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Gerinnungsfaktor IX

Verfasst von: T. Stief
Gerinnungsfaktor IX
Synonym(e)
FIX; Christmas-Faktor; EC 3.4.21.22; Antihämophiles Globulin B
Englischer Begriff
factor IX
Definition
Faktor IX ist ein Glykoprotein und inaktives Proenzym der aktiven Serinproteinase Faktor IXa (F9a), die enzymatisch aktive Komponente des Intrinsic-Tenase-Komplexes.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Serinproteinase, Vitamin-K-abhängige γ-Carboxylierung von 12 N-terminalen Glutaminsäureresten (Gla), 2 Epidermal-Growth-Factor-(EGF-)like Domänen, C-terminale Serinproteinasedomäne, N- und O-glykosyliertes Protein, zahlreiche Disulfidbrückenbindungen, sekretiert als einkettiges Protein (Faktor IX), nach Abspaltung des internen Aktivierungspeptids (10 kDa) zweikettig (Faktor IXaβ, MW: 56 kDa).
Das Gen für Faktor IX konnte auf dem langen Arm des X-Chromosoms (Xq27) lokalisiert werden. Faktor IX wird in Hepatozyten synthetisiert und sekretiert. In der Zirkulation beträgt seine Halbwertszeit ca. 25 h. F9 ist ein Vitamin-K-abhängiger Gerinnungsfaktor, dessen N-terminale γ-Carboxylierung notwendige Voraussetzung ist, um calciumabhängig an Phospholipidmembranen zu binden. Die Aktivierung des Faktors erfolgt durch die Serinprotease Faktor XIa (F11a) im Intrinsic-System. Nach Aktivierung bildet Faktor IXa mit Faktor VIIIa und Calcium-Ionen den intrinsischen Tenase-Komplex (F9a-F8a-PL-Ca2+) z.B. auf der Plättchenoberfläche.
Funktion – Pathophysiologie
Der angeborene Mangel an Faktor IX (Hämophilie z.B.) wird wie Hämophilie A X-chromosomal rezessiv vererbt und tritt in einer Häufigkeit von 1:30.000 männlichen Neugeborenen auf. Die genetischen Defekte können zu einem echten Faktormangel oder zu Dysformen mit nur leicht erniedrigten Antigenspiegeln führen. Typisch für die Hämophilie ist, dass die Ausprägung des Krankheitsbilds von Familie zu Familie sehr variant sein kann, während der Schweregrad innerhalb der betroffenen Familien jedoch konstant ist. Der sehr seltene erworbene isolierte Faktor-IX-Mangel oder auch in Kombination mit einem Faktor-X-Mangel kann Folge einer Amyloidose sein. In der Regel ist der erworbene Faktor-IX-Mangel jedoch Folge eines Vitamin-K-Mangels oder einer Lebersynthesestörung. Hemmkörper treten sehr selten auf und wenn, dann nach Substitutionstherapien.
Untersuchungsmaterial
Citratplasma.
Präanalytik
Heparin oder Lupus-Antikoagulans kann zu falsch erniedrigten Messwerten der Faktor-IX-Aktivität führen.
Referenzbereich – Erwachsene
Citratplasma: Faktor-IX-Aktivität: 70–120 %, Anstieg im Alter.
Leichter Anstieg unter Ovulationshemmern.
Referenzbereich – Kinder
Physiologischerweise bei Neugeborenen vermindert (im Mittel 53 %, Bereich 15–91 %).
Indikation
  • Zur Diagnose eines erworbenen oder angeborenen (Hämophilie B) Blutungsleidens
  • Abklärung einer verlängerten aPTT
  • Überwachung einer Substitutionstherapie
  • Nachweis eines Hemmkörpers
Interpretation
Patienten mit einer Faktor-IX-Restaktivität von weniger als 1 % haben eine schwere Hämophilie B, die mit Gelenkeinblutungen und Spontanblutungen einhergehen. Faktor-IX-Aktivitäten von 5–25 % werden als milde Formen der Hämophilie B betrachtet. Aktivitäten zwischen 25 und 50 % werden als Subhämophilie B bezeichnet und benötigen eine Faktorensubstitution bei größeren operativen Eingriffen.
Literatur
Barthels M, von Depka M (2003) Das Gerinnungskompendium. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New YorkCrossRef
Monagle PT, Andrew M (2001) Hemorrhagic and thromboembolic complications during infancy and childhood. In: Colman RW, Hirsch J, Marder VJ et al (Hrsg) Hemostasis and thrombosis. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, S 1053–1070
Stief TW, Otto S, Renz H (2007) Influence of coagulation factors on intrinsic thrombin generation. Blood Coagul Fibrinolysis 18:67–71CrossRefPubMed