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Die Urologie
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Publiziert am: 23.03.2022

Harnröhrenklappen und Strikturen

Verfasst von: Wolfgang H. Rösch
Hintere Harnröhrenklappen sind die häufigste Ursache für eine gravierende kongenitale Obstruktion der Urethra und zählen zu den folgenschwersten Anomalien des Urogenitaltraktes. Die Krankheitsausprägung reicht von einer minimalen Uropathie bis zu der schwersten, mit dem Leben nicht zu vereinbarenden Form, dem sog. Potter-Syndrom. Obwohl die ursprünglich hohe perinatale Mortalitätsrate (über 50 %) in den letzten 2–3 Dekaden durch Frühdiagnose und adäquate Therapie drastisch gesenkt werden konnte (1–2 %) bergen die Harnröhrenklappen auch heute noch lebensgefährliche Komplikationen im Neugeborenenalter sowie lebenslange Komplikationen im Hinblick auf Harninkontinenz und eingeschränkte Nierenfunktion. 30–35 % der Patienten werden im Verlauf ihres Lebens niereninsuffizient.

Posteriore Urethralklappen

Definition

Hintere Harnröhrenklappen sind die häufigste Ursache für eine gravierende kongenitale Obstruktion der Urethra und zählen zu den folgenschwersten Anomalien des Urogenitaltraktes. Die Krankheitsausprägung reicht von einer minimalen Uropathie bis zu der schwersten, mit dem Leben nicht zu vereinbarenden Form, dem sogenannten Potter-Syndrom. Obwohl die ursprünglich hohe perinatale Mortalitätsrate von 50 % in den letzten Dekaden durch Frühdiagnose und adäquate Therapie auf 1–2 % drastisch gesenkt werden konnte, bergen die Harnröhrenklappen auch heute noch lebensgefährliche Komplikationen im Neugeborenenalter sowie lebenslange Komplikationen im Hinblick auf Harninkontinenz und eingeschränkte Nierenfunktion. 30 bis 35 % der Patienten werden im Verlauf ihres Lebens niereninsuffizient (Hennus et al. 2012).
Die klassische hintere Harnröhrenklappe nimmt ihren Ursprung in der distalen Harnröhre, vom Verumontanum ausgehend und breitet sich weiter nach distal aus um ventral in der Mittellinie der Harnröhre zu fusionieren (Abb. 1). Diese typische Form der Harnröhrenklappe spannt sich während der Miktion aus wie ein Segel im Wind und entspricht dem sogenannten Typ I in der Klassifikation nach Young aus dem Jahre 1919 (Riccabona 2012). Es gilt heute als fraglich, ob tatsächlich noch weitere Typen von Harnröhrenklappen (II und III) existieren. Die Einteilung von Young beruhte auf Obduktionsergebnissen und ersten endoskopischen Befunden. Bei beiden Untersuchungstechniken wurde die Harnröhre verletzt. Dies führte möglicherweise zu dem Eindruck dreier verschiedener Klappen.
Die posterioren Urethralklappen sind häufig mit einer primär renalen Dysplasie assoziiert. Bedingt durch eine fehlerhafte Lokalisation der Ureterknospe auf dem Wolff‘schen Gang kommt es zu einer Differenzierungsstörung des metanephritischen Blastems. Die durch die kongenitale Dysplasie bedingte Nierenfunktionsstörung ist therapeutisch nicht beeinflussbar. Neben dieser primären Dysplasie führen die obstruktionsbedingten erhöhten Drucke in den Sammelrohren zu einer sekundären Schädigung mit Differenzierungsstörungen des umgebenden Nierenparenchyms.
Alle kongenitalen Malformationen, die zu einer urodynamisch wirksamen Obstruktion der unteren ableitenden Harnwege führen, einschließlich der posterioren Urethralklappen, werden heute unter dem Begriff „congenital lower urinary tract obstruction“ (cLUTO) zusammengefasst.
Die posterioren Urethralklappen sind häufig mit einer primär renalen Dysplasie assoziiert. Bedingt durch eine fehlerhafte Lokalisation der Ureterknospe auf dem Wolff-Gang kommt es zu einer Differenzierungsstörung des metanephritischen Blastems. Die durch die kongenitale Dysplasie bedingte Nierenfunktionsstörung ist therapeutisch nicht beeinflussbar. Neben dieser primären Dysplasie führen die obstruktionsbedingten erhöhten Drucke in den Sammelrohren zu einer sekundären Schädigung mit Differenzierungsstörungen des umgebenden Nierenparenchyms.

Epidemiologie und Embryologie

Harnröhrenklappen wurden erstmals von Morgani (1769) und später von Langenbeck (1802) beschrieben. Doch erst Tolmatschew (1870) erkannte, dass es sich bei den Harnröhrenklappen nicht um einen isolierten lokalen Defekt, sondern um eine komplexe pathologische Entität, die „Harnröhrenklappenkrankheit“ handelt. Die Inzidenz wird auf 1:5000–12.500 geschätzt. Die genaue Ätiologie der hinteren Harnröhrenklappen ist weiterhin unbekannt, jedoch scheint sich der Verdacht auf eine multifaktorielle genetisch-determinierte Embryopathie zu bestätigen. Jüngste Studien weisen darauf hin, dass Mutationen des Gens BNC2 an der Entstehung einer cLUTO maßgeblich beteiligt sind (Kolvenbach et al. 2019). Auch die embryonale Entstehung der Klappen per se ist nach wie vor nicht geklärt und die bislang diskutierten Theorien müssen nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand als eher spekulativ gewertet werden.

Pathophysiologie

Die Folgen der infravesikalen Obstruktion durch die hinteren Harnröhrenklappen sind abhängig vom Obstruktionsgrad sehr unterschiedlich, so dass die Harnröhrenklappenkrankheit ein ganzes Spektrum an Ausprägungsformen umfasst. Der Krankheitsverlauf ist von primären kongenitalen und sekundären obstruktiven Schädigungen abhängig.
Primäre kongenitale Faktoren stellen die Harnröhrenklappen selbst sowie die renale Dysplasie dar.
Sekundäre Veränderungen als Folge der infravesikalen Obstruktion können im Bereich des gesamten Genitaltraktes auftreten bzw. bereits die Gesamtentwicklung des Feten schwer beeinträchtigen:
Fetale Entwicklung Ab der 20. SSW werden 90 % der Amnionflüssigkeit von den Nieren produziert. Ist die Ausscheidung durch die Harnröhrenklappen gravierend behindert, kommt es zum Oligo- oder gar Anhydramnion, das zu Wachstumsstörungen, Weichteildeformitäten und Lungenhypoplasie führt. Stauungsbedingte spontane Rupturen des Harntraktes (z. B. Fornixruptur) sind Ursache eines urinösen Aszites, perirenaler Urinome sowie peritonealer Kalzifikationen. Die riesige überdehnte Blase und/oder der urinöse Aszites verursachen eine Entwicklungsstörung der Bauchdeckenmuskulatur, was zu einem Prune-Belly-ähnlichen Erscheinungsbild führen kann. Ein hochgradiges Oligohydramnion, verbunden mit metabolischer Azidose und schwerer pulmonaler Hypoplasie können bereits intrauterin zum Tod des Feten führen (Nassr et al. 2011).
Urethra Die prostatische Harnröhre ist dilatiert, elongiert und der innere Blasenhals reflektorisch verengt.
Blase Die infravesikale Obstruktion bedingt eine zunehmende Blasenwandverdickung (zunächst Detrusorhypertrophie und –hyperplasie, später zunehmend mit pathologischer Vermehrung von unterschiedlichen Kollagenanteilen, die später sowohl die Dehnbarkeit als auch die Kontraktilität der Blase nachteilig beeinflussen werden), Trabekulierung, Sakkulationen und in schweren Fällen oft ausgeprägte Divertikelbildungen.
Ureter Abgesehen von primär dysplastischen Veränderungen führen der hohe intravesikale Druck und ein evtl. zusätzlicher sekundärer Reflux zur zunehmenden Dilatation, gestörter Peristaltik und sekundären Ureterwandveränderungen.
Niere Neben der irreversiblen primären Dysplasie führt die obstruktionsbedingte mechanische Dehnung zur Aktivierung einer Apoptose- und Inflammationskaskade, die neben Parenchymnarben vor allem Tubulusschäden erzeugt, die für eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit sowie für schwere Störungen des Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes verantwortlich sind. Hinzu kommt, dass die insgesamt verminderte Nephronenanzahl postpartal zur Hyperfiltration und zur Exazerbation entzündlicher Prozesse führt, die wiederum die renale Fibrosebegünstigen und schließlich bis hin zum Nierenversagen führen können (Casella et al. 2012).

Diagnostik

Pränatale Diagnostik

Etwa 2/3 aller cLUTO Fälle werden heute bereits pränatal diagnostiziert, wobei weniger als 50 % im Routinescreening in der 18.– 22. Schwangerschaftswoche (SSW) entdeckt werden dagegen über 80 % erst nach der 28.SSW. In großen Serien liegt die pränatale Diagnose einer cLUTO zwischen 65 und 70 %. Dem gegenüber stehen jedoch Raten von falsch positiven Befunden von 25–30 % (Malin et al. 2012; Haeri 2015).
Ein Oligohydramnion beim männlichen Feten in Kombination mit einer konstant gefüllten großen Harnblase (Megazystis), die meist eine verdickte Blasenwand (>2 mm) aufweist und die dilatierte proximale Urethra („keyhole sign“, Abb. 2) sind Leitsymptome für die Verdachtsdiagnose Harnröhrenklappe, schließen aber andere seltene Ursachen einer cLUTO (Urethra-Atresie, -Duplikatur prolabierte Ureterozele etc.) nicht aus. Zudem muss bei Nachweis einer pränatalen Megazystis in etwa 1/3 der Fälle mit assoziierten Fehlbildungen, insbesondere mit Chromosomenanomalien gerechnet werden (Fontanella et al. 2018). Der bilaterale Harnaufstau erhärtet die Verdachtsdiagnose ebenso wie das uni- oder bilaterale hyperechogene Nierenparenchym-Muster. Letzteres ist Folge der Dilatation der renalen Tubuli mit nachfolgender peritubulärer und interstitieller Fibrose. Vereinzelte fokale Zysten im Nierenparenchym sind Zeichen der renalen Dysplasie. Das Oligohydramnion signalisiert eine eingeschränkte Nierenfunktion und prädisponiert für eine pulmonale Hypoplasie und respiratorischen Distress in der Neonatalperiode. Eine Oligohydramnie vor der 24. SSW gilt als prognostisch ungünstiger Faktor. Im Hinblick auf die renale Prognose gewinnt zudem die (wiederholte) fetale Urinanalyse an Bedeutung). Bei Verdacht auf eine cLUTO sollte neben kurzfristigen (Doppler-) Sonografiekontrollen zum Ausschluss assoziierter Fehlbildungen, zur Geschlechtsdeterminierung und zur Überwachung der Fruchtwassermenge stets eine frühe genetische Abklärung erfolgen, da in über 10 % der cLUTO-Fälle Chromosomenanomalien beschrieben sind (Haeri 2015) (Abb. 2).

Postnatale Diagnostik

Neugeborene mit einer cLUTO, die pränatal nicht diagnostizieret wurden, fallen durch eine prall volle, oft über den Nabel reichende Harnblase auf, nicht selten verbunden mit Trinkschwäche, Lethargie bis hin zur beginnenden Urosepsis oder urinösem Aszites. Bedingt durch die Lungenhypoplasie kann ein respiratorisches Distress-Syndrom bestehen. Laborchemisch findet man vor allem ein erhöhtes Kreatinin sowie ausgeprägte Elektrolytstörungen.
Cave: Eine Harnstrahlabschwächung kann zwar vorliegen, ist jedoch kein Kriterium für das Ausmaß der Erkrankung!
Sonografie, Miktionsurosonografie (MUS) und Miktionscysturethrogramm (MCU) gelten als entscheidende bildgebende Untersuchungen im Neugeborenenalter zur Festlegung des weiteren Procedere. Mit diesen Verfahren können alle wichtigen diagnostischen Kriterien erfasst werden.
Sonografische Kriterien
  • Parenchymechogenität
  • Dilatation und Konfiguration des Nierenhohlsystems einschließlich der Harnleiter
  • Größendifferenz der Nieren
  • Blase-/Blasenwandkonfiguration/-divertikelbildung
  • Konfiguration der Urethra
Diagnostische Kriterien des MCU und MUS (Abb. 3)
  • Dilatierte und elongierte hintere Harnröhre
  • Ausgeprägter Kalibersprung am distalen Ende der prostatischen Harnröhre, auf allen Miktionsaufnahmen nachvollziehbar
  • Sekundäre Blasenhalsenge
  • Blasenwandsituation einschließlich Divertikelbildung
  • (Sekundärer) vesikorenaler Reflux (VUR)
  • Ggf. Harnleiterkonfiguration (z. B. sekundär obstruktives Harnleiterkinking)
Cave: Sowohl die transurethrale Manipulation als auch die physiologische Unreife der Detrusor-Sphinkter-Koordination beim jungen Säugling können im MCU eine infravesikale Obstruktion vortäuschen!
Alle anderen bildgebenden Verfahren sind zu diesem Zeitpunkt ohne jede weitere therapeutische Konsequenz und sollten daher unterlassen werden, um das Neugeborene bzw. den jungen Säugling nicht zusätzlich zu belasten.
Die endgültige Diagnose wird in aller Regel mit der diagnostischen Urethrozystoskopie verifiziert. Dabei fallen die transsphinktär ziehenden Schleimhautfalten auf, die je nach Ausprägung nahezu das gesamte Lumen der Urethra verlegen können. Die Indikation zur Urethrozystoskopie sollte jedoch streng gestellt und nie erzwungen werden um Verletzungen bei kleinkalibriger Urethra zu vermeiden. Die Untersuchung sollte stets in Therapiebereitschaft für die eventuell notwendige Urethrotomia interna erfolgen.

Differenzialdiagnosen

  • cLUTO anderer Ursache mit bilateraler sekundärer Dilatation:
    • Urethra-Hypoplasie/-Agenesie (letzteres ist häufiger bei Mädchen Ursache für cLUTO)
    • Urethra-Duplikatur, insbesondere Typ IIA1 und IIA2 (Effmann-Klassifikation)
    • Syringozele der Urethra (insbes. Cowper’sche Zysten der bulbären Urethra)
    • Megazystis-Mikrocolon-Hypoperistalsis-Syndrom (häufiger bei Mädchen Ursache für cLUTO)
  • Bilateraler Megaureter
    • Dilatierender primärer VUR
    • Primär obstruktiver Megaureter
  • (Caeco-)Ureterozele, die in die Urethra prolabiert
  • Bilaterale multizystisch-dysplastische Niere (meist mit dem Leben nicht vereinbar)

Therapie

Pränatale Therapiemöglichkeiten oder Therapieoptionen

Die Indikationsstellung zu einer pränatalen Intervention bei einer cLUTO in Verbindung mit einem Oligo-/Anhydrandiom setzt eine Amniozentese zum Ausschluss einer assoziierten Chromosomenanomalie sowie mindestens zwei Analysen des fetalen Urins zur Beurteilung der renalen Situation voraus. Primäre Ziele der Behandlung sind bei Feten mit prognostisch günstiger Ausgangssituation zum einen die Entlastung des Harntraktes, um einer weiteren renalen Schädigung vorzubeugen, zum anderen die Gewährleistung von ausreichend Amnionflüssigkeit zur Vermeidung einer Lungenhypoplasie. Als Therapieoptionen stehen heute die perkutane Anlage eines vesikoamnialen Shunts (VAS) oder die perkutane fetale Zystoskopie und Klappeninzision zur Verfügung. Die Anlage eines VAS ist derzeit die bevorzugte Methode. Während 1986 die Überlebensrate im ersten Lebensjahr nach VAS-Anlage noch 41 Prozent betrug konnte sie durch gezieltere Indikationsstellung und verbesserte Techniken auf 70 Prozent in den letzten 5 Jahren verbessert werden (Diemert et al. 2012). Dem gegenüber steht die weiterhin recht hohe Komplikationsrate dieser Technik von 40 Prozent (Beatiz et al. 2019).
Weniger verbreitet ist die fetale Zystoskopie, die gegebenenfalls mit einer Laserablation der Klappen verbunden werden kann (Morris et al. 2011). In einer aktuellen Multicenterstudie waren die Ergebnisse zwischen VAS und fetaler Klappentherapie im Hinblick auf Überlebensrate, Komplikationen und Nierenfunktion identisch. Neben den bekannten Komplikationen der VAS besteht bei der fetalen Zystoskopie das Risiko einer Fistelbildung von etwa 10 % und eines cLUTO-Rezidivs in etwa 6 %, das in vielen Fällen eine vorzeitige Entbindung und eine hohe postnatale Mortalität zur Folge hat (Vinit et al. 2020).
Bei männlichen Feten mit ausreichend Amnionflüssigkeit während des 2. und 3. Trimenons kann von einer milderen Form der cLUTO ausgegangen werden. Sie bedürfen nach dem heutigen Kenntnisstand keiner pränatalen Intervention (Haeri 2015).
Eine vorzeitige Einleitung der Geburt ist nicht indiziert, da zu diesem Zeitpunkt die Nierenfunktion nicht mehr beeinflusst werden kann und für diese Entscheidung in erster Linie die Lungenreife im Vordergrund stehen sollte.

Postnatales Management

Initiale Versorgung Die Entlastung der Blase nach Geburt steht im Vordergrund. Idealerweise erfolgt sie über einen suprapubischen Katheter oder alternativ über eine transurethral eingelegte Säuglings-Ernährungssonde. Der suprapubische Zugang hat den Vorteil, die phimotische Vorhaut nicht passieren zu müssen und Verletzungen der Harnröhre durch Manipulation mit dem Katheter von vorne herein zu vermeiden. Weiterhin kann der suprapubische Katheter über die Klappenschlitzung hinaus belassen werden, um so für Blasentraining und Restharnmessung zur Verfügung zu stehen. Nach Stabilisierung des Kindes kann in den Folgetagen problemlos das MCU/MUS zur Beurteilung des unteren und oberen Harntraktes (Abschn. 1.4) durchgeführt werden. Neben einer suffizienten Harnableitung stehen die Therapie der respiratorischen Insuffizienz, der Ausgleich der Dehydratation und die Korrektur eventueller Elektrolytstörungen des Neugeborenen im Vordergrund.
Cave: Der Serumkreatininwert am Tag eins und zwei nach der Geburt spiegelt den mütterlichen Wert wider. Erst die Werte vom Tag drei bis fünf sind relevant um die reale kindliche Nierenfunktion beurteilen zu können.
Klappenresektion Die kalte Sichturethrotomie mit einem Hakenmesserchen gilt als sicherste Methode zur Klappentherapie (Abb. 4). Komplikationen wie Sphinkterverletzungen oder postoperative Strikturen sind bislang häufiger bei der Laserablation, am häufigsten jedoch bei der Elektroresektion beobachtet worden. Keinesfalls jedoch darf die Urethrotomie erzwungen werden. Im Zweifelsfall sollte vorher immer mit einer Sonde geprüft werden ob die Harnröhre ausreichend weit ist um mit einem 7,5 bzw. 8,5 Charr. Urethrotom die Harnröhre wirklich problemlos passieren zu können, um iatrogene Schädigungen, insbesondere postoperative Strikturen im Langzeitverlauf zu vermeiden!
Vesikostomie Das Anlegen einer Vesikostomie ist in erster Linie bei Frühgeborenen oder untergewichtigen Säuglingen indiziert, deren Harnröhre für eine Instrumentation in absehbarer Zeit zu klein ist. Es ist die schonendere Alternative im Vergleich zu einer wochen- oder monatelangen suprapubischen Katheterableitung und erleichtert den Eltern die Pflege des Kindes.
Auch bei komplizierten Verläufen wie Durchbruchsinfektionen, hochgradigem bilateralen Reflux und fehlender Rückbildung der Ureteropyelokaliektasie bei deutlich verdickter Blasenwand sollte die Indikation zur Vesikostomie großzügig gestellt und einer supravesikalen Harnableitung vorgezogen werden. Die Vesikostomie erfolgt in Blocksom-Technik. Wichtig ist das Stoma nicht zu tief zu platzieren, da es sonst zu einer partiellen Herniation der Blase kommen kann (Riccabona 2012). Die Vesikostomie übernimmt hervorragend die Funktion eines „pop-off-Effekts“ Trotz Vesikostomie kann sich die Blase noch transurethral entleeren, verhindert jedoch hohe Miktionsdrücke und vermeidet gleichzeitig die Nachteile von Infektion und mechanischer Alteration des suprapubischen Katheters.
Supravesikale Harnableitung Die Indikation zur Anlage einer Ureterokutaneostomie sollte sehr streng und zurückhaltend gestellt werden, da der tatsächliche Nutzen im Hinblick auf die Verbesserung der Nierenfunktion bei diesen Kindern derzeit mehr als je zuvor umstritten ist. Insbesondere eine bilaterale Ureterokutaneostomie sollte, wann immer möglich, vermieden werden, um ein „Trockenlegen der Blase“ möglichst zu vermeiden. Letzteres führt zu einer deutlichen Verschlechterung der Blasenqualität, was eine spätere Rehabilitation der Blase erschwert oder nicht selten unmöglich macht. Eine kleinkapazitäre wandverdickte Blase ohne ausreichende Detrusorfunktion verbietet nicht nur eine Harnleiterneuimplantation der vorhandenen Ureteren, sondern stellt auch kein suffizientes Niederdruck-Reservoir für eine später geplante Nierentransplantation dar.
Nur in Ausnahmefällen sollte deshalb bei Verschlechterung der Nierenfunktionsparameter oder Zunahme der Weitstellung – am besten auf der Seite der isolierten uretero-vesikalen Obstruktion mit der meist auf dieser Seite lokalisierten funktionstragenden Niere – die supravesikale Ableitung erfolgen.
Pyelokutaneostomien haben im Vergleich zu Ureterokutaneostomien den Vorteil des geringeren Stenosierungsrisikos sowie der leichteren Rückverlagerung. Eine Alternative ist die sogenannte Sober-Ureterokutaneostomie. Deren Hauptnachteil ist jedoch die Schädigung der Gefäßversorgung des Ureters, die im weiteren Verlauf das Stenosierungsrisiko und vor allem das Risiko einer fehlenden oder ungenügenden Peristaltik nach notwendiger Harnleiterneuimplantation erhöhen kann.
Ein VUR ist in 72 % der Patienten im Säuglingsalter nachweisbar, in 32 % sogar bilateral. Fast immer ist ein hochgradiger Reflux mit einer ipsilateralen hochgradigen Funktionseinschränkung der Niere assoziiert. Keinesfalls sollte auch bei hochgradig eingeschränktem oder fehlendem Funktionsnachweis der betreffenden Niere eine vorschnelle Entscheidung zur Ureteronephrektomie fallen. Einerseits würde sich dadurch die urodynamische Situation in der Blase nachhaltig verändern (z. B. Begünstigung eines „pop-off-Effektes“ der Gegenseite, Verminderung der Kapazität), andererseits würde durch die Ureteronephrektomie die Möglichkeit einer eventuell notwendigen Ureteraugmentation der Blase zu einem späteren Zeitpunkt entfallen (EAU Guidelines 2020).
Abgesehen von den kinderurologischen Maßnahmen ist eine kindernephrologische Mitbetreuung dieser Patienten von Anfang an und unabhängig von der initialen Nierenfunktion erforderlich

Nachsorge

Auch nach initial erfolgreicher Therapie stellen Probleme wie Blasendysfunktion, rezidivierende Harnwegsinfektionen, VUR, Polyurie und Hyperfiltration, Proteinurie und Hypertonie Risiken für die mittel- und langfristige Prognose der Nierenfunktion dar. Diese Patienten bedürfen deshalb durchgehend bis zur Pubertät und darüber hinaus einer konsequenten engmaschigen kinderurologischen und kindernephrologischen interdisziplinären Betreuung. Von urologischer Seite steht dabei der Ausschluss von Harnwegsinfekten, die Sonografie des Harntraktes, Restharnmessungen, Miktionsprotokolle, gegebenenfalls urodynamische Untersuchungen sowie individuell von den Befunden abhängig die MAG-3-Szintigraphie und das Kontroll-MCU/MUS im Vordergrund, um langfristige Konzepte zum Funktionserhalt des oberen und unteren Harntraktes zu gewährleisten.
Kindernephrologisch muss mit der Behandlung einer parallel bestehenden Niereninsuffizienz rechtzeitig begonnen werden. Daneben gilt es Elektrolyt- und Knochenstoffwechselstörungen ebenso wie eine renale Hypertension, eine renale Anämie oder die Entwicklung eines renal bedingten Kleinwuchses rechtzeitig zu erkennen und zu therapieren. Zahlreiche Langzeitstudien der letzten Jahre belegen, dass die Prognose der Kinder durch eine solche engmaschige Betreuung deutlich verbessert werden konnte im Vergleich zu früheren Dekaden. Dies gilt besonders im Hinblick auf den Zeitpunkt bis zur Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie oder im Idealfall eben zur Vermeidung einer Nierentransplantation.
Trotzdem werden auch heute noch 30–35 % der Harnröhrenklappen-Patienten im Laufe ihres Lebens, meist peripubertär, niereninsuffizient. Vor der geplanten Nierentransplantation gilt es durch ein individuelles Konzept bereits im Vorfeld mögliche Infektionsquellen (z. B. persistierender dilatierender VUR in eine funktionslose Anlage) zu erkennen und gegebenenfalls zu beseitigen und ein entsprechend vernünftiges Niederdruckreservoir für die Harnableitung zu schaffen, um die Transplantatniere später nicht zu gefährden. Die Konzepte reichen von der Ureteraugmentation funktionsloser Anlagen bis hin zur Ileozystoplastik mit Vesicostoma-Anlage oder im Extremfall Anlage eines Kolonkonduits. Im Idealfall sollte bei der Nierentransplantation bei diesen Patienten ein kinderurologisch erfahrener Operateur mit anwesend sein, um eine sichere und antirefluxive Implantation des Transplantatharnleiters zu gewährleisten.
Blasenfunktion Trotz unterschiedlichen Ausmaßes der initialen Dysfunktion der Klappenblase findet man im Rahmen urodynamischer Untersuchungen häufig anfangs hyperreflexive Blasen, die sich im weiteren Verlauf zu vermindert dehnbaren kleinkapazitären Blasen wandeln, oft auch in Verbindung mit fehlender Blasensensibilität. Im Langzeitverlauf kommt es bei diesen Patienten dann aber vermehrt zu einer muskulären Dekompensation mit nachfolgendem Kontraktionsverlust der Blase und hoher Restharnbildung (Hodges et al. 2009). Gerade initial scheinen Anticholinergika einen günstigen Einfluss auf die Blasenwand zu haben. Die Wirksamkeit einer anticholinergen Therapie im Hinblick auf die Verbesserung der Abflusssituation aus dem oberen Harntrakt und auf das Ausmaß eines Refluxes ist hinreichend bekannt und konnte durch eine jüngst publizierte randomisierte Studie belegt werden (Abdelhalim et al. 2020).
Transition Frühzeitig sollte darauf geachtet werden, dass die Patienten auch über das Jugendalter hinaus konsequent weiterbetreut und in die Erwachsenenmedizin überführt werden. Bei initial kinderchirurgischer Behandlung gilt es, rechtzeitig einen Urologen zu finden, der mit diesem Krankheitsbild vertraut ist. Gleiches gilt für die nephrologische Weiterbetreuung, unabhängig davon, ob eine Nierenersatztherapie erforderlich ist oder nicht. Diese Phase des Krankheitsverlaufes kann nochmal einen erheblichen Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf sowie die Arbeitsfähigkeit und die Lebensqualität dieser Patienten haben.

Anteriore Urethralklappen und Urethraldivertikel

Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik

Anteriore Urethralklappen sowie kongenitale anteriore Strikturen sind extrem selten. Wie bei den posterioren Formen hängt die Auswirkung auf den Harntrakt von dem Ausprägungsgrad ab und reicht von einer alleinigen Dilatation der Urethra bis hin zum sekundären Harnstau mit bilateraler Hydronephrose und Nierenfunktionseinschränkung.

Diagnostik

Nicht selten sind diese Stenosen mit einem anterioren Urethradivertikel assoziiert, das im MCU / MUS zur Abklärung der infravesikalen Obstruktion zur Darstellung kommt. Die Klappen selbst imponieren wie durchscheinende dünne Segel im leichten Spülstrahl. Grundsätzlich sollte dabei bereits ab dem Meatus nur unter Sicht endoskopiert werden, da diese feinen Strukturen beim Eingehen mit dem Endoskop ohne Sicht häufig schon eingerissen werden können.

Therapie

Die Behandlung der hochgradig obstruktiv-wirksamen Formen ist identisch zu jener der posterioren Urethralklappen und hat die Entlastung des oberen Harntraktes zum primären Ziel.
Schwächer ausgeprägte Formen können entweder transurethral mit dem Laser oder mit kalter Urethrotomie unter Sicht behandelt werden. Zur Vermeidung von Fisteln durch Verletzungen des spongiösen Gewebes sollte dabei stets nur bei 12 Uhr inzidiert werden.
Anders als bei bulbären Strikturen und posterioren Urethralklappen ist das Rezidivrisiko für Stenosen durch Narbenbildung wesentlich höher.
Bei größeren assoziierten Divertikeln ist die offene Operation mit Abtragung des Divertikels und Überbrücken der Striktur mit einem Gewebetransplantat (z. B. Mundschleimhaut-Inlay) unumgänglich.

Kongenitale Urethrastriktur

Epidemiologie und Pathophysiologie

Neben den klassischen Urethralklappen gibt es auch kongenitale Strikturen. Distal des externen Sphinkters finden sich gelegentlich ringförmige Stenosen, die entweder einem sehr dünnen Diaphragma entsprechend oder relativ derb imponieren können und stets nur sehr kurzstreckig ausgebildet sind.
Die kongenitale Urethrastenose wird in deutschen Publikationen oft als „Moormann-Ring“ bezeichnet, in der angloamerikanischen Literatur als „Cobb’s collar“. Embryologisch wird diese kongenitale Striktur als ein Fusionsdefekt im Bereich der Kloakenmembran zwischen der anterioren und posterioren Urethra erklärt.

Klinik und Diagnostik

Oft macht sich ein solcher bulbärer Urethraring nicht in den ersten Lebensjahren bemerkbar. Erst in der postpubertären Phase kommt es dann zu auffälligen Miktionsbeschwerden, Harnwegsinfektionen oder Infekten der männlichen Adnexe.
Im Kleinkind- und Schulkindalter stehen die Uroflowmetrie (idealerweise in Verbindung mit einem Beckenboden-EMG zum Ausschluss eines Dysfunctional voiding) und das MCU diagnostisch im Vordergrund (Abb. 5). Bei eindeutiger Klinik und obstruktivem Flow kann auf das vergleichsweise invasive MCU verzichtet und als nächster diagnostischer Schritt eine Urethrozystoskopie in Therapiebereitschaft durchgeführt werden.
Bei der Endoskopie imponiert die kongenitale Urethrastriktur als ringförmige Stenose im Bereich des bulbomembranösen Übergangs deutlich distanziert vom M. sphincter urethrae externus.

Therapie

Die Therapie der Wahl ist die kalte transurethrale Inzision unter Sicht bei 12 Uhr in Steinschnittlage (SSL). Rezidivstrikturen sind bei kongentialen Urethrastrikturen extrem selten.

Traumatische Urethrastriktur

Epidemiologie und Pathophysiologie

Erworbene Strikturen der Harnröhre sind im Kindesalter meist auf iatrogene Manipulationen zurückzuführen. Traumatische Strikturen sind dagegen wesentlich seltener. Entzündliche und infektiöse Ursachen bilden die Ausnahme.
Vor allem Kathetermanipulationen im Neugeborenen- und Säuglingsalter können leicht zu ausgedehnten Läsionen mit Perforation der bulbären Urethra führen. Nicht selten sind hochgradige langstreckige Strikturbildungen die Folge einer traumatischen Katheterisierung bzw. Endoskopie. Auch Verletzungen der vorderen Urethra werden beobachtet.
Tipp
Eine besondere Gefahr für die höchst empfindliche Urethra des männlichen Neugeborenen und jungen Säuglings stellen die meist mandrin-armierten Ballonkatheter dar. Ohne zu hohen Druck oder grobe Manipulation kann die hintere Harnröhre kurz vor dem Sphinkterdurchtritt – nicht selten sogar unbemerkt – perforiert werden. Um eine solche Verletzung zu vermeiden, empfiehlt es sich, stets reichlich Gleitmittel in die Harnröhre vorzuspritzen und den armierten Katheter bis zum ersten geringen Widerstand vorsichtig vorzuschieben, um dann nur den Mandrin 1–2 cm zurückzuziehen. Der Katheter ist dann weiterhin steif genug, um ohne abzuknicken vorgeschoben werden zu können, gleichzeitig ist aber seine Spitze weich genug, um den Weg durch die prostatische Harnröhre und den Blasenhals in die Blase möglichst schonend zu finden.
Häufigste Komplikation der Hypospadiekorrektur (Urethralplastik) neben der Fistelbildung die narbige Urethrastriktur am Übergang von der originären Urethra zur Neourethra. Besonders hoch ist das Risiko bei primär tubularisierten Segmenten.
Traumatische Harnröhrenverletzungen im Kindesalter sind selten und machen etwa 3,4 % aller Verletzungen im Urogenitalbereich im Kindesalter aus. Bei einer Beckenverletzung beträgt die Häufigkeit einer Urethralverletzung zwischen 7,4 und 13,5 % bei Jungen und 4–6 % bei Mädchen (Pichler et al. 2012).
Neben den Beckenringfrakturen stehen die sog. Straddle-Verletzungen im Bereich des Perineums im Vordergrund. Letztere führen zu Strikturen im Bereich der bulbären Harnröhre, wohingegen Urethrarupturen bei Beckenringfrakturen im membranösen und – wegen der noch nicht vollständig entwickelten Prostata – häufig blasenhalsnah im prostatischen Urethraabschnitt lokalisiert sein können.

Klinik und Diagnostik

Das Beschwerdebild reicht vom abgeschwächten Harnstrahl mit zunehmender Restharnbildung bis hin zum Harnverhalt. Traumatische Läsionen werden oft nur durch die (terminale) Makrohämaturie initial bemerkt. Wiederum wegweisend in vielen Fällen ist die Uroflowmetrie. Grundsätzlich vermieden werden sollten Katheterisierungsversuche (auch nicht mit dünnen Sonden) zur Durchführung eines MCU. Dagegen sollte die Indikation zur diagnostischen Urethrozystoskopie in Therapiebereitschaft großzügig gestellt werden, insbesondere bei vermeintlichen Bagatelltraumen des Beckens oder anamnestischem Straddle-Trauma, da bei diesen Verletzungen Mitbeteiligungen der Urethra – insbesondere beim Mädchen – leicht übersehen werden.
Urethroskopisch findet man je nach Ursache und zeitlichem Abstand vom Trauma eine ringförmige Stenose unterschiedlicher Länge mit meist hochgradiger Einengung des Urethralumens bis hin zum kompletten Verschluss.
Daneben können Schleimhautveränderungen im Sinne eines Lichen sclerosus (früher auch als Balanitis xerotica obliterans bezeichnet) insbesondere nach chirurgischen Eingriffen an der Urethra zu langstreckigen Stenosierungen der Urethra führen.

Therapie

Die Anwendung von monopolarem Strom in der Urethra ist nicht nur wegen der möglichen Schädigung der Ductus ejaculatorii umstritten, sondern sollte auch wegen der verstärkten Strikturbildung im Säuglings- und Kleinkindalter strikt vermieden werden.
Nach Laserablation von Urethralklappen sind Rezidivstrikturen in der bulbären Urethra erstaunlicherweise relativ häufig zu beobachten. Es sollten deshalb Laser mit möglichst geringer Eindringtiefe zum Kontaktschneiden benutzt werden. Lasersysteme mit hoher thermischer Wirkung sind für die kindliche Urethra ungeeignet!
Sowohl für die Stenosen nach Hypospadiekorrektur als auch für die Strikturen nach Urethraverletzungen steht therapeutisch die endoskopische interne Urethrotomie im Vordergrund. Bei Eingriffen im Kindesalter werden Erfolgsraten von 70 % und mehr beschrieben.
Für ausgedehntere Strikturen stehen die gleichen ein- oder mehrzeitigen operativen Verfahren zur Verfügung, wie sie auch im Erwachsenenalter angewendet werden. Mundschleimhaut hat sich dabei, abhängig von der Lokalisation sowohl als Inlay als auch als Onlay bewährt.
Cave: Eine Bougierung oder Dilatation der kindlichen Urethra sollte wegen des enormen psychischen Traumas, der ausgeprägten Traumatisierung der hochempfindlichen Urethralschleimhaut und der extrem hohen Rezidivrate heute grundsätzlich im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter nicht mehr durchgeführt werden.

Zusammenfassung

  • Ausmaß der primären Dysplasie bestimmt die Prognose im Hinblick auf die langfristige
  • Pränatale Diagnostik trägt dazu bei, postpartal das Risiko sekundärer Schäden durch Infektionen und persistierende Obstruktion zu senken.
  • Pränatale Therapie ist bislang nur streng ausgewählten Einzelfällen vorbehalten und besitzt auch aktuell noch experimentellen Charakter.
  • Sonografie und MCU/MSU Goldstandard für initiale postpartale Diagnostik.
  • Interdisziplinäre Betreuung von Kinderurologen und Kindernephrologen von Anfang an erforderlich, Erstellung individueller Behandlungskonzepte für Blase und oberen Harntrakt unter Berücksichtigung möglicher Langzeitprobleme.
  • „Trockenlegen der Blase“ sollte vermieden werden. Indikation zur supravesikalen Harnableitung muss zurückhaltend gestellt werden.
  • Oft ist die Vesikostomie einer supravesikalen Ableitung oder zu frühen und dann nicht selten frustranen Rekonstruktionsversuchen vorzuziehen.
  • Im Langzeitverlauf engmaschige interdisziplinäre Betreuung bis in das Erwachsenenalter über die Pubertät hinaus.
  • Für eventuell notwendige Nierentransplantation muss der untere Harntrakt ausreichend vorbereitet sein (Niederdruck-Reservoir!), um erneute sekundäre Schädigungen des Transplantats zu vermeiden.
  • Anteriore Urethralklappen:
  • Extrem selten.
  • Schonende Resektionstechnik ist wie bei posterioren Klappen entscheidend für langfristigen Erfolg. Kalte Sichturethrotomie gilt weiterhin als sicherste Methode. Komplikationen werden häufiger bei der Laserablation, am häufigsten jedoch bei der Elektroresektion beobachtet.
  • Im Vergleich zu den hinteren Harnröhrenklappen höheres Rezidivrisiko durch Narbenbildung bei den anterioren Formen!
  • Kongenitale Urethastriktur
  • Kurzstreckiger Ring oder Diaphragma unmittelbar distal des Sphinkters.
  • Typischerweise klinisch erst im Klein- und Schulkindalter auffallend.
  • Anamnese und Flow-EMG für die Diagnose oft wegweisend.
  • Therapie: kalte Urethrotomie unter Sicht.
  • Traumatische Urethrastriktur:
  • Häufigste Ursache iatrogen (insbesondere Kathetermanipulationen).
  • Urethraverletzungen im Rahmen von Beckentraumen eher selten, Straddle-Trauma dagegen häufiger (Fahrrad-Stange!)
  • Keine unnötigen Katheterisierungsversuche im Rahmen der Diagnostik!
  • Großzügige Indikation zur diagnostischen Urethroskopie.
  • Nahezu identische operative Therapiekonzepte bei Kindern wie im Erwachsenenalter.
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