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Systematik organisch-symptomatischer Störungen

Verfasst von: Hans Gutzmann und Michael Rapp
„Organische Symptomenkomplexe nennen wir diejenigen, die wir auf einen greifbaren körperlichen Vorgang im Gehirn als Ursache zurückführen können“ (Jaspers, Allgemeine Psychopathologie, 5. Aufl. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg, 1948, S. 495 f.). Organische Psychosyndrome können bei zahlreichen körperlichen Erkrankungen auftreten. Die Abgrenzung zu den funktionellen oder endogenen Psychosen scheitert an einem angesichts neurowissenschaftlicher Befunde nicht haltbaren Leib-Seele-Dualismus. Jaspers bemerkte bereits in seiner „Allgemeinen Psychopathologie“, dass der Gegensatz zwischen organisch und funktionell kein absoluter sei: „Was psychogen beginnt, funktionell sich auswirkt, kann organisch werden.“ (Jaspers, Allgemeine Psychopathologie, 5. Aufl. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg, 1948, S. 383). Im engeren Sinne bezeichnet der Begriff des organischen Psychosyndroms „organische Grundformen psychischen Krankseins“ (Bleuler, Lehrbuch der Psychiatrie, 15. Aufl. neu bearbeitet von M. Bleuler. Springer, Berlin/Heidelberg/New York, 1983), „bei denen es sich eben nicht um krankhafte Anlage bestimmter Funktionssysteme handelt, sondern um die Reaktion ursprünglich gesunder Gehirne auf Schädigungen, die im Laufe des Lebens einsetzten“ (Bonhoeffer, Arch Psychiatr Nervenkr 58:58–70, 1917). Also handelt es sich bei organischen Psychosyndromen um oftmals oligosymptomatische Präsentationen von spezifischen psychopathologischen und neuropsychologischen Syndromen, denen ein pathogenetischer Mechanismus zugrunde liegt. Terminologisch behaupten sich neben den „körperlich begründbaren“ psychischen Störungen besonders die synonym verwendeten Begriffe „organische“ und „symptomatische“ psychische Störung; auch der Begriff „somatogene Psychose“ findet noch gelegentlich Verwendung.