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Neopterin

Verfasst von: H. Renz und B. Gierten
Neopterin
Synonym(e)
D-Erythro-6-Trihydropropyl-Pterin
Englischer Begriff
neopterin
Definition
Verbindung, die durch das Enzym GTP-Cyclohydrolase aus Guanosintriphosphat (GTP) synthetisiert wird.
Struktur
C9H11N5O4.
Molmasse
253,2 g.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Neopterin wird von humanen Monozyten/Makrophagen unter Einfluss von Interferon-γ gebildet.
Halbwertszeit
Die biologische Halbwertszeit wird von der renalen Elimination bestimmt.
Funktion – Pathophysiologie
Durch Interferon-γ, das im Rahmen entzündlicher Reaktionen von T-Lymphozyten gebildet wird (TH1-Antwort), wird in humanen Monozyten/Makrophagen das Enzym GTP-Cyclohydrolase vermehrt exprimiert. Dieser Vorgang bedingt eine gesteigerte Freisetzung von Neopterin, das in allen Körperflüssigkeiten nachweisbar ist.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, erster Morgenurin, andere Körperflüssigkeiten (Liquor cerebrospinalis, Aszites).
Probenstabilität
Bei Raumtemperatur ca. 3 Tage, bei 4 °C ca. 7 Tage.
Präanalytik
Lichtgeschützte Probenaufbewahrung.
Analytik
Urin: ELISA, RIA oder gleichzeitige Bestimmung von Kreatinin und Neopterin mittels HPLC. Serum und andere Körperflüssigkeiten: ELISA, RIA.
Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit
Urin: μmol/mol Kreatinin. Serum und andere Körperflüssigkeiten: nmol/L.
Referenzbereich – Frauen
Serum
Alter (Jahre)
Neopterin (nmol/L)
(95 %-Perzentile)
19–75
8,7
>75
19,0
Liquor
Alter (Jahre)
Neopterin (nmol/L)
(95 %-Perzentile)
20–60
5,5
Urin
Alter (Jahre)
Neopterin (μmol/mol Kreatinin)
(97,5 %-Perzentile)
19–25
208
26–35
209
36–45
239
46–55
229
56–65
249
>65
251
Referenzbereich – Männer
Serum und Liquor s. Referenzbereich Frauen. Urin:
Urin
Alter (Jahre)
Neopterin (μmol/molKreatinin)
(97,5-%-Perzentile)
19–25
195
26–35
182
36–45
176
46–55
197
56–65
218
>65
229
Indikation
  • Verlaufskontrolle von Erkrankungen, die mit einer Aktivierung des zellulären Immunsystems einhergehen, wie z. B. Infektionen durch Viren (HIV), intrazelluläre Bakterien und Parasiten sowie Autoimmunerkrankungen (SLE, rheumatoide Arthritis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen).
  • Prognostische Aussage über maligne Erkrankungen, Infektionen (bes. HIV), rheumatoide Arthritis, Erkennung immunologischer Komplikationen nach Organtransplantation (Abstoßung, Infektion) und Therapiekontrolle bei antiretroviraler oder antibakterieller Therapie.
  • Seltene Stoffwechseldefekte, wie z. B. Biopterin-Biosynthese.
  • Patienten mit atypischer Phenylketonurie zeigen erhöhte Neopterinkonzentrationen ohne eine Aktivierung des zellulären Immunsystems.
Interpretation
Im Rahmen viraler Infektionen (z. B. Hepatitis-Viren, HIV-1 und −2) steigt die Neopterinkonzentration im Harn bereits vor Auftreten der ersten Symptome und dem Einsetzen der Antikörperbildung ein. Sie korreliert gut mit der Krankheitsaktivität. Einige Studien geben den prädiktiven Wert (prädiktive Diagnostik) von Neopterin bei HIV-Infektion gleichwertig mit der Zahl der CD4-positiven Zellen an. Bakterielle Infektionen zeigen im Gegensatz zu Virusinfektion normale oder nur leicht erhöhte Neopterinwerte.
Patienten mit rheumatoider Arthritis zeigen stadienabhängig erhöhte Neopterinwerte. In diesen Fällen ist die Bestimmung im Synovialpunktat aussagekräftiger als in Serum oder Urin. Bei Vorliegen anderer Autoimmunerkrankungen spiegelt die Erhöhung der Neopterinwerte im Serum die Krankheitsaktivität wider.
Nach Transplantation solider Organe (z. B. Niere) können erhöhte Neopterinwerte 2–7 Tage vor Auftreten klinischer Komplikationen auf eine Infektion oder Abstoßungsreaktion hinweisen. Knochenmarktransplantierte Patienten zeigen in der Phase der Knochenmarkaplasie erniedrigte Neopterinwerte. Eine hämatologische Rekonstitution zeigen steigende Werte bereits bis zu 7 Tage vorab an.
Diagnostische Wertigkeit
Als Verlaufsparameter bei Aktivierung des zellulären Immunsystems ist Neopterin unter Berücksichtigung der Nierenfunktion instabileren Parametern (Zytokine wie Interferon-γ) vorzuziehen. Neopterin spiegelt die Wirkung einer Summe von Zytokinen wieder, die Monozyten/Makrophagen im Rahmen entzündlicher Prozesse beeinflussen.
Literatur
Fuchs D, Wachter H (2007) In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt am Main