden in den jeweiligen Kapiteln dargestellt.

Zugänge zum Mediastinum

Zugänge zum Mediastinum (Abb. 1) können aus diagnostischen und therapeutischen Gründen notwendig werden. Deshalb spielen hier neben der großzügigen Eröffnung durch die mediane Thorakotomie mit Sternotomie, die ganz überwiegend mit therapeutischer Zielsetzung durchgeführt wird, auch kleinere umschriebene Zugänge wie die kollare Mediastinotomie und die parasternale anteriore Mediastinotomie eine Rolle. Diese eignen sich überwiegend, jedoch nicht ausschließlich, zu diagnostischen Zwecken.

Kollare Mediastinotomie

Dieser Zugang (Abb. 2) wird benutzt bei der diagnostischen Mediastinoskopie, der videoassistierten mediastinoskopischen Lymphadenektomie (Kap. „Chirurgisch-invasive Diagnostik in der Thoraxchirurgie“) und der Biopsie superiorer mediastinaler Lymphknoten (Carlens 1959; Steele und Marable 1959) sowie mit therapeutischem Ziel bei eitrigen Entzündungen des vorderen Mediastinums und beim Mediastinalemphysem (Engelmann 1983). Der Eingriff erfolgt in Rückenlage des Patienten bei rekliniertem Kopf. Haut, Subkutangewebe und Platysma werden 1 Querfinger oberhalb des Jugulums auf einer Länge von ca. 4 cm quer inzidiert. Nach Durchtrennen der oberflächlichen Halsfaszie wird zwischen den sternalen Ansätzen des M. stemocleidomastoideus die gerade Halsmuskulatur in der Mittellinie auseinandergedrängt und unter Durchtrennung der mittleren Halsfaszie in die Tiefe bis auf die Trachea präpariert. Verletzungen der Schilddrüse sind dabei leicht zu vermeiden, wenn diese nicht krankhaft vergrößert ist. Gelegentlich erweist es sich als notwendig, die Vv. thyreoideae imae zwischen Ligaturen zu durchtrennen oder den Isthmus der Schilddrüse zu mobilisieren und durch Haken nach kranial zu verlagern. Die weitere Präparation erfolgt stumpf auf der Ventralseite der Trachea, wobei ein künstlicher Raum zwischen prätrachealer Faszie und Tracheavorderwand geschaffen wird. Für die Präparation eignet sich der tastende Finger am besten. Dabei werden im Mediastinum der Truncus brachiocephalicus und der Aortenbogen nach ventral abgeschoben. Der Verschluss der kollaren Mediastinotomie erfolgt durch Subkutan- und Hautnaht. Auf die Anlage einer (paratrachealen) Redon-Drainage kann im Einzelfall verzichtet werden, in der Regel ist dies jedoch zur Nachblutungskontrolle zu empfehlen.

Parasternale anteriore Mediastinotomie

Dieser Zugang (Abb. 3) empfiehlt sich für diagnostische Maßnahmen (Kap. „Chirurgisch-invasive Diagnostik in der Thoraxchirurgie“) und eventuelle therapeutische Erweiterungen bei Erkrankungen im vorderen Mediastinum sowie zur extrapleuralen Biopsie der anterioren mediastinalen Lymphknoten als Variante bzw. Ergänzung der Mediastinoskopie oder Videothorakoskopie (Chamberlain 1965; McNeill und Chamberlain 1966; Bowen et al. 1978).
Als Zugang der parasternalen anterioren Mediastinotomie eignet sich die horizontale Inzision über der 2. oder 3. Rippe oder besser die Längsinzision parasternal von der 2. bis zur 4. Rippe, die bei Bedarf in den 3. und 4. ICR im Sinne einer anterolateralen Thorakotomie erweitert werden kann. Der M. pectoralis major wird in diesem Bereich quer zum Faserverlauf durchtrennt, somit kann die 3. Rippe in ihrem ventralen, knorpeligen Anteil auf einer Länge von 2–3 cm subperichondral reseziert werden. Bei den meisten diagnostischen Mediastinotomien ist eine Rippenresektion jedoch nicht erforderlich und der Zugang im Zwischenrippenraum ist ausreichend. Die dort verlaufenden Vasa thoracica interna müssen evtl. zwischen Umstechungsligaturen durchtrennt werden. Sie können jedoch auch nach Identifikation nach medial gedrängt werden und somit erhalten bleiben. Dieser Zugang lässt sich durch zusätzliche Resektion der 2. oder 4. Rippe vergrößern. Die Pleura (mediastinalis) wird nach Möglichkeit nicht eröffnet, sondern nach Inzision der Fascia endothoracica stumpf präpariert und durch Hakenzug seitlich abgedrängt, sodass der Weg zu den links-mediastinalen Organen frei ist. Durch stumpfe Dissektion (Cave N. phrenicus!) können links die Lymphknoten am Lungenhilus und am Hauptbronchus, am N. phrenicus, im aortopulmonalen Fenster sowie präaortal und subaortal (links-anteriore mediastinale Lymphknotengruppe), rechts die Lymphknoten am Hilus und am Hauptbronchus, auf der V. cava superior und am N. phrenicus (rechts-anteriore mediastinale Lymphknotengruppe) präpariert werden. Der Zugang lässt sich nach Eröffnung der Pleura ebenfalls zur bioptischen Klärung intrapleuraler Prozesse am oder oberhalb des Lungenhilus benutzen. In diesen Fällen kann auch ein Videomediastinoskop Verwendung finden.

Mediane Thorakotomien

Vollständige mediane Thorakotomie

Die mediane transsternale Thorakotomie (Abb. 4) wird hauptsächlich bei der Behandlung von großen Tumoren des vorderen Mediastinums und in der offenen Herzchirurgie sowie bei der bifurkationsnahen Trachealchirurgie eingesetzt.
Die Vorteile der medianen transsternalen Thorakotomie liegen in der geringeren postoperativen Belastung im Vergleich zu den lateralen Thorakotomieformen (Cooper et al. 1978; Schütz et al. 1983; Urschel und Razzuk 1986), der besseren Übersicht bei Erkrankungen des vorderen Mediastinums, des unteren Drittels der Trachea und der Trachealbifurkation (Perelman et al. 1987). Die topografisch anatomischen Beziehungen zwischen den markanten Stellen des Thoraxskeletts und den Organen des Thorax sowie des oberen Abdomens ergeben sich aus Abb. 4a.
Die Hautinzision bei der vollständigen medianen Thorakotomie beginnt etwa 1 Querfinger oberhalb des tastbaren Jugulums und wird über den Processus xiphoideus hinaus fortgeführt. Nach Spaltung des subkutanen Fettgewebes erfolgt die Durchtrennung des Sternumperiosts mit dem elektrischen Messer in der Medianlinie. Nach kranial schließt sich eine kurzstreckige Inzision der oberflächlichen Halsfaszie sowie des Lig. interclaviculare mit mittlerer Halsfaszie an, nach kaudal wird die Inzision bis auf die Linea alba fortgeführt. Am Oberrand des Sternums wird mit Hilfe des Fingers oder eines Stieltupfers die retrosternale Fläche von den dort befindlichen Strukturen vorsichtig befreit, wobei insbesondere die V. brachiocephalica sinistra geschont werden muss. Im distalen Anteil wird der Processus xiphoideus nach Inzision der Linea alba aus dem umgebenden Fasziengewebe der vorderen Bauchwand scharf gelöst.
Die Befreiung der dorsalen Sternumhälfte erfolgt sowohl von kranial als auch von distal stumpf mit Hilfe des eingeführten Fingers oder eines Stieltupfers. Sodann wird das Sternum von kranial nach kaudal der elektrischen Periostdurchtrennung folgend mit der Sternumsäge in der Mittellinie durchtrennt, wobei besonders auf die retrosternal liegenden Strukturen, vor allem die nahe unter dem Manubrium sterni gelegene V. brachiocephalica sinistra, die Aorta ascendens und den Herzbeutel, zu achten ist. Verbleibende querverlaufende Bandverbindungen in Höhe des Jugulums werden mit der Schere durchtrennt. Erst dann gelingt es, beide Sternumhälften auseinanderzudrängen. Eine subtile Blutstillung der Schnittränder des Sternums und seines Periosts – vor allem an der Rückseite – kann meist mit dem Elektrokauter durchgeführt werden. Auf die Verwendung von Knochenwachs sollte man nach Möglichkeit verzichten. Beide Sternumhälften werden wechselseitig angehoben und die Pleura parietalis von der Sternumrückwand und den knorpeligen Rippenansätzen vorsichtig abpräpariert, ohne sie zu eröffnen. Die Inzisionsränder werden mit feuchten Tüchern umlegt. Der Einsatz des Sternumspreizers erfolgt in Höhe des 4. ICR, da bei höherem Einsetzen das Manubrium sterni zu weit geöffnet wird und dabei Komplikationen, wie z. B. Schäden der Sternoklavikulargelenke und Subluxationen im Bereich der oberen 3 Sternokostalgelenke, Frakturen der 1. und 2. Rippe sowie Verletzungen des Plexus brachialis beschrieben wurden. In der Literatur wird als Ursache für die Plexusläsion nach medianer Sternotomie in den meisten Fällen eine Fraktur der 1. oder 2. Rippe und weniger, wie früher vermutet (Kirsh et al. 1971), eine Plexuszerrung angesehen. Obere Rippenfrakturen wurden in 4–16 % der Fälle nach medianer Sternotomie beobachtet, bleiben jedoch zumeist symptomlos (Woodring et al. 1985). Die Gefahr einer Rippenfrakturierung wird umso größer, je weiter die Sternalhälften auseinandergedehnt werden müssen. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die Wahrscheinlichkeit einer oberen Rippenfraktur deutlich geringer ist, wenn die obere Valve des Sternalspreizers erst in Höhe des 4. ICR, also tiefer als von der Herzchirurgie gewohnt, zu liegen kommt (Vander Salm et al. 1980). Das Sternum muss bei Eingriffen am Respirationstrakt ausgiebiger gespreizt werden als z. B. bei herzchirurgischen Eingriffen. Wird das Ausmaß der Thoraxöffnung durch die Abdominalwand begrenzt, so empfiehlt es sich, die Bauchwand in der Linea alba unter Schonung des Peritoneums längs zu inzidieren. Dadurch wird die Zugangsmöglichkeit zu den thorakalen Organen verbessert. Die Spreizung der Sternalhälften erfolgt langsam, da bei zu raschem Vorgehen die V. anonyma an ihrer Einmündung in die V. cava superior einreißen kann. Durch die weite Aufspreizung der Sternalhälften kann es zu erheblichen Torsionen im Bereich der Rippen-Wirbelsäulen-Syndesmosen kommen mit der Folge extrapleuraler Hämatombildungen, die postoperativ Schmerzen bereiten können.
Die retrosternalen Strukturen lassen sich meist durch stumpfe Präparation gut darstellten. Pleura parietalis und Pleura mediastinalis können ebenfalls stumpf vom Herzbeutel gelöst werden. Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, die V. brachiocephalica sinistra in ihrem weiteren Verlauf darzustellen, wobei insbesondere auf die kaudal mündenden Thymusvenen geachtet werden muss. Falls nötig, kann die V. anonyma durchtrennt werden. Die Eröffnung der Pleurahöhlen erfolgt situativ je nach Befund. Dabei muss kranial beiderseits auf die Schonung des nach ventral ziehenden N. phrenicus und die begleitenden Gefäße (A. und V. pericardiacophrenica) geachtet werden. Findet sich ein auf die Pleura parietalis übergreifender Tumorprozess, muss ähnlich wie bei der Dekortikation primär extrapleural vorgegangen werden. Ist es bereits zu einer Infiltration der Brustwand gekommen, sind auch im hinteren Thoraxbereich nach sorgfältigem extrapleuralen Vorgehen noch kleinere umschriebene En-bloc-Resektionen der Brustwand mit den entsprechenden Rippenabschnitten möglich. Finden sich allerdings großflächigere Infiltrationen ventral oder dorsal, kann eine türflügelartige Erweiterung der Thorakotomie notwendig werden (Abb. 5). Bei Lungenoperationen über eine mediane Thorakotomie sollte die Beatmung generell über einen Doppellumentubus erfolgen, da nur bei einseitiger Beatmung übersichtliche Verhältnisse herrschen.
Nach Beendigung des intrathorakalen Eingriffs beginnt der Verschluß der medianen Thorakotomie mit dem Versuch, die Pleura mediastinalis durch Naht zu adaptieren, was jedoch nicht immer gelingt. Dieser Schritt ist nach Pneumonektomien von besonderer Bedeutung, damit sich ungestört ein Serothorax aufbauen kann.
In den Retrosternalraum wird eine 21–24 Ch Pleura-Drainage eingelegt, die durch eine getrennte Stichinzision in der Abdominalwand ausgeleitet wird. Die Adaptation der Sternumhälften wird durch Einbringen von 5 transsternalen Drahtcerclagen vorbereitet. Alternativ kann auch absorbierbares synthetisches Nahtmaterial der Stärke 2 benutzt werden. Bietet das Sternum wegen Osteoporose kein sicheres NahtIager, so werden die Drahtnähte durch einen ICR um das gesamte Sternum geführt, um ein Durchschneiden der Drähte und eine postoperative Distension der Sternalhälften zu vermeiden (Robiesek et al. 1977). Beide Sternumhälften werden vom Assistenten durch kreuzweisen Zug an den distalen Nähten adaptiert, während der Operateur die Nähte von kranial nach kaudal knotet bzw. durch Torsion des Drahtes verschließt. Bei Verwendung von Drahtnähten ist es erforderlich, die frei stehenden Enden zu kürzen und in den prästernalen Weichteilen zu versenken. Die Naht des Periosts und evtl. der Linea alba erfolgt mit fortlaufender Naht oder Einzelknopfnähten und absorbierbarem Nahtmaterial (2x0), die darüberliegende Subkutannaht in fortlaufender Nahttechnik (3x0) und die Hautnaht mit einem intrakutan geführten absorbierbaren Faden (4x0).

Obere partielle Sternotomie

Für Operationen an der Trachea und die offen-chirurgische Entfernung von Tumoren im vorderen Mediastinum, namentlich des Thymus, genügt in vielen Fällen die obere partielle Sternotomie (Abb. 5a). Sie bietet sich auch als Notfall-Zugang zur Versorgung größerer Blutungskomplikationen bei primär minimalinvasiver Thymuschirurgie an. Es kann hierbei vorteilhaft sein, die Hautinzision im Halsbereich im Sinne eines Kocher-Kragenschnitts zu erweitern. Nach Freilegen des Sternums und der stumpfen digitalen Ablösung retrosternaler Strukturen erfolgt die mediane Sternotomie mit der Sternumsäge oder einem Lebsche-Meißel. Sie wird jedoch nur bis zum 3. oder 4. ICR geführt. In dieser Höhe wird das Sternum quer durchtrennt, danach lässt sich die obere Sternumhälfte beiderseits mit Hilfe eines Spreizers auseinanderdrängen.

Erweiterung der medianen Zugänge durch anterolaterale Thorakotomie

Gelegentlich erweist es sich bei Tumoren in der Pleurakuppe (Pancoast-Tumor, SuIcus-superior-Tumor) sowie bei chirurgischen Eingriffen wegen Metastasen in der oberen Thoraxapertur mit Brustwandinfiltration als erforderlich, den Zugang der medianen Thorakotomie türflügelartig zu erweitern (Abb. 5; Masaoka et al. 1979).
Dazu eignet sich sowohl die vollständige als insbesondere auch die partielle Sternotomie. Der Zugang wird durch Anheben der erkrankten Thoraxhälfte erleichtert. Seine Vorteile sind die gute Exposition der Pleurakuppe sowie der A. und V. subclavia, die bei Bedarf reseziert und ersetzt werden können. Nachteilig ist, dass dorsal gelegene Prozesse der Thoraxwand nur schwer erreichbar sind. Das Sternum wird z. B. in Höhe des Ansatzes der 5. Rippe quer durchtrennt und die Thorakotomie in den 4. ICR hineingeführt. Die Aa. und Vv. thoracicae internae, die unweit des lateralen Sternumrandes in kraniokaudaler Richtung verlaufen, werden dabei zwischen Umstechungsligaturen durchtrennt. Auch kranial wird die Schnittführung parallel zur Klavikula nach lateral erweitert. Eine Durchtrennung der sternalen und klavikulären Ansätze des M. sternocleidomastoideus oder der Klavikula bzw. des Sternoklavikulargelenkes ist dabei fallweise zu erwägen. Der Verschluss dieses Zugangs erfolgt in Anlehnung an das Vorgehen bei der medianen Sternotomie. Perikostale Nähte sind wünschenswert, da sie den schichtweisen, luftdichten Verschluss der Thoraxwand wie bei der anterolateralen Thorakotomie erleichtern. Eine evtl. durchgeführte Osteotomie der Klavikula wird durch eine AO-Platte stabilisiert.

Laterale Thorakotomien

Die lateralen Thorakotomien (Abb. 6) eröffnen den Zugang zu einer Thoraxhälfte und ermöglichen den besten Überblick über den jeweiligen Hemithorax im vorderen und hinteren Anteil. Sie sind indiziert bei allen einseitigen Lungen- und Pleuraerkrankungen, bei Tumoren des mittleren und hinteren Mediastinums und bei Erkrankungen der thorakalen Trachea und der Thoraxwand. Ferner eröffnen sie einen guten Zugang zur Aorta descendens, zur Speiseröhre und zum Zwerchfell. Den meisten lateralen Thorakotomien ist die langstreckige Hautinzision und Weichteildurchtrennung gemeinsam, da nur so die Rippen für eine ausreichende Exposition der thorakalen Organe weit genug gespreizt werden können. Prinzipiell sollte man bei den lateralen Thorakotomien so wenig Muskulatur wie möglich quer durchtrennen. Andererseits werden bei zu kleiner oder falsch geführter Hautinzision die Thoraxweichteile und vor allem die Haut beim Aufdehnen der Rippen zu sehr angespannt, sodass neben Rippenbrüchen postoperative Heilungsstörungen die Folge sein können (Kap. „Vermeidung und Handhabung intraoperativer Komplikationen bei thoraxchirurgischen Eingriffen“). Es gibt 3 Hauptformen der lateralen Thorakotomie: die laterale Standardthorakotomie, die anterolaterale Thorakotomie und die posterolaterale Thorakotomie.

Laterale Standardthorakotomie

Die laterale Standardthorakotomie (Abb. 7) hat den Vorteil einer guten intrathorakalen Übersicht. Nachteilig ist, dass große Muskelmassen und der N. thoracicus longus durchtrennt werden müssen. Die Hautinzision dieser früher häufig gebrauchten Thorakotomie beginnt in der Medioklavikularlinie unterhalb der Mamille, bei Frauen in der Submammarfalte. Sie wird dann in einem kranial-konvexen Bogen, dessen Spitze in der Axilla liegt, zu einem Punkt etwa 2 cm distal der Skapulaspitze, die vom Assistenten mit dem Finger markiert wird, geführt und verläuft von dort für wenige Zentimeter parallel zum dorsalen Skapularand steil nach kranial. Falls notwendig, kann der hintere obere Schnittrand nach kranial verlängert werden, wie es für die Thorakoplastik notwendig ist.
Das Ausmaß der Thorakotomie und die Größe des geplanten Eingriffs müssen zueinander in angemessenem Verhältnis stehen. Die Durchtrennung des Subkutangewebes bis auf die Faszie erfolgt mit dem elektrischen Messer. Sodann wird der mediale Rand des M. latissimus dorsi aufgesucht und freipräpariert, der Muskel mit der linken Hand von seiner Unterfläche abgehoben und auf dieser mit dem elektrischen Messer durchtrennt. Längsverlaufende Gefäße werden vom Assistenten mit 2 Pinzetten gefasst und nach Koagulation durchtrennt, bei größeren Gefäßen empfiehlt sich die Umstechungsligatur. Der nun frei liegende M. serratus anterior wird nur in seinem dorsalen Anteil durchtrennt, im ventralen Anteil können die dort im Rippenverlauf angeordneten Fasern längs auseinandergedrängt werden.
Dazu wird der Muskelhinterrand vom inzidierten Fasziendreieck aus freigelegt, von seiner Unterfläche abgehoben und im dorsalen Anteil quer durchtrennt. Wegen der in kraniokaudaler Richtung verlaufenden Innervation und Blutversorgung empfiehlt es sich, diese Durchtrennung möglichst weit kaudal durchzuführen. Dadurch wird auch vermieden, dass nach der Wiedervereinigung der einzelnen Muskelschichten die Nahtreihen des M. latissimus dorsi und des M. serratus anterior aufeinanderliegen und einen starken Wulst bilden. Nach Anheben der Skapula wird der subskapuläre Raum mit der Hand eröffnet. So lässt sich durch Abzählen der Rippen der für die Thorakotomie zu wählende ICR bestimmen. Dabei ist davon auszugehen, dass die obere noch tastbare Rippe der 2. Rippe mit dem Ansatz des M. scalenus posterior entspricht. Zur Thorakotomie wird in der Regel der 5. ICR benutzt, bei mehr kranial oder kaudal liegenden Prozessen kann auch um einen ICR höher bzw. tiefer eingegangen werden.
Für Eingriffe an der thorakalen Trachea und Bifurkation bevorzugen wir die Thorakotomie im Bett der 4. Rippe, für Pneumonektomien und Oberlappenresektionen im Bett der 5. Rippe und für Unterlappenresektionen im Bett der 6. Rippe. Häufigster Fehler ist die irrtümlich zu tief angelegte Thorakotomie, die zu Problemen bei der Hiluspräparation führen kann. In traditioneller Form der Eröffnung des Pleuraraumes wird das Periost der distal des gewählten ICR liegenden Rippe mit dem elektrischen Skalpell inzidiert und nach punktförmiger Blutstillung mit Hilfe des Raspatoriums nach kranial und um den oberen Rippenrand herum abgeschoben. Die Pleura parietalis wird anschließend im Bett der Rippe inzidiert, weil dieser Bereich besonders gefäßarm und schmächtig ist. Allgemein durchgesetzt hat sich allerdings der zeitsparende direkte Zugang durch die Muskulatur des Interkostalspaltes. Hierbei wird am Oberrand der Unterrippe mit dem Elektrokauter inzidiert, um die Interkostalgefäße nicht zu verletzen. Geschieht dies trotzdem, sollte die Blutung durch eine Umstechungsligatur gestillt werden. Die Eröffnung der Pleurahöhle wird erleichtert, wenn die Beatmung des Patienten kurzfristig unterbrochen wird, damit die Lunge nach Eröffnung der Pleura kollabiert. Die Thorakotomie wird mit dem Rippensperrer nach Gaubatz gespreizt, die Lunge mit einem Stieltupfer zurückgedrängt und die Pleura parietalis langstreckig im Bett der Rippe eröffnet. Sollte beispielsweise bei auf die Pleura parietalis übergreifenden Tumoren oder ausgedehnten Verwachsungen ein extrapleurales Vorgehen angezeigt sein, so wird auf diesen Operationsschritt verzichtet und die Pleura parietalis vor ihrer Eröffnung stumpf von ihrer Unterlage gelöst. Nach Umlegung mit angefeuchteten Bauchtüchern wird der Rippensperrer erst dann eingesetzt, wenn die Pleura allseitig weit genug abpräpariert ist (Dugan und Samson 1975).
Nach Eröffnen der Pleura wird der ICR durch den eingesetzten Rippensperrer langsam erweitert. Die Fraktur einer Rippe sollte dabei nach Möglichkeit vermieden werden, da sie postoperativ zu einer schmerzbedingt oberflächlichen Atmung mit Abhustschwäche führt. Lässt sich ein ausreichender Zugang nicht herstellen, so empfiehlt es sich, die Kostotransversalgelenke unter Durchtrennung der entsprechenden Ligamente mit dem geraden Raspatorium zu sprengen. Alternativ ist es auch möglich, eine Rippe dorsal, evtl. auch ventral, mit der Rippenschere glatt zu durchtrennen.
Nach irrtümlich zu hoch oder zu tief gewähltem Zugang kann ein traumatisierendes zu starkes Aufspreizen des Thorax durch die paravertebrale Durchtrennung der höheren, evtl. auch der tieferen Rippe vermieden werden (Kap. „Vermeidung und Handhabung intraoperativer Komplikationen bei thoraxchirurgischen Eingriffen“).
Vor dem Abschluss der Operation wird durch den Sinus phrenicocostalis eine Drainage in die eröffnete Thoraxhöhle eingelegt (Abb. 8). Zur Verringerung postoperativer Schmerzen hat es sich bewährt, die Interkostalnerven der proximal und distal der Inzision liegenden Rippe im paravertebralen Bereich aufzusuchen und um die betreffenden Nerven herum ein Lokalanästhetikum zu instillieren. Zum Verschluss der Thorakotomie werden die Rippen mit Hilfe eines Rippenkontraktors einander genähert und durch ca. 5 perikostale Einzelknopfnähte (absorbierbares, synthetisches Nahtmaterial, Stärke 2) gehalten. Die Fadenführung geht aus Abb. 7n hervor. Ziel ist die kulissenartige Deckung des Periostes mit Interkostalmuskulatur. Auch hier sollte durch entsprechende Stichführung eine Verletzung der Interkostalgefäße vermieden werden. Beim nachfolgenden schichtweisen Wundverschluss, der mit fortlaufender Nahttechnik und absorbierbarem Nahtmaterial der Stärke 2x0 erfolgt, ist darauf zu achten, dass der Verschluss luftdicht und schichtgerecht unter Berücksichtigung der einzelnen Muskelgruppen erfolgt. Die Hautnaht kann sowohl in Einzelknopftechnik als auch in fortlaufender Naht durchgeführt werden.

Laterale Thorakotomie ohne Muskeldurchtrennung

Eine Modifikation der lateralen Thorakotomie verzichtet weitgehend auf die Durchtrennung thorakaler Muskeln (Abb. 9), wodurch sich die Operationszeit verkürzt und die postoperative Belastung der Patienten erheblich verringert wird (Noirclerc et al. 1973). Bei dieser Modifikation ist die Lagerung des Patienten auf der Seite mit leicht nach dorsal geneigtem Thorax und Fixation des nach kranial und leicht dorsal geführten Armes am Narkosebügel besonders wichtig. In dieser Position treten Schulterblatt und M. latissimus dorsi weiter nach dorsal zurück. Die Hautinzision wird hier, beginnend in der Medioklavikularlinie, ca. 4 Querfinger unterhalb der Mamille etwa im Verlauf der 6. Rippe geradlinig zur Spitze der Skapula geführt.
Nach Durchtrennung des Subkutangewebes wird der ventrale Rand des M. latissimus dorsi freipräpariert, der Muskel vorsichtig mobilisiert und mit einem Haken nach dorsal gehalten. Der nun frei liegende Muskelbauch des M. serratus anterior wird auf der 6. Rippe in seiner Faserrichtung bis zur Vereinigung mit dem Hauptteil des Muskels auseinandergedrängt und ebenfalls durch Hakenzug nach dorsal verlagert. Die weitere Thorakotomie erfolgt in typischer Weise im Bett der 6. Rippe. Der ICR lässt sich nach Anheben der Thoraxmuskulatur sowohl nach ventral als auch nach dorsal weit eröffnen, sodass sich nach Einsetzen von 2 Rippensperrern ein ausreichend guter Überblick über den jeweiligen Hemithorax ergibt. Diese Form der Thorakotomie ist ungeeignet, wenn gleichzeitig eine Thorakoplastik oder eine dorsale, kuppelnahe Pleurektomie mit partieller Rippenresektion durchgeführt werden muss, da die Fixierung des Armes ein Anheben des Schulterblattes verhindert.

Posterolaterale Thorakotomie

Dieser Zugang eignet sich besonders zur Freilegung dorsal liegender thorakaler Strukturen, wie Trachea und Ösophagus, findet jedoch auch Berücksichtigung bei thorakoplastischen Operationen und Prozessen, die von der Lungenspitze auf die Thoraxwand übergreifen (Pancoast-Tumoren). Für manchen Thoraxchirurgen stellt sie die häufigste Thorakotomieform bei Operationen an der Lunge und am Tracheobronchialsystem dar, da sie neben einer guten Übersicht auch die Freilegung des vorderen und hinteren Mediastinums ermöglicht und bei präoperativ nicht festlegbarer Strategie leicht in jeder Richtung erweitert werden kann Abb. 10.
Die Schnittführung erfolgt in ähnlicher Weise wie bei der Standardthorakotomie, beginnt jedoch weiter lateral außerhalb der Medioklavikularlinie und wird nach Umschneidung der Skapulaspitze in der Mitte zwischen dorsalem Skapularand und der Wirbelsäule steil nach kranial geführt. Zusätzlich zur Durchtrennung des M. latissimus dorsi und des dorsalen Anteils des M. serratus anterior ist es bei diesem Zugang erforderlich, den M. trapezius und den M. rhomboideus major teilweise zu durchtrennen. Bei diesem Zugang kann evtl. auf die Spaltung des dorsalen Anteils des M. serratus anterior verzichtet werden, wenn dieser Bereich nach Mobilisation durch Hakenzug in ventraler Richtung verlagert wird. Eine Durchtrennung des N. thoracicus longus lässt sich in der Regel vermeiden. Die Eröffnung der Pleurahöhle erfolgt meist im Bett der 6. Rippe, bei Bedarf kann sie jedoch auch höher oder tiefer angelegt werden. Der Verschluss dieser Inzision wird in gleicher Weise durchgeführt, wie bei der lateralen Standardthorakotomie beschrieben.

Anterolaterale Thorakotomie

Bei der anterolateralen Thorakotomie (Abb. 11) handelt es sich um einen relativ muskelschonenden Eingriff, der in vielen Fällen einen genügend großen Zugang für Eingriffe im Thoraxraum, vor allem bei umschriebenen Erkrankungen in den ventralen Lungenanteilen oder im vorderen Mediastinum schafft und einen direkten und schnellen Zugang zum Lungenhilus ermöglicht.
Die anterolaterale Thorakotomie benutzt z. T. dieselben S-förmigen Inzisionslinien wie die Standardthorakotomie, wird jedoch nach ventral bis in den parasternalen Bereich fortgeführt. Die laterale Begrenzung liegt meistens noch vor dem Angulus scapulae in der Axilla. Bei Frauen wird die Inzisionslinie aus kosmetischen Gründen in die Submammarfurche gelegt und dann retromammär bis zum gewünschten ICR vorpräpariert unter Mobilisation des Brustdrüsenkörpers zwischen Pektoralisfaszie und Fettgewebe. Nach Durchtrennung des Subkutangewebes lässt sich der M. pectoralis major bei steilstehenden Rippen im Verlaufe seiner Fasern auseinanderdrängen, bei horizontalem Rippenverlauf muss er gelegentlich durchtrennt werden. Auf eine vollständige Durchtrennung der Thoraxmuskulatur (M. latissimus dorsi, M. serratus anterior) kann meist verzichtet werden, allenfalls kommt hier eine laterale Einkerbung in Frage. Der N. thoracicus longus wird geschont. Die Pleura wird meist im 4. oder 5. ICR eröffnet. Je nach Höhe der Thorakotomie müssen Teile des M. pectoralis minor ansatznah durchtrennt oder mit dem Periost von der Rippe abgehoben werden. Zur Vermeidung einer Rippenfraktur bzw. -luxation kann parasternal eine kleine subperichondrale Knorpelsegmentresektion vorgenommen werden. Der schichtweise Thoraxwandverschluss erfolgt unter Einlage einer Thoraxdrainage in typischer Weise, wie bei der lateralen Standardthorakotomie angegeben.

Gleichseitige, doppelte laterale Thorakotomie

Die Indikation zu diesem Zugang (Abb. 12) ergibt sich z. B. bei Tumoren des Lungenunterlappens mit Einbruch in das Zwerchfell, wenn neben der Lobektomie oder Pneumonektomie auch die Resektion des Zwerchfells erforderlich ist. Hauptindikation ist jedoch die operative Behandlung des diffusen malignen Pleuramesothelioms durch eine erweiterte Pleurektomie/Dekortikation mit Zwerchfellresektion. Bei diesem Eingriff wird eine posterolaterale Thorakotomie im 6. ICR mit einer lateralen Thorakotomie im 10. oder 11. ICR kombiniert. In seltenen Fällen kann eine Doppelthorakotomie auch bei einer schwierigen basalen Dekortikation angezeigt sein.

Bilaterale Thorakotomie mit querer Sternotomie (Clamshell-Thorakotomie)

Diese Thorakotomie (Abb. 13) wird heute bei elektiven Eingriffen nur noch sehr selten durchgeführt, da die gleiche Übersicht auch mit der schonenderen medianen Thorakotomie erreicht wird. Sie kann als Erweiterung einer anterioren Thorakotomie bei größeren, auf die Gegenseite übergreifenden Tumoren im vorderen Mediastinum notwendig werden. Außerdem ist dieser Zugang häufig bei einer bilateralen Lungentransplantation notwendig. Vorteile bringt er, wenn sowohl im vorderen als auch im hinteren Mediastinum eine gute Übersicht angestrebt wird. Die Indikation ergibt sich somit häufiger bei kardiovaskulären Eingriffen als bei Operationen am Respirationstrakt. Auch als Notfall-Thorakotomie bei einer penetrierenden Thoraxverletzung mit Perikard-Tamponade und konsekutivem obstruktiven Kreislaufversagen wird die Clamshell-Thorakotomie von einigen Autoren propagiert; diese Indikation wird jedoch kontrovers diskutiert (Rudolph et al. 2019).
Die Hautinzision entspricht der einer doppelseitigen anterolateralen Thorakotomie mit Verbindung beider Inzisionen über dem Sternum. Die Muskulatur kann weitestgehend durch Spreizung im Verlauf der Muskelfasern des M. pectoralis major und des M. serratus anterior geschont werden. Bei der Eröffnung beider Pleurahöhlen werden die Vasa thoracica interna beiderseits zwischen Ligaturen durchtrennt. Es ist unerheblich, ob die Thorakotomie beiderseits im selben oder in unterschiedlichen ICR erfolgt. Die quere Sternotomie kann sowohl geradlinig als auch Z-förmig angelegt werden. Letztere ergibt beim Wiederverschluss im sternalen Bereich mit Hilfe transsternal geführter Drahtnähte oder absorbierbarer Kunststofffäden den Vorteil der besseren Adaptation. Die doppelseitige laterale Thorakotomie wird nach Einlage von 2 Thoraxdrainagen in typischer Weise verschlossen.

Axilläre Thorakotomie

Diese Thorakotomie (Abb. 14) ist in ihrer traditionellen Form kaum mehr indiziert, hat sich aber in einer deutlich verkleinerten Variante als Hilfsinzision bei VATS-Operationen zur Behandlung eines Pneumothorax oder apikal gelegener Tumoren bewährt.
Die Hautinzision erfolgt traditionell im Bereich der Axilla parallel zum dorsalen Rand des M. pectoralis major und kann in einem stumpfen Winkel ventral verlängert werden. Häufiger wird heute jedoch eine kurze horizontal verlaufende Inzision im Verlauf des Oberrandes der 3. Rippe verwandt. Eine Durchtrennung der Muskulatur ist bei diesem umschriebenen und kosmetisch befriedigenden Zugang nicht erforderlich, die Muskelfasern des M. serratus anterior werden im Faserverlauf auseinandergedrängt. Der N. thoracicus longus und das thorakodorsale Gefäßbündel werden geschont. Der Thorax wird im 2. ICR eröffnet. Nach Spaltung der Pleura parietalis und Abdrängen der Lunge nach ventral wird der N. sympathicus im paravertebralen Bereich des Thorax erkennbar. Auch die extrapleurale Darstellung des N. sympathicus ist bei Verzicht auf die Pleuraeröffnung von diesem Zugang aus möglich. Allerdings ist die axilläre Thorakotomie bei operativtechnischen Schwierigkeiten kaum zu erweitern. In solchen Fällen empfiehlt sich nach Verschluss eine zweite laterale Thorakotomie. Ein ähnlicher Zugang kann auch zur Resektion der 1. Rippe beim Thoracic-outlet-Syndrom benutzt werden. Hier wird jedoch die Pleura parietalis vor der Rippenresektion ab präpariert, um so eine Eröffnung der Thoraxhöhle zu vermeiden (Roos 1966; Dale 1982).

Thorakoabdominalen Zugänge

Bei Operationen am Respirationstrakt kann sich z. B. im Rahmen der Tumorchirurgie zur Entfernung von abdominellen Metastasen die Notwendigkeit einer zusätzlichen Laparotomie ergeben. Obwohl es dann unseres Erachtens schonender ist, Thorakotomie und Laparotomie getrennt durchzuführen, kann gelegentlich einmal der kombinierte thorakoabdominale Zugang erforderlich sein. Häufiger ist dies bei Erkrankungen im Bereich des thorakoabdominalen Übergangs, z. B. bei Kardiakarzinomen, Tumoren des unteren Ösophagus und Aneurysmen der Aorta im Abschn. 3 und 4, angezeigt.

Kombinierte Thorakolaparotomie

Prinzipiell lässt sich jede Oberbauchlaparotomie mit einer Thorakotomie kombinieren (Abb. 15). Angedeutet wurde dies schon bei den medianen Thorakotomien, die sich ohne Schwierigkeiten zu einer medianen Laparotomie erweitern lassen (Abb. 4a). Auch laterale Thorakotomien können unter Durchtrennung des knorpeligen Rippenbogens oder des distalen Sternums mit einer medianen Oberbauchlaparotomie oder auch mit dem gleichseitigen oder kontralateralen Rippenbogenrandschnitt kombiniert werden. Die Kombination einer Oberbauchlaparotomie mit einer medianen Sternotomie ist unseres Erachtens weniger traumatisierend als die Durchtrennung des knorpeligen Rippenbogens, die postoperativ längere Zeit Schmerzen verursachen kann. In Abhängigkeit von der zu behandelnden Grunderkrankung wird es gelegentlich notwendig sein, das Zwerchfell zu durchtrennen, um einen gemeinsamen Operationssitus zu schaffen. Dies erfolgt immer in geringem Abstand (1–2 cm) zum peripheren Zwerchfellansatz.

Stellenwert verschiedener Thorakotomieformen

Die verschiedenen Lagerungen und thorakalen Zugänge weisen gewisse Vor-und Nachteile auf, deren Kenntnis bei der Wahl des Vorgehens hilfreich sein kann. Die mediane Thorakotomie in Rückenlage ist ähnlich wie die Bauchlage aus Gründen einer ungestörten intraoperativen Respiration vorteilhaft. Sie ist außerdem weniger traumatisierend als laterale Thorakotomien, die leicht beherrschbaren postoperativen Schmerzen schränken die Spontanatmung kaum ein. Aufgrund anatomischer Gegebenheiten erlaubt dieser Zugang eine gute Übersicht über die ventralen Anteile der Lunge und des Hilus, wohingegen dorsal liegende Strukturen, wie z. B. der Bronchus und die hinteren Lungenanteile, schwierig zu erreichen sind. Linksseitig ist nach medianer Thorakotomie die Darstellung der unteren Lungenvene wegen des vorgelagerten Herzens schwieriger als von lateral. Die Unterlappenektomie links und die Pneumonektomie links ist daher wegen der schwierigen Ligatur der unteren Lungenvene anspruchsvoll und nur dem erfahrenen Chirurgen vorbehalten. Dagegen sind auch linksseitig von median die Bronchusabsetzung an der Bifurkation und die Absetzung von Ober-und Unterlappenbronchus sowie die Ligatur der Pulmonalarterie und der oberen Lungenvene unproblematisch.
Bei Resternotomien lassen sich Tumoren in den dorsalen Partien besonders der linken Lunge wegen der Verwachsungen und dem vorgelagerten Herzen nur sehr schwierig und traumatisierend erreichen. In solchen Fällen ist daher ebenfalls die laterale Thorakotomie zu empfehlen. Grundsätzlich sind Resternotomien bei Rezidiven jedoch ohne größere Probleme durchführbar. Der Eingriff gestaltet sich leichter, wenn bei der Voroperation das Perikard nicht eröffnet wurde (Johnston 1983).
Wenn wegen eines Brustwandbefalls eine größere Brustwandresektion in den hinteren Thoraxabschnitten notwendig wird, empfiehlt sich die laterale Thorakotomie als Zugang, da die Brustwandresektion in diesem Abschnitt über den medianen Zugang schwierig und möglicherweise eine ausreichende lokale Radikalität nicht mehr gewährleistet ist. Die systematische mediastinale Lymphadenektomie ist über eine mediane Thorakotomie nur sehr schwer vollständig durchführbar. Zwar lassen sich die beidseitigen paratrachealen, tracheobronchialen und anterioren mediastinalen Lymphknoten bei medianem Zugang müheloser darstellen als über die laterale Thorakotomie, der Bifurkationsbereich und infrabifurkale Abschnitt hinter dem Lungenhilus ist aber schwieriger und z. T. nur unter Erweiterungen des Zugangs zu erreichen. Trotz dieser Nachteile wird die mediane Thorakotomie von einigen Thoraxchirurgen bei Operationen der distalen Trachea und der Bifurkation wegen der geringeren Traumatisierung bzw. besseren Übersicht bevorzugt, zumal dieser Eingriff weniger Zeit erfordert, eine frühere Entlassung aus der stationären Behandlung erlaubt und Operationen auch bei Patienten mit gestörter Lungenfunktion, die einer lateralen Thorakotomie nicht mehr zugänglich wären, ermöglicht (Urschel und Razzuk 1986). Auch die früher gefürchtete Sternuminfektion nach Operationen mit Bronchuseröffnung ist heute selten geworden und allgemein gut beherrschbar. Eine komplette (oder obere partielle) mediane Sternotomie bietet sich darüber hinaus als Notfall-Zugang zur Versorgung größerer Blutungskomplikationen im vorderen Mediastinum oder bei penetrierenden Thoraxverletzungen an.
Laterale Thorakotomien stellen wegen der im Vergleich zur medianen Thorakotomie längeren Operationsdauer, der Notwendigkeit zur Muskeldurchtrennung und im Hinblick auf die postoperative Schmerzsituation den größeren und traumatisierenderen Eingriff dar. Dennoch wird dieser Zugang wegen der guten Übersicht, die er über den gesamten Hemithorax bietet, und der problemlosen Erreichbarkeit fast aller Strukturen von den meisten Thoraxchirurgen zur offen-chirurgischen Behandlung einseitiger Lungenerkrankungen bevorzugt. Die laterale Standardthorakotomie ist heute zugunsten der anterioren halben oder posterolateralen Thorakotomie weitgehend verlassen worden, da bei diesen Verfahren weniger Muskelmassen durchtrennt werden müssen und der N. thoracicus longus geschont werden kann. Die Größe des Traumas, das bei der anterolateralen Thorakotomie geringer ist als bei der Standardthorakotomie, kann, ohne die Exposition zu beeinträchtigen, durch Verzicht auf die Durchtrennung des M. latissismus dorsi und des Hauptteils des M. serratus anterior noch verringert werden. Dadurch unterbleibt auch die Durchtrennung der für die Muskelfunktion wichtigen Nn. thoracicus longus und thoracodorsalis. Dies gilt auch für die posterolaterale Thorakotomie. Die anterolaterale Thorakotomie wird von manchen Thoraxchirurgen für die meisten offen-chirurgischen Eingriffe bevorzugt (Pichlmaier 1987). Für einen ausreichend großen Zugang auch zu den posterioren Lungen- und Mediastinalabschnitten ist allerdings eine relativ lange Hautinzision und die Mobilisation von 1 oder 2 Rippendurchtrennungen durch parasternale subchondrale Segmentresektion erforderlich, die zur postoperativen Wandinstabilität führen kann. Die posterolaterale Thorakotomie in Bauchlage wird heute kaum noch durchgeführt, obwohl sie gewisse Vorteile hat, wie den leichten und kurzstreckigen Zugang zu den Hilusstrukturen und dem hinteren Mediastinum, die fehlende Beeinträchtigung der intraoperativen Respiration und die gute Bronchialdrainage. Nachteile sind die schlechte DarsteIlbarkeit ventraler Hilus- und Mediastinalstrukturen sowie die Schwierigkeit einer umschriebenen Exstirpation im Sinne der atypischen Lungenresektion oder der Segmentresektion bei ventralen Lungenbefunden.
Die Wahl des Zugangs richtet sich nach dem Erscheinungsbild und der Lokalisation des Befundes. Die posteriore Thorakotomie hat den Vorteil, dass sie bei Bedarf zu einer posterolateralen Thorakotomie erweitert werden kann. Die Schnittführung verläuft parallel der Rippen 2 Querfinger kaudal der Schulterblattspitze. Dabei lässt sich die Muskulatur im Bereich der dorsalen „Muskellücke“ weitgehend schonen. Gegebenenfalls kann nach Aufdehnen des Thorax die Muskulatur mit einem zweiten, im Inzisionsverlauf eingesetzten kleineren Rippensperrer auseinandergehalten werden.
Bei lokalisierten Veränderungen der vorderen Lungenanteile oder des vorderen Mediastinums eignet sich die anteriore Thorakotomie. Bei Frauen ist dieser Zugang wegen seiner kosmetischen Schnittführung am Unterrand der Mamma zu bevorzugen. Die axilläre Thorakotomie kann bei Erkrankungen des apikalen Hemithorax angewandt werden, jedoch ist eine gegebenenfalls nötige Erweiterung nicht vorteilhaft.
Weitere Hinweise zur Wahl der geeigneten Thorakotomie ergeben sich aus den einzelnen Operationsindikationen.
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