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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 08.08.2023

Orthopädie und Unfallchirurgie: Das ärztliche Gutachten

Verfasst von: Elmar Ludolph
Ärztliche Gutachten sind stets eine Auftragsarbeit. Sie dienen dazu, Wissen zu vermitteln, um einem Anderen eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen. Der ärztliche Gutachter ist der Lotse, der Wissenslücken des Auftraggebers ausfüllt. Wesentliche Erkenntnisquellen ärztlicher Begutachtung sind statistische, anatomische und biomechanische Überlegungen, Verlaufsbeobachtungen und insbesondere gesicherte ärztliche Erfahrungen, keine Wertungen und insbesondere keine rechtlichen Überlegungen, wobei der Gutachter jedoch die Rechtsgrundlagen des Rechtsgebiets, für das sein Gutachten bestimmt ist, kennen muss, insbesondere die Kausalitätsanforderungen und Beweisgrundsätze. Rückschlüsse aus ärztlichen Feststellungen/Überlegungen stehen allein dem Auftraggeber zu.
Ein gutes Gutachten ist so kurz wie möglich und so lang wie zwingend notwendig.
Neben den Rechten und Pflichten eines Gutachters – einschließlich der Vergütung und steuerrechtlicher Gesichtspunkte – wird der Aufbau eines unfallchirurgischen/orthopädischen Gutachtens vermittelt.

Was ist unter einem Gutachten, insbesondere einem ärztlichen Gutachten, zu verstehen?

Leichter ist die Antwort auf die Frage, was nicht darunter zu verstehen ist. Keine ärztlichen Gutachten sind:
  • Auskünfte, auch ärztliche, über eigene Wahrnehmungen (sachverständiger Zeuge, § 414 ZPO)
  • Berichte (Befund-, Behandlungs- und Verlaufsberichte)
  • die Behandlungsdokumentation
  • Atteste
  • Stellungnahmen, die aufgrund einer Sonderverbindung für einen konkreten Auftraggeber erstattet werden, unabhängig von ihrer Bezeichnung – beratende, gutachtliche, beratungsfachärztliche usw. (BSG, Urteil vom 05.02.2008 – B 2 U 8/07 R)
Einem Gutachten liegt in aller Regel ein Auftrag mit gezielten Fragen zugrunde, die in Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu beantworten sind. Es ist, wenn es in Auftrag gegeben wird, als Entscheidungshilfe unentbehrlich. Es dient einem bestimmten Zweck, der sich aus den Beweisfragen ergibt. Das ärztliche Gutachten hat dienende Funktion und darf über den gestellten Auftrag nicht hinausgehen. Die Beantwortung wertender, nicht medizinisch-naturwissenschaftlicher Fragen kann deshalb nie Aufgabe eines ärztlichen Gutachtens sein.
Da das Gutachten im Auftrag eines Dritten, der in aller Regel keine ärztlichen Kenntnisse hat, erstellt wird, sind Fachausdrücke zu vermeiden. „Die Gerichtsprache ist Deutsch“ (§ 184 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG). Dies gilt für alle ärztlichen Gutachten, auch soweit der Auftraggeber kein Gericht ist.

Welche Rolle hat der ärztliche Gutachter/Sachverständige?

Klar definiert ist die Rolle des vom Gericht beauftragten Sachverständigen. Die Bestimmungen der ZPO (§ 402 bis 414 ZPO), die inhaltlich von allen Prozessordnungen weitestgehend übernommen wurden, geben dazu klare Vorgaben, die im Wesentlichen auch außerhalb der Prozessordnungen gelten.

Der ärztliche Sachverständige als „Lotse“

Der ärztliche Gutachter ist der Lotse, der Berater. Kapitän, Herr des Verfahrens, ist der Auftraggeber. Dieser bestimmt Inhalt und Umfang des Auftrags und weist dem Gutachter den Weg.
Die Grundsätze der „Gewaltenteilung“, der vertikalen Zuständigkeit zwischen Auftraggeber und ärztlichem Sachverständigen, sind wie folgt definiert:
  • § 404a (3) ZPO
    Bei streitigem Sachverhalt bestimmt das Gericht, welche Tatsachen der Sachverständige der Begutachtung zugrunde legen soll.
  • § 407a (4) Satz 1 ZPO
    Hat der Sachverständige Zweifel am Inhalt und Umfang des Auftrages, so hat er unverzüglich eine Klärung durch das Gericht herbeizuführen.
Der ärztliche Gutachter ist Wissensvermittler des jeweiligen Auftraggebers (Gerichte, Unfallversicherungsträger, Private Versicherungsgesellschaften usw.). Die Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist begrenzt auf:
1.
die Feststellung von Befundtatsachen und
 
2.
die Beurteilung von Befund- und Verlaufstatsachen.
 
Seine primäre Aufgabe ist die Feststellung/Ermittlung der medizinischen Fakten – z. B. aufgrund der Behandlungs- und Verlaufsinformationen und der klinischen, bildgebenden, laborchemischen, elektrophysiologischen, makroskopischen und mikroskopischen Befunde. Es folgt die Beurteilung dieser Befunde unter Berücksichtigung der verletzungs-/krankheitsspezifischen Verlaufsinformationen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Beurteilung der Wertigkeit der Befunde (Zustands-/Finalgutachten) und/oder deren Ursachen (Zusammenhangsgutachten). Wesentliche Erkenntnisquellen ärztlicher Begutachtung sind statistische, anatomische und biomechanische Überlegungen, Verlaufsbeobachtungen und insbesondere gesicherte ärztliche Erfahrungen.
Die Funktion des ärztlichen Sachverständigen erschöpft sich jedoch nicht in der Bildung einer eigenen Überzeugung. Der ärztliche Sachverständige erfüllt seine Aufgabe nur, wenn es ihm gelingt, seine Feststellungen und seine Beurteilung dem Auftraggeber zu vermitteln, dessen Wissensstand also entsprechend zu erweitern. Wesentliche Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, die Befundtatsachen und deren Beurteilung „überzubringen“ und den Auftraggeber sachkundig zu machen. Es ist dem Auftraggeber zu vermitteln, ob eine Tätigkeit/Belastung dem Bauplan einer Körperstruktur entspricht, also physiologisch und damit nicht gefährdend ist oder nicht. Im Bereich der „Psycho-Wissenschaften“ ist die Abgrenzung schwieriger, wobei es im Kern auch dort um die Frage geht, welche Belastungen sozialadäquat sind, also toleriert werden müssen, und wann diese Schwelle überschritten ist. Dort liegt das Wissensdefizit des Auftraggebers, das es auszufüllen gilt.
Wie Wissen vermittelt werden kann, darf an einem einfachen Beispiel gezeigt werden:
Fallbeispiel
Der 75-jährige Proband führt Veränderungen der Rotatorenmanschette auf eine direkte Krafteinwirkung auf die Schulter zurück: Sturz auf die Schulter bei angelegtem Arm.
  • Statistik: Ab einem bestimmten Alter werden Veränderungen der Rotatorenmanschette zu einem Regelbefund. Das Schadensbild (Veränderungen der Rotatorenmanschette) ist also nicht verletzungstypisch oder gar verletzungsspezifisch.
  • Anatomie: Der Deltamuskel ist der Rotatorenmanschette vorgelagert. Daraus ergibt sich die biomechanische Konsequenz, dass die Rotatorenmanschette durch eine direkte Krafteinwirkung nur nachrangig gefährdet ist. Ohne deutliche äußere Verletzungszeichen lässt sich der Unfallzusammenhang eines Rotatorenmanschettenschadens nicht begründen.
Es kommt also nicht darauf an, dass der Sachverständige „meint“, „überzeugt ist“, „glaubt“, „sich sicher ist“. Entscheidend ist, dass der Auftraggeber so umfassend informiert wird, dass er sich eine eigene Überzeugung bilden und diese auch verantworten kann.
Für die Verständigung von Juristen und Ärzten ist es wichtig, dass der ärztliche Gutachter die Grundlagen des Rechtsgebietes, für das das Gutachten bestimmt ist, kennt. Denn jedes Rechtsgebiet hat seinen eigenen Ductus und von daher auch seine eigenen Rechtsbegriffe (z. B. Vorschaden, Vorinvalidität, MdE, GdS, Adäquanz, wesentliche Teilursache usw.) und Beweisregeln (Vollbeweis, hinreichende Wahrscheinlichkeit, Anscheinsbeweis usw). Die Vermittlung dieser Kenntnisse ist Ziel der Weiterbildung zum „Arzt für Sozialmedizin“ und der „Curricularen Fortbildung“, die es – erfolgreich durchlaufen – entsprechend § 27 Abs. 4 der (Muster-)Berufsordnung erlaubt, die Bezeichnung „Medizinische Begutachtung“ zu führen, die eine „sachliche berufsbezogene Information“ über besondere Kenntnisse ist, jedoch keine Zusatzbezeichnung, wie z. B. Chirotherapie.
Die Erörterung/Erläuterung/Beantwortung von Rechtsfragen ist dagegen nicht Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen. Für diese Fragen ist der ärztliche Gutachter weder sachverständig noch bedarf der Auftraggeber dazu seiner Hilfestellung. Die Argumentationsschiene ist also im Kernbereich der Medizin anatomisch-naturwissenschaftlich. Sie ist nie juristisch wertend.
Gefragt ist der ärztliche Gutachter in aller Regel dennoch zum Ergebnis seiner Feststellungen.
Soweit die Beurteilung allein unter anatomisch-funktionellen Gesichtspunkten erfolgt, fällt sie unter die Zuständigkeit des ärztlichen Sachverständigen. Dies ist z. B. bei der Invalidität (Private Unfallversicherung) der Fall und unterscheidet diese z. B. von der MdE (Gesetzliche Unfallversicherung). Während die Invalidität definiert ist als „Verlust oder Funktionsunfähigkeit“, die zu bemessen ist, wobei „die Bemessung“ „ausschließlich“ nach „medizinischen Gesichtspunkten“ „erfolgt“ (Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen – AUB – 2020, Ziff. 2.1.2.2.2), geht die Einschätzung der MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) deutlich über die Beurteilung anatomisch-funktioneller Kriterien hinaus. Sie umfasst deren Auswirkungen auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt, eine Frage, für die der ärztliche Gutachter nicht sachverständig ist. Auch insofern hat der ärztliche Gutachter jedoch häufig durch die unmittelbare Kenntnis der Befundtatsachen einen Informationsvorsprung, der trotz guten Bemühens verbal nicht immer auszugleichen ist. Äußerungen insoweit sind jedoch nur ein unverbindlicher Vorschlag.
Der ärztliche Gutachter hat dem Auftraggeber das diesem fehlende ärztliche Wissen zu vermitteln. Er hat Befunde zu erheben und daraus Schlussfolgerungen auf seinem Fachgebiet zu ziehen. Das Sagen zu den daraus resultierenden Rechtsfolgen hat allein der Auftraggeber.

Rechtsstellung des ärztlichen Sachverständigen

Zur Rechtsstellung des ärztlichen Gutachters ist zu unterscheiden zwischen derjenigen gegenüber dem Auftraggeber (Gericht, Versicherung, Schlichtungsstelle usw.) und derjenigen gegenüber dem Probanden (Kläger, Antragsteller, Versicherter, Verletzter usw.). Ärztliche Begutachtung ist ein Dreiecksverhältnis. Alle Beteiligten dieses Dreiecksverhältnisses unterliegen allgemeinen und besonderen – aus dem Sonderrechtsverhältnis – resultierenden Rechtspflichten.
Bei einem Gutachten im privaten Auftrag, z. B. im Auftrag einer Privaten Unfallversicherung, gilt zwischen ärztlichem Sachverständigen und Auftraggeber das Werkvertragsrecht. Geschuldet wird also das Ergebnis, nicht die Tätigkeit:
  • § 631 ff. BGB
    (1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Für Fehler des Gutachtens oder sonstige Mängel haftet der Gutachter dem Auftraggeber gegenüber nach § 634 BGB.
Ist der ärztliche Gutachter demgegenüber Beamter und als solcher z. B. an einem Gesundheitsamt tätig, gelten im Verhältnis zum Auftraggeber die §§ 60 ff. BBG (Bundesbeamtengesetz) bzw. die entsprechenden Bestimmungen in den Landesbeamtengesetzen.
Für vom Gericht beauftragte Sachverständige ist das Rechtsverhältnis zum Auftraggeber (Gericht) geregelt in Titel 8 der Zivilprozessordnung, §§ 402 ff. ZPO.
Es fragt sich jedoch, wie die Rechtslage zwischen Sachverständigem und Probanden ist. Obwohl in der Regel ein persönlicher Kontakt zwischen Probanden und Gutachter zustande kommt – der Proband sucht den Gutachter zum Zwecke der gutachtlichen Untersuchung auf –, wird zwischen diesen kein Sonderrechtsverhältnis begründet. Es gelten die allgemeinen Schutzbestimmungen. Gehaftet wird aus „Unerlaubten Handlungen“ (Titel 27, §§ 823 ff. BGB):
  • § 823 (1) BGB Schadensersatzpflicht
    Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Wird der Gutachter als Beamter tätig, z. B. als Bediensteter eines Gesundheitsamtes, gilt:
  • § 839 (1) BGB Haftung bei Amtspflichtverletzung
    Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Für den gerichtlich bestellten Sachverständigen gilt:
  • § 839a (1) BGB Haftung des gerichtlichen Sachverständigen
    (1) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.
Diese Norm gilt auch für den von einer Behörde bestellten Sachverständigen. Zwar ist dieser Fall nicht ausdrücklich durch § 839a ZPO erfasst. Dies ergibt sich aber aus § 65 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz).
Es bestehen also zwischen Gutachter und dem Probanden grundsätzlich keine über die allgemeinen Normen hinausgehenden Rechte und Pflichten, wobei teilweise zwar vertreten wird, die Rechtsbeziehung zwischen Auftraggeber und Gutachter strahle auf den Probanden aus. Daraus ergebe sich ein Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter, zu Gunsten des Probanden.
Fallbeispiel
Der Proband rutscht nach Betreten des Untersuchungsraums auf Nässe aus und verletzt sich. Der Gutachter verweist den Probanden an sein Personal und trägt vor, er habe dies bestens ausgebildet und überwacht. Er entlastet sich (§ 831 (1) BGB).
Die Möglichkeit, sich zu exkulpieren, wird ihm genommen, wenn davon ausgegangen wird, dass der zwischen Auftraggeber und Gutachter abgeschlossene Werkvertrag insoweit zu Gunsten des Probanden ausstrahlt, als dieser aufgrund von Anweisungen des Auftraggebers zur gutachtlichen Untersuchung erscheint (§ 278 BGB).
Das Rechtsverhältnis zwischen Gutachter und Auftraggeber richtet sich – in Abhängigkeit vom Innenverhältnis Auftraggeber und Gutachter – entweder nach Werkvertragsrecht (BGB), nach Beamtenrecht oder nach der ZPO. Dem Probanden stehen gegenüber dem Gutachter nur die allgemeinen Schutzbestimmungen zu, es sei denn, man folgt dem Konstrukt eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.

Pflichten des ärztlichen Sachverständigen

Die Pflichten des ärztlichen Gutachters/Sachverständigen sind im Einzelnen festgehalten in der ZPO (§ 402 ZPO bis § 414 ZPO), auf die andere Prozessordnungen und das Verwaltungsverfahrensgesetz (§ 65 VwVfG) verweisen. Sie strahlen auf den ärztlichen Gutachter außerhalb von Prozessordnung und Verwaltungsverfahren aus. Eine Ausnahme bildet nur die Strafprozessordnung, die aber zu den zentralen Fragen vergleichbare Vorschriften enthält. Die nachfolgende Diskussion folgt der ZPO.
Im Gegensatz zum BGB, das es dem Gutachter freistellt, ob er einen Auftrag übernimmt, ist die Tätigkeit als Sachverständiger nach der ZPO eine Staatsbürgerpflicht. Dennoch besteht keine grundsätzliche Verpflichtung, als solcher tätig zu werden. Davon bestehen jedoch drei Ausnahmen (§ 407 ZPO):
  • Öffentliche Bestellung als Gutachter
  • Öffentliche Ausübung einer Wissenschaft, einer Kunst oder eines Gewerbes
  • Erklärung der Bereitschaft zur Erstellung des Gutachtens dem Gericht gegenüber
Der Arzt ist mit der Approbation zur Erstattung von Gutachten öffentlich bestellt. Er muss also auf Verlangen des Gerichts tätig werden (§ 407 ZPO). Er kann jedoch aus den gleichen Gründen die Erstellung eines Gutachtens verweigern wie ein Zeuge (§ 408 ZPO in Verbindung mit § 383 ZPO), v. a. also aus verwandtschaftlichen Gründen.
Von zentraler Bedeutung – auch außerhalb der Zivilprozessordnung – ist die Verpflichtung des ärztlichen Gutachters zur Unbefangenheit:
  • § 407a ZPO Weitere Pflichten des Sachverständigen
    (2) Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Der Sachverständige hat dem Gericht solche Gründe unverzüglich mitzuteilen. Unterlässt er dies, kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden.
Den ärztlichen Sachverständigen hat Unbefangenheit auszuzeichnen. Er muss also beiden Parteien mit gleicher sachlicher Distanz gegenübertreten. Liegt ein möglicher Ausschluss- bzw. Ablehnungsgrund vor, ein Recht, von dem beide Parteien Gebrauch machen können (§ 406 ZPO i.v. m. §§ 41, 42 ZPO), nicht jedoch der Sachverständige selbst, so hat der Sachverständige die ihm erkennbaren Gründe, die zur Ablehnung führen könnten, vor Aufnahme seiner sachverständigen Tätigkeit offenzulegen (§ 407a (2) ZPO), will er nicht den Anspruch auf Entschädigung verlieren (§ 413 ZPO i.v. mit § 8a (1) JVEG). Er ist also zur Vorabinformation verpflichtet. Er darf nicht abwarten, ob und wie eine Partei reagiert. Dabei ist nicht maßgeblich, ob der ärztliche Sachverständige tatsächlich befangen ist. Entscheidend ist, ob „ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit“ des Sachverständigen zu begründen (§ 42 (2) ZPO). Ablehnungsgründe können sein:
1.
Eine besondere Beziehung zu einer der Parteien (intensive berufliche Zusammenarbeit, z. B. als Beratender Arzt – Bayerisches LSG, Beschluss vom 25.09.2015 – L 2 SF 64/13 B).
 
2.
Vorbefassung mit der gutachtlich zu beantwortenden Frage, wobei der Gutachter nach § 109 SGG davon eine Ausnahme ist, also auch zu beauftragen ist, wenn er zuvor schon therapeutisch tätig war oder gutachtlich Stellung genommen hat.
 
3.
Abweichen von den Beweisfragen oder den vorgegebenen Anknüpfungstatsachen (Pfälzisches OLG Zweibrücken, Beschluss vom 20.01.2016 – 1 U 9/07).
 
4.
Überschreiten des Gutachtenauftrags durch eigenmächtiges Handeln (nicht vom Auftrag gedeckte Befragung, klinische, bildgebende Untersuchung).
 
5.
Abwertende Äußerungen oder despektierliches Verhalten gegenüber dem zu Begutachtenden (z. B. Duzen).
 
Kein Befangenheitsgrund sind grundsätzlich sachliche Fehler des Gutachtens. Denn fehlende Qualifikation trifft beide Parteien (Bayerisches LSG, Beschluss vom 10.06.2014 – L 2 SF 50/14 AB).
Das Lehrer-Schülerverhältnis wird immer wieder als Grund für eine Befangenheit angeführt, dies auch unter Hinweis auf die (Muster-)Berufsordnung, die dazu jedoch im Widerspruch steht:
  • § 29 Kollegiale Zusammenarbeit
    (1) Ärztinnen und Ärzte haben sich untereinander kollegial zu verhalten. Die Verpflichtung der Ärztin oder des Arztes, in einem Gutachten, auch soweit es die Behandlungsweise einer anderen Ärztin oder eines anderen Arztes betrifft, nach bestem Wissen ihre ärztliche Überzeugung auszusprechen, bleibt unberührt.
Durch Bekanntmachung der Neufassung der Zivilprozessordnung vom 05.12.2005 wurden strafbewehrte Erledigungsfristen eingeführt. Ursache war die Prozessverschleppung durch ausbleibende Gutachten:
  • § 411 ZPO Schriftliches Gutachten
    (1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.
    (2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3000 EURO nicht übersteigen.
  • § 407a ZPO Weitere Pflichten des Sachverständigen
    (1) Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag … innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann. Ist das nicht der Fall, so hat der Sachverständige das Gericht unverzüglich zu verständigen.
  • § 8a JVEG Wegfall oder Beschränkung des Vergütungsanspruchs
    (2) Der Berechtigte erhält eine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist, wenn er
    1. gegen die Verpflichtung aus § 407a Absatz 1 bis 4 Satz 1 der Zivilprozessordnung verstoßen hat, es sei denn, er hat den Verstoß nicht zu vertreten;
    4. trotz Festsetzung eines weiteren Ordnungsgeldes seine Leistung nicht vollständig erbracht hat.
Im Auftrag einer Privaten Unfallversicherung wird der Versicherte 4 Wochen nach Auftragseingang gutachtlich untersucht. Das Gutachten selbst geht jedoch erst 6 Monate nach der gutachtlichen Untersuchung mit aktuellem Datum beim Auftraggeber ein.
Mit Ausnahme des „Ärzteabkommens“, das für Begutachtungen im Auftrag der Berufsgenossenschaften/Unfallkassen eine Erledigungsfrist von 3 Wochen für die gutachtliche Untersuchung, die Absetzung und den Eingang des Gutachtens vorsieht, gibt es keine verbindlichen Erledigungsfristen. Direkte Konsequenzen bei Überschreiten der Frist sind zudem in der sicherlich zu kurzen Frist im Ärzteabkommen nicht vereinbart. Es entfällt nicht etwa die Vergütung. Es werden auch keine sonstigen Sanktionen ausgesprochen. Orientierungspunkt sind jedoch die Fristen für die Absetzung von Gerichtsurteilen:
  • § 275 (1) StPO
    1) Ist das Urteil mit den Gründen nicht bereits vollständig in das Protokoll aufgenommen worden, so ist es unverzüglich zu den Akten zu bringen.
    Dies muss spätestens fünf Wochen nach der Verkündung geschehen; diese Frist verlängert sich, wenn die Hauptverhandlung länger als drei Tage gedauert hat, um zwei Wochen, und wenn die Hauptverhandlung länger als zehn Tage gedauert hat, für jeden begonnenen Abschnitt von zehn Hauptverhandlungstagen um weitere zwei Wochen.
    Nach Ablauf der Frist dürfen die Urteilsgründe nicht mehr geändert werden.
    Die Frist darf nur überschritten werden, wenn und solange das Gericht durch einen im Einzelfall nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand an ihrer Einhaltung gehindert worden ist.
  • § 310 ZPO
    (1) Das Urteil wird in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzuberaumenden Termin verkündet. Dieser wird nur dann über drei Wochen hinaus angesetzt, wenn wichtige Gründe, insbesondere der Umfang oder die Schwierigkeit der Sache, dies erfordern.
    (2) Wird das Urteil nicht in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, so muss es bei der Verkündung in vollständiger Form abgefasst sein.
Diese Erledigungsfristen gehen insgesamt, abgeändert nach den unterschiedlichen Zwängen von Zivil- und Strafrecht, von einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen mündlicher Verhandlung und Urteilsverkündung aus. Ein Gerichtsurteil ist im Zivilprozess somit in aller Regel innerhalb von 3 Wochen nach seiner Verkündung vollständig schriftlich abzufassen. Bei Überschreitung einer Frist von 5 Monaten gilt es als nicht mit Gründen versehen und ist ein alleiniger Grund für die Berufung/Revision. Dazu der BGH (Urteil vom 19.05.2001 – XII 7 R 270/02):
„Tragender Gesichtspunkt für diesen übergreifenden verfahrensrechtlichen Grundsatz ist – unabhängig davon, ob die jeweiligen Verfahrensordnungen (wie hier § 548 ZPO) die Fünfmonatsfrist als absolute Frist für die Rechtsmitteleinlegung vorsehen – die Einsicht, dass das richterliche Erinnerungsvermögen abnimmt und nach Ablauf von mehr als fünf Monaten nicht mehr gewährleistet ist, dass der Eindruck von der mündlichen Verhandlung und das Beratene noch zuverlässigen Niederschlag in den so viel später abgefassten Gründen der Entscheidung findet. Es geht mithin um die Vermeidung von Fehlerinnerungen und damit um Gründe der Rechtssicherheit.“
Vergleichbare Anforderungen gelten auch für ärztliche Gutachten. Dem entspricht auch § 25 der (Muster-)Berufsordnung, die eine „angemessene“ Erledigungsfrist verlangt. Das schriftliche Gutachten muss noch unter dem Eindruck der Untersuchung abgefasst werden. Der Hintergrund ist, dass der persönliche Eindruck, der auf der gutachtlichen Untersuchung basiert, ungeachtet aller evtl. in der Untersuchungssituation angefertigten Aufzeichnungen, mit zunehmendem Zeitablauf immer mehr verblasst, bis das Gutachten allenfalls noch den Wert eines Gutachtens nach Aktenlage hat.
Im Übrigen signalisiert ein erhebliches Intervall zwischen Untersuchung des Probanden und Absetzung des Gutachtens in aller Regel, dass der Gutachter mit den an ihn gestellten Fragen überfordert ist.
Übersicht
Die Approbation ist mit der Verpflichtung verbunden, als ärztlicher Sachverständiger tätig zu werden (§ 407 ZPO).
Ein ärztliches Sachverständigengutachten wird in aller Regel – vor dem Hintergrund der Menschenwürde des Untersuchten – unter Ausschluss zumindest einer Partei erstattet. Dann ist aber durch den ärztlichen Sachverständigen in besonderem Maße darauf zu achten, dass seinem Verhalten keine Gründe zu entnehmen sind, die Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit begründen können (§ 42 (2) ZPO). Soweit dem ärztlichen Sachverständigen Befangenheitsgründe bekannt sind, hat der Sachverständige diese vor Übernahme des Gutachtensauftrags offenzulegen (§ 407a (2) ZPO), will er seine Entschädigung nicht verlieren (§ 8a (1) JVEG).
Ebenso offenzulegen hat der ärztliche Sachverständige, ob er das Gutachten innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigen kann (§ 407 (1) ZPO).

Das „Sagen“ über die Tätigkeit des Sachverständigen

Der „Herr“ über die Tätigkeit des Sachverständigen ist das Gericht:
  • § 404a (1) ZPO Leitung der Tätigkeit des Sachverständigen
    Das Gericht hat die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen.
Dies gilt v. a. für „Art und Umfang“ der Beweisaufnahme und den Umgang des Sachverständigen mit den Parteien.
  • § 404a (3) und (4) ZPO
    (3) Bei streitigem Sachverhalt bestimmt das Gericht, welche Tatsachen der Sachverständige der Begutachtung zugrunde legen soll.
    (4) Soweit es erforderlich ist, bestimmt das Gericht, in welchem Umfang der Sachverständige zur Aufklärung der Beweisfrage befugt ist, inwieweit er mit den Parteien in Verbindung treten darf und wann er ihnen die Teilnahme an seinen Ermittlungen zu gestatten hat.
Grundsätzlich gibt das Gericht die nicht-medizinische Anknüpfungstatsache, den Sachverhalt, vor. Gegen diese Grenzziehung zwischen Auftraggeber und ärztlichem Sachverständigen wird bei der Auftragsvergabe und Auftragsausführung besonders häufig verstoßen.
Fallbeispiel
Der Sachverständige erhält den Auftrag, zum Kausalzusammenhang zwischen einem Bizepssehnenschaden und einer versicherten Tätigkeit gutachtlich Stellung zu nehmen und die unfallbedingten Funktionseinbußen zu sichern. Angaben dazu, welcher Sachverhalt der Beurteilung zugrunde zu legen ist, fehlen.
Zum Ablauf der versicherten Tätigkeit ergeben sich unterschiedliche Angaben aus den Aktenunterlagen Einmal soll es beim Anheben einer mit Mörtel gefüllten Wanne zum Schaden gekommen sein, zum anderen will der Proband die abrutschende Wanne abgefangen haben. Der ärztliche Sachverständige legt eine 3. Version seiner Beurteilung zugrunde, die er vom Versicherten anlässlich der gutachtlichen Untersuchung erfragt hat. Die Mörtelwanne wurde zu zweit getragen. Der Partner stolperte und ließ die Mörtelwanne plötzlich los. Die beiden letzten Alternativen gefährden die Bizepssehne.
Das Gericht muss sich entweder, ggf. nach Beweisaufnahme, auf einen bestimmten Sachverhalt festlegen – das ist der korrekte Weg –, oder es muss das Problem offenlegen und den Sachverständigen ausdrücklich beauftragen, wenn dem Gericht der nötige Sachverstand fehlt, wobei der dann korrekte Weg die Anhörung der Partei und die Vernehmung von Zeugen durch das Gericht in Gegenwart des Sachverständigen ist. Die Schaffung der Voraussetzungen für eine gutachtliche Aussage muss für beide Prozessparteien durchschaubar sein. Die Verlagerung von Aufgaben des Gerichts auf den Sachverständigen bzw. die Nichtbeachtung dieser Aufgabenteilung durch den Sachverständigen sind die Ursache häufiger Fehler von Gutachten.
Das Vorgehen des Gerichts und des ärztlichen Sachverständigen im o. g. Beispielsfall verstößt gegen § 404a ZPO und führt zur Angreifbarkeit des Gutachtens.
Das Gericht gibt dem Sachverständigen die Anknüpfungstatsachen vor (§ 407a (3) ZPO) und bestimmt Art und Umfang von dessen Tätigkeit. Hat der Sachverständige „Zweifel zu Inhalt und Umfang des Auftrags“ (§ 407a (4) ZPO), so hat er deren „Klärung durch das Gericht zu veranlassen“.

Beschränkung auf die eigene Sachkunde

Die Beschränkung des Sachverständigen auf die eigene Sachkunde ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Das ist der Bezeichnung als Sachverständiger immanent.
  • § 407a (1) ZPO Weitere Pflichten des Sachverständigen
    (1) Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger … erledigt werden kann. Ist das nicht der Fall, so hat der Sachverständige das Gericht unverzüglich zu verständigen.
„Schuster bleib bei Deinem Leisten“, dieser Satz, den der griechische Maler Apelles (4. Jahrhundert v. Chr.) einem Schuster zurief, als dieser außer der Schuhschnalle meinte, auch die Ausprägung der Wade, zu der er kein Fachmann war, auf einem Gemälde des Apelles kritisieren zu müssen, hat auch die Richtschnur für den ärztlichen Sachverständigen zu sein.
Fallbeispiel
Als Gutachter beauftragt ist der Unfallchirurg. Dieser ist, um Aussagen auf seinem Gebiet treffen zu können, auf die Befundung von kernspintomografischen Aufnahmen angewiesen. Diese befundet er selbst. Bei der klinischen Untersuchung gibt der Betroffene zudem Nervenversorgungsstörungen an. Diese – unter vermeintlichem Antwortzwang stehend – beurteilt der Unfallchirurg ebenfalls selbst, ohne die dazu erforderlichen apparativen Untersuchungen ausführen zu können.
Der Unfallchirurg oder auch der Orthopäde ist letztlich weder primär sachverständig zur Befundung kernspintomografischer Aufnahmen noch zur Sicherung und Beurteilung von Nervenversorgungsstörungen. Er überschreitet sein Fachgebiet. Zuständig sind die Radiologie und die Neurologie. Diese nicht vom eigenen Sachverstand gedeckten Teile eines Gutachtens sind deshalb so gefährlich, weil diese Mängel vom Auftraggeber in der Regel nicht erkannt werden.
Ein besonderer Wirrwarr ist bei der Begutachtung von Schmerzen gegeben. Hier streiten die Unfallchirurgie, die Orthopädie, die Psychiatrie und die Anästhesiologie um die Zuständigkeit. Die Zuständigkeit für die Begutachtung folgt der Zuständigkeit für die Therapie (Tab. 1). Die Unfallverletzung wird durch den Unfallchirurgen behandelt, die psychische Fehlentwicklung durch den Psychiater und die Schmerzkrankheit durch den Anästhesisten. Zuständig für die Begutachtung strukturell bedingter Schmerzen ist demzufolge das Fachgebiet, das für die Behandlung der strukturellen Veränderungen zuständig ist (Unfallchirurgie). Zuständig für die Begutachtung strukturell nicht erklärter Schmerzen ist die Psychiatrie. Die Anästhesie ist für die Begutachtung des krankheitskonformen Verlaufs zuständig. Diese Abgrenzung der Zuständigkeiten ist dann von besonderer Bedeutung, wenn sich die Schmerzen von den strukturell bedingten Veränderungen lösen und ins Subjektive verlagern. Dann ist der Fachmann gefragt.
Tab. 1
Zuständigkeit für die ärztliche Begutachtung; Auswahl des richtigen Sachverständigen
Sachverständiger
Aufgabe
Unfallchirurg
Sicherung und Behandlung von Verletzungen und deren Folgen, Rückschlüsse von Verletzungsmechanismen auf Unfallfolgen
Orthopäde
Sicherung und Behandlung anlagebedingter und erworbener Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats
Neurochirurg
Behandlung von Erkrankungen und Verletzungen des zentralen und peripheren Nervensystems
Anästhesist
Schmerzausschaltung, Schmerzbehandlung
Internist
Sicherung und Behandlung von Erkrankungen und Unfallfolgen auf internem Fachgebiet
Neurologe
Sicherung und Behandlung von Nervenschäden
Psychiater
Sicherung und Behandlung psychischer Veränderungen
Pathologe
Feingewebliche Befundung
Rechtsmediziner
Sicherung der Ursachen unklarer Verletzungen und eines unklaren Todes
Radiologe
Sicherung, vor allem aber Beurteilung bildgebender Aufnahmen, wobei zu Röntgen-Aufnahmen teilweise auch die Zuständigkeit anderer Fachrichtungen gegeben ist
Der Sachverstand zur Erstattung ärztlicher Gutachten richtet sich nach dem Sachverstand für die Therapie. Damit ergibt sich der Sachverstand in aller Regel aus der Weiterbildungsordnung. Überschreitet der ärztliche Gutachter sein spezielles Fachwissen, liegt kein Sachverständigengutachten mehr vor. Der ärztliche Gutachter ist dafür verantwortlich, dass er sich nur im Rahmen seiner Sachkunde äußert. Fehlende Sachkunde hat der Gutachter unverzüglich dem Gericht mitzuteilen (§ 407a (1) ZPO).

Höchstpersönliche Verpflichtung

Die Tätigkeit als Sachverständiger ist eine höchst persönliche Verpflichtung.
  • § 407a (3) ZPO Weitere Pflichten des Sachverständigen
    Der Sachverständige ist nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt.
Der persönliche Charakter der Sachverständigentätigkeit spiegelt sich bereits im Gutachtenauftrag wider. Zu benennen ist eine bestimmte Person, keine Institution bzw. Klinik. Der Sachverständige ist nicht befugt, den Gutachtenauftrag auf einen anderen zu übertragen. Davon gibt es zwei vermeintliche Ausnahmen:
  • „Hilfsdienste“, gemeint ist die Hilfe bei Arbeitsgängen, die in aller Regel von ärztlichen Hilfskräften ausgeführt werden, und
  • „Mitarbeit einer anderen Person“, die dann aber „namhaft“ gemacht werden muss und deren Tätigkeitsumfang benannt werden muss.
Unter „Hilfsdiensten“ ist die Erhebung untergeordneter Befunde zu verstehen, die keiner Interpretation zugänglich sind und deren Kenntnis (Eindruck) nicht für die Interpretation weiterer Befunde maßgeblich ist. Neben Laborwerten sind dies z. B. das Körpergewicht, die Körperlänge und fotografisch zu erhebende Befunde. Die Erhebung der Umfangmaße ist dagegen kein „Hilfsdienst“, weil sie Teil der Inspektion insgesamt ist, also von Muskulatur, Beschwielung, Arbeitsspuren, Hauttugor (Spannungszustand der Haut) und Durchblutung. Kein „Hilfsdienst“ ist die Überprüfung der Beweglichkeit in den einzelnen Gelenken. Diese ist – ebenso wie die Erhebung der Umfangmaße, die in Relation zu der geführten Beweglichkeit stehen muss – wesentlicher Teil der klinischen Befunderhebung.
Unter „Mitarbeit einer anderen Person“ sind z. B. die Durchführung von Testverfahren sowie psychologische Untersuchungen als Teil psychiatrischer Gutachten zu verstehen. Im Rahmen unfallchirurgisch-orthopädischer Gutachten ist eine solche „Mitarbeit“ kaum vorstellbar und nicht sinnvoll. Denn die persönliche Verantwortung für die Beantwortung der Beweisfragen verbleibt beim vom Gericht beauftragten Sachverständigen. Dieser kann der Sachverständige nur nachkommen, wenn er die Klagen des Probanden zur Kenntnis nimmt und die klinische Untersuchung und Befundung bildgebender Untersuchungen (Röntgen-Aufnahmen, Sonografie) als entscheidende Erkenntnisquellen, die nicht delegiert werden können, selbst durchführt. Delegiert werden kann allenfalls ein Teil des Aktenstudiums, wobei der beauftragte Sachverständige dessen Kern selbst zur Kenntnis nehmen muss. Dass die Beurteilung nicht delegiert werden kann, ist eine Selbstverständlichkeit.
Gegen die Verpflichtung zur persönlichen Erstattung des Gutachtens wird besonders häufig verstoßen. Diese Verstöße sind durch einen medizinischen Laien gelegentlich nur schwer erkennbar oder werden auch vom Gericht – im verständlichen Wunsch nach Beschleunigung des Rechtsstreits – nur selten zur Kenntnis genommen.
Fallbeispiel
Das dem Gericht vorgelegte Gutachten trägt drei Unterschriften mit dem Zusatz: „Aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“. Als Sachverständiger beauftragt war der Chefarzt der Klinik.
Wenn es zutreffen würde, dass ein zu Untersuchender von drei Ärzten klinisch untersucht wurde, widerspricht dies sowohl dem Gutachtenauftrag als auch der Schweigepflicht und dem Datenschutz sowie der Menschenwürde des Probanden. Tatsächlich entspricht es jedoch schlechter gutachtlicher Praxis, dass der Proband von dem in der Hierarchie an letzter Stelle Stehendem klinisch untersucht wird und dass dieser auch das Gutachten absetzt und der als Sachverständiger beauftragte Chefarzt nur seine Unterschrift unter das Gutachten setzt, während der mitunterzeichnende Oberarzt nur im Rahmen der Klinikhierarchie mitunterzeichnet. Allenfalls wird der Proband, nachdem alle Untersuchungen durchgeführt wurden, dem Chefarzt kurz vorgestellt.
Diese Praxis widerspricht nicht nur den Pflichten des Sachverständigen zur persönlichen Erstattung des Gutachtens. Sie ist zudem weder mit der ärztlichen Schweigepflicht, mit dem Datenschutz noch mit der Menschenwürde vereinbar. Sie geht auch über eine „Mitarbeit“, die dem Gericht anzuzeigen ist, deutlich hinaus.
Mit einem im Kern vergleichbaren Problem befasste sich das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 07.05.2019 – B 2 U 25/17 R):
Fallbeispiel
Nach einem gesetzlich versicherten Unfall, bei dem die Klägerin einen Kahnbeinbruch erlitten hatte, wurden der Klägerin 3 Gutachter zur Auswahl benannt (§ 200 (2) SGB VII), von denen sie einen auswählte. Die gutachtliche Untersuchung wurde jedoch nicht von diesem durchgeführt, sondern von dessen Oberarzt. Der von der Klägerin ausgewählte Gutachter unterzeichnete das Gutachten mit dem Zusatz „Aufgrund eigener Urteilsbildung“, der Oberarzt mit „Aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung“.
Das BSG hat das Urteil des LSG, das sich vorrangig auf dieses Gutachten stützte, aufgehoben mit der Begründung, es bleibe „unklar, ob dem LSG bewusst war, dass das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten nicht im Wege des Sachverständigenbeweises“ … „sondern allenfalls als Urkundenbeweis gewürdigt werden durfte“ mit folgender Begründung:
„c) Dieses Übertragungsverbot verbietet zwar grundsätzlich nicht, weitere Personen zu unterstützenden Diensten nach Weisung heranzuziehen, sofern der beauftragte Gutachter seine das Gutachten prägenden und regelmäßig in einem unverzichtbaren Kern von ihm selbst zu erbringenden Zentralaufgaben selbst wahrnimmt, die abhängig vom Fachgebiet differieren können. Insofern können hier die Grundsätze des § 407a ZPO herangezogen werden …“.
Die Tätigkeit als Sachverständiger/Gutachter kann im Kern nicht auf einen anderen übertragen werden. Der Unfallchirurg/Orthopäde hat die entscheidenden Befunde, auf die er seine Beurteilung stützt, eigenhändig zu erheben. Das gilt im Grundsatz auch für die anderen Fachgebiete.

Die ärztliche Schweigepflicht

  • § 203 I StGB Verletzung von Privatgeheimnissen
    (1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehöriger eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht ist ein Vergehen (§ 12 StGB), das jedoch nur auf Antrag verfolgt wird. Die Zahl der Strafverfahren steht deshalb in keinem Verhältnis zu der Zahl der Verstöße.
Die ärztliche Schweigepflicht dient dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das Verfassungsrang hat (Art. 1 Abs. 1 i.v. m. Art. 2 Abs. 1 GG). Sie ist ausgestaltet in § 9 der (Muster-)Berufsordnung. Ihre Entsprechung findet die ärztliche Schweigepflicht in den §§ 35, 62 SGB I und in den §§ 67 ff. SGB X, die einerseits die Mitwirkungspflichten an ärztlichen Untersuchungen und andererseits die Schweigepflicht der Auftraggeber regeln.
Die ärztliche Schweigepflicht besteht in aller Regel nicht dem Auftraggeber eines Gutachtens gegenüber. Diesem gegenüber hat der Geheimnisträger entweder auf deren Einhaltung verzichtet oder es besteht eine Mitwirkungspflicht.
Problematisch ist die Weitergabe von Informationen, z. B. von Gutachtenaufträgen innerhalb einer Klinik, wobei sich diese Diskussion nicht auf vom Gericht beauftragte Gutachten beziehen kann, da deren Weitergabe von vornherein durch § 407a (3) ZPO ausgeschlossen ist.
Fallbeispiel
Ein an einen namentlich benannten Arzt gerichteter Gutachtenauftrag wird von diesem an einen anderen in der gleichen Klinik tätigen Arzt weitergegeben, weil seine Arbeitsbelastung die Gutachtenerstellung nicht erlaubt.
Die Erlaubnis zur Weitergabe von der Schweigepflicht unterliegenden Informationen kann vom Betroffenen stillschweigend gegeben werden. Davon war in der Vergangenheit bei Aufträgen an die an einer Klinik tätigen Ärzte auszugehen. Wurde also der Chefarzt beauftragt, war damit stillschweigend die Zustimmung zur Weitergabe des Auftrags an den Oberarzt verbunden. Das Problembewusstsein hat sich jedoch mit Einführung des § 200 (2) SGB VII, § 407a ZPO und der Datenschutzgesetze und -verordnungen deutlich verschärft.
Der ärztliche Gutachter unterliegt der Schweigepflicht (§ 203 StGB). Fakten, die allgemein bekannt sind, sind davon jedoch nicht umfasst. Der ärztliche Gutachter kann von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden werden, auch stillschweigend.

Der Vergütungsanspruch des ärztlichen Gutachters

Der ärztliche Gutachter hat das versprochene Werk (Werkvertrag), das Gutachten, zu liefern. Im Gegenzug steht ihm dafür die Vergütung zu (§ 631 BGB). Ist keine Vereinbarung über die Vergütung getroffen, besteht jedoch eine „Taxe“, so steht diese dem ärztlichen Gutachter zu (§ 632 (2) BGB). Die GOÄ ist für den Tätigkeitsbereich des Gutachters eine solche Taxe (Tab. 2).
  • § 1 GOÄ Anwendungsbereich
    Die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte bestimmen sich nach dieser Verordnung, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.
Tab. 2
Gebührenverzeichnis der GOÄ (Auszug)
Nummer
Leistung
Punktzahl
Einfache Gebühr
70
Kurze Bescheinigung oder kurzes Zeugnis, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
40
€ 2,33
75
Ausführlicher schriftlicher Befund- oder Krankheitsbericht (einschl. Angaben zur Anamnese, zu dem(n) Befund(en), zur epikritischen Bewertung und ggf. zur Therapie
130
€ 7,58
80
Schriftliche gutachtliche Äußerung
300
€ 17,49
85
Schriftliche gutachtliche Äußerung mit einem das gewöhnliche Maß übersteigenden Aufwand – ggf. mit wissenschaftlicher Begründung –, je angefangene Stunde Arbeitszeit
500
€ 29,14
95
Schreibgebühr, je angefangene DIN A4-Seite
60
€ 3,50
96
Schreibgebühr, je Kopie
3
€ 0,18
Eine andere Bestimmung enthalten v. a. das seit dem 01.07.2004 – zuletzt geändert am 11.10.2016 – geltende Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) sowie der Vertrag zwischen den Trägern der Gesetzlichen Unfallversicherung und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Der Punktwert (GOÄ) beträgt zurzeit 5,82873 Cent. Der Honoraranspruch berechnet sich aus Punktzahl x Punktwert x Steigerungssatz.
Der Steigerungssatz reicht bis zum 3,5-fachen Satz. Bei einer Erhöhung bis zum 2,3-fachen ist eine Begründung nicht erforderlich.
Nicht steigerungsfähig sind Schreibgebühren und Kosten für Kopien. Sie können zudem nur neben gutachtlichen Äußerungen nach den Nrn. 80/85 GOÄ berechnet werden. In den Leistungen nach den Nrn. 70/75 GOÄ sind Schreibgebühren enthalten.
Zu den Kriterien, nach denen der Steigerungssatz berechnet wird, stellt § 5 (2) GOÄ ab auf „Schwierigkeit“ und „Zeitaufwand“. Der „Zeitaufwand“ ist jedoch kein Gesichtspunkt zur Anhebung des Steigerungssatzes nach Nr. 85 GOÄ. Denn dieser wird ausdrücklich bei Gutachten nach Nr. 85 GOÄ getrennt vom Steigerungssatz vergütet – „je angefangene Stunde Zeit“. Der Steigerungssatz richtet sich also bei der Nr. 85 GOÄ nur nach dem Schwierigkeitsgrad des Gutachtens.
Fallbeispiel
Einem Assistenzarzt wird ein Gutachten zum Ursachenzusammenhang einer gedeckten Zusammenhangstrennung der Achillessehne übertragen. Um dieses Gutachten verantwortlich erstellen zu können, ist es erforderlich, dass der zu dieser Frage unerfahrene Arzt ein Literaturstudium betreibt.
Das Literaturstudium kann weder als erforderlicher Zeitaufwand angesetzt noch kann der Steigerungssatz des Gutachtens wegen der subjektiven Schwierigkeit der Leistung angehoben werden. Denn für den zu gutachtlichen Fragen durchschnittlich erfahrenen Gutachter war weder ein Literaturstudium erforderlich noch war die Kausalitätsfrage besonders schwierig. Angesetzt werden können also nur der 2,3-fache Satz und die für einen durchschnittlich erfahrenen Gutachter erforderliche Stundenzahl. Es handelt sich um ein Gutachten zur Zusammenhangsfrage mit einem mittleren Schwierigkeitsgrad.
Entscheidend sind nicht die Schwierigkeit und/oder der Zeitaufwand, die der einzelne Gutachter mit dem Gutachten hat. Entscheidend sind die Schwierigkeit und der Zeitaufwand der Leistung, also der durch die gutachtliche Fragestellung bedingte Schwierigkeitsgrad für einen durchschnittlich erfahrenen Gutachter. Gutachten, die z. B. eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Literatur und mit darin vertretenen Thesen erfordern, können mit einem bis zum 3,5-fachen Steigerungssatz abgerechnet werden.
Fallbeispiel
Der Assistenzarzt fügt dem Gutachten ein seitenlanges Literaturverzeichnis an und berechnet den 3,5-fachen Steigerungssatz.
Entscheidend ist, ob für einen kompetenten und mit der zur Diskussion stehenden Problemstellung vertrauten Gutachter das Literaturstudium und die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen in der Literatur vertretenen Thesen erforderlich ist, nicht ob Literatur studiert und zitiert wurde.
Nach § 10 (3) GOÄ können Versand- und Portokosten angesetzt werden, jedoch nicht für die Arztrechnung (§ 10 (3) Satz 4 GOÄ).
Sind sich die Parteien einig, dass der 3,5-fache Steigerungssatz nach Nr. 85 GOÄ als Vergütung nicht ausreicht, ist eine vor Erstattung des Gutachtens verfasste schriftliche Vereinbarung nach § 2 GOÄ erforderlich.
Fallbeispiel
Erstellt wird auftragsgemäß ein Gutachten zu den möglichen Ursachen der Multiplen Sklerose. Der Gutachter verlangt den 5-fachen Steigerungssatz. Da der Auftraggeber nicht zahlen will, gibt der Gutachter das Gutachten nicht heraus.
Als Schuldner des Werkvertrags muss der Gutachter das Gutachten dem Auftraggeber übergeben, wenn ihm dieser die Gegenleistung, die geschuldete Vergütung übergibt. Geschuldet wird von diesem jedoch allenfalls der 3,5-fache Satz, weil eine anders lautende vorherige Vereinbarung fehlt.
Fällig wird die Vergütung erst mit Zugang der Rechnung (§ 12 GOÄ), die selbstverständlich (§ 12 (2) Nr. 1 GOÄ) „das Datum der Erbringung der Leistung“ voraussetzt.
  • § UV-GOÄ
    Der zwischen den Trägern der Gesetzlichen Unfallversicherung – der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV) und dem Bundesverband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften e. V. – einerseits und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung andererseits geschlossene Vertrag in der Fassung vom 01.04.2008 als eine von der GOÄ abweichende gesetzliche Regelung beruht auf § 34 (3) des Sozialgesetzbuches VII (SGB VII). Danach sind Verträge über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte und Zahnärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung zu schließen. Die Vergütung für ärztliche Leistungen richtet sich gem. § 51 (1) des Vertrages nach dem vereinbarten Leistungs- und Gebührenverzeichnis, der „UV-GOÄ“, die dem Vertrag als Anlage beigefügt ist. Als Grundlage der UV-GOÄ dient die Systematik der GOÄ.
§ 46 des Vertrages verpflichtet den Arzt, der die Erstversorgung geleistet oder den Versicherten behandelt hat, dem Unfallversicherungsträger die Auskünfte, Berichte und Gutachten zu erstatten, die dieser zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben von ihm einholt. Die Entscheidung darüber, ob ein Formulargutachten oder ein freies Gutachten zu erstellen ist, trifft der Unfallversicherungsträger (§ 48 (1) des Vertrages).
Der Arzt ist nach § 49 (1) des Vertrages zur pünktlichen Berichterstattung verpflichtet. Für Gutachten gilt eine Frist von längstens drei Wochen. Falls der Arzt das Gutachten nicht fristgemäß erstatten kann, ist der Unfallversicherungsträger nach § 49 (2) unverzüglich zu benachrichtigen. Grundlage für die Berichterstattung sind die zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Vordrucke (§ 58), von denen nicht abgewichen werden darf. Die vom Auftraggeber zu zahlenden Gebühren sind in den Nrn. 110 ff. der UV-GOÄ ausgewiesen (Tab. 3). Unvollständige Auskünfte, Bescheinigungen, Berichte und Gutachten werden nicht vergütet (§ 57 (2) des Vertrages). Die Höchstsätze für frei erstattete Gutachten dürfen (nur) bei Vorliegen besonderer Gründe und nach vorheriger Zustimmung des Unfallversicherungsträgers überschritten werden (§ 59 des Vertrages). Im Gegensatz zur Regelung der GOÄ handelt es sich bei den Gebühren für Berichte und Gutachten nach dem Leistungsverzeichnis der UV-GOÄ um nicht steigerungsfähige Beträge.
Tab. 3
Gebührenverzeichnis der UV-GOÄ (Auszug)
Formulargutachten (gültig ab 01.01.2022)
146
Vordruck A 4200 Erstes Rentengutachten
140,00
147
Arztvordruck A 4202 Erstes Rentengutachten Augen
140,00
148
Arztvordruck A 4500 Zweites Rentengutachten
(Rente auf unbestimmte Zeit)
115,00
149
Vordruck A 4502 Zweites Rentengutachten Augen
(Rente auf unbestimmte Zeit)
115,00
150
Vordruck A 4510 Rentengutachten (Nachprüfung MdE)
115,00
151
Vordruck A 4512 Zweites Rentengutachten Augen
(Nachprüfung MdE)
115,00
152
Vordruck A 4520 Rentengutachten
(Rente nach Gesamtvergütung)
115,00
153
Vordruck A 4550 Gutachten bei Abfindung
47,53
154
Vordruck 5512 Gutachten erhöhte Witwen-/Witwerrente
47,53
155
Vordruck A 8200-2301
(neu: vgl. DGUV-Rundschreiben 0207/2012)
Gutachten BK 2301
271,82
Freie Gutachten (gültig ab 01.01.2022)
 
160
Begutachtungsmaterie mit normalem Schwierigkeitsgrad. Abhandlungen in Fachliteratur und Begutachtungs-Standardwerken bzw. von den Fachgesellschaften herausgegebene Begutachtungsempfehlungen sind regelmäßig vorhanden. Es sind keine sich widersprechenden Vorgutachten zum Kausalzusammenhang zu berücksichtigen.
330,00
161
Begutachtungsmaterie mit hohem Schwierigkeitsgrad. Es existieren keine konsentierten Begutachtungsempfehlungen bzw. trotz Vorliegens einer solchen setzt die Begutachtung eine anspruchsvolle medizinische Bewertung voraus. Regelmäßig sind deshalb verschiedene medizinische Quellen und diverse Fachliteratur zu sichten bzw. bedarf es einer Literaturrecherche oder entsprechender fundierter Fachkenntnisse oder es ist eine umfassende Auseinandersetzung mit Vorgutachten notwendig.
570,00
Sonstige Gebühren (gültig ab 01.01.2022)
 
165
Begutachtungsmaterie mit hohem Schwierigkeitsgrad und sehr hohem zeitlichen Aufwand zu speziellen Kausalzusammenhängen und/oder differenzialdiagnostischen Problemstellungen. Es gibt nur wenig gesicherte medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse bzw. die Erkenntnislage ist unübersichtlich oder es liegen divergierende Auffassungen in der Fachliteratur vor. Die Begutachtung bedarf umfangreicher Recherchen und tiefgehender eigener wissenschaftlich fundierter Überlegungen und Begründungen. Zusätzlich ist das Gutachten mit einem deutlich überdurchschnittlichen Zeitaufwand verbunden, zum Beispiel durch aufwändige Anamnese, Auswertung umfangreicher Voruntersuchungen, weit überdurchschnittlichen Aktenumfang etc.
840,00
190
Schreibgebühren für Arztvordrucke nach den Nummern 117 bis 124 und Gutachten nach Nummern 146 bis 154, 155 (ausgenommen audiologischer Befundbogen), 160, 161, 165 je Seite
4,50
191
je verlangte Kopie
0,21
194
Kopie und Versand von Tonschwellenaudiogrammen – auch beiderseits –, zuzüglich Porto
3,14
9792
Fotografische Aufnahme, schwarz-weiß oder bunt
0,25
Die Rechnung des Arztes ist unmittelbar an den Unfallversicherungsträger zu richten. Sie muss nach § 64 (1) des Vertrages enthalten:
  • die Personaldaten des Versicherten,
  • den Unfalltag,
  • den Unfallbetrieb,
  • das Datum der Erbringung der Leistung,
  • die entsprechende Nummer im Leistungs- und Gebührenverzeichnis,
  • den jeweiligen Betrag, der im Leistungs- und Gebührenverzeichnis aufgeführt ist.
Von der GOÄ und der UV-GOÄ abweichende gesetzliche Regelungen enthält das JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz) für vom Gericht beauftragte Sachverständige. Dieses sieht drei Honorargruppen vor (Tab. 4).
Tab. 4
Honorargruppen des JVEG für vom Gericht beauftragte Sachverständige. (Auszug: Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG)
Honorar-gruppe
Gegenstand medizinischer oder psychologischer Gutachten
Stundensatz €
M 1
Einfache gutachtliche Beurteilungen ohne Kausalitätsfeststellungen, insbesondere
80
 
1.
in Gebührenrechtsfragen,
 
 
2.
zur Verlängerung einer Betreuung oder zur Überprüfung eines angeordneten Einwilligungsvorbehalts nach § 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
 
 
3.
zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach einer Monoverletzung.
 
M 2
Beschreibende (Ist-Zustands-)Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, insbesondere Gutachten
90
 
1.
in Verfahren nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch,
 
 
2.
zur Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit in Verfahren nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch,
 
 
3.
zu rechtsmedizinischen und toxikologischen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Feststellung einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch Alkohol, Drogen, Medikamente oder Krankheiten,
 
 
4.
zu spurenkundlichen oder rechtsmedizinischen Fragestellungen mit Befunderhebungen (z. B. bei Verletzungen und anderen Unfallfolgen),
 
 
5.
zu einfachen Fragestellungen zur Schuldfähigkeit ohne besondere Schwierigkeiten der Persönlichkeitsdiagnostik,
 
 
6.
zur Einrichtung oder Aufhebung einer Betreuung oder zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts nach § 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
 
 
7.
zu Unterhaltsstreitigkeiten aufgrund einer Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit,
 
 
8.
zu neurologisch-psychologischen Fragestellungen in Verfahren nach der Fahrerlaubnis-Verordnung,
 
 
9.
zur Haft-, Verhandlungs- oder Vernehmungsfähigkeit.
 
M 3
Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen), insbesondere Gutachten
120
 
1.
zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen,
 
 
2.
zu ärztlichen Behandlungsfehlern,
 
 
3.
in Verfahren nach dem Sozialen Entschädigungsrecht,
 
 
4.
zur Schuldfähigkeit bei Schwierigkeiten der Persönlichkeitsdiagnostik,
 
 
5.
in Verfahren zur Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (in Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis zu neurologisch/psychologischen Fragestellungen),
 
 
6.
zur Kriminalprognose,
 
 
7.
zur Glaubhaftigkeit oder Aussagetüchtigkeit,
 
 
8.
zur Widerstandsfähigkeit,
 
 
9.
in Verfahren nach den §§ 3, 10, 17 und 105 des Jugendgerichtsgesetzes,
 
 
10.
in Unterbringungsverfahren,
 
 
11.
zur Fortdauer der Unterbringung im Maßregelvollzug über zehn Jahre hinaus,
 
 
12.
zur Anordnung der Sicherungsverwahrung oder zur Prognose von Untergebrachten in der Sicherungsverwahrung,
 
 
13.
in Verfahren nach den §§ 1904 und 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
 
 
14.
in Verfahren nach dem Transplantationsgesetz,
 
 
15.
in Verfahren zur Regelung von Sorge- oder Umgangsrechten,
 
 
16.
zu Fragestellungen der Hilfe zur Erziehung,
 
 
17.
zur Geschäfts-, Testier- oder Prozessfähigkeit,
 
 
18.
in Aufenthalts- oder Asylangelegenheiten,
 
 
19.
zur persönlichen Eignung nach § 6 des Waffengesetzes,
 
 
20.
zur Anerkennung von Berufskrankheiten, Arbeitsunfällen, zu den daraus folgenden Gesundheitsschäden und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch,
 
 
21.
zu rechtsmedizinischen, toxikologischen oder spurenkundlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer abschließenden Todesursachenklärung, mit ärztlichen Behandlungsfehlern oder mit einer Beurteilung der Schuldfähigkeit,
 
 
22.
in Verfahren nach dem Transsexuellengesetz.
 
Der Sachverständige erhält pro Stunde (§ 9 JVEG):
  • In Honorargruppe M1 ein Honorar von 80,00 €
  • in Honorargruppe M2 ein Honorar von 90,00 €
  • in Honorargruppe M3 ein Honorar von 120,00 €
Der Sachverständige hat 3 h und 15 min für sein Gutachten benötigt. Er erhält bei einem Gutachten nach Honorargruppe M1 € 280,00.
Die Grundsätze zur Berechnung der Vergütung regelt § 8 JVEG. Die Berechnung des zu vergütenden Zeitaufwandes regelt § 8 II JVEG.
  • § 8 Abs. 2 JVEG
    (2) Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.
Erforderlich ist der Zeitaufwand für
  • das Aktenstudium
  • die Erhebung der Vorgeschichte
  • die notwendige Untersuchung
  • die Auswertung und Zusammenfassung aller für die Beantwortung der Beweisfragen erforderlichen Befunde (klinische, bildgbende, feingewebliche, testpsychologische etc.)
  • die Abfassung der Beurteilung
  • Diktat, Durchsicht und Korrektur
Es fehlt das Literaturstudium. Dieses ist jedoch in aller Regel nicht erforderlich. Wenn dies im Einzelfall anders sein sollte, kann dies problemlos berechnet werden.
Neben dem Zeitaufwand können geltend gemacht werden:
  • Fahrtkostenersatz (§ 5, bei Benutzung eines Pkw € 0,42 pro Kilometer)
  • Reise- und Wartezeiten
  • Entschädigung für Aufwand (§ 6, v. a. ein Tagegeld) sowie
  • Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12 JVEG) z. B. für erforderliche Labor- und Röntgen-Untersuchungen.
Gerade bei den Röntgen-Untersuchungen ist ganz streng auf das für die Beantwortung der Beweisfrage Erforderliche abzustellen. Dies liegt einmal an der von dieser Untersuchung ausgehenden Strahlenbelastung und zum anderen an den Kosten. Kernspintomografie und Computertomografie sind in aller Regel für die Beantwortung gutachtlich relevanter Fragen nicht erforderlich.
Eine von der Vergütung nach § 9 JVEG abweichende Vergütung kann nach § 13 JVEG von den Parteien des Rechtsstreits vereinbart werden. Bezieht sich die Abweichung lediglich auf den Stundensatz nach § 9 JVEG, reicht die Erklärung nur einer Partei aus, wenn das Gericht zustimmt. Voraussetzung ist jedoch, dass das Eineinhalbfache des nach den §§ 9 bis 11 JVEG zulässigen Honorars nicht überschritten wird.
Die Vergütung besonderer ärztlicher Leistungen, wie Leichenschau und Abstammungsgutachten, sind in § 10 JVEG geregelt.
Schwierigkeiten macht die Honorierung des Sachverständigen für Arbeitsaufwand, der vor der Übernahme des Gutachtenauftrags angefallen ist.
Fallbeispiel
In einem Mordprozess geht es um die Glaubhaftigkeit einer Zeugin. Der Auftrag zur Begutachtung wird einem Psychiater erteilt. Nach sorgfältigem und langwierigem Aktenstudium kommt dieser zur Überzeugung, dass ein psychologisches Gutachten erwartet wird und angezeigt ist. Er schickt die Akten mit einer entsprechenden Begründung und dem namentlichen Vorschlag eines sachverständigen Psychologen dem Gericht zurück und berechnet ein Honorar für 2 h.
Die Abgrenzung zwischen der Beauftragung eines Psychiaters oder eines Psychologen macht oft erhebliche Schwierigkeiten. Zwar muss der Sachverständige seine Zuständigkeit unverzüglich prüfen (§ 407a (1) ZPO). Diese Prüfung hat – als Voraussetzung für die Auftragsannahme – in aller Regel kostenlos zu erfolgen. Ist damit jedoch zwingend ein besonderer Aufwand verbunden, steht ihm wohl ein Honorar zu, zumal die ZPO nunmehr eine „unverzügliche“ Prüfungspflicht vorsieht.
Nach § 407a (4) Satz 2 ZPO hat der Sachverständige zu prüfen und das Gericht darauf hinzuweisen, wenn
  • die voraussichtlichen Kosten seines Gutachtens in „keinem erkennbaren Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes“ stehen oder
  • (2. Variante) den angeforderten Kostenvorschuss „erheblich“ überschreiten.
Umstritten und für den ärztlichen Gutachter relevant ist vor allem die 2. Variante. Das OLG Frankfurt hat durch Beschluss vom 12.11.2019 (18 W 155/19) dazu folgende Grundsätze aufgestellt, die der ärztliche Gutachter beachten sollte, will er seinen Vergütungsanspruch nicht verlieren, auch wenn die Entscheidung in Teilen umstritten ist:
Der Hinweis an das Gericht, dass der Kostenvorschuss unzureichend ist, hat vor Fertigstellung des Gutachtens zu erfolgen, und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem die Überschreitung des Kostenvorschusses erkennbar ist. Wird der Hinweis erst mit Übersendung des Gutachtens erteilt, ist er wirkungslos, da der kostenträchtige Aufwand nicht mehr zu vermeiden ist.
„Erheblich“ ist eine Überschreitung des Kostenvorschusses jedenfalls dann, wenn das voraussichtliche Honorar den Kostenvorschuss um „mehr“ als 20 % übersteigt, wobei auch ein Überschreiten von unter 20 % schon „erheblich“ sein kann.
Streitig ist, ob das Fehlen des Hinweises auf einen unzureichenden Kostenvorschuss automatisch dazu führt, dass ein den Vorschuss übersteigender Betrag entfällt. Das OLG Frankfurt bejaht dies ohne Ausnahme. Es hält sich dazu strikt an den Gesetzeswortlaut des JVEG:
  • § 8a JVEG Wegfall oder Beschränkung des Vergütungsanspruchs
    (4) Übersteigt die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich und hat der Berechtigte nicht rechtzeitig nach § 407a Absatz 4 Satz 2 der Zivilprozessordnung auf diesen Umstand hingewiesen, erhält er die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses.
Das OLG Frankfurt argumentiert, der Wortlaut lasse keine Ausnahme erkennen und sei so beibehalten worden, obwohl das JVEG mehrfach geändert worden sei.
Andere Gerichte, z. B. das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 10.04.2017 – 13 W 25/17) und das OLG Celle (Beschluss vom 02.10.2007 – 2 W 85/07) prüfen demgegenüber im Rahmen einer Prognoseentscheidung, ob bei pflichtgemäßer Anzeige die Tätigkeit des Sachverständigen eingeschränkt oder ihre Fortsetzung unterbunden worden wäre. Wenn diese Frage zu verneinen sei, sei das den Kostenvorschuss übersteigende Honorar zu zahlen.
Die Vergütung des ärztlichen Gutachters richtet sich für Gerichtsgutachten nach dem JVEG, für ärztliche Gutachten für die Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung nach der UV-GOÄ, im Übrigen nach der GOÄ.

Umsatzsteuerpflicht für ärztliche Gutachten

Der ärztliche Gutachter unterliegt der Umsatzsteuerpflicht, dies im Gegensatz zu einer rein ärztlichen Tätigkeit, insbesondere der Tätigkeit als Therapeut, welche nicht umsatzsteuerpflichtig ist.
Durch die Entscheidung des EuGH (Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 14.09.2000 – C-384/98) steht nunmehr fest, dass die Umsatzsteuerfreiheit für ärztliche Gutachten nur dann gegeben ist, wenn diese eine kurative (therapeutische) Zielsetzung haben. Andere Gutachten unterliegen der Umsatzsteuerpflicht. Abgrenzungsmerkmal zwischen umsatzsteuerfreier Therapie und grundsätzlich umsatzsteuerpflichtigem Gutachten ist dessen Hauptzweck. Handelt es sich um ein Gutachten, das dazu dient, dass ein Dritter eine Entscheidung fällt, also ein Gericht sein Urteil darauf stützt oder eine Berufsgenossenschaft einen Bescheid erlässt oder eine Versicherung Zahlungen erbringt oder ablehnt, so liegt kein therapeutisches Gutachten vor. Das Gutachten ist umsatzsteuerpflichtig.
Eine rein umsatzsteuerrechtliche Ausnahme ist die Kleinsteuerunternehmerregelung. Belaufen sich die grundsätzlich umsatzsteuerpflichtigen Umsätze auf nicht mehr als € 22.000,00 im laufenden Kalenderjahr und voraussichtlich nicht mehr als € 50.000,00 im kommenden Kalenderjahr, so spricht man von einem „Kleinunternehmer“. Er ist von der Umsatzsteuerpflicht befreit, kann auf die Befreiung jedoch auch verzichten. Im Falle eines Verzichts spricht man davon, dass man zur Umsatzsteuer optiert.
Mit der Umsatzsteuerpflicht ist das Recht zum Vorsteuerabzug verbunden, das Recht also, an Dritte gezahlte Mehrwertsteuer in Abzug zu bringen.
Grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sind (die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollzähligkeit):
  • Gutachten zum Kausalzusammenhang zwischen rechtserheblichen Tatsachen (versicherte/geschützte Tätigkeit, unerlaubte Handlung, Betriebsgefahr) und einem Gesundheitsschaden, einer Gesundheitsschädigung, einem Körperschaden bzw. einer Gesundheitsstörung.
  • Zustandsgutachten, d. h. Gutachten über den Gesundheitszustand eines Menschen in Vergangenheit und Gegenwart sowie – soweit erforderlich – über die wahrscheinliche Prognose als Entscheidungshilfe z. B. zur Festsetzung der MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit, Gesetzliche Unfallversicherung/Beamtenversorgungsgesetz), des GdB (Grad der Behinderung, Schwerbehindertenrecht), des GdS (Grad der Schädigungsfolgen, Soziales Entschädigungsrecht), der Invalidität (Private Unfallversicherung), der konkreten Behinderung (Haftpflichtrecht), der Fahrtüchtigkeit (Fahrerlaubnisverordnung), der Berufstauglichkeit oder Verwendungsfähigkeit (z. B. Flugtauglichkeitsuntersuchung) oder als Grundlage für Versicherungsabschlüsse
  • Prognosegutachten im Rahmen des Strafvollzugs
  • Blutgruppengutachten und DNA-Analysen
  • Gutachten zur Genehmigung zur Feuerbestattung
  • Vertragszahnärztliche Planungsgutachten
  • Gutachten zur Höhe des berechneten Entgelts z. B. für Arzt- und Krankenhausrechnungen
  • Gutachtliche Beratung im Bereich der Krankenhaushygiene
Ärztliche Gutachten unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuerpflicht.

Wie ist die gutachtliche Untersuchung auf unfallchirurgisch/orthopädischem Fachgebiet zu gestalten?

Die gutachtliche Untersuchung gliedert sich in:
3.1.
Angaben zur Person (Alter, Körperlänge, Körpergewicht, Händigkeit)
 
3.2.
Inspektion
 
3.3.
Palpation
 
3.4.
Funktionsprüfung (aktiv und geführt)
 
3.5.
Bildgebende Untersuchung
 

Die Angaben zur Person

Die Identifizierung durch Vorlage des Personalausweises ist bei unfallchirurgischer/orthopädischer Fragestellung nur in den seltensten Fällen erforderlich, weil schon die Verletzungsfolgen zur Identifizierung ausreichen.
Zwingend erforderlich sind, wenn Unfallfolgen oder Veränderungen im Bereich der oberen Gliedmaßen zur Diskussion stehen, Angaben zur Händigkeit. In seltenen Fällen ist deren Überprüfung geboten. Dazu stehen die in Tab. 5 aufgeführten Prüfkriterien zur Verfügung.
Tab. 5
Prüfung der Händigkeit
Inventar nach Scharitzer
Edingburgher-Händigkeits-Inventar
Karten mischen
Schreiben
Brot schneiden
Zeichnen
Ball werfen
Werfen
Einfädeln
Schere
Zähne putzen
Zahnbürste
Hämmern
Messer oder Gabel
 
Besen
 
Streichholz anzünden
 
Schachtel öffnen (Deckel)
 
Welchen Fuß bevorzugen Sie beim Fußball?
 
Welches Auge benutzen Sie, wenn Sie nur ein Auge gebrauchen?

Inspektion

Die Inspektion (Tab. 6), das Betrachten der veränderten Struktur, hat, soweit möglich, im Seitenvergleich zu erfolgen und zwar bezogen auf die Funktionseinheiten Arm, Bein, Wirbelsäule usw.
Tab. 6
Inspektion. (In Abhängigkeit von der verletzten Funktionseinheit)
Objektive (nicht von der Mitarbeit abhängige) Befunde
Semi-objektive (von der Mitarbeit abhängige) Befunde
Schulterstand bei locker herabhängenden Armen
Haltung (Kopf, Brustkorb, Becken, Wirbelsäule, Gliedmaßen)
Arm-/Beinlänge
Stand-/Gangbild
Arm-/Beinachsen
 
Deformierungen, Achsabweichungen
 
Gelenkkonturen
 
Beckenstand, zu bestimmen durch Brettchenunterlage (s. Abb. 1) und Beckenwaage
 
Weichteilausprägung (Muskulatur, Unterhaut, Dystrophiezeichen)
 
Narben/Pigmentierungen/Tätowierungen
 
Venen-/Sehnenrelief, Nagelwachstum
 
Hautfältelungen
 
Hautfarbe (Rötung, Verfärbungen etc.)
 
Beschwielung/Arbeitsspuren
 

Palpation

Es folgt die Palpation, also die tastmäßige Untersuchung der verletzten Strukturen, ggf. im Seitenvergleich – ebenfalls bezogen auf die Funktionseinheiten (Tab. 7).
Tab. 7
Palpation
Objektive Befunde
Subjektive Befunde
Muskeltonus
Druck-/Berührungsempfindlichkeiten
Hautturgor
Missempfindungen
Hautwärme
Bewegungs-/Zug-/Stauchungs-/Fallschmerz
Nagelwachstum
 
Arterielle Pulse
 
Gelenkergüsse
 
Ödematöse Weichteilschwellungen mit Angabe des Untersuchungszeitpunkts
 
Verschieblichkeit von Narben
 
Knöcherne Verhärtungen/Deformierungen, Weichteiltumore
 
Instabilitäten
 

Stabilitätsprüfung

Beispielhaft für Gelenkinstabilitäten wird das Kniegelenk besprochen, das besonders häufig von Bandverletzungen betroffen ist.
Fallbeispiel
Der Betroffene hat eine Kapsel-Bandverletzung im Bereich des rechten Kniegelenks erlitten. Verblieben ist eine Instabilität. Das Gangbild ist jedoch regelhaft. Die Muskulatur, die Beschwielung und der Kalksalzgehalt sind seitengleich ausgeprägt.
Die Stabilität eines Gelenks ist wesentlich für die Belastbarkeit der Gliedmaße. Die seitengleiche Ausprägung der Muskulatur, der Beschwielung und des Kalksalzgehalts belegen im vorgestellten Fall, dass die unfallbedingte Instabilität weitestgehend – muskulär – stabilisiert ist/wird. Entscheidend ist also nicht nur das Ausmaß der Instabilität für die Belastbarkeit einer Gliedmaße, sondern auch das Ausmaß der muskulären Kompensation und die neuromuskuläre Koordination – zu überprüfen anhand des Gangbildes und der differenzierten Stand- und Gangarten und zu sichern anhand der Umfangmaße, der Beschwielung und des Kalksalzgehalts im Seitenvergleich.
Zu unterscheiden sind am Kniegelenk die mediale und die laterale Instabilität (Kollateralbänder), die Instabilität in Pfeilrichtung (Kreuzbänder) und die kombinierten Instabilitäten.
Die Bewertung der Instabilitäten erfolgt nach der Aufklappbarkeit des Gelenks in Millimetern (Tab. 8).
Tab. 8
Bewertung der Instabilität anhand der Aufklappbarkeit des Gelenks
Bewertung
Aufklappbarkeit in mm
0
0–2 mm
(+)
grenzwertig
+
3–5 mm (leichtgradig)
++
6–10 mm (mittelgradig)
+++
>10 mm (hochgradig)
Die klinische Stabilitätsprüfung ist zwingend auch an der kontralateralen Gliedmaße durchzuführen. Als wichtigste klinische Tests sind erforderlich:
  • Abduktionsprüfung in Streckstellung und 30°-Beugestellung zur Überprüfung der medialen Kapsel-Band-Strukturen
  • Adduktionsprüfung in Streckstellung und 30°-Beugestellung zur Überprüfung der lateralen Kapsel-Band-Strukturen
  • Vordere und hintere Schubladenbewegung in 90° Beugung im Kniegelenk und Neutralrotation des Unterschenkels, in 15°-Innenrotation und 30°-Außenrotation des Unterschenkels sowie in leichter Beugung (20–30°) im Kniegelenk (Lachman-Test) zur Überprüfung der Kreuzbänder

Funktionsprüfung

Beweglichkeit und Belastbarkeit

Die Funktionsprüfung ist der Kern der klinischen Untersuchung. Denn entscheidend ist in allen Rechtsgebieten die Funktion. Zu beantworten ist also stets die Frage, was der Proband noch kann bzw. welche Tätigkeiten/Bereiche ihm verschlossen sind. Maßgeblich für die Funktion sind die Beweglichkeit und Belastbarkeit, die u. a. durch die Eintragungen in den Messblättern und Skelettskizzen dokumentiert werden (s. Abschn. 3.5.3).
  • Die Funktion des Arms ist es, die Hand an den „Ort der Tat“ zu bringen.
  • Ist die Hand am „Ort der Tat“, ist maßgeblich für deren Funktion die Beweglichkeit im Handgelenk, damit die Finger den „Ort der Tat“ erreichen.
  • Ist dieser erreicht, ist maßgeblich die Funktion der Finger, damit die differenzierten Griffe am „Ort der Tat“ ausgeführt werden können.
  • Die Funktion der Beine ist v. a. die Fortbewegung und die Belastung (Stand, Gang, differenzierte Stand- und Gangarten, Knie-Hüftbeuge). Endgradige Einschränkungen der Streckung (5°) und der Beugung (10°) im Kniegelenk sind funktionell unerheblich.
  • Die Funktion der Wirbelsäule ist statisch und dynamisch, also die Belastbarkeit und Beweglichkeit.
Fallbeispiel
Der Proband führt nach einem geschlossenen Oberarmschaftbruch links die Beweglichkeit des linken Arms im Schultergelenk nicht vor. Hinweise für Nervenversorgungsstörungen fehlen. Die Muskulatur ist für einen Rechtshänder im Bereich beider Arme seitengleich ausgeprägt.
Die – semi-objektiven – Bewegungsausschläge, die stets von der Mitarbeit des Probanden abhängen, sind im Bereich der Gliedmaßen durch Seitenvergleich unter besonderer Berücksichtigung der – objektiven – Umfangmaße auf ihre Plausibilität zu hinterfragen.
Zwar ist die aktive, vom Probanden vorgeführte, Beweglichkeit zunächst orientierend zu prüfen. Ziel der klinischen Untersuchung ist jedoch die Feststellung der geführt überprüften Beweglichkeit. Darunter werden die ohne Kraftaufwand vom Untersucher begleiteten, wiederholt überprüften Bewegungen in den Gelenken bzw. Gelenkketten verstanden. Der Proband wird also im Beispielsfall aufgefordert, den Arm im Schultergelenk zu bewegen, z. B. ihn seitwärts zu heben. Gleichzeitig wird diese Bewegung ohne Kraftaufwand durch den Untersucher begleitet durch die Führung des Unterarms und durch Überprüfung der Oberarmmuskulatur und der Schultermuskulatur. So besteht die Chance zu erspüren, ob der Proband die Muskulatur anspannt und damit gegenspannt oder nicht, ob er also in der Lage ist, den Arm zu bewegen. Dadurch kann auch festgestellt werden, ob Bewegungen willentlich abgebrochen werden. Die geführte Beweglichkeit, also die Bewegungen, die der Proband ausführen kann, sind im „Messblatt“ einzutragen.
Unzutreffend ist es, die passiven Bewegungsausschläge im „Messblatt“ anzugeben, wobei die geführten Bewegungen teilweise in der Literatur irrig als „passive Bewegungen“ (Thomann et al. 2020) bezeichnet werden. Unter einer „passiven Bewegung“ wird eine fremdtätige Bewegung in einem Gelenk verstanden, was gutachtlich nur bei Lähmungen von Interesse ist und dann im Text bzw. im „Messblatt“ zu erläutern ist.
Sind an einer Bewegung mehrere Gelenke (Gelenkkette) beteiligt, so ist auf eine sorgfältige Zuordnung der einzelnen gemessenen Bewegungsausschläge zu achten. Abzugrenzen ist z. B. die Beweglichkeit im eigentlichen Schultergelenk von Bewegungsausschlägen, die unter Einsatz des Schultergürtels erzielt werden, der, wenn die Beweglichkeit im Bereich des Schulterhauptgelenks erfragt ist, ggf. zu fixieren ist. Diese Trennung von Funktionen, die anatomisch-funktionell eine Einheit bilden, ist jedoch dadurch wieder zurechtzurücken, dass Kombinationsbewegungen (Tab. 9) zu erfassen sind.
Tab. 9
Funktionsprüfung
Semi-objektive/semi-subjektive (von der Mitarbeit abhängige) Befunde
Hinterhauptsgriff
Nackengriff
Gesäßgriff
Schürzengriff
Funktionseinheit Arm
Prüfung der groben Kraft
Faustschluss
Spitzgriff des Daumens mit sämtlichen Langfingern
Gegenüberstellen des Daumens
Funktionseinheit
Hand/Finger
Einnehmen der Hocke
Differenzierte Gangarten (Einbeinstand, Einbeinhüpfen, Zehenballenstand, Zehenballengang, Hackenstand, Hackengang, Fußinnenkantengang, Fußaußenkantengang)
Funktionseinheit Bein
Untersuchung im Gehen, Stehen, Sitzen und Liegen
Beugung/Streckung
Drehung
Entfaltbarkeit (Ott-Zeichen; Schober-Zeichen)
Funktionseinheit
Wirbelsäule
Fallbeispiel
Dem um 50 kg übergewichtigen Probanden gelingt bei der klinischen Untersuchung mit der Fragestellung nach den Folgen eines Bruchs des 1. Lendenwirbelkörpers eine Rumpfbeugung nur bis zu einem Fingerspitzen-Fußbodenabstand von 40 cm. Der ausgeprägte Bauchumfang verhindert eine weitergehende Rumpfbeuge.
Zu beachten ist, dass eine Mehrzahl von Bewegungsausschlägen durch Kombinationsbewegungen z. B. von Hüftgelenk und Lendenwirbelsäule (Fingerspitzen-Fußbodenabstand) oder von Lendenwirbelsäule und Brustwirbelsäule (Drehbewegungen des Rumpfs) erzielt werden. Wird also z. B. der Fingerspitzen-Fußbodenabstand maßgeblich durch eine Beugeeinschränkung im Bereich der Hüftgelenke begrenzt, so ist dies zu dokumentieren.
Wird die Beweglichkeit durch Faktoren begrenzt, die nicht im Gelenk selbst ihre Ursache haben (z. B. Bewegungseinschränkung durch extreme Adipositas), ist dies erläuternd zu vermerken.
Für alle Rechtsgebiete sind entscheidend die unfallbedingt verbliebenen Funktionseinbußen. Diese sind im Seitenvergleich unter Berücksichtigung der objektiven Beurteilungskriterien (Muskulatur, Beschwielung, Kalksalzgehalt) zu erheben. Entscheidend sind die geführt überprüften Bewegung sausschläge, nicht die aktiv vorgeführten oder die passiv erhobenen.

Prüfung der groben Kraft

Fallbeispiel
Der Versicherte führt nach einem stattgehabten handgelenksnahen Speichenbruch rechts den Händedruck kraftlos vor. Muskulatur und Beschwielung sind jedoch für einen Rechtshänder typisch, also rechts kräftiger ausgebildet als links.
Zur Überprüfung der groben Kraft stehen als objektive Beurteilungskriterien die Ausprägung der Beschwielung, der Muskulatur und des Kalksalzgehalts zur Verfügung – letzterer überprüft im seitenvergleichenden Röntgenbild in einem Strahlengang. Die grobe Kraft selbst ist ein semi-objektiver Befund. Dieser wird also stets nur vorgeführt – unabhängig davon, ob dieser mit wiederholt geprüftem gekreuztem Händedruck unter Wechsel der Unter-/Überkreuzungen oder mit einem Vigorimeter (Abb. 2) oder mit einem hydraulischen Handdynamometer ermittelt wird. Bei apparativ gesteuerten und gut dokumentierten Messverfahren ist es jedoch – je nach deren Gestaltung – schwieriger, die Messergebnisse willentlich zu beeinflussen und eine Kraftminderung vorzuspiegeln.
Bei Teillähmungen (Paresen) oder vollständigen Lähmungen (Paralysen) wird – vornehmlich auf neurologischem Gebiet – die Einteilung nach dem Kraftgrad vorgenommen. Es handelt sich um eine motorische Funktionsprüfung einzelner Muskelgruppen gegen Widerstand (British Medical Research Council, 1978), deren Ergebnis wie folgt definiert ist:
  • Kraftgrad 5: Normale Kraft
  • Kraftgrad 4+: Aktive Bewegung gegen Widerstand, jedoch schwächer als auf der Gegenseite
  • Kraftgrad 4: Aktive Bewegung gegen mäßigen Widerstand
  • Kraftgrad 4−: Aktive Bewegung gegen leichten Widerstand
  • Kraftgrad 3: Aktive Bewegung gegen die Schwerkraft
  • Kraftgrad 2: Bewegung des Gliedmaßenabschnitts bei Ausschaltung der Schwerkraft
  • Kraftgrad 1: Eben sichtbare Muskelanspannung
  • Kraftgrad 0: Fehlende Muskelkontraktion, komplette Lähmung
Die grobe Kraft ist ein semi-objektiver Befund, der maßgeblich von der Mitarbeit abhängig ist. Er kann z. B. durch den überkreuzten Händegriff überprüft werden. Die Mitarbeit kann durch apparative Messverfahren zusätzlich hinterfragt werden.

Messblätter und Skelettskizzen

Zum gesicherten Standard der gutachtlichen klinischen Untersuchung gehört die Verwendung der Messblätter (Internet: https://dguv.de/formtexte/aerzte/index.jsp) und Skelettskizzen (Abb. 3). Die Messblätter dienen der Dokumentation der Beweglichkeit in den Gelenken, der Umfangmaße und der Gliedmaßenlängen; die Skelettskizzen der Dokumentation von Narben, insbesondere von Verbrennungsnarben, auffälligen Pigmentierungen und Amputationshöhen.
Darauf hinzuweisen ist, dass das Messblatt für die oberen und für die unteren Gliedmaßen 2016 aktualisiert wurde, was aber teilweise in der aktuellen Standardliteratur noch nicht Eingang gefunden hat (z. B. Thomann et al. 2020). Den Messblättern liegt die Neutral-0-Methode zugrunde. Die Messblätter dienen der Vergleichbarkeit von Behandlungsergebnissen über die nationalen Grenzen hinaus. Sie gehören zwingend zum Standard eines unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachtens.
Die Neutral-0-Methode geht von einer anatomischen Grundstellung des Menschen aus, die im aufrechten Stand mit gestreckten Armen und Beinen, mit Blick nach vorn und nach vorne gerichteten Daumen und Füßen fingiert wird (Abb. 4). Dementsprechend ist die Winkelbezeichnung z. B. für die Streckung im Ellenbogengelenk 0.
Als Beweglichkeit in den Gelenken sind in den Messblättern grundsätzlich die geführt überprüften Bewegungsausschläge anzugeben.
Die Bewegungsausschläge werden grundsätzlich mit dem Winkelmesser erhoben (Abb. 5). Winkelmesser mit langen Schenkeln erlauben eine größere Genauigkeit der Messung. Für die Fingergelenke gibt es extra kleindimensionierte Winkelmesser.
Das Zentrum des Winkelmessers ist im Bewegungszentrum des Gelenks anzulegen. Die Schenkel sind mit den Extremitätenachsen zur Deckung zu bringen. Das Messergebnis ist über die Extremitätenachsen anzupeilen. Erfahrungsgemäß ist das Augenmaß des erfahrenen Untersuchers dem Winkelmesser nicht selten überlegen, zumal, wenn die Anlage des Winkelmessers schwierig ist, wie dies z. B. beim Schulter- und Hüftgelenk oder bei Adipositas der Fall ist.
Die Messblätter sehen zu den Bewegungsausschlägen drei Ziffern vor. Im Einzelnen gilt Folgendes:
  • Sind Bewegungen in den Gelenken aus der Neutral-0-Stellung in beiden Richtungen möglich, wird jeweils von der Neutral-0-Stellung aus gemessen. Die 0 steht also in der Mitte (Handgelenk: Handrückenwärts/hohlhandwärts 50/0/55).
  • Fehlt ein Bewegungsausschlag – kann also z. B. im Handgelenk über die Neutral-0-Stellung nicht nach handrückenwärts bewegt werden – wird die 0 wiederholt (handrückenwärts/hohlhandwärts: 0/0/55).
  • Wird die Neutral-0-Stellung nicht erreicht – kann im Handgelenk also z. B. über eine Stellung von 15° nach hohlhandwärts nicht zur Neutral-0-Stellung und nach handrückenwärts bewegt werden, so wird dies dadurch angezeigt, dass statt der Neutral-0-Stellung die Beugekontraktur dokumentiert wird (handrückenwärts/hohlhandwärts: 0/15/55). Kann demgegenüber im Handgelenk über eine Stellung von 15° nach handrückenwärts nicht nach hohlhandwärts bewegt werden, wird dies umgekehrt dokumentiert (handrückenwärts/hohlhandwärts: 50/15/0).
  • Gelenkversteifungen werden durch Wiederholung der Versteifungsstellung angezeigt: Das Handgelenk ist in einer Stellung von 15° nach hohlhandwärts versteift (handrückenwärts/hohlhandwärts: 0/15/15). Das Handgelenk ist in einer Stellung von 15° nach handrückenwärts versteift (handrückenwärts/hohlhandwärts: 15/15/0).
Beispiel
Im Messblatt sind für das Kniegelenk (Streckung/Beugung) eingetragen:
  • Rechts: 5/0/130
  • Links: 0/30/30
Dies bedeutet, dass im rechten Kniegelenk normal bewegt wird, das linke Kniegelenk jedoch in einer Beugestellung von 30° versteift ist.
Beispiel
Im Messblatt sind für das Handgelenk eingetragen:
  • Handrücken-/hohlhandwärts: Rechts 50/0/20 und links 50/0/60
  • Speichen-/ellenwärts: Rechts 5/0/35 und links 25/0/35
Dies bedeutet, dass im rechten Handgelenk die Beweglichkeit nach hohlhandwärts und nach speichenwärts eingeschränkt ist und im linken Handgelenk die Beweglichkeit frei ist. Bei der Interpretation der Bewegungsausschläge ist zu beachten, dass die Beweglichkeit in allen Gelenken mit zunehmendem Alter im physiologischen (normalen) Rahmen abnimmt.
Die Beinlänge kann klinisch nur im Stehen durch Brettchenunterlage unter Zuhilfenahme einer Beckenwaage annähernd genau bestimmt werden (Abb. 1). Kommt es auf eine exakte Längenmessung an und muss geprüft werden, wo (Ober- und/oder Unterschenkel) die Differenz lokalisiert ist, dann sind ausnahmsweise Röntgen-Aufnahmen in Aufsicht mit den jeweils angrenzenden Gelenken erforderlich.
Die Messpunkte für die Umfangmaße ergeben sich aus den Messblättern. Diese sind exakt zu ermitteln und zu markieren. Die Umfangmaße im Bereich der Beine sind im Liegen zu erheben. Für die Finger ist ein Ring-Maßband zu empfehlen (Abb. 5).
Die Messergebnisse sind – um keine mathematische Genauigkeit vorzutäuschen – zwar so exakt wie möglich zu messen, jedoch mit Ausnahme der Finger, nur in 5°-Schritten (Bewegungsausschläge) bzw. 5 mm-Schritten (Umfangmaße) anzugeben.
Grundlage für die Messung der Bewegungsausschläge ist die Neutral-0-Methode. Dokumentiert werden die Bewegungsausschläge und die Umfangmaße in den Messblättern. Die Messungen sind sorgfältig und vollständig durchzuführen und einzutragen.

Bildgebende Untersuchungsmethoden

Die Indikation von bildgebenden Aufnahmen, die mit einer Strahlenbelastung verbunden sind (Röntgen-Nativ-Aufnahmen, Computertomografie Szintigrafie), zum Zwecke der Begutachtung ist immer wieder Diskussionsgegenstand. Wenn im Rahmen der Begutachtung geröntgt wird, erfolgt dies nicht „im Rahmen einer medizinischen Exposition“ (§ 83 (1) 1. StrlSchG – Strahlenschutzgesetz). Geröntgt wird in aller Regel, um finanzielle Ansprüche zu verifizieren. Dennoch darf die Röntgenstrahlung am Menschen ausgeübt werden und zwar „im Rahmen der Exposition der Bevölkerung zur Untersuchung einer Person in durch Gesetz vorgesehenen oder zugelassenen Fällen … (nichtmedizinische Anwendung)“ (§ 83 (1) 2. StrlschG). Im Sozialrecht z. B. ist die dafür maßgebliche Vorschrift § 62 SGB I:
  • § 62 SGB I
    Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers ärztlichen und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich sind.
„Zugelassen“ sind bildgebende Untersuchungen auch zur Durchsetzung finanzieller Ansprüche.
Vor Durchführung einer strahlenbelastenden Untersuchung sind jedoch die Voraussetzungen der „Rechtfertigenden Indikation“ nach §§ 83 StrlSchG/119 StrlSchV (Strahlenschutzverordnung) zu prüfen und zu beachten:
  • Vor jeder einzelnen Strahlenanwendung ist die Feststellung erforderlich, dass der Nutzen der jeweiligen Anwendung das Strahlenrisiko überwiegt,
  • die Indikation ist nur durch den Arzt mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz zu stellen, auch dann, wenn dieser aufgrund eines „Zielauftrags“ durch den Therapeuten tätig wird,
  • der Arzt, der die rechtfertigende Indikation stellt, hat die Möglichkeit den Betroffenen persönlich vor Ort zu untersuchen.
Der Nutzen einer Röntgenuntersuchung im Rahmen der Begutachtung übersteigt dann deren Risiko, wenn die Untersuchung erforderlich ist, um einen bestimmten Sachverhalt festzustellen, an den bestimmte Rechtsfolgen geknüpft werden (z. B. sozial- und/oder entschädigungsrechtliche Leistungen). Zu klären sind bei der Nutzen-Risiko-Abwägung im Einzelnen folgende Fragen:
  • Welche Informationen ergeben sich aus der Vorgeschichte der zu untersuchenden Person (Anamnese, körperlicher Befund, Voruntersuchungen)?
  • Ist die konkrete bildgebende Aufnahme überhaupt das richtige Mittel der Wahl?
  • Gibt es bildgebende Aufnahmen neueren Datums oder sonstige aktuelle bildgebende Aufnahmen, die herangezogen werden können oder kann die Fragestellung nur mit einer aktuellen Aufnahme geklärt werden?
  • Kann der diagnostische Zweck mit einer weniger belastenden Maßnahme erreicht werden (Ultraschall, „normales“ Röntgen anstelle von CT)?
  • Sind Besonderheiten aufgrund der besonderen Strahlenempfindlichkeit der zu untersuchenden Person zu beachten?
Ist die Indikation gestellt, erfolgt die Aufklärung, die bei Röntgen-Aufnahmen kurz ausfallen kann. Erforderlich ist jedoch zu jeder bildgebenden Untersuchung die – ggf. auch konkludente – Einwilligung. Die Sonografie und die Magnetresonanztomografie (Kernspintomografie) unterliegen als nicht strahlenbelastende Untersuchung der Medizinischen Geräteverordnung (MedGV). Auch diese Untersuchungen bedürfen der Einwilligung.
Die Aussagekraft bildgebender Aufnahmen ist unterschiedlich.
Fallbeispiel
Unfallbedingt hatte der Proband einen geschlossenen Bruch des 3. Mittelhandknochens rechts erlitten. Nach seinen Angaben ist die rechte Hand nicht mehr belastbar. Die angefertigten Röntgen-Aufnahmen im Seitenvergleich in einem Strahlengang zeigen einen in anatomischer Stellung ausgeheilten Bruch und einen seitengleichen und völlig regelrechten Kalksalzgehalt.
Nach Gliedmaßenverletzungen sind im Rahmen der Begutachtung in aller Regel Röntgen-Nativ-Aufnahmen im Seitenvergleich erforderlich, soweit wie möglich in einem Strahlengang, zur Beurteilung der Gelenkstrukturen, der Achsen- und Längenverhältnisse und des Mineralsalzgehalts. Die Ausheilung in anatomischer Stellung und ein seitengleicher Kalksalzgehalt sind – gemeinsam mit der Ausprägung der Hohlhandbeschwielung/der Arbeitsspuren und der Muskulatur – objektive, von der Mitarbeit unabhängige, Beurteilungskriterien, also sichere Zeichen für die Funktion der rechten Hand.
Fallbeispiel
Bei einem 19-Jährigen wurde nach einer Zerrung des linken oberen Sprunggelenks eine Instabilität gesichert, die durch gehaltene Röntgen-Aufnahmen nur des linken Sprunggelenks bestätigt wurde. Anlässlich einer Nachuntersuchung des 19-Jährigen an anderer Stelle wurden gehaltene Röntgen-Aufnahmen im Seitenvergleich angefertigt. Beide Sprunggelenke waren seitengleich instabil. Die Instabilität links ging also nicht ursächlich auf den Unfall zurück.
Zur Sicherung bzw. zum Ausschluss einer Instabilität sind stets gehaltene Aufnahmen im Seitenvergleich erforderlich. Das heißt, der Gelenkspalt wird passiv während der Röntgen-Aufnahme aufgeweitet, entfaltet, um anhand der Aufklappbarkeit einen Bandschaden zu dokumentieren. Liegt eine seitengleiche Aufklappbarkeit vor und fehlen Anhaltspunkte für eine Verletzung im Bereich der kontralateralen Gliedmaße, spricht dies für eine anlagebedingte Bandlaxität.
Durchgeführt werden gehaltene Aufnahmen in aller Regel mit einer Belastung von 15 kp, bei frisch verletzten muskelkräftigen Personen können auch 20 kp erforderlich werden.
Fallbeispiel
Nach einem Sprunggelenksverrenkungsbruch rechts kommen im Bereich des oberen Sprunggelenks umformende Veränderungen zur Darstellung.
Kommen umformende (arthrotische) Veränderungen zur Darstellung, ist dies kein Indiz für daraus resultierende gegenwärtige Funktionseinbußen. Diese müssen vielmehr klinisch gesichert werden. Allenfalls sind Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung (Prognose) möglich.
Fallbeispiel
Nach einer Heckkollision wird ein sogenanntes Schleudertrauma diagnostiziert. 3 Tage nach dem Verkehrsunfall wird eine kernspintomografische Untersuchung durchgeführt, die erhebliche vorzeitige Veränderungen, jedoch keinerlei eng begrenzte, auf eine äußere Krafteinwirkung hinweisende Ödeme und keinerlei Begleitverletzungen im Bereich der Weichteile zur Darstellung bringt.
Die Kernspintomografie gibt, wenn sie innerhalb eines Intervalls von bis zu 3 Monaten nach einer Krafteinwirkung (Unfallereignis) durchgeführt wird, eine deutliche Hilfestellung zur Beantwortung der Frage, ob und ggf. welche Strukturen durch eine äußere Krafteinwirkung betroffen waren/sind. Eine äußere Krafteinwirkung führt innerhalb von wenigen Stunden zur Ausbildung von Ödemen (Flüssigkeitseinlagerungen), die sich im weiteren Verlauf – bis zum Ablauf von mehreren (bis zu 9) Monaten – dann wieder zurückbilden. Zur Darstellung kommen können zudem Begleitverletzungen an den Weichteilen und Einblutungen. Der kernspintomografische Befund kann also, wenn er sachverständig durch einen mit Kausalitätsfragen vertrauten Radiologen/Neuroradiologen erhoben wird, eine deutliche Hilfestellung zur Beantwortung der Frage sein, ob überhaupt eine messbare äußere Kraft auf den Probanden gewirkt hat.
Aufgrund der hohen Kosten sind kernspintomografische Aufnahmen zum Zwecke der Begutachtung nur in Ausnahmefällen und nach vorheriger Rücksprache mit dem Auftraggeber anzufertigen. Es ist aber, wenn zur Kausalität Zweifel bestehen, sehr empfehlenswert, im Rahmen der Therapie angefertigte Aufnahmen fachradiologisch durch einen zu Kausalitätsfragen erfahrenen Radiologen mit ganz konkreten Fragen nachbefunden zu lassen, da die Kausalität für die Therapie nur ganz nachgeordnet von Bedeutung ist und deshalb entsprechende Überlegungen nicht vorausgesetzt werden können.
Die Fragen an den Radiologen zur Interpretation kernspintomografischer Aufnahmen, wenn die Kausalität zwischen einem sogenannten Schleudertrauma und einer Heckkollision beurteilt werden soll, sind in Tab. 10 aufgelistet.
Tab. 10
Fragen an den Radiologen zur Interpretation kernspintomografischer Aufnahmen
1. Welche Befunde kommen bildgebend zur Darstellung? Handelt es sich um altersentsprechende Befunde oder aber um Befunde, die dem Alter des Probanden vorauseilen?
2. Lassen sich frische, bis zu … Tage alte, Verletzungszeichen sichern? Wenn ja, an welchen Strukturen?
3. Lassen sich Zeichen einer stattgehabten äußeren Krafteinwirkung (Weichteilödeme/knöcherne Ödeme) sichern?
4. Lassen sich Flüssigkeitsansammlungen/Gelenkergüsse sichern? Wenn ja, kann eine Aussage zu ihrer Qualität gemacht werden?
In der Regel erfordert die gutachtliche Untersuchung die Anfertigung von Röntgen-Nativ-Aufnahmen im Seitenvergleich zur Beurteilung der Gelenkstrukturen, der Achsen- und Längenverhältnisse und der Gelenkstabilität – nach Möglichkeit in einem Strahlengang zur Beurteilung des Kalksalzgehalts im Seitenvergleich. Stehen Kausalitätsfragen zur Diskussion, kann sich in Abhängigkeit von der Fragestellung die fachradiologische Nachbefundung von während des Verlaufs angefertigter bildgebender (Röntgen, CT, MRT) Aufnahmen empfehlen.

Fotodokumentation

Die Dokumentation klinischer und bildgebender Befunde mithilfe der digitalen Fotografie ist zwischenzeitlich Standard im ärztlichen Gutachten. Ein Foto ist mitunter besser geeignet, einen Befund zu veranschaulichen als viele Worte. Die Fotodokumentation muss allerdings auf das Sinnvolle beschränkt werden, da eine „Bilderflut“ Überinformation und damit Desinformation bedeutet und auch aus Kostengründen nicht zu vertreten ist. Zur Fotodokumentation eignen sich z. B. die Bewegungsausschläge in den Gelenken, die Ausprägung der Weichteile, insbesondere der Muskulatur, die Arbeitsspuren, die Beschwielung und der Kalksalzgehalt (Röntgenbild) sowie Achsabweichungen, Deformierungen, Narben, Pigmentierungen, Geschwüre, Weichteilschwellungen und Gliedmaßen(teil)verluste.
Literatur
Becker P (1995) Die neuen Wirbelsäulen-Berufskrankheiten Nr. 2108-2110. Anmerkungen aus richterlicher Sicht. Soziale Sicherheit 3:100–105
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung. Formtexte https://​www.​dguv.​de/​formtexte/​index.​jsp. Zugegriffen am 04.07.2022
Grossmann G (1995) Unabhängigkeit und Unparteilichkeit oder Besorgnis der Befangenheit bei Sachverständigen am Beispiel des medizinischen Sachverständigen im sozialgerichtlichen Verfahren. Med Sach 91:36–39
Ludolph E, Schürmann J, Gaidzik PW (Hrsg) (2022) Kursbuch der ärztlichen Begutachtung. ecomed MEDIZIN, Landsberg
Mollowitz GG (Hrsg) (1998) Der Unfallmann, 12. Aufl. Springer, Berlin
Schulenberg D (2009) Das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse. Rheinisches Ärztebl 12
Thomann KD, Grosser V, Schröter F (2020) Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung, 3. Aufl. Elsevier, München
Weding H-D (1995) Rechtsfragen bei der Beurteilung von HWS-Schäden. DAR 2/95
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