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Thoraxchirurgie
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Publiziert am: 01.12.2022

Mediastinale Lymphknotendissektion

Verfasst von: Erich Stoelben
Die Lymphadenektomie ist regelhafter Bestandteil der kurativen Resektion des Lungenkarzinoms. Ein standardisiertes Vorgehen bei der Entnahme und Deklaration der Lymphknoten erlaubt eine allgemein verständliche und nachvollziehbare Stadieneinteilung der Lungenkarzinome postoperativ und die Entscheidung über weitere Therapieschritte bzw. die Nachsorge.
Die Lymphadenektomie kann in unterschiedlichem Ausmaß erfolgen. Neben der Exzision einzelner Lymphknoten können alle als pathologisch angesehenen Lymphknoten des Abflussgebietes entnommen werden (Lymphknoten-Sampling). Die Dissektion von regionalen lappenspezifischen Lymphknoten entnimmt das mediastinale Gewebe begrenzt auf das Abflussgebiet des Lungenlappens, während die systematische Lymphknotendissektion das mediastinale Lymphknoten-tragende Gewebe einer Seite entfernt. Bei der erweiterten Lymphknotendissektion wird die Resektion auch auf die Gegenseite ausgedehnt (Lardinois et al. 2006).
Definitionen der Lymphknotenchirurgie thorakal
  • Lymphknotenexzision: diagnostische Exzision einzelner Lymphknoten
  • Lymphknoten-Sampling: Entfernung pathologisch erscheinender Lymphknoten
  • Regionale Lymphknotendissektion: regionale Lymphadenektomie durch vollständige Resektion des mediastinalen Lymphknoten tragenden Fettgewebes im Lymphabstromgebiet eines Lungenlappens
  • Systematische Lymphknotendissektion: Einseitige Lymphadenektomie durch vollständige Resektion des mediastinalen Lymphknoten tragenden Fettgewebes im Lymphabstromgebiet der Lunge. Als Standard empfohlen in der Chirurgie des Lungenkarzinoms
  • Erweiterte systematische Lymphknotendissektion: beidseitige Lymphadenektomie durch vollständige Resektion des mediastinalen Lymphknoten tragenden Fettgewebes im Lymphabstromgebiet der Lunge
Der diagnostische Nutzen der Lymphknotendissektion liegt im exakten Staging. Dadurch stellt sie die Grundlage für die Entscheidung über eine adjuvante Therapie dar.
Der onkologische Nutzen der Lymphadenektomie ist umstritten (Mokhles et al. 2017). Die Bedeutung der Lymphadenektomie wird bei kleinen Adenokarzinomen der Lunge mit einem geringen invasiven Anteil prinzipiell in Frage gestellt, da diese Tumoren selten bzw. nie Lymphknotenmetastasen bilden (Yip et al. 2016). Es wird auch eine Lappen-orientierte Lymphadenektomie bei Lungenkarzinomen im Stadium I diskutiert (Riquet et al. 2015).
Die regionären Lymphknoten sind die intrathorakalen, die Skalenuslymphknoten und die supraklavikulären Lymphknoten. Es gibt keine evidenzbasierten Leitlinien betreffend der Anzahl der Lymphknoten, die bei einem chirurgischen Eingriff hinsichtlich eines adäquaten Stagings entfernt werden sollen. Ein N-Staging wird allgemein als adäquat angesehen, wenn es eine Probeentnahme oder eine Dissektion von Lymphknoten der Stationen 2R, 4R, 7, 10R und 11R für rechtsseitige Tumoren und der Stationen 5, 6, 7, 10L und 11L für linksseitige Tumoren umfasst. Station-9-Lymphknoten sollten ebenfalls evaluiert werden für Tumoren der Unterlappen (Abb. 12 und 3; Tab. 1). Die UICC empfiehlt, dass wenigstens 6 Lymphknoten/Stationen entfernt und durch eine histologische Untersuchung als tumorfrei bewiesen werden, um pN0 zu klassifizieren. Drei dieser Lymphknoten oder Stationen sollten mediastinaler Herkunft sein, eingeschlossen die subkarinalen Lymphknoten (Nr. 7) und drei der N1-Lymphknoten/Stationen. Wenn alle resezierten und histologisch untersuchten Lymphknoten negativ sind, aber die Anzahl der empfohlenen Lymphknoten nicht erreicht wurde, ist trotzdem pN0 zu klassifizieren. Wenn eine Resektion durchgeführt wurde, die sonst die Kriterien einer kompletten Resektion erfüllt, soll in einem solchen Fall R0 klassifiziert werden. Im Fall einer durch Lymphknotenmetastasen bedingten Rekurrensparese, Vena-cava-Kompression oder Phrenikusparese ist der Befund als N2–3 und nicht als T3–4 zu klassifizieren (Brierley et al. 2016).
Tab. 1
Anatomische Definition der thorakalen und supraklavikularen Lymphknoten nach IASLC (Rusch et al. 2009)
Lymphknotenstation
Beschreibung
Definition
# 1 (links/rechts)
Untere zervikale und supraklavikuläre LK
Obere Grenze: Unterrand des Krikoidknorpels
Untere Grenze: Schlüsselbeine bds. und in der Mittellinie oberer Rand des Manubriums
#L1und #R1 begrenzt durch die Mittellinie der Trachea
# 2 (links/rechts)
Obere paratracheale LK
2R Obere Grenze: Spitze von Lunge und Pleuraraum und in der Mittellinie oberer Rand des Manubrium
2R Untere Grenze: Überkreuzung des Unterrandes der V. brachiochephalica sinistra mit der Trachea
2L Obere Grenze: Spitze von Lunge und Pleuraraum und in der Mittellinie oberer Rand des Manubriums
2L Untere Grenze: Oberrand des Aortenbogens
#3 (a: prävaskulär, p: retrotracheal, links/rechts)
Prävaskuläre und retrotracheale LK
3a: Prävaskulär
Obere Grenze: Spitze des Thorax
Untere Grenze: Ebene der Karina
Vordere Grenze: Hinterseite des Sternums
Rechts: hintere Grenze: Vorderwand Vena cava superior
Links: Hintere Grenze: linke Arteria carotis
3p: Retrotracheal
Obere Grenze: Spitze des Thorax
Untere Grenze: Karina
# 4 (links/rechts)
Untere paratracheale LK
4R: rechts paratracheal und prätracheal bis zur linkslateralen Begrenzung der Trachea
Obere Grenze: Überkreuzung des Unterrandes der Vena brachiocephalica links mit der Trachea
Untere Grenze: Unterrand der Vena azygos
4L: linksseitig der linken Begrenzung der Trachea, medial des Lig. arteriosum
Obere Grenze: Oberrand des Aortenbogens
Untere Grenze: oberer Rand des linken Hauptstammes der Pulmonalarterie
# 5
Subaortale LK (aortopulmonales Fenster)
Subaortal lateral des Lig. arteriosum
Obere Grenze: Unterrand des Aortenbogens
Untere Grenze: oberer Rand des linken Hauptstammes der Pulmonalarterie
# 6
Paraaortale LK (Aorta ascendens oder entlang des Nervus phrenicus)
Anterior und lateral der Aorta ascendens und des Aortenbogens
Obere Grenze: Linie tangential zum oberen Rand des Aortenbogens
Untere Grenze: Unterer Rand des Aortenbogens
# 7
Subkarinale LK
Obere Grenze: Karina der Trachea
Untere Grenze: Oberrand des linken Unterlappenbronchus; Unterrand des Bronchus intermedius rechts
# 8 (links/rechts)
Paraösophageale LK (unterhalb der Karina)
Entlang der Wand des Ösophagus, rechts und links der Mittellinie, ausgeschlossen subkarinale Lymphknoten
Obere Grenze: Oberrand des linken Unterlappenbronchus; Unterrand des Bronchus intermedius rechts
Untere Grenze: Zwerchfell
# 9 (links/rechts)
LK des Lig. pulmonale
Innerhalb des Lig. pulmonale
Obere Grenze: untere Pulmonalvene
Untere Grenze: Zwerchfell
# 10 (links/rechts)
Hiläre LK
Unmittelbar am Bronchushauptstamm und den hilären Gefäßen, eingeschlossen die proximalen Abschnitte der Pulmonalvenen und des Pulmonalarterienhauptstammes
Obere Grenze: Unterrand der Vena azygos auf der rechten Seite; Oberrand der Pulmonalarterie links
Untere Grenze: Interlobärregion bilateral
# 11 (links/rechts)
Interlobäre LK
Zwischen dem Ursprung der Lappenbronchien.
# 11 rechts: zwischen dem Oberlappenbronchus und dem Bronchus intermedius rechts
# 11 links: zwischen dem Mittel-und Unterlappenbronchus rechts
# 12 (links/rechts)
Lobäre LK
In der Umgebung der Lappenbronchien
# 13 (links/rechts)
Segmentale LK
In der Umgebung der Segmentbronchien
# 14 (links/rechts)
Subsegmentale LK
In der Umgebung der Subsegmentbronchien
Die Lympadenektomie kann vor oder nach der Lungenresektion erfolgen. Die Durchführung vor der Lungenresektion erlaubt eine Darstellung der zentralen Gefäße und vereinfacht dadurch die Lungenresektion. Die Lymphknoten werden idealerweise en bloc reseziert, wodurch die Beurteilung der Anzahl und des extranodalen Wachstums durch die Pathologen vereinfacht wird. Typische Komplikationen nach Lymphadenektomie sind Nachblutungen aus den Bronchialarterien, der Chylothorax und die Rekurrensparese links, seltener rechts. Der postoperative Hämatothorax als seltene Komplikation wird meist durch eine Blutung aus einer Bronchialarterie ausgelöst (Sirbu et al. 1999). Wissenschaftlich basierte technische Empfehlungen für die Durchführung der Lymphadenektomie, um diese Komplikationen zu vermeiden, existieren nicht. Insbesondere in der Bifurkation ist auf eine sichere Unterbindung der Bronchialarterien und Lymphgefäße zu achten. Unter dem Aortenbogen ist eine Darstellung und Schonung des N. recurrens sinnvoll.
Literatur
Brierley JD, Gospodarowicz MK, Wittekind C (2016) TNM classification of malignant tumours. Wiley-Blackwell, Chichester
Heberer G, Schildberg FW, Sunder-Plassmann L, Vogt-Moykopf I (Hrsg) (1991) Lunge und Mediastinum. Die Praxis der Chirurgie. Springer, Berlin/Heidelberg. https://​doi.​org/​10.​1007/​978-3-662-08433-5CrossRef
Lardinois D, De Leyn P, Van Schil P et al (2006) ESTS guidelines for intraoperative lymph node staging in non-small cell lung cancer. Eur J Cardiothorac Surg 30:787–792CrossRefPubMed
Mokhles S, Macbeth F, Treasure T et al (2017) Systematic lymphadenectomy versus sampling of ipsilateral mediastinal lymph-nodes during lobectomy for non-small-cell lung cancer: a systematic review of randomized trials and a meta-analysis. Eur J Cardiothorac Surg 51:1149–1156CrossRefPubMedPubMedCentral
Riquet M, Rivera C, Pricopi C et al (2015) Is the lymphatic drainage of lung cancer lobe-specific? A surgical appraisal. Eur J Cardiothorac Surg 47:543–549CrossRefPubMed
Rusch VW, Asamura H, Watanabe H et al (2009) The IASLC lung cancer staging project: a proposal for a new international lymph node map in the forthcoming seventh edition of the TNM classification for lung cancer. J Thorac Oncol 4:568–577CrossRefPubMed
Sirbu H, Busch T, Aleksic I et al (1999) Chest re-exploration for complications after lung surgery. Thorac Cardiovasc Surg 47:73–76CrossRefPubMed
Yip R, Wolf A, Tam K et al (2016) Outcomes of lung cancers manifesting as nonsolid nodules. Lung Cancer 97:35–42CrossRefPubMed